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Pressemitteilungen » Suchergebnis » Pressemitteilung Nr. 96A/98 vom 18.12.1998

 

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Bundesgerichtshof 76125 Karlsruhe, den 18.12.1998

Herrenstraße 45 a

Der Leiter der Pressestelle Fernsprecher 0721-159-0

Durchwahl 159-422

Nr. 96 a/1998 Telefax-Nr. 159-831

(im Anschluß an Nr. 58 a/1998)

 

 

 

An die

Empfänger der

Mitteilungen der Pressestelle

p e r T e l e f a x

 

 

 

Betr.: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

 

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

vor ein paar Wochen hatte ich Ihnen eine Übersicht über die Grundsätze des Revisionsstrafverfahrens vor dem Bundesgerichtshof gegeben.

In der Anlage finden Sie nunmehr eine entsprechende Zusammenfassung für das allgemeine Zivilverfahren (ohne besondere Verfahrensarten).

In der Hoffnung, daß Sie damit etwas anfangen können - für Rückfragen stehe ich zur Verfügung - , wünsche ich Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gutes, erfolgreiches neues Jahr. Zugleich danke ich Ihnen für die stets faire Zusammenarbeit im vergangenen Jahr.

 

Mit freundlichen Grüßen bin ich

Ihr

 

Prof. Dr. Wolfgang Krüger

Richter am Bundesgerichtshof

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Revision in Zivilsachen

 

 

I. Allgemeines

Zivilrechtsstreitigkeiten, die beim Landgericht begonnen haben, können unter bestimmten Voraussetzungen in die Revisionsinstanz beim Bundesgerichtshof gelangen. Im Normalfall führt der Weg zum Bundesgerichtshof über die Berufungsinstanz. Das bedeutet: Der beim Landgericht Unterlegene greift das Urteil zunächst mit der Berufung an. Gegen das Urteil des Berufungsgerichts (Oberlandesgericht; in Berlin: Kammergericht) richtet sich dann die Revision. Daneben gibt es aber auch die Möglichkeit der sogen. Sprungrevision (§ 566 a ZPO; in der Praxis ganz selten); d.h. der beim Landgericht Unterlegene greift das Urteil - unter Auslassung der Berufungsinstanz - sogleich mit der Revision an. Voraussetzung dafür ist die Einwilligung des Gegners.

Anders als die Berufungsinstanz, die eine zweite Tatsacheninstanz ist und grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, weitere Tatsachen vorzutragen und Beweise zu erbringen, dient die Revisionsinstanz allein der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung auf materielle Rechtsfehler und auf Verfahrensfehler, und zwar auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts.

II. Zur Zulässigkeit der Revision

Bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Revision zulässig ist, ist zu unterscheiden, ob es sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit oder um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit handelt.

1. In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten (Streitigkeiten, bei denen der geltend gemachte Anspruch nicht auf Geld oder eine geldwerte Leistung gerichtet ist, z.B. Ehesachen, Gegendarstellung nach dem Pressegesetz, Widerruf ehrverletzender Äußerungen sowie sonstige Ansprüche wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung, sofern nicht zugleich ein wirtschaftlicher Aspekt verfolgt wird) findet eine

 

Revision nur statt, wenn sie das Oberlandesgericht (Berufungsgericht) in seinem Urteil zugelassen hat (Zulassungsrevision, § 546 ZPO). Das Oberlandesgericht läßt die Revision zu, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Oberlandesgericht mit seinem Urteil von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (oder der Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichte des Bundes - in der Praxis weniger häufig) abweicht. An die Zulassung durch das Oberlandesgericht ist der Bundesgerichtshof gebunden. Gegen die Nichtzulassung steht dem Betroffenen kein Rechtsmittel zu; der Bundesgerichtshof kann auch nicht von sich aus die Revision zulassen.

2. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten ist zu unterscheiden. Beträgt der Wert der Beschwer, also der vermögenswerte Nachteil, der sich aus dem Urteil des Oberlandesgerichts für den Unterlegenen ergibt, nicht mehr als 60.000 DM, so gelten dieselben Grundsätze wie bei nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten (s.o. unter II 1).

Übersteigt der Wert der Beschwer den Betrag von 60.000 DM, ist die Revision generell zulässig (Wertrevision).

 

III. Verfahren bei einer zulässigen Revision

1. Im Fall der Zulassungsrevision (nichtvermögensrechtliche Streitigkeit oder vermögensrechtliche Streitigkeit mit einer Beschwer von nicht mehr als 60.000 DM) kommt es, sofern die sonstigen prozessualen Voraussetzungen gegeben sind (zum Beispiel rechtzeitige Einlegung der Revision, rechtzeitige Begründung), zur mündlichen Verhandlung und zur Entscheidung durch Urteil.

2. Im Fall der Wertrevision (vermögensrechtliche Streitigkeiten mit einer Beschwer über 60.000 DM) kommt es zunächst - sofern die sonstigen prozessualen Voraussetzungen gegeben sind - zu dem sogenannten Annahmeverfahren (§ 554 b ZPO). Der Bundesgerichtshof entscheidet nach Beratung durch Beschluß, ob er die Revision annimmt oder ob die Annahme abgelehnt wird. Anzunehmen ist die

 

Revision, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn die Revision Aussicht auf Erfolg hat. Bei grundsätzlicher Bedeutung ist also auch dann anzunehmen, wenn die Erfolgsaussichten zu verneinen sind. Umgekehrt ist bei gegebener Erfolgsaussicht anzunehmen, selbst wenn sich keine rechtsgrundsätzlichen Fragen stellen. Für die Ablehnung der Annahme ist eine 2/3-Mehrheit erforderlich. Da der Senat mit fünf Richtern besetzt ist, bedeutet das, daß die Revision angenommen ist, wenn wenigstens zwei Mitglieder dafür stimmen.

Eine Annahmeentscheidung wird nicht begründet. Eine Nichtannahmeentscheidung enthält im Regelfall nur den Hinweis, daß die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und daß die Revision im Endergebnis keine Aussicht auf Erfolg hat.

Wird die Revision angenommen, kommt es zur mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch Urteil. Diese Entscheidung kann durch einfache Mehrheit getroffen werden.

3. Das Urteil nach mündlicher Verhandlung kann inhaltlich unterschiedlich ausgestaltet sein. Bleibt die Revision erfolglos, wird sie zurückgewiesen. Es bleibt dann bei der Entscheidung des Berufungsgerichts. Hat die Revision Erfolg, wird das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache entweder - wenn nämlich noch Sachverhaltsfragen zu klären oder Beweise zu erheben und/oder zu würdigen sind - an das Berufungsgericht zurückverwiesen; andernfalls entscheidet der Bundesgerichtshof in der Sache selbst. Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs werden mit der Verkündung rechtskräftig; sie sind nicht mehr anfechtbar.

 

 

 

 

 

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