Der Bundesgerichtshof

PRESSEMITTEILUNGEN
 
XML RSS

Dokumentsuche

Datum

Nummer

Suchbegriff

[Icon: Dreieck] Hilfe

 

Kalender

Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Jahr 2013 » Pressemitteilung Nr. 117/13 vom 10.7.2013

Siehe auch:  Urteil des VIII. Zivilsenats vom 10.7.2013 - VIII ZR 388/12 -

vorheriges DokumentDokumentlistenächstes Dokument

Druckansicht

Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 117/2013

Ergänzende Vertragsauslegung bei unwirksamer

Befristung des Mietvertrages

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, wie ein Mietvertrag ausgelegt werden kann, der eine unwirksame Befristung enthält.

Der Beklagte mietete von der Klägerin ab dem 1. November 2004 eine Wohnung. Der Vertrag enthält folgende Bestimmung:

"Das Mietverhältnis ist auf Verlangen des Mieters auf bestimmte Zeit abgeschlossen. Es beginnt am 1. November 2004 und endet am 31. Oktober 2011, wenn es nicht verlängert wird mit 2 x 3-jähriger Verlängerungsoption."

Mit Schreiben vom 28. Februar 2011 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zum 31. August 2011. Mit Schreiben vom 2. Oktober 2012 kündigte sie fristlos. Ihrer Räumungsklage wurde in den Vorinstanzen aufgrund der Eigenbedarfskündigung stattgegeben.

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass für die Dauer der unwirksamen Befristung im Wege ergänzender Vertragsauslegung ein beiderseitiger Kündigungsverzicht anzunehmen ist.

Im zu entscheidenden Fall war die Befristung des Mietvertrages unwirksam, weil die Voraussetzungen des § 575 Abs. 1 Satz 1 BGB* nicht vorlagen; gemäß § 575 Abs. 1 Satz 2 BGB galt der Vertrag deshalb als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die dadurch im Vertrag entstandene Lücke ist durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu schließen. Dabei ist zu berücksichtigen, was die Parteien redlicherweise vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Vertragsbestimmung bekannt gewesen wäre. Da das von beiden Parteien verfolgte Ziel einer langfristigen Bindung an den Mietvertrag durch einen beiderseitigen Kündigungsverzicht erreicht werden kann, ist ein solcher Ausschluss der ordentlichen Kündigung für die Dauer der Befristung anzunehmen.

Die während der Dauer des Kündigungsausschlusses ausgesprochene Kündigung der Klägerin vom 28. Februar 2011 ist daher unwirksam. Der Senat hat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil dieses keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die weitere (fristlose) Kündigung der Klägerin wirksam ist.

*§ 575 BGB: Zeitmietvertrag

(1) Ein Mietverhältnis kann auf bestimmte Zeit eingegangen werden, wenn der Vermieter nach Ablauf der Mietzeit

1.die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts nutzen will,

2.in zulässiger Weise die Räume beseitigen oder so wesentlich verändern oder instand setzen will, dass die Maßnahmen durch eine Fortsetzung des Mietverhältnisses erheblich erschwert würden, oder


3.die Räume an einen zur Dienstleistung Verpflichteten vermieten will und er dem Mieter den Grund der Befristung bei Vertragsschluss schriftlich mitteilt. Anderenfalls gilt das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

Urteil vom 10. Juli 2013 - VIII ZR 388/12
AG Waldshut-Tiengen - Urteil vom 29. Juni 2012 – 7 C 280/11
LG Waldshut-Tiengen - Urteil vom 8. November 2012 – 2 S 39/12
Karlsruhe, den 10. Juli 2013

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

Druckansicht