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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Jahr 2018 » Pressemitteilung Nr. 160/18 vom 26.9.2018

Siehe auch:  Urteil des VIII. Zivilsenats vom 14.11.2018 - VIII ZR 109/18 -

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Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 160/2018

Verhandlungstermin am 14. November 2018, 10.00 Uhr - VIII ZR 109/18 (Kündigungsschutzklausel eines kommunalen Wohnungsträgers bei Immobilienveräußerung als

Vertrag zugunsten Dritter im Sinne von § 328 BGB?)

Sachverhalt:

Die Beklagten sind seit 1981 Mieter einer Wohnung in Bochum. Im Jahr 2012 erwarben die Kläger das betreffende Hausgrundstück von der Stadt Bochum. Bezüglich der von den Beklagten gemieteten Wohnung enthielt der Kaufvertrag dabei die folgende Regelung, welche die Stadt nach Behauptung der Kläger bei einer Vielzahl weiterer Immobilienveräußerungen verwendet habe:

"Die Mieter haben ein lebenslanges Wohnrecht. Der Käufer übernimmt das bestehende Mietverhältnis. Er darf insbesondere keine Kündigung wegen Eigenbedarfs oder wegen Behinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung aussprechen. Möglich ist lediglich eine Kündigung wegen der erheblichen Verletzung der dem Mieter obliegenden vertraglichen Verpflichtungen […] Für den Fall, dass der Käufer ohne Zustimmung des Verkäufers oder ohne Vorliegen eines außerordentlichen Kündigungsgrundes das Mietverhältnis kündigt, ist der Verkäufer berechtigt, das Kaufgrundstück lasten- und schuldenfrei wiederzukaufen."

Als die durch den Erwerb als Vermieter in das Mietverhältnis eingetretenen Kläger gegenüber den Beklagten im Jahr 2015 die Kündigung nach § 573a Abs. 1 Satz 1 BGB erklärten, beriefen sich die Beklagten darauf, dass zwischen der Stadt Bochum und den Klägern durch die vorbezeichnete Regelung zu ihren Gunsten ein lebenslanges Wohnrecht vereinbart und eine solche Kündigung ausgeschlossen worden sei.

Bisheriger Prozessverlauf:

In den Vorinstanzen haben die Kläger mit ihrem auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gerichteten Begehren keinen Erfolg gehabt. Dabei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich die Beklagten insoweit unmittelbar auf den im Kaufvertrag zwischen der Stadt Bochum und den Klägern vereinbarten Kündigungsausschluss berufen könnten, da es sich hierbei um einen Vertrag zugunsten Dritter im Sinne von § 328 BGB handele. Dies ergebe sich unzweifelhaft aus der Auslegung der getroffenen Regelung unter Berücksichtigung ihres Wortlauts ("lebenslanges Wohnrecht"), der hohen Schutzbedürftigkeit bei einem im Erwerbszeitpunkt über dreißig Jahre andauernden Wohnraummietverhältnis sowie der Stellung der Stadt als kommunalem Eigentümer und Veräußerer, der in besonderer Weise dem Gemeinwohl verpflichtet sei und bei dem die Mieter grundsätzlich nicht mit einer Kündigung zu rechnen bräuchten, sofern sie hierfür nicht selbst die Gründe (etwa durch Zahlungsrückstände) gesetzt hätten. Der nach seinem Wortlaut ("insbesondere") nicht abschließende Kündigungsausschluss umfasse dabei auch die vorliegend ausgesprochene erleichterte Kündigung des Vermieters nach § 573a Abs. 1 Satz 1 BGB.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter. Sie machen geltend, dass die im Kaufvertrag enthaltene Klausel über den Ausschluss einer Vermieterkündigung keine eigenen Rechte der Mieter begründe, sondern ein Verstoß allenfalls ein Recht der Verkäuferin zum Wiederkauf auslösen könne. Zudem handele es sich bei dem Kündigungsausschluss um eine wegen unangemessener Benachteiligung der Kläger gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung.

Vorinstanzen:

Amtsgericht Bochum – Urteil vom 13. September 2017 – 47 C 291/14

Landgericht Bochum – Urteil vom 3. April 2018 – I-9 S 80/17

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 328 BGB Vertrag zugunsten Dritter

(1) Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.

(2) In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.

§ 573a BGB Erleichterte Kündigung des Vermieters

(1) 1Ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen kann der Vermieter auch kündigen, ohne dass es eines berechtigten Interesses im Sinne des § 573 bedarf. 2Die Kündigungsfrist verlängert sich in diesem Fall um drei Monate.

[…]

§ 307 BGB Inhaltskontrolle

(1) 1Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. […]

Karlsruhe, den 26. September 2018

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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