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Pressemitteilungen » Suchergebnis » Pressemitteilung Nr. 78/98 vom 11.11.1998

 

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Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

 

Nr. 78/1998

 

Bundesgerichtshof zu Schmiergeldzahlungen an den Leiter des Zubehör- und Ersatzteilelagers eines Automobilkonzerns

 

Der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofs hatte über die Revision eines früheren Angehörigen des Managements eines großen deutschen Automobilkonzerns zu entscheiden. Der Angeklagte war vom Landgericht Bochum wegen mehrerer Fälle der Steuerhinterziehung, Untreue und Erpressung zu acht Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Hintergrund der Verurteilung waren Schmiergeldzahlungen, die der Angeklagte – damals verantwortlicher Leiter des Zubehör- und Ersatzteilelagers des Konzerns mit einem Jahresbudget von 40 Millionen DM – über mehrere Jahre bis 1995 in Millionenhöhe von Zulieferfirmen erhielt, denen er lukrative Aufträge des Konzerns verschaffte.

Der Bundesgerichtshof hat die Verurteilung des Angeklagten überwiegend bestätigt: so insbesondere die Verurteilung wegen Hinterziehung von mehr als zwei Millionen DM Einkommensteuer wegen von ihm nicht versteuerter Schmiergelder sowie die Verurteilung wegen Untreue durch Abschluß überteuerter Lieferverträge zum Nachteil des Konzerns. Bestätigt hat der Bundesgerichtshof auch die Verurteilung wegen Erpressung eines Zulieferers, dem der Angeklagte die Beendigung eines laufenden Vertrages für den Fall angedroht hatte, daß er ihm kein Schmiergeld zahle.

In zwei Fällen hat der Bundesgerichtshof hingegen die Verurteilung wegen Erpressung beanstandet. In diesen Fällen war nicht hinreichend aufgeklärt worden, ob und inwieweit die Firmen die Schmiergelder zur Vermeidung eines sie existentiell bedrohenden Abbruchs von Geschäftsbeziehungen gezahlt hatten oder vielmehr wegen der Aussicht auf neue lukrative Verträge mit dem Konzern; ferner war zweifelhaft geblieben, ob und inwieweit die Firmen infolge der Schmiergeldzahlungen überhaupt

 

geschädigt waren oder nicht vielmehr der Konzern, weil er ihnen überhöhte Preise bezahlt hatte.

Der Bundesgerichtshof hat daher die Verurteilung des Angeklagten in zwei Fällen der Erpressung, infolgedessen auch den Gesamtstrafausspruch, aufgehoben. Hierüber wird eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Bochum erneut zu befinden haben. Angesichts der Schwierigkeit der Erfassung von Fällen der vorliegenden Art durch die Straftatbestände der Erpressung oder Nötigung wies der Bundesgerichtshof darauf hin, daß eine kriminalpolitisch wünschenswerte Ahndung in Fällen der vorliegenden Art in Zukunft insbesondere durch die jüngst verschärften Strafvorschriften über die Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr zu erreichen sein wird.

Urteil vom 11. November 1998 - 5 StR 325/98

Karlsruhe, den 11. November 1998

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-422

Telefax (0721) 159-831

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