Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 14. Senats vom 29.11.2012 - B 14 AS 161/11 R -, Urteil des 14. Senats vom 19.8.2015 - B 14 AS 43/14 R -, Urteil des 14. Senats vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R -, Urteil des 14. Senats vom 19.8.2015 - B 14 AS 13/14 R -
Kassel, den 12. August 2015
Terminvorschau Nr. 38/15
Der 14. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, am 19. August 2015 im Weißenstein-Saal nach mündlicher Verhandlung über vier Revisionen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu entscheiden.
1) 10.00 Uhr - B 14 AS 43/14 R -
O. ./. Jobcenter Braunschweig
Streitig ist die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Alg II wegen
der Gutschrift von Bausparzinsen im Dezember 2011. Die 1948 geborene,
seit 2005 im Bezug von Leistungen nach dem SGB II stehende Klägerin
unterhält seit 1999 einen Bausparvertrag, der zum 1.1.2011 ein Guthaben
von 9.041,04 Euro aufwies. Ende 2011 schrieb die Bausparkasse dem
Bausparkonto als "Guthabenzinsen lfd Jahr" einen Betrag von 226,73 Euro
gut, der nach den Bausparbedingungen nicht gesondert auszahlbar ist,
sondern erst nach Kündigung des Bausparvertrags mit dem Gesamtguthaben
ausgekehrt wird. Für eine abschlagsfreie Auszahlung noch im Dezember
2011 wäre dazu eine Kündigung bis zum 30.9.2011 erforderlich gewesen,
die die Klägerin nicht erklärt hat. Nachdem das beklagte Jobcenter ihr
für Dezember 2011 Alg II zunächst vorläufig in Höhe von 670,67 Euro und
nach Vorlage der Verdienstabrechnung für November 2011 sinngemäß
endgültig in Höhe von 677,57 Euro bewilligt hatte, hob es diese
Bewilligung im Anschluss an die Mitteilung der Gutschrift nach Anhörung
der Klägerin in Höhe des Gutschriftbetrags teilweise auf und setzte
einen entsprechenden Erstattungsanspruch fest.
Das SG hat den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid aufgehoben. Die
Zinsgutschrift bedinge keine wesentliche Änderung der für die
Alg II-Bewilligung maßgeblichen Verhältnisse. Da sie mangels Kündigung
des Bausparvertrags nicht als bereites Mittel zur Verfügung gestanden
habe, handele es sich im Dezember 2011 nicht um anrechenbares Einkommen
(Verweis auf Senatsurteil vom 29.11.2012 – B 14 AS 161/11 R – SozR
4-4200 § 22 Nr 66 RdNr 18).
Mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt der Beklagte die
Verletzung des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II. Die Zinsgutschrift sei
verfügbares Einkommen. Die Klägerin habe ihre Auszahlung durch Kündigung
des Bausparvertrages bewirken und sie so zur Deckung ihres
Lebensunterhalts einsetzen können. Verletzt sei dadurch auch der
Nachranggrundsatz des § 3 SGB II, dem es widerspreche, wenn die
Berücksichtigung realisierbarer Zinsen von einer Gestaltung des
Leistungsberechtigten abhängig sei.
SG Braunschweig
- S 44 AS 3509/12 -
2) 11.00 Uhr
- B 14 AS 1/15 R - K. ./. Jobcenter
Duisburg
Im Streit
ist die Rechtmäßigkeit einer Aufforderung, die vorzeitige
Inanspruchnahme einer Altersrente zu beantragen. Der im März 1950
geborene Kläger bezog mit seiner Ehefrau als Bedarfsgemeinschaft Alg II
vom beklagten Jobcenter. Mit Vollendung seines 63. Lebensjahres kann er
eine vorzeitige Altersrente in Anspruch nehmen; zum 1.8.2015 erfüllt er
die Voraussetzungen für den Bezug einer Regelaltersrente. Der Beklagte
forderte den Kläger unter Hinweis auf dessen durch § 12a SGB II
konkretisierte Selbsthilfeverpflichtung auf, einen Antrag auf vorzeitige
Altersrente beginnend ab Vollendung seines 63. Lebensjahres beim
Rentenversicherungsträger zu stellen. Die vorzeitige Inanspruchnahme
einer Altersrente beseitige seine Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II
und sei nicht unbillig im Sinne der Unbilligkeitsverordnung; die mit ihr
verbundenen dauerhaften Rentenabschläge seien hinzunehmen. Der Kläger
kam dieser Aufforderung nicht nach und erhob Klage.
