Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 27/2019

Verhandlungstermin am 21. März 2019, 10.00 Uhr,

Saal N 004, in Sachen III ZR 35/18 (Erste-Hilfe-Maßnahmen

bei Zusammenbruch im Sportunterricht)

Der Kläger macht Amtshaftungsansprüche wegen behauptet unzureichender Erste-Hilfe-Maßnahmen durch das Lehrpersonal des beklagten Landes anlässlich eines im Sportunterricht erlittenen Zusammenbruchs geltend.

Der seinerzeit 18 Jahre alte Kläger war Schüler der Jahrgangsstufe 13 und nahm im Januar 2013 am Sportunterricht teil. Etwa fünf Minuten nach Beginn des Aufwärmtrainings hörte er auf zu laufen, stellte sich an die Seitenwand der Sporthalle, rutschte dort in eine Sitzposition und reagierte auf Ansprache nicht mehr. Um 15.27 Uhr ging der von der Sportlehrerin ausgelöste Notruf bei der Rettungsleitstelle ein. Die Lehrerin wurde gefragt, ob der Kläger noch atme. Sie befragte dazu ihre Schüler; die Antwort ist streitig. Sie erhielt sodann von der Leitstelle die Anweisung, den Kläger in die stabile Seitenlage zu verbringen. Der Rettungswagen traf um 15.32 Uhr, der Notarzt um 15.35 Uhr ein. Die Sanitäter und der Notarzt begannen sofort mit Wiederbelebungsmaßnahmen, die ungefähr 45 Minuten dauerten. Sodann wurde der intubierte und beatmete Kläger in eine Klinik verbracht. Im dortigen Bericht ist unter anderem vermerkt: "Beim Eintreffen des Notarztes bereits 8 minütige Bewusstlosigkeit ohne jegliche Laienreanimation". Es wurde ein hypoxischer Hirnschaden nach Kammerflimmern diagnostiziert, wobei die Genese unklar war. Während der stationären Behandlung ergaben sich weitere - teils lebensgefährliche - Erkrankungen. Seit Oktober 2013 ist der Kläger zu 100% als Schwerbehinderter anerkannt.

Er verlangt ein angemessenes Schmerzensgeld (mindestens 500.000 €), die Erstattung materieller Schäden (102.999,68 €), eine monatliche Mehrbedarfsrente von 3.078 € sowie die Feststellung der Ersatzpflicht des beklagten Landes für künftige Schäden. Er behauptet, sein gesundheitlicher Zustand sei unmittelbare Folge des erlittenen hypoxischen Hirnschadens wegen mangelnder Sauerstoffversorgung des Gehirns infolge unterlassener Reanimationsmaßnahmen durch seine Sportlehrerin und eine weitere Lehrkraft. Hätten diese im Rahmen der notfallmäßigen Erste-Hilfe-Versorgung eine Atemkontrolle und - angesichts des dabei festgestellten Atemstillstands - anschließend eine Reanimation durch Herzdruckmassage und Atemspende durchgeführt, wäre es nicht zu dem Hirnschaden gekommen.

Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung von Zeugen abgewiesen. Die Verletzung der Amtspflicht, erforderliche Erste-Hilfe rechtzeitig und ordnungsgemäß zu leisten, stehe nicht mit der erforderlichen Gewissheit fest. Es könne aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht festgestellt werden, dass die Atmung des Klägers bereits vor dem Erscheinen der Rettungskräfte ausgesetzt habe, sodass für die Lehrkräfte ein Anlass zu Wiederbelebungsmaßnahmen gegeben gewesen sei, beziehungsweise ob und wann die Atmung vor Eintreffen der Rettungskräfte ausgesetzt habe. Die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zugelassene Revision des Klägers. Gegenstand des Revisionsverfahrens werden unter anderem Verfahrensrügen des Klägers, Beweislastfragen sowie der Pflichten- und Haftungsumfang von Lehrern bei Erste-Hilfe-Maßnahmen im Sportunterricht sein.

Vorinstanzen:

LG Wiesbaden - 5 O 201/15 – Entscheidung vom 30. November 2016

OLG Frankfurt am Main - 1 U 7/17 – Entscheidung vom 25. Januar 2018

Karlsruhe, den 6. März 2019

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