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Pressemitteilungen » Suchergebnis » Pressemitteilung Nr. 80/99 vom 27.9.1999

 

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Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

 

Nr. 80/1999

 

Transferentschädigungsregelung im Rahmenstatut des

Niedersächsischen Fußballverbandes nichtig

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte letztinstanzlich über die Klage eines Fußballvereins der Niedersächsischen Landesliga auf Zahlung einer sogenannten Ausbildungs- und Förderungsentschädigung in Höhe von insgesamt 50.000,-- DM nach dem Rahmenstatut des Niedersächsischen Fußballverbandes anläßlich der Verpflichtung zweier Amateurspieler als sogenannte Vertragsamateure durch einen Verein der Regionalliga zu entscheiden.

Die Klage ist auch in der Revisionsinstanz erfolglos geblieben, weil der Bundesgerichtshof - in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Oldenburg - die betreffende Entschädigungsregelung der Satzung wegen einer unzulässigen Beeinträchtigung des Grundrechts der Freiheit der Berufswahl als gegen die guten Sitten verstoßend und daher nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB) angesehen hat. Die Verbandsnorm führt nämlich dazu, daß Amateurspieler den Beruf des Fußballspielers nur ergreifen und ausüben können, wenn sie einen Verein finden, der sie nicht nur hinsichtlich ihrer spielerischen (sportlichen) Fähigkeiten akzeptiert und ihnen dafür Gehalt zahlt, sondern darüber hinaus bereit ist, für sie eine Ausbildungs- und Förderungsentschädigung zu leisten. Finden die betroffenen Amateure lediglich interessierte Vereine, denen die in den Statuten des Niedersächsischen Fußballverbandes vorgesehene Entschädigung vom Ansatz her unangemessen oder - angesichts des beträchtlichen Betrages von 25.000,-- DM - zu hoch erscheint oder die sie nicht zahlen können, besteht für sie im Geltungsbereich der Rahmenbedingungen des Niedersächsischen Fußballverbandes keine Möglichkeit, als Fußballspieler berufstätig zu werden. Diese mit der Entschädigungsregelung verbundene Einschränkung der grundgesetzlich verbürgten Freiheit der Berufswahl ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofes nicht gerechtfertigt. Solche Einschränkungen der Berufsfreiheit sind nämlich grundsätzlich nur zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut gerechtfertigt. Diese Voraussetzungen sind für die betreffende Verbandsnorm nicht gegeben. Auch wenn die Massensportart Fußball angesichts ihrer beträchtlichen Popularität und sozialen Bedeutung in der heutigen Zeit als wichtiges Gemeinschaftsgut angesehen werden kann und die Aufrechterhaltung ihrer Funktionsfähigkeit, insbesondere durch Förderung und Sicherung einer guten Jugendarbeit und Jugendausbildung, im Interesse der Allgemeinheit sinnvoll erscheinen mag, stellt die Entschädigungsregelung der Rahmenbedingungen keine hinreichende Grundlage zur Abwehr vermeintlicher schwerer Gefahren für die genannten Ziele dar. Maßnahmen in diesem Zusammenhang vermögen jedenfalls dann Eingriffe in die Berufsfreiheit betroffener Spieler durch objektive Zulassungsschranken nicht zu rechtfertigen, wenn sie eher wirtschaftlichen Zielen einzelner Vereine als ideellen Zwecken und der Gemeinschaft dienen. Die vorliegende Entschädigungsregelung dient aber - zumindest in erster Linie - nicht ideellen Zielen und der Gemeinschaft, sondern wirtschaftlichen Zwecken.

Dem klagenden Verein stehen nach Ansicht des Bundesgerichtshofes demgegenüber keine Grundrechte zu, die mit der Freiheit der Berufswahl der durch die Entschädigungsregelung tangierten Spieler konkurrieren könnten.

Die am Maßstab des Art. 12 GG vorgenommene Bewertung der vorliegenden Entschädigungsregelung der Verbandsnorm des Niedersächsischen Fußballverbandes als nichtig steht im Einklang mit den Wertmaßstäben, die sich - wie vom EuGH im Fall Bosman für den Berufsfußball entschieden - aus der in Art. 48 EGV a.F. (= Art. 39 EGV n.F.) gewährleisteten Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Gemeinschaft ergeben.

Urteil vom 27. September 1999 – II ZR 305/98

Karlsruhe, den 27. September 1999

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-422

Telefax (0721) 159-831

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