Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 191/2015

Verhandlungstermin am 20. Januar 2016, 10.00 Uhr in Sachen VIII ZR 311/14 (Zur Frage der gewerblichen Weitervermietung)

In diesem Rechtsstreit geht es um die Frage, ob die Vorschrift des § 565 BGB* (gewerbliche Weitervermietung) auch dann zur Anwendung kommt, wenn es sich bei dem Hauptmieter um eine Selbsthilfegenossenschaft der Endmieter handelt.

Der Sachverhalt:

Die Kläger sind Rechtsnachfolger ihrer Mutter als Eigentümer eines mit einem großen Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks in Berlin (Stadtteil Prenzlauer Berg), das während des NS-Regimes Gegenstand einer Enteignung war und in dem in der Folgezeit über viele Jahre keine Instandsetzungen durchgeführt wurden.

Nach der Wende stellte die Mutter der Kläger einen Restitutionsantrag für die streitgegenständliche Immobilie, die dann tatsächlich am 17. Juli 1996 auf sie zurückübertragen wurde. Bereits Ende 1991/Anfang 1992 war es zwischen der Mutter der Klägerin (als "zukünftiger Eigentümerin"), der Wohnungsbaugesellschaft Prenzlauer Berg (als "derzeit Verfügungsberechtigte") und der im Wesentlichen aus den bisherigen Nutzern bestehenden Hausgenossenschaft R. Selbstbau eG zu einem Vertragsabschluss über die Nutzung, Instandsetzung und Modernisierung des Gebäudes gekommen. Die Selbstbau eG sollte mit Hilfe öffentlicher Fördergelder umfangreiche Sanierungsmaßnahmen vornehmen, und für die Dauer des auf die Dauer von 20 Jahren abgeschlossenen Nutzungsvertrages berechtigt sein, Mietverträge mit den bisherigen Nutzern abzuschließen. Das von der Selbstbau eG zu zahlende Nutzungsentgelt belief sich auf 1,50 DM je qm und konnte aufgrund von Änderungen des Preisindexes für die Lebenshaltungskosten eines 4-Personen-Arbeitnehmerhaushaltes angepasst werden. In § 14 des Vertrages war vorgesehen, dass die Selbstbau eG nach Ablauf des Nutzungsvertrages berechtigt ist, bisherige Nutzer als Mieter für die jeweils eigengenutzte Wohnung zu benennen, wobei der zukünftige Eigentümer verpflichtet sein sollte, mit diesen Nutzern einen Mietvertrag nach üblichem Standardformular unter Vereinbarung der ortsüblichen Vergleichsmiete abzuschließen.

In der Folgezeit führte die Selbstbau eG die Sanierung mit einem Aufwand von rund 4 Millionen DM durch, wobei ein Betrag von rund 375 000 € auf Eigenleistungen entfielen und die übrigen Mittel durch öffentliche Fördergelder aufgebracht wurden. Anschließend vermietete die Selbstbau eG die Wohnungen an ihre Mitglieder zu Mieten zwischen 1,80 – 2,86 € je qm. Die Mieten für die zwischen 53 qm und 159 qm großen Wohnungen liegen dementsprechend zwischen 124 und 286 € netto kalt.

Nach Ablauf der Nutzungszeit kam es zwischen den Klägern und den Beklagten zu Meinungsverschiedenheiten darüber, ob die Kläger nach § 565 BGB in die zwischen der Selbstbau eG und den Beklagten abgeschlossenen Mietverträgen eingetreten waren. Die Beklagten stellten sich auf den Standpunkt, dass dies der Fall sei und sie daher lediglich die bisherigen Mieten nunmehr an die Kläger zu zahlen hätten, wobei eine Mieterhöhung nur nach § 558 BGB**, also unter Beachtung der Kappungsgrenze, möglich sei. Ein vorprozessualer Schriftwechsel über einen etwaigen Neuabschluss von Mietverträgen blieb ohne Ergebnis.

Die auf Feststellung des Nichtbestehens von Mietverträgen gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Feststellungsbegehren weiter.

Vorinstanzen:

AG Mitte - Urteil vom 28. Mai 2014 (118 C 519/13)

LG Berlin - Urteil vom 2. Oktober 2014 (67 S 413/14)

*§ 565 BGB (Gewerbliche Weitervermietung)

(1) Soll der Mieter nach dem Mietvertrag den gemieteten Wohnraum gewerblich einem Dritten zu Wohnzwecken weitervermieten, so tritt der Vermieter bei der Beendigung des Mietverhältnisses in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis zwischen dem Mieter und dem Dritten ein. […]

** § 558 BGB Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

(1) Der Vermieter kann die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist.

[…]

(3) Bei Erhöhungen nach Absatz 1 darf sich die Miete innerhalb von drei Jahren, von Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 abgesehen, nicht um mehr als 20 vom Hundert erhöhen (Kappungsgrenze). Der Prozentsatz nach Satz 1 beträgt 15 vom Hundert, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist und diese Gebiete nach Satz 3 bestimmt sind. Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese Gebiete durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens fünf Jahren zu bestimmen.

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