Klage und Berufung des Klägers blieben erfolglos; SG und LSG hielten
seine Aufforderung durch den Beklagten für rechtmäßig. Während des gegen
die Aufforderung zur Rentenantragstellung laufenden Klageverfahrens
stellte der Beklagte am 8.7.2013 unter Berufung auf § 5 Abs 3 Satz 1
SGB II für den Kläger bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland
(DRV) einen Antrag auf vorzeitige Altersrente. Während des
Berufungsverfahrens lehnte die DRV mit dem nur dem Kläger
bekanntgegebenen Bescheid vom 8.9.2014 den Rentenantrag des Beklagten
wegen fehlender Mitwirkung des Klägers ab.
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision begehrt der Kläger die
Aufhebung der Aufforderung zur Beantragung und Inanspruchnahme einer
vorzeitigen Altersrente. Er macht insbesondere geltend, der Beklagte
habe kein oder jedenfalls nicht hinreichend Ermessen bei der
Aufforderung des Klägers ausgeübt. Der Beklagte hat während des
Revisionsverfahrens gegen den vom Kläger vorgelegten Bescheid der DRV
vom 8.9.2014 Widerspruch eingelegt.
SG Duisburg
- S 55 AS 4434/12 -
LSG
Nordrhein-Westfalen
- L 7 AS 886/14 -
3) 13.00 Uhr
- B 14 AS 13/14 R - P. ./. Jobcenter
Mansfeld-Südharz
Umstritten ist die Höhe von Leistungen für Unterkunft und Heizung im
Rahmen einer vorläufigen Bewilligung. Der Kläger ist Selbständiger, lebt
seit dem Auszug seiner Ehefrau aus dem gemeinsamen Haus im November 2005
allein und bezieht seit Januar 2006 Alg II. Auf seinen
Fortzahlungsantrag bewilligte ihm das beklagte Jobcenter vom 1.2. bis
31.7.2007 wegen seines unklaren Einkommens vorläufig Alg II; dieses
enthielt als Leistungen für Unterkunft und Heizung ua 365 Euro wegen
einer Übereinkunft zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau über eine
Nutzungsentschädigung für das Haus (Bescheid vom 5.2.2007). Der Beklagte
hob mit Bescheid vom 27.2.2007 diese Bewilligung ab 1.4.2007 iHv 365
Euro auf, weil die Nutzungsentschädigung nicht als Unterkunftskosten
nach § 22 Abs 1 SGB II zu berücksichtigen sei, und änderte auch durch
weitere Bescheide die Bewilligung ab. Gegen alle Bescheide erhob der
Kläger Widersprüche, die hinsichtlich des Aufhebungsbescheides durch
Widerspruchsbescheid vom 27.4.2007 und hinsichtlich der anderen
Bescheide durch Widerspruchsbescheid vom 24.9.2007 zurückgewiesen
wurden.
