Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 61/2017

Verhandlungstermin am 4. Juli 2017, 12.00 Uhr,

in den Sachen XI ZR 562/15, XI ZR 233/16 und XI ZR 436/16

(Bearbeitungsentgelte bei Unternehmerdarlehen)

XI ZR 562/15

Der Kläger nahm zur Finanzierung von Wohn- und Geschäftshäusern und Mehrfamilienhausanlagen in den Jahren 2009 und 2010 drei Darlehen bei der beklagten Bank auf. Dabei wurde jeweils eine Margenvereinbarung mit einer Laufzeit von etwa einem bzw. zwei Jahren und einer Zinsbindungsfrist von drei Monaten getroffen. Als Referenzzinssatz für die Dauer der Margenvereinbarung wurde der EURIBOR-Satz festgelegt. Im Anschluss sollten langfristige Konditionen vereinbart werden.

In allen drei Verträgen ist ein "Bearbeitungsentgelt für Vertragsschluss" in Höhe von jeweils 10.000 € vorgesehen, dessen Rückzahlung der Kläger begehrt, weil er in dieser Klausel eine unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung sieht. Seine Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg.

Das Oberlandesgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der Bearbeitungsentgelte für gegeben erachtet. Die angegriffene Klausel stelle eine der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB* unterliegende Preisnebenabrede dar und sei auch gegenüber dem als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB** handelnden Kläger unwirksam. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Bearbeitungsentgelten bei Verbraucherdarlehen (Senatsurteile vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12 und XI ZR 170/13, vgl. Pressemitteilung Nr. 80/2014) sei auch für solche Darlehen maßgeblich, die Unternehmern gewährt werden. Im Bereich der Unternehmensfinanzierung gebe es keine durchgreifenden Argumente, die ausnahmsweise die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Entgelts rechtfertigen könnten, zumal ein solches Entgelt auch für unternehmerisch tätige Kunden mit nicht unerheblichen finanziellen Nachteilen verbunden sei. Außerdem erfasse die Klausel nicht nur Großunternehmer, sondern auch Kleinunternehmer bzw. mittelständische Unternehmer, die sich in einer vergleichbaren Abhängigkeit wie ein Verbraucher befinden könnten. Der Rückzahlungsanspruch des Klägers sei auch nicht verjährt.

Mit ihrer von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiterhin das Ziel der vollständigen Abweisung der Klage.

Vorinstanzen:

LG Hannover - Urteil vom 4. Juni 2015 - 3 O 354/14

OLG Celle - Urteil vom 2. Dezember 2015 - 3 U 113/15

und

XI ZR 233/16

Der Kläger ist als selbständiger Immobilienprojektentwickler tätig. Er schloss in den Jahren 2004 bis 2008 mehrere Darlehensverträge mit der beklagten Bank.

Gegenstand dieses Revisionsverfahrens ist eine Kreditvereinbarung aus dem Jahre 2005 mit einer Vertragslaufzeit von elf Monaten zum Zwecke des Ankaufs und Umbaus eines Wohn- und Geschäftshauses. In dem Vertrag verpflichtete sich die Beklagte, dem Kläger ein nicht revolvierendes Darlehen mit dem Höchstbetrag von 1.350.000 € zur Verfügung zu stellen, welches der Kläger nach Absprache mit der Beklagten während der Ankaufs- und Umbauphase als Kontokorrentkredit und nach Baufertigstellung in Form von Tranchen mit Laufzeiten von bis zu drei Monaten nutzen durfte. In dem Vertrag ist die Zahlung einer einmaligen, nicht laufzeitabhängigen Bearbeitungsgebühr in Höhe von 13.500 € vorgesehen, deren Rückzahlung der Kläger begehrt, weil die Klausel seiner Ansicht nach eine unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung darstellt.

Die Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts ist bei der Gewährung eines Darlehens an einen Unternehmer die Vereinbarung einer laufzeitunabhängigen Bearbeitungsgebühr anders zu beurteilen als im Falle eines Verbraucherdarlehens. Denn diese vertragliche Gestaltung könne dem Unternehmer auch deutliche Vorteile eröffnen, weil ein Gewerbetreibender im Gegensatz zu einem Verbraucher die Bearbeitungsgebühr typischerweise im Jahr der Finanzierung als Werbungskosten von seinen Einkünften abziehen könne. Gerade in wirtschaftlich ertragreichen Jahren könne sich aus Unternehmersicht die Vereinbarung einer abzugsfähigen Gebühr als sinnvoll darstellen, da sich der Werbungskostenabzug sofort auf die Steuerlast auswirke und jedenfalls liquiditätsschonend wirke. Da die angegriffene Klausel daher typischerweise auch einem wesentlichen Interesse des unternehmerisch tätigen Darlehensnehmers entspreche, führe sie zu keiner unangemessenen Benachteiligung des Klägers.

Mit seiner von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Vorinstanzen:

LG Hamburg - Urteil vom 1. Dezember 2015 - 328 O 474/14

Hanseatisches OLG in Hamburg - Urteil vom 27. April 2016 - 13 U 2/16

und

XI ZR 436/16

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH (im Folgenden: Schuldnerin). Die Schuldnerin schloss mit der beklagten Bank in den Jahren 2009 und 2011 vier langfristige Annuitätenkreditverträge, die alle eine Regelung über eine einmalige Bearbeitungsgebühr enthalten.

Bei der Auszahlung der Darlehensvaluta an die Schuldnerin wurde die Gebühr jeweils vom Kreditbetrag einbehalten. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung in Höhe der einbehaltenen Gebühren in Höhe von insgesamt 33.640 € in Anspruch, weil die Klausel seiner Ansicht nach eine unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung darstellt. Seine Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hält die Klausel einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand. Da die Schuldnerin die Verträge als Unternehmer im Sinne von § 14 BGB geschlossen habe, seien die Besonderheiten des unternehmerischen Geschäftsverkehrs zu beachten. Dort fänden Preisklauseln aller Art breite Verwendung. Diese Klauseln lägen im ureigenen Verantwortungs- und Gestaltungsbereich der Unternehmen, nämlich im Bereich der Preisfindung und -gestaltung. Es sei in einer marktwirtschaftlichen Ordnung Aufgabe des Unternehmers, selbstverantwortlich zu prüfen und zu entscheiden, ob weitere Vertragskosten mit seiner betriebswirtschaftlichen Kalkulation zu vereinbaren sind. Hingegen sei es nicht Aufgabe der Gerichte, die unternehmerische Entscheidung für den Abschluss eines Vertrages daraufhin zu überprüfen, ob die damit verbundenen Kosten zu Gunsten des einen Unternehmers und zu Lasten des anderen zu korrigieren sind.

Mit seiner von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Vorinstanzen:

LG Dresden - Urteil vom 28. Dezember 2015 - 9 O 824/15

OLG Dresden - Urteil vom 3. August 2016 - 5 U 138/16

Karlsruhe, den 2. Mai 2017

*§ 307 BGB Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

**§ 14 BGB Unternehmer

(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(2) …

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