Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 19/1999

Gewerblich organisierte Spielgemeinschaften dürfen von der Teilnahme an Sportwetten und Lotto nicht generell ausgeschlossen werden

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat - ebenso wie zuvor das Kammergericht - eine Verfügung des Bundeskartellamts als rechtmäßig angesehen, mit der dem Deutschen Lotto- und Totoblock und seinen Gesellschaftern die Durchführung von Spielbedingungen untersagt wurde, nach denen gewerblich organisierte Spielgemeinschaften vom Spielbetrieb bei Lotto und Toto generell ausgeschlossen werden. Entsprechende Regelungen sind aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses der Gesellschafter, bei denen es sich überwiegend um unmittelbar oder mittelbar in Besitz der Bundesländer befindliche Gesellschaften handelt, im Jahr 1995 in die Spielbedingungen aufgenommen worden; ihre Anwendung wurde bis zum Abschluß des vorliegenden Verfahrens ausgesetzt. Mit dieser Regelung sollte der Tätigkeit gewerblicher Organisatoren von Spielgemeinschaften entgegengewirkt werden, die zu einer Verlagerung der Einkünfte auf einzelne Bundesländer geführt hat. Nach den internen Bestimmungen des Deutschen Lotto- und Totoblocks fließen die Einnahmen aus den Spielverträgen mit den Teilnehmern dem Gesellschafter zu, in dessen Bundesland der Vertrag jeweils geschlossen wird. Gewerblich organisierte Spielgemeinschaften schließen die Spielverträge regelmäßig in einem Bundesland, das von dem organisierenden Unternehmen ausgewählt wird. Überwiegend handelt es sich dabei um das Land, in dem dieses Unternehmen seinen Sitz hat.

Das Bundeskartellamt hat den Beschluß der Gesellschafter des Lotto- und Totoblocks als unzulässige Kartellvereinbarung angesehen und seine Durchführung untersagt. Die von der Mehrheit der Gesellschafter gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde hat das Kammergericht, der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde eines Gesellschafters zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat die Auffassung von Bundeskartellamt und Kammergericht bestätigt, der Deutsche Lottoblock und seine Gesellschafter seien Unternehmen im Sinne des § 1 GWB. Daß ihnen nach der Behauptung der Rechtsbeschwerde auch öffentliche Aufgaben zugewiesen seien, stehe dem nicht entgegen. Auch in diesem Fall ergebe sich ihre Eigenschaft als Unternehmen im Sinne des Kartellrechts daraus, daß sie mit den Mitteln des Marktes am Wirtschaftsverkehr teilnähmen. Trotz des gesellschaftsrechtlichen Zusammenschlusses im Deutschen Lotto- und Totoblock bestehe zwischen dessen Gesellschaftern Wettbewerb, der durch die Koordinierung der Interessen mit dem untersagten Beschluß der Gesellschafter eingeschränkt werde. Dieser Wettbewerb zeige sich nicht nur bei unterschiedlichen Konditionen im Verhältnis zu den einzelnen Teilnehmern wie etwa unterschiedlichen Spielscheingebühren oder der Durchführung von auf einzelne Länder beschränkten Sonderausspielungen, sondern auch in der unterschiedlichen Interessenlage im Verhältnis zu den gewerblichen Organisatoren von Spielgemeinschaften und ihrem darauf beruhenden unterschiedlichen Auftreten diesen gegenüber. So seien die Länder, denen die Einnahmen aus der Teilnahme solcher Gemeinschaften zuflössen, an ihrem Ausschluß vom Spielbetrieb nicht interessiert.

Die von der Rechtsbeschwerde behauptete Strafbarkeit der Teilnahme gewerblich organisierter Spielgemeinschaften stehe dem vom Bundeskartellamt ausgesprochenen Verbot nicht entgegen. Dieses untersage nur einen generellen Ausschluß gewerblich organisierter Spielgemeinschaften, der allein mit dem getroffenen Beschluß begründet werde; an einem individuell mit sachlichen Erwägungen begründeten Ausschluß im Einzelfall seien die Gesellschafter durch die Entscheidung des Bundeskartellamtes nicht gehindert. Zudem sei nicht zu erkennen, daß die Teilnahme solcher Gemeinschaften am Spielbetrieb schlechthin gegen § 287 StGB (Veranstaltung einer Lotterie oder Ausspielung ohne behördliche Erlaubnis) verstoße. In Übereinstimmung mit den im Gesetzgebungsverfahren geäußerten Vorstellungen spreche die Vorschrift ihrem Wortlaut nach dafür, daß sie nur die Veranstaltung einer ungenehmigten Lotterie, nicht aber die Vermittlung der Teilnahme an einer genehmigten Auslosung unter Strafe stelle. Das genüge; in eine weitergehende abschließende Klärung der Frage, in welchem Umfang sich der untersagte Beschluß gegen ein strafbares Verhalten richte, habe das Bundeskartellamt nicht eintreten müssen.

Beschluß vom 09. März 1999 - KVR 20/97

Karlsruhe, den 09. März 1999

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