Das SG hat
die beiden Klagen verbunden, den Aufhebungsbescheid aufgehoben und im
Übrigen die auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung gerichtete
Klage abgewiesen. Das LSG hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil
des SG geändert, die Klage insgesamt abgewiesen und die Berufung des
Klägers zurückgewiesen. Die Nutzungsentschädigung sei nicht als Kosten
der Unterkunft zu berücksichtigen, weil diese auf einem
familienrechtlichen Anspruch nach § 1361b Abs 3 Satz 2 BGB beruhe, der
zwischen Ehegatten den allgemeineren Anspruch nach § 745 Abs 2 BGB aus
einer Bruchteilsgemeinschaft verdränge, nicht nur die Wohnungsnutzung
zum Gegenstand habe und der Billigkeit entsprechen müsse. Auch aus
anderen Gründen habe der Kläger keinen Anspruch auf höhere Leistungen,
weil bei vorläufigen Leistungen abweichend vom Monatsprinzip die
gesamten Leistungen des Bewilligungsabschnitts seinen gesamten
Aufwendungen in dieser Zeit gegenüberzustellen seien.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung
des § 22 SGB II, insbesondere hinsichtlich der Nicht-Berücksichtigung
der Nutzungsentschädigung, die nicht eine Art Schadensersatz sei,
sondern einer Miete entspreche.
SG Halle
- S 24 AS 1831/07
LSG
Sachsen-Anhalt
- L 2 AS 336/10 -
4) 13.00 Uhr
- B 14 AS 14/14 R - P. ./. Jobcenter
Mansfeld-Südharz
Die
Beteiligten sind mit dem unter 3) aufgeführten Verfahren identisch und
streiten auch in diesem Verfahren über die Höhe von Leistungen für
Unterkunft und Heizung im Rahmen einer vorläufigen Bewilligung. Aufgrund
seines Antrags bewilligte das beklagte Jobcenter dem Kläger vom 16.1.
bis 31.7.2006 wegen seines unklaren Einkommens Alg II als Vorschuss nach
§ 42 SGB I. Nachdem der Rechtsanwalt der Ehefrau ab Mai 2006 eine
Nutzungsentschädigung von 365 Euro pro Monat für das Haus gefordert
hatte, überwies der Kläger diesen Betrag für Mai am 8.6.2006 an die
Ehefrau. Nachfolgend kam es zu einer Übereinkunft des Klägers und der
Ehefrau über eine monatliche Zahlung von 234 Euro, und der Kläger
überwies am 7.8.2006 unter Anrechnung der für Mai gezahlten 365 Euro nur
103 Euro für Juni und 234 Euro für Juli. Schon zuvor hatte der Kläger ua
wegen einer Heizölrechnung höhere Leistungen begehrt und der Beklagte
die ursprüngliche Bewilligung zu seinen Gunsten aber ohne Übernahme
einer Nutzungsentschädigung abgeändert sowie diese Bewilligung wegen des
unklaren Einkommens für vorläufig erklärt (Bescheid vom 5.7.2006;
Widerspruchsbescheid vom 15.12.2006).
Die insbesondere auf Übernahme der Nutzungsentschädigung gerichtete
Klage hat das SG abgewiesen. Nach Annahme eines Teilanerkenntnisses des
Beklagten über weitere 311,58 Euro als Leistungen für die Unterkunft und
Heizung hat das LSG die Berufung zurückgewiesen. Die
Nutzungsentschädigung sei nicht als Kosten der Unterkunft zu
berücksichtigen, weil diese auf einem familienrechtlichen Anspruch nach
§ 1361b Abs 3 Satz 2 BGB beruhe, der zwischen Ehegatten den
allgemeineren Anspruch nach § 745 Abs 2 BGB aus einer
Bruchteilsgemeinschaft verdränge, nicht nur die Wohnungsnutzung zum
Gegenstand habe und der Billigkeit entsprechen müsse. Auch aus anderen
Gründen habe der Kläger nach dem Teilanerkenntnis keinen Anspruch auf
höhere Leistungen, weil bei vorläufigen Leistungen abweichend vom
Monatsprinzip die gesamten Leistungen des Bewilligungsabschnitts den
gesamten Aufwendungen in dieser Zeit gegenüberzustellen seien.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung
des § 22 SGB II, insbesondere hinsichtlich der Nicht-Berücksichtigung
der Nutzungsentschädigung, die nicht eine Art Schadensersatz sei,
sondern einer Miete entspreche.
SG Halle
- S 24 AS 141/07 -
LSG
Sachsen-Anhalt
- L 2 AS 338/10 -