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Pressemitteilungen » Suchergebnis » Pressemitteilung Nr. 81/98 vom 12.11.1998

 

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Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

 

Nr. 81/1998

 

Beteiligung der Sendeunternehmen
an der Geräte- und Leerkassettenvergütung

- WDR obsiegt in Auseinandersetzung mit Verwertungsgesellschaft -

Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute die seit langem streitige Frage entschieden, ob Sendeunternehmen in ihrer Eigenschaft als Hersteller von Tonträgern an dem Aufkommen aus der Geräte- und Leerkassettenvergütung zu beteiligen sind.

Das Urheberrechtsgesetz räumt neben den Urhebern – bei Musikwerken also den Komponisten und Textdichtern – auch den ausübenden Künstlern, den Herstellern von Tonträgern und den Sendeunternehmen für ihre Leistung ein Schutzrecht ein. Hierzu zählt im allgemeinen auch die Befugnis, eine Vervielfältigung des fraglichen Tonträgers oder der geschützten Sendung zu untersagen. Für das Kopieren vor allem für private Zwecke macht das Gesetz hiervon Ausnahmen, die es dadurch ausgleicht, daß es den Urhebern und Leistungsschutzberechtigten einen Vergütungsanspruch einräumt. Da dieser Anspruch vom einzelnen Berechtigten nicht realisiert werden könnte, sieht das Gesetz vor, daß für alle Geräte und Leerkassetten, die sich für solche Vervielfältigungen eignen, eine Vergütung zu zahlen ist, die von einer Verwertungsgesellschaft eingezogen und unter den Berechtigten verteilt wird. In der Annahme, daß Sendeunternehmen durch private Mitschnitte ihrer Sendungen weniger beeinträchtigt werden als die anderen Berechtigten, enthält das Gesetz jedoch für das Leistungsschutzrecht der Sendeunternehmen eine Ausnahme: Ihnen steht dieser Vergütungsanspruch für private Mitschnitte nicht zu.

Seit dem Inkrafttreten des Urheberrechtsgesetz vor über dreißig Jahren ist umstritten, wie weit diese Ausnahme reicht. Da die Sendeunternehmen von fast allen Sendungen auch Tonträger erstellen, die teilweise auch Grundlage für eine Vermarktung als CD oder Musikkassette sind, stehen sie auf dem Standpunkt, sie seien insofern Tonträgerhersteller und müßten an dem Aufkommen aus der Geräte- und Leerkassettenvergütung beteiligt werden. Die Verwertungsgesellschaften vertreten demgegenüber die Ansicht, daß ein Vergütungsanspruch der Sendeunternehmen auch insoweit ausgeschlossen sei. Sie machen nicht zuletzt geltend, daß eine Beteiligung

 

der Sendeunternehmen zu Lasten der anderen Berechtigten, insbesondere der ausübenden Künstler und der Tonträgerhersteller, gehe, weil das Aufkommen aus der Geräte- und Leerkassettenvergütung nicht gesteigert werden könne.

Im vorliegenden Fall hatte der Westdeutsche Rundfunk von der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL), die die Rechte der ausübenden Künstler und der Tonträgerhersteller wahrnimmt, den Abschluß eines Wahrnehmungsvertrages mit der Begründung verlangt, er stelle mit seinen Rundfunkorchestern und mit dem Rundfunkchor eine Vielzahl von Tonträgern her und vergebe für die Vermarktung dieser Eigenproduktionen Lizenzen. Er müsse daher wie jeder andere Hersteller von Tonträgern an dem Aufkommen aus der Geräte- und Leerkassettenvergütung beteiligt werden.

Während das Landgericht die Klage abgewiesen hatte, hat ihr das Oberlandesgericht Hamburg insoweit stattgegeben, als es um Produktionen geht, die als Tonträger (CD, Musikkassette) erschienen sind. Die hiergegen gerichtete Revision der beklagten Verwertungsgesellschaft hat der Bundesgerichtshof mit seinem heutigen Urteil zurückgewiesen. Grundlage der Entscheidung ist, daß die Leistungsschutzrechte des Sendeunternehmens und die des Tonträgerherstellers zusammenfallen können. Ein vernünftiger Grund, weshalb die Sendeunternehmen bei vermarkteten Eigenproduktionen anders zu behandeln seien als andere Tonträgerhersteller, sei nicht ersichtlich. Allerdings hat der Bundesgerichtshof auch deutlich gemacht, daß eine Beteiligung am Vergütungsaufkommen nur hinsichtlich der auf dem Tonträgermarkt erschienenen Eigenproduktionen in Betracht komme. Soweit die Sendeunternehmen ihre Produktionen auf Tonträgern festhalten, ohne sie einer Zweitverwertung zuzuführen, gelte der gesetzliche Ausschluß vom Vergütungsanspruch.

 

Urteil vom 12. November 1998 - I ZR 31/96

Karlsruhe, den 12. November 1998

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-422

Telefax (0721) 159-831

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