Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

 

Nr. 88/1998

Rechtsbeugung durch Entscheidung nach § 47 Abs. 2 OWiG nur dann, wenn diese aus sachfremden Gründen erfolgt

 

Der Angeklagte, ein Richter am Amtsgericht, ist durch das Landgericht Bayreuth wegen Rechtsbeugung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt worden. Das Landgericht hat das strafbare Verhalten darin gesehen, daß der Angeklagte vier straßenverkehrsrechtliche Ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 47 Abs. 2 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) eingestellt hat.

Auf die Revision des Angeklagten hat der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs diese Verurteilung aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht/Oberpfalz zurückverwiesen, weil das Landgericht Bayreuth bei seiner Bewertung der vorgenommenen Verfahrenseinstellungen als rechtswidrig Kriterien herangezogen hat, die dieser nicht zugrundegelegt werden dürfen. Denn § 47 Abs. 2 OWiG gestattet eine Verfahrensbeendigung durch Einstellung schon dann, "wenn das Gericht eine Ahndung nicht für geboten hält". Die Entscheidung muß allerdings aufgrund pflichtgemäßen Ermessens ergehen.

Das Landgericht hat die Pflichtgemäßheit des Ermessens im wesentlichen deshalb verneint, weil es sich um erhebliche Verkehrsverstöße der Betroffenen gehandelt und der Angeklagte vor den Entscheidungen keine umfassende Sachaufklärung vorgenommen habe. Jedoch können grundsätzlich auch Verfahren wegen gewichtiger Verstöße nach § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt werden. Zudem setzt eine solche Einstellung eine abschließende Beweiserhebung nach dem Sinn der Vorschrift gerade nicht voraus.

Die Grenze zur Rechtsbeugung ist vielmehr erst dann überschritten, wenn ein Verfahren aus sachfremden Gesichtspunkten - beispielsweise parteipolitischer, persönlicher oder außerdienstlicher Art - eingestellt wird. Daß dies beim Angeklagten der Fall gewesen ist, hat das Landgericht jedoch nicht rechtsfehlerfrei dargelegt.

 

Urteil vom 03. Dezember 1998 - 1 StR 240/98

Karlsruhe, den 03. Dezember 1998

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