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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Monat Mai 2014 » Pressemitteilung Nr. 75/14 vom 5.5.2014

Siehe auch:  Urteil des VIII. Zivilsenats vom 14.5.2014 - VIII ZR 116/13 -, Urteil des VIII. Zivilsenats vom 14.5.2014 - VIII ZR 114/13 -, Beschluss des VIII. Zivilsenats vom 16.9.2014 - VIII ZR 116/13 -

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Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 75/2014

Sehr geehrter Damen und Herren,

wir möchten folgenden Terminhinweis geben:

Verhandlungstermin: 14. Mai 2014

VIII ZR 114/13 und 116/13

In diesen beiden, am 14. Mai 2014 zur Verhandlung anstehenden Parallelverfahren wird der VIII. Zivilsenat über die Frage zu entscheiden haben, ob eine in einem Gaslieferungsvertrag enthaltene Preisgleitklausel (Spannungsklausel) der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unterliegt. Konkret geht es um eine als "veränderlicher Preisanteil" bezeichnete Regelung, die den Arbeitspreis an den Preis für Heizöl koppelt.

Beiden Verfahren liegen Gaslieferungsverträge zu Grunde, bei denen die Abnehmer jeweils selbst Unternehmer sind. Diese vertreten die Auffassung, dass die Preisklauseln, soweit sie nicht nur dazu dienten, den Anfangspreis zu bestimmen, als Preisnebenabreden der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB* unterlägen und dieser nicht standhielten, wie der Bundesgerichtshof für ähnliche, gegenüber Verbrauchern verwendete Spannungsklauseln bereits entschieden habe (BGH, Urteile vom 24. März 2010 – VIII ZR 178/08, BGHZ 185, 96, und VIII ZR 304/08, WM 2010, 1050). Aus diesem Grund seien die jeweils bezogenen Gasmengen während der gesamten Vertragslaufzeit nach dem Anfangspreis abzurechnen, der sich zu Beginn des Vertrages unter Anwendung der Spannungsklausel errechne.

VIII ZR 116/13

LG Berlin - Urteil vom 25. März 2011 – 22 O 367/09

KG Berlin - Urteil vom 18. März 2013 – 20 U 112

Die Klägerin versorgt die Beklagte, eine Energiezwischenhändlerin, aufgrund des am 17. Januar/3. Februar 2003 geschlossenen Liefervertrags mit Erdgas. § 1 Satz 3 dieses Vertrages verweist hinsichtlich der Erdgaspreise auf Anlage 2. In dieser heißt es:

"5.Der Erdgaspreis setzt sich zusammen aus einem Grundpreis GP, einem Arbeitspreis AP […] Die Regelungen zur Erdgaspreisberechnung sind in Anlage 3 aufgeführt (…)

5.1Der Grundpreis wird unabhängig vom Verbrauch berechnet und ist variabel. Er errechnet sich für die Verbrauchsstelle wie folgt:

GP = GP0 + pl (L-1367,47) €/Monat.

Dabei sind vereinbart

GP0 = 9,36 €/Monat

pl= 0,005

Der Folgewert für den Lohn beträgt zurzeit

L = 2312,81 €/Monat (Stand 1. Quartal 2003)

Der Grundpreis beträgt damit

GP = 14 €/Monat

5.2 Arbeitspreis

Der Arbeitspreis für die bezogenen Mengen ist variabel. Er errechnet sich für die Verbrauchsstelle wie folgt:

AP = APo + 0,091 (HEL - 20,45) Cent/kWh

Dabei ist vereinbart

APo = 2,11 Cent/kWh.

Der Folgewert für HEL beträgt zurzeit

HEL = 30,66 €/hl (Stand 1. Quartal 2003)

Der Arbeitspreis beträgt damit AP = 3,039 Cent/kWh"

In Anlage 3 des Erdgaslieferungsvertrages heißt es:

"1.[…] Die Parameter in der Grundpreisformel bedeuten:

GP0Basisgrundpreis in €/Monat

PLLohnpreisbindungsfaktor

LMonatstabellenlohn eines verheirateten Lohnempfängers mit mehr als 40 Lebensjahren und einem Kind in der Lohngruppe 5, Stufe 5, des Tarifvertrages des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Nordrhein-Westfalen zuzüglich der in nachstehendem Absatz aufgeführten Nebenleistungen. […]

1.2 Die Parameter in der Arbeitspreisformel bedeuten:

AP0Basisarbeitspreis in Cent/kWh

HELPreis für leichtes Heizöl (ohne Umsatzsteuer) in €/hl ist den monatlichen Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden unter Fachserie 17 - Preise, Reihe 2, "Preise und Preisindizes für gewerbliche Produkte (Erzeugerpreise)" - zu entnehmen […].

0,091Umrechnungsfaktor von einem Liter Heizöl (bezogen auf den Betriebsheizwert) auf eine Kilowattstunde Erdgas (bezogen auf den Brennwert) mit der Einheit l/kWh.

