Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 147/2018

Verkündungstermin am 14. September 2018, 9.00 Uhr, in Sachen V ZR 12/17 (Zahlungsanspruch bzw. Rückkaufsrecht der BVVG bei Überlassung von

nach dem Ausgleichsleistungsgesetz verbilligt verkauften

landwirtschaftlichen Flächen zum Aufstellen von

Windkrafträdern an einen Windenergiebetreiber?)

Sachverhalt:

Der Kläger kaufte 2005 landwirtschaftliche Flächen in Mecklenburg-Vorpommern von der beklagten BVVG. Diese ist mit der Privatisierung des volkseigenen Vermögens im Beitrittsgebiet beauftragt. Den überwiegenden Teil der Flächen erwarb der Kläger verbilligt nach § 3 des Ausgleichsleistungsgesetzes (AusgLG). Daher enthält der Kaufvertrag Regelungen über Rechte der BVVG für den Fall einer Änderung der Nutzung bzw. Nutzbarkeit der Flächen für andere als landwirtschaftliche Zwecke, darunter ein der Vorschrift des § 12 Abs. 4 der Flächenerwerbsverordnung (FlErwV) entsprechendes Wiederkaufsrecht (Rückkaufsrecht) der BVVG.

2014 teilte der Kläger der BVVG 2014 mit, dass er beabsichtige, einem Betreiber von Windkraftanlagen das Aufstellen von drei Windkrafträdern zur Erzeugung von Windenergie unter Inanspruchnahme von knapp einem Hektar der erworbenen Fläche – entsprechend 1,41 % der Gesamtfläche – zu gestatten. Die BVVG bestand auf Einhaltung der für diesen Fall im Kaufvertrag getroffenen Regelungen, insbesondere auf den vereinbarten Zahlungen (75% des auf die Gesamtnutzungsdauer der Anlage kapitalisierten, von dem Betreiber der Anlage an den Kläger gezahlten Betrages, mindestens aber 75% des üblicherweise für die Errichtung vergleichbarer Anlagen an vergleichbaren Standorten gezahlten Betrages, jeweils abzüglich eines Bewirtschafter-/Pächterentschädigungsanteils von 15%).

Der Kläger will u.a. festgestellt wissen, dass er nicht verpflichtet ist, diesen Betrag an die BVVG auszukehren, und dass der BVVG wegen der Aufstellung der Windkrafträder auch kein Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag oder zum Wiederkauf der Flächen zusteht.

Bisheriger Prozessverlauf:

Die Vorinstanzen haben der Feststellungsklage hinsichtlich der Entschädigungszahlungen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat ferner festgestellt, dass der BVVG wegen des Aufstellens der Windkrafträder kein Rücktrittsrecht zusteht. Bezüglich des Wiederkaufsrechts hat es die Klage dagegen abgewiesen. Hiergegen haben beide Parteien Revision eingelegt.

Das Berufungsgericht meint, das Aufstellen von Windkrafträdern zur Energieerzeugung auf Flächen, die nach § 3 AusglLG verbilligt verkauft worden seien, führe entsprechend zu einem Wiederkaufsrecht der BVVG nach § 12 Abs. 4 iVm § 1 Abs. 2 Sätze 4 bis 6 FlErwV. Die BVVG müsse sich aber zwischen dem Wiederkauf und der Genehmigung der Windkrafträder entscheiden; sie sei nicht berechtigt, die von dem Windkraftanlagenbetreiber an den Käufer gezahlte Entschädigung abzuschöpfen.

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Rechtsmittel beider Parteien am 13. Juli 2018 verhandelt und Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 14. September 2018 bestimmt.

Wesentliche Fragestellung:

Der Bundesgerichtshof wird voraussichtlich entscheiden, ob die – von der BVVG in einer Vielzahl von Verträgen verwendeten - Regelung in dem Kaufvertrag über die Abschöpfung der Zahlungen bei Aufstellen von Windkrafträdern wirksam ist; dabei ist von Bedeutung, dass die BVVG bei der Privatisierung von landwirtschaftlichen Flächen nach § 3 AusglLG an die Vorgaben des Ausgleichsleistungsgesetzes gebunden ist. Ferner wird darüber zu befinden sein, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen das Aufstellen von Windkrafträdern ein Wiederkaufsrecht der BVVG nach § 12 Abs. 4 FlErwV begründet. Die BVVG leitet ihre Berechtigung, einen wesentlichen Teil der für die Windräder an den Grundstückseigentümer (Käufer) gezahlten Beträge abzuschöpfen aus diesem Wiederkaufsrecht ab; sie sieht es als "milderes Mittel" an, das es dem Käufer ermöglicht, die Ausübung des Wiederkaufsrechts abzuwenden.

Vorinstanzen:

Kammergericht – Urteile vom 21. Dezember 2016 – 28 U 7/15

LG Berlin – Urteil vom 24. Februar 2015 – 19 O 207/14

Vorschriften der Flächenerwerbsverordnung:

§ 1 Abs. 1 Sätze 4 bis 6 FlErwV:

"Flächen, die für andere als land- oder forstwirtschaftliche Zwecke genutzt werden oder die für eine andere Nutzung vorgesehen sind, stehen für den Flächenerwerb nach § 3 des Ausgleichsleistungsgesetzes nicht zur Verfügung. Flächen sind für eine andere Nutzung vorgesehen, wenn vor Abschluß des Kaufvertrages für sie nach dem Flächennutzungsplan eine andere als land- oder forstwirtschaftliche Nutzung dargestellt ist oder sie nach § 30, 33 oder 34 des Baugesetzbuchs oder nach § 7 des Maßnahmengesetzes zum Baugesetzbuch anders als land- oder forstwirtschaftlich genutzt werden können; das gleiche gilt, wenn die Gemeinde beschlossen hat, einen Bauleitplan, eine Satzung über den Vorhaben- und Erschließungsplan oder eine sonstige städtebauliche Satzung aufzustellen und der künftige Bauleitplan, die Satzung über den Vorhaben- und Erschließungsplan oder die künftige sonstige städtebauliche Satzung eine andere als land- oder forstwirtschaftliche Nutzung darstellt, festsetzt oder bezweckt. Ebenso stehen Flächen für einen Erwerb nicht zur Verfügung, die sonstigen außerland- oder außerforstwirtschaftlichen Zwecken dienen, soweit vor Abschluß des Kaufvertrages eine Umwidmung erfolgt ist oder ein Planungs- oder Zulassungsverfahren mit dem Ziel einer Umwidmung eingeleitet worden ist."

§ 12 Abs. 4 FlErwV:

"(4) In dem Vertrag soll auch vereinbart werden, daß die Flächen zum Verkaufspreis vom Veräußerer zurückgekauft werden können, wenn die verkauften Flächen vor Ablauf von 15 Jahren nach Abschluß des Vertrages für einen der in § 1 Abs. 2 Satz 4 bis 6 genannten Zwecke nutzbar werden. Für den Rückkaufsfall ist dem Erwerber Gelegenheit zur Beschaffung anderer Flächen einzuräumen und ein Ausgleich für einen dabei entstehenden angemessenen Mehraufwand vorzusehen. Die Zweckbindung der erworbenen Flächen ist sicherzustellen."

Karlsruhe, den 5. September 2018

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