Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 184/2012

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten auf folgenden Termin hinweisen:

Verhandlungstermin: 21. November 2012

IV ZR 97/11

Oberlandesgericht Dresden – Urteil vom 6. April 2011 – 7 U 1310/10

Landgericht Bautzen – Urteil vom 19. Juli 2010 – 3 O 466/09

Bundesgerichtshof verhandelt über Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten gegenüber dem Fahrzeugversicherer in den Fällen unerlaubten Entfernens vom Unfallort nach § 142 Abs. 2 StGB.

Der für das Versicherungsrecht zuständige IV. Zivilsenat wird sich in dem vorliegenden Verfahren mit der Frage zu befassen haben, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Verstoß gegen § 142 Abs. 2 StGB zugleich eine vorsätzliche Verletzung der Aufklärungsobliegenheit gegenüber dem Fahrzeugversicherer beinhaltet, die zu dessen Leistungsfreiheit führt.

Der Kläger erlitt mit seinem bei der Beklagten kaskoversicherten Fahrzeug gegen 1 Uhr morgens einen Unfall, als er – nach seiner Behauptung bei einem Ausweichmanöver wegen auf der Straße stehender Rehe – auf einer Landstraße in einer Rechtskurve nach links von der Fahrbahn abkam und mit dem Fahrzeugheck gegen einen Baum prallte, der ebenso wie sein Fahrzeug beschädigt wurde. Nach dem Unfall verständigte er den ADAC, der das Fahrzeug abschleppte, und ließ sich von einem herbeigerufenen Bekannten an der Unfallstelle abholen. Die Polizei verständigte er nicht. Ein gegen ihn eingeleitetes Verfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort wurde später eingestellt.

Die Beklagte hat die vom Kläger begehrte Regulierung des Schadens am Fahrzeug in Höhe von rund 27.000 € wegen der Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten (hier E.1.3. AKB 2008) durch unerlaubtes Entfernen vom Unfallort abgelehnt.

Die Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, dass die Aufklärungsobliegenheit stets verletzt sei, wenn der Straftatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort verwirklicht werde. Das gelte auch in den Fällen des § 142 Abs. 2 StGB, gegen den der Kläger vorliegend verstoßen habe.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, der eine fehlerhafte Gleichstellung der Tatbestände des § 142 Abs. 1 und 142 Abs. 2 StGB beanstandet.

§ 142 StGB (Auszug)

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er

1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder

2. eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Nach Absatz 1 wird auch ein Unfallbeteiligter bestraft, der sich

1. nach Ablauf der Wartefrist (Absatz 1 Nr. 2) oder

2. berechtigt oder entschuldigt

vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.

...

E.1.3 AKB 2008

Sie sind verpflichtet, alles zu tun, was der Aufklärung des Schadenereignisses dienen kann. Dies bedeutet insbesondere, dass Sie unsere Fragen zu den Umständen des Schadenereignisses wahrheitsgemäß und vollständig beantworten müssen und den Unfallort nicht verlassen dürfen, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen.

Sie haben unsere für die Aufklärung des Schadenereignisses erforderlichen Weisungen zu befolgen.

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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