Der Bundesgerichtshof

PRESSEMITTEILUNGEN
 
XML RSS

Dokumentsuche

Datum

Nummer

Suchbegriff

[Icon: Dreieck] Hilfe

 

Kalender
Apr.
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sep.
Okt.
Nov.
Dez.

Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Jahr 2024 » Pressemitteilung Nr. 24/19 vom 28.2.2019

Siehe auch:  Urteil des VIII. Zivilsenats vom 27.11.2019 - VIII ZR 285/18 -

Anfang der DokumentlisteDokumentlisteEnde der Dokumentliste

Druckansicht

Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 24/2019

Verhandlungstermin am 12. Juni 2019, 10.00 Uhr - VIII ZR 285/18 (Abtretung von Ansprüchen aus einem Mietverhältnis an den Inkassodienstleister "Mietright")

Die Klägerin (Mietright GmbH) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Berlin, die damit wirbt, softwarebasiert – namentlich über die von ihr betriebene Internetseite und einen dort für Besucher nutzbaren "Online-Rechner" – sowie "ohne Kostenrisiko" Rechte von Wohnraummietern unter anderem im Zusammenhang mit den Vorschriften zur sogenannten Mietpreisbremse, Schönheitsreparaturen und mangelbedingter Mietminderung geltend zu machen und durchzusetzen. Sie ist beim Kammergericht Berlin als Rechtsdienstleister (Inkasso) registriert.

Im vorliegenden Fall war die Klägerin entsprechend ihrem Geschäftsmodell von einem Wohnungsmieter aus Berlin mit der Geltendmachung und Durchsetzung seiner Forderungen und etwaiger Feststellungsbegehren im Zusammenhang mit der sogenannten Mietpreisbremse (§ 556d BGB) beauftragt worden. Die Klägerin vereinbarte mit dem Mieter die Abtretung seiner diesbezüglichen Forderungen und machte – nach vorherigem Auskunftsverlangen und Rüge gemäß § 556g Abs. 2 BGB - gegen die beklagte Wohnungsgesellschaft Ansprüche auf Rückzahlung von nach Maßgabe des § 556d BGB überhöhter Miete (24,76 €) sowie auf Zahlung damit im Zusammenhang stehender Rechtsverfolgungskosten (166,90 €) geltend.

Das Amtsgericht hat der Klage (nur) bezüglich der Rückzahlung überhöhter Mietzinsen stattgegeben. Das Berufungsgericht (LG Berlin, 63. Zivilkammer, Grundeigentum 2018, 1231) hat die Klage vollständig abgewiesen.

Der Klägerin fehle, so das Berufungsgericht, bereits die Befugnis, die streitigen Ansprüche geltend zu machen (sogenannte Aktivlegitimation), da die zwischen ihr und dem Wohnungsmieter vereinbarte Forderungsabtretung wegen eines Verstoßes gegen das gesetzliche Verbot zur Erbringung unerlaubter Rechtsdienstleistungen gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 3 und weiteren Bestimmungen des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) nichtig sei. Nach dem Geschäftsmodell der Klägerin liege der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit gerade nicht auf der Erbringung von Inkassodienstleistungen, für die sie registriert sei (§ 10 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 RDG), sondern vielmehr im Bereich der Rechtsberatung (§ 2 Abs. 1 RDG) mit lediglich angeschlossener Inkassodienstleistung. Denn die Klägerin werde bereits vor Abschluss der Abtretungsvereinbarung rechtberatend tätig, indem sie mittels ihrer Onlineplattform die ortsübliche Vergleichsmiete ermittle und die jeweiligen Merkmale prüfe. Über eine bloße Inkassodienstleistung gehe es auch hinaus, dass die Klägerin eine Tatbestandvoraussetzung des geltend gemachten Rückzahlungsanspruchs durch die von ihr erhobene Rüge nach § 556g Abs. 2 BGG selbst geschaffen habe.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter. Sie vertritt die Auffassung, dass die von ihr erbrachten Tätigkeiten von ihrer Registrierung als Inkasso-Dienstleisterin umfasst seien. Insbesondere handele es sich bei der Zurverfügungstellung des Mietpreisrechners auf ihrer Internetseite nicht um eine rechtsberatende Tätigkeit, sondern um eine rein schematische Dienstleistung, die sich darin erschöpfe, die mithilfe des Mitspiegels ermittelte ortübliche Vergleichsmiete um 10 % zu erhöhen und diesen Betrag sodann von der vereinbarten Miete abzuziehen.

Viele der im vorliegenden Verfahren aufgeworfenen Rechtsfragen werden bislang –bezogen sowohl auf das Geschäftsmodell der Klägerin als auch auf ähnlich tätige Unternehmen – von den Instanzgerichten und im Schrifttum teilweise sehr unterschiedlich beantwortet. Bezüglich der Tätigkeit der Klägerin hat die 67. Zivilkammer des Landgerichts Berlin (NJW 2018, 2901) ebenso wie das Berufungsgericht (63. Zivilkammer) im vorliegenden Verfahren einen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz bejaht und aus diesem Grund die Aktivlegitimation der Klägerin bezüglich der an sie abgetretenen Ansprüche verneint. Demgegenüber haben die 65. Zivilkammer (NJW 2018, 2898) sowie die 66. Zivilkammer des Landgerichts Berlin (WuM 2018, 575, Revision anhängig unter Az. VIII ZR 275/18) einen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verneint und jeweils die Aktivlegitimation der Klägerin bejaht.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 556d BGB Zulässige Miethöhe bei Mietbeginn; Verordnungsermächtigung

(1) Wird ein Mietvertrag über Wohnraum abgeschlossen, der in einem durch Rechtsverordnung nach Absatz 2 bestimmten Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt liegt, so darf die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete […] höchstens um 10 Prozent übersteigen.

(2) 1Die Landesregierungen werden ermächtigt, Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten durch Rechtsverordnung für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu bestimmen. […]

§ 556g BGB Rechtsfolgen, Auskunft über die Miete

[…]

(2) 1Der Mieter kann von dem Vermieter eine nach den §§ 556d […] nicht geschuldete Miete nur zurückverlangen, wenn er einen Verstoß gegen die Vorschriften dieses Unterkapitels gerügt hat und die zurückverlangte Miete nach Zugang der Rüge fällig geworden ist. […]

§ 134 BGB Gesetzliches Verbot

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

§ 1 RDG Anwendungsbereich

(1) 1Dieses Gesetz regelt die Befugnis, in der Bundesrepublik Deutschland außergerichtliche Rechtsdienstleistungen zu erbringen. 2Es dient dazu, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen.

[…]

§ 2 RDG Begriff der Rechtsdienstleistung

(1) Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.

(2) 1Rechtsdienstleistung ist, unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1, die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird (Inkassodienstleistung). […]

§ 3 RDG Befugnis zur Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen

Die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen ist nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird.

§ 10 RDG Rechtsdienstleistungen aufgrund besonderer Sachkunde

(1) 1Natürliche und juristische Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, die bei der zuständigen Behörde registriert sind (registrierte Personen), dürfen aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen in folgenden Bereichen erbringen:

1.Inkassodienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Satz 1),

[…]

Vorinstanzen:

Amtsgericht Lichtenberg – Urteil vom 7. November 2017 – 6 C 194/17

Landgericht Berlin – Urteil vom 28. August 2018 – 63 S 1/18

Karlsruhe, den 28. Februar 2019

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

Druckansicht