Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

 

Nr. 83/1998

 

Bundesgerichtshof zu den Folgen einer Säumnis

infolge Verkehrsstaus

 

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat ein zweites Versäumnisurteil gegen einen Rechtsanwalt in einem Regreßprozeß aufgehoben, weil die straßenverkehrsbedingte Säumnis unverschuldet war.

Das Landgericht verurteilte den beklagten Rechtsanwalt durch (erstes) Versäumnisurteil vom 20. März 1997, an die Klägerin 64.691,60 DM zu zahlen, nachdem dieser trotz ordnungsmäßiger Ladung im Verhandlungstermin nicht erschienen war. Der Einspruch des Beklagten wurde in dessen Abwesenheit am 3. Juli 1997 durch ein zweites Versäumnisurteil verworfen. Die Berufung des Beklagten wurde vom Oberlandesgericht als unzulässig verworfen.

Auf die Revision des Beklagten hat der Bundesgerichtshof das zweite Versäumnisurteil des Landgerichts und die Entscheidung des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache zur Klärung des eingeklagten Regreßanspruchs an das Landgericht zurückverwiesen. Nach dem Verhandlungsprotokoll vom 3. Juli 1997, das den Vortrag des Beklagten im wesentlichen bestätigte, war davon auszugehen, daß der Beklagte in seiner auf 9.30 Uhr anberaumten Sache noch während der beim Landgericht üblichen "Wartezeit" von 15 Minuten, in der der gegnerische Anwalt kein Versäumnisurteil beantragt, dem Gericht telefonisch mitgeteilt hatte, er stehe im Stau und werde in etwa 10 Minuten erscheinen. Tatsächlich war der Beklagte innerhalb dieses angekündigten Zeitraums im Gerichtssaal erschienen.

 

 

 

 

Diesen Vorgang hat der Bundesgerichtshof als unverschuldete Säumnis bewertet und die Ansicht vertreten, das Landgericht habe zumindest die vom Beklagten angekündigte Ankunftszeit abwarten müssen, bevor es auf Antrag des Gegners sein zweites Versäumnisurteil erließ.

Urteil vom 19. November 1998 - IX ZR 152/98

Karlsruhe, den 19. November 1998

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