Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 91/1999

 

Befangenheit wegen fehlerhafter Strafmaßzusage

 

Das Landgericht Aachen hat den Angeklagten T. wegen fünffachen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, zwei weitere Angeklagte zu geringeren Freiheitsstrafen verurteilt. Nach den Feststellungen flog der Angeklagte T. fünf Mal nach Südamerika, um - teils als Kurier für andere Auftraggeber, teils auf eigene Rechnung - Kokain in Mengen von 2 bis 3 kg zur Weiterveräußerung nach Holland zu bringen. Insgesamt erhielt der Angeklagte T. 7,5 kg Kokain, wovon 2,5 kg nach Holland gelangten. Bei vier der Beschaffungsflüge wurde T. vom Angeklagten O., der an den Eigengeschäften des T. zu gleichen Teilen beteiligt war, unterstützt. Darüber hinaus wirkte der Angeklagte O. u.a. durch Vermittlung der Kurierin an einem Transport von knapp 1 kg Kokain von Südamerika nach Amsterdam mit.

Die Revision der Staatsanwaltschaft hat sich u.a. mit einer Verfahrensrüge gegen die Zusage gewandt, die das Landgericht den Angeklagten T. und O über die im Falle eines Geständnisses zu erwartende Höchststrafe gemacht hatte. Die Staatsanwaltschaft hat die Ablehnung eines Befangenheitsantrages beanstandet, den sie gegen die Berufsrichter der Strafkammer im Hinblick auf das Zustandekommen dieser Zusage gestellt hatte.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat das Urteil des Landgerichts Aachen aufgehoben und die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Köln zurückverwiesen, da das Befangenheitsgesuch der Staatsanwaltschaft gegen die Berufsrichter der Strafkammer zu Unrecht verworfen worden war. Zur Begründung hat er ausgeführt:

Erweckt ein Gericht nach Zwischenberatung über das Strafmaß den Eindruck, sich unabhängig vom Umfang des Geständnisses und vom weiteren Verlauf der Hauptverhandlung hinsichtlich der zu verhängenden Höchststrafe festgelegt zu haben, so kann dies für einen Verfahrensbeteiligten die Besorgnis der Befangenheit begründen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Verfahrensbeteiligte nicht vorher gehört worden war und die zugesagte Höchststrafe nicht schuldangemessen ist.

Urteil vom 17. November 1999 – 2 StR 313/99

Karlsruhe, den 17. November 1999

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