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Pressemitteilungen » Suchergebnis » Pressemitteilung Nr. 86/98 vom 27.11.1998

 

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Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

 

Nr. 86/1998

 

Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Berücksichtigung der Ergebnisse eines ohne Wissen des Gerichts durchgeführten

"Lügendetektortests " im Strafverfahren

 

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision eines Angeklagten verworfen, der wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes vom Landgericht Mönchengladbach zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war.

Der Angeklagte, der die Tat bestreitet, hatte sich während des Laufs der Hauptverhandlung ohne Wissen des Gerichts der Untersuchung mittels eines Polygraphen (Lügendetektor) durch den von ihm beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. Undeutsch unterzogen. Dem Begehren des Angeklagten, die für ihn günstigen Ergebnisse dieser Untersuchung durch Vernehmung des Privatgutachters als sachverständigen Zeugen in die Hauptverhandlung einzuführen, ist das Landgericht nicht nachgekommen.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs brauchte nicht darüber zu befinden, ob an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs festzuhalten ist, daß die Verwendung des Polygraphen im Strafverfahren generell unzulässig ist, weil sie selbst bei Einverständnis des Angeklagten in dessen grundgesetzlich geschütztes Persönlichkeitsrecht eingreift. Der Senat hatte - da ein den strafprozessualen Erfordernissen genügender Beweisantrag nicht vorlag - nur zu beurteilen, ob die Amtsaufklärungspflicht die Vernehmung des privat und ohne Wissen des Gerichts eingeschalteten Gutachters zu den Ergebnissen des Polygraphentests gebot. Diese Frage war zu verneinen, weil die Anwendung des Polygraphen jedenfalls voraussetzt, daß der Untersuchte nicht nur mit der Zuverlässigkeit des Verfahrens rechnet, sondern auch annehmen muß, ein für ihn ungünstiges Ergebnis werde in derselben Weise Berücksichtigung finden wie ein günstiges. Andernfalls sind verläßliche Resultate von vornherein in Frage gestellt, weil der Respekt des Untersuchten vor dem "Entdecktwerden" einen wichtigen Faktor für das Gelingen des Tests darstellt. An dieser Grundvoraussetzung fehlte es hier, weil der Angeklagte über die Ergebnisse der heimlichen Untersuchung frei verfügen konnte, er also die Bekanntgabe eines gegebenenfalls für ihn und die Beurteilung seiner Einlassung nachteiligen Ergebnisses nicht befürchten mußte.

 

Beschluß vom 14. Oktober 1998 - 3 StR 236/98

Karlsruhe, den 27. November 1998

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-422

Telefax (0721) 159-831

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