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Pressemitteilungen » Suchergebnis » Pressemitteilung Nr. 21/99 vom 17.3.1999

 

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Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 21/1999

 

Beschränkung psychotherapeutischer Behandlung auf

"höchstens 30 Sitzungen" in allgemeinen Geschäftsbedingungen privater Krankenversicherung unwirksam

 

Der Bundesgerichtshof hatte über die Wirksamkeit einer Klausel in den Tarifbedingungen eines privaten Krankenversicherers zu entscheiden, mit der die Erstattung von Aufwendungen für psychotherapeutische Behandlungen durch eine Leistungshöchstgrenze beschränkt wurde.

Der Kläger war bei dem beklagten Krankenversicherer mit einer Beihilfeergänzungsversicherung privat krankenversichert. Nach den Versicherungsbedingungen werden Leistungen für psychotherapeutische Behandlungen "im tariflichen Rahmen" erbracht, wenn der Versicherer diese vor Behandlungsbeginn zugesagt hat. Ergänzend dazu bestimmt eine Klausel des mit dem Versicherungsvertrag vereinbarten Tarifs unter anderem, daß die (vorherige) Genehmigung "für höchstens 30 Sitzungen bzw. wenn stationär erforderlich für 30 Tage während der Vertragsdauer" erteilt wird. Der Kläger begehrte im Jahre 1995 eine Leistungszusage des Beklagten für die Durchführung einer psychotherapeutischen Behandlung. Der Beklagte lehnte sie ab, weil der Kläger bereits bei einer früheren Behandlung im Jahre 1991 die tariflich zugesagten Leistungen vollständig ausgeschöpft habe.

Der Kläger hat die Feststellung begehrt, daß die mit der genannten Tarifklausel bestimmte Leistungshöchstgrenze für psychotherapeutische Behandlungen unwirksam sei. Seine Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.

Der Bundesgerichtshof hat die Tarifklausel für unwirksam erklärt. Sie hält einer Kontrolle am Maßstab des § 9 AGBG nicht stand. Nach dieser Vorschrift sind Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, die den Vertragspartner - hier den Versicherungsnehmer - entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. In der Beschränkung der Leistungen des Versicherers für psychotherapeutische Behandlungen auf 30 Sitzungen/Behandlungstage während der gesamten Laufzeit des Vertrages ist eine solche Benachteiligung zu erkennen.

Der Vertrag über eine Krankheitskostenversicherung ist regelmäßig auf lange Dauer angelegt. Der Versicherungsnehmer bezweckt mit ihm die Abdeckung seines Kostenrisikos, das ihm durch die Behandlung von Krankheiten entsteht. Das Leistungsversprechen des Versicherers trägt dem Rechnung, denn er verspricht mit dem Vertrag im Versicherungsfall den Ersatz von Aufwendungen für Heilbehandlungen. Von diesem Leistungsversprechen sind auch Leistungen für psychotherapeutische Behandlungen nicht grundsätzlich ausgenommen, sondern lediglich an eine Zusage vor Behandlungsbeginn gebunden. Das hindert zwar nicht von vornherein jede Einschränkung der Leistungen des Versicherers für solche Behandlungen. Es benachteiligt den Versicherungsnehmer aber unangemessen, wenn er schon deshalb von weiteren Leistungen für psychotherapeutische Behandlungen für die gesamte Laufzeit des Vertrages - also möglicherweise für die Zeit seines Lebens - ausgeschlossen wird, weil er sich bereits einmal einer solchen Behandlung mit 30 Sitzungen/
Behandlungstagen unterziehen mußte.

 

Urteil vom 17. März 1999 - IV ZR 137/98

Karlsruhe, den 17. März 1999

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-422

Telefax (0721) 159-831

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