(...)

3. Der Arbeitspreis verändert sich mit Wirkung zum 01. Januar, 01. April, 01. Juli und 01. Oktober eines jeden Jahres.[…]

Die Klägerin verlangt auf der Grundlage der Rechnung vom 20. Januar 2010 einen noch offenen Betrag in Höhe von 10.793,30 € für ihre Lieferungen im Jahr 2009 und nicht geleistete Abschlagszahlungen in Höhe von monatlich 105,95 € für die Zeit von Februar 2010 bis Oktober 2010, insgesamt Zahlung von 11.746,85 €. Außerdem begehrt sie aufgrund der geltend gemachten Zahlungsrückstände Duldung der Sperrung des der Beklagten zugeordneten Gaszählers und Gewährung des Zutritts zum Zähler. Die Beklagte hält die von der Klägerin vorgenommenen Preiserhöhungen für unwirksam und begehrt nach Maßgabe des anfänglich geltenden Arbeitspreises im Wege der Widerklage Rückzahlung der in den Jahren 2005 bis 2008 ihrer Auffassung nach überzahlten Gasentgelte in Höhe von 13.138,83 €.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Preisklauseln seien wirksam. Sie stellten eine kontrollfreie Preishauptabrede dar. Es sei eine variable Vergütung vereinbart worden, die den bei Vertragsschluss geltenden Preis überhaupt erst bestimme. Eine solche Preishauptabrede unterliege nicht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.

Mit ihrer vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungs- und Widerklagebegehren weiter.

VIII ZR 114/13

LG Oldenburg - Urteil vom 13. Dezember 2012 – 9 O 1953/12

OLG Oldenburg - Beschluss vom 16. April 2013 – 5 U 12/13

Die Klägerin, eine Porzellanfabrik, bezog von der Beklagten ab Mitte August 2005 Erdgas. Vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2009 erfolgte die Belieferung aufgrund des Erdgaslieferungsvertrages vom 20./21. Dezember 2007. Gemäß § 4 Ziffer 1 des Vertrages richtete sich das zu zahlende Entgelt für die Gaslieferung nach der als Anlage beigefügten Preisregelung. In dieser heißt es unter anderem:

"Das Entgelt […] wird gemäß folgender Regelung ermittelt:

1.Der Erdgaspreis setzt sich zusammen aus

a)einem Jahresgrundpreis sowie

b)einem Arbeitspreis für die abgenommene Erdgasmenge.

2.Es beträgt

a)der Jahresgrundpreis 3 000,-- Euro,

b)der Arbeitspreis 1,60 Cent je kWh Hs.

[…]

4.Der Jahresgrundpreis gilt als fester und der Arbeitspreis als veränderlicher Preisanteil. Der veränderliche Anteil ist bezogen auf den Preis für leichtes Heizöl.

Der Preis für leichtes Heizöl richtet sich nach den Verbraucherpreisen bei Abnahme von 40 bis 50 hl pro Auftrag einschließlich Verbrauchssteuer, wie sie monatlich für die Rheinschiene in der "Fachserie 17; Preise und Preisindizes für gewerbliche Produkte (Erzeugerpreise) Reihe 2; 2. Tabellenteil" des Statistischen Bundesamtes in Euro je hl veröffentlicht werden.[…]

5.Basis für den Erdgaspreis gemäß Abschnitt 2 ist der Preis für leichtes Heizöl von 20,-- Euro je hl ohne Umsatzsteuer.

6.Ändert sich der Preis für leichtes Heizöl gemäß Abschnitt 4 gegenüber Abschnitt 5, so ändert sich der Arbeitspreis im gleichen Verhältnis. Der neue Arbeitspreis beträgt

P

Pa = 1,60 x ---------------------- Cent kWh Hs

20 Euro/hl

wobei für P der Preis für leichtes Heizöl gemäß Abschnitt 4 in Euro je hl einzusetzen ist. […]

7.Eine Preisänderung wird jeweils am 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober eines jeden Jahres wirksam. […]

"

Für das erste Quartal 2008 errechnete sich hiernach ein Arbeitspreis von 3,56 ct/kWh. In der Folgezeit teilte die Beklagte der Klägerin jeweils zum Quartalsbeginn Preisänderungen mit. Die Klägerin glich die Abrechnungen aus. Sie beanstandete die Preiserhöhungen erstmals mit Schreiben vom 19. November 2008 und begehrt Rückzahlung der ihrer Auffassung nach überzahlten Rechnungsbeträge für die Jahre 2008 und 2009 in Höhe von 110.285,13 €.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Preisregelung sei wirksam. Nach deren ausdrücklichem Wortlaut handele es sich bei dem Arbeitspreis um einen veränderlichen Preis. Eine solche Preishauptabrede unterliege nicht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle Sie verstoße auch nicht gegen das Preisklauselgesetz.

Mit der vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

§ 307 Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. […]

(3) Die Absätze 1 und 2 […] gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. […]

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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