Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 121/2023

Revisionshauptverhandlung am 29. August 2023, 10 Uhr, und Verkündungstermin am 31. August 2023, 10 Uhr, in Sachen

5 StR 447/22 (sog. "Hamburger Rolling-Stones-Affäre")

im Reichsgerichtsgebäudes (Sitz des

Bundesverwaltungsgerichts)

Der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs verhandelt am 29. August 2023 über die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das am 8. April 2022 ergangene Urteil des Landgerichts Hamburg in der sogenannten "Rolling-Stones-Affäre". Gegenstand des Strafverfahrens sind Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit der Ausrichtung eines Konzerts der Rolling Stones am 9. September 2017 im Hamburger Stadtpark. Der Konzertveranstalter soll dem Bezirksamt Hamburg-Nord Freikarten überlassen haben, um die Höhe des Entgelts für die Nutzung des Stadtparks zu beeinflussen.

Nach den Feststellungen des Landgerichts forderte der damalige Leiter des Bezirksamts R. bei den Vertragsverhandlungen Freikarten von dem Konzertveranstalter. Deren Geschäftsführer K. und der zuständige Projektleiter W. überließen ihm daraufhin 100 Freikarten im Gesamtwert von 14.743,90 Euro, die er insbesondere an Mitarbeiter des Bezirksamts verteilte, unter anderem an den damaligen Dezernatsleiter O. Dieser verfasste in Absprache mit R. ein rückdatiertes Schreiben, um eine Genehmigung der Annahme der "Freikartenspende" nach den dafür geltenden Dienstvorschriften zu fingieren. R. selbst nahm zudem auf Einladung von K. und W. an dem Konzert und an einem vorherigen Abendempfang teil.

Das Landgericht hat den vormaligen Bezirksamtsleiter R. wegen Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung und den ehemaligen Dezernatsleiter O. wegen Vorteilsannahme sowie wegen Beihilfe zur Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung zu Gesamtgeldstrafen von 180 Tagessätzen zu je 120 Euro (R.) und 110 Tagessätzen zu je 110 Euro (O.) verurteilt. Zudem hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet. Von einer Verurteilung des Angeklagten R. wegen Untreue oder Bestechlichkeit und des Angeklagten O. wegen Beihilfe hierzu hat es abgesehen, weil es nicht festzustellen vermocht hat, dass die Höhe des Nutzungsentgelts unangemessen niedrig gewesen oder durch die Gewährung der Freikarten beeinflusst worden wäre. Ebenso wenig hat das Landgericht es als strafbar bewertet, dass R. die Einladung zu Abendempfang und Konzert angenommen hat; dies habe der Erfüllung legitimer Repräsentationsaufgaben gedient. Den Geschäftsführer des Konzertveranstalters K. und den für die Veranstaltung zuständigen Projektleiter W. hat es von den Vorwürfen der Bestechung freigesprochen. Sie seien davon ausgegangen, dass die Ausgabe der Freikarten und die Einladung des Bezirksamtsleiters sich im Rahmen des Üblichen bewegt habe; sie hätten daher nicht vorsätzlich gehandelt.

Die Staatsanwaltschaft Hamburg greift das Urteil mit auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen an, soweit der Angeklagte R. nicht wegen Untreue und Bestechlichkeit, der Angeklagte O. nicht wegen Beihilfe hierzu und die Angeklagten K. und W. nicht wegen Bestechung verurteilt worden sind. Sie ist zudem der Auffassung, dass sich der Angeklagte R. durch die Weitergabe der Freikarten an seine Mitarbeiter wegen der Verleitung von Untergebenen zu einer Straftat strafbar gemacht habe. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof ist den Rechtsmitteln teilweise beigetreten. Die Angeklagten R. und O. haben ihre Verurteilung nicht angefochten.

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs wird am 29. August 2023, 10 Uhr, im Großen Sitzungssaal des Reichsgerichtsgebäudes (Sitz des Bundesverwaltungsgerichts) in Leipzig, Simsonplatz 1, über die Revisionen verhandeln. Ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung ist für den 31. August 2023, 10 Uhr, am selben Ort vorgesehen.

Vorinstanz:

LG Hamburg - Urteil vom 8. April 2022 – 622 KLs 4/20

Die maßgeblichen Vorschriften des StGB lauten:

§ 331 Vorteilsannahme

(1) Ein Amtsträger, ein Europäischer Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(…)

§ 332 Bestechlichkeit

(1) Ein Amtsträger, ein Europäischer Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Der Versuch ist strafbar.

(…)

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er sich dem anderen gegenüber bereit gezeigt hat,

1.bei der Handlung seine Pflichten zu verletzen oder,

2.soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen.

§ 333 Vorteilsgewährung

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr für die Dienstausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(…)

§ 334 Bestechung

(1) Wer einem Amtsträger, einem Europäischen Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

(…)

§ 357 Verleitung eines Untergebenen zu einer Straftat

(1) Ein Vorgesetzter, welcher seine Untergebenen zu einer rechtswidrigen Tat im Amt verleitet oder zu verleiten unternimmt oder eine solche rechtswidrige Tat seiner Untergebenen geschehen läßt, hat die für diese rechtswidrige Tat angedrohte Strafe verwirkt.

(…)

Karlsruhe, den 21. Juli 2023

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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