Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 22/2012

Vorschau auf Entscheidungen in den nächsten Monaten des Jahres 2012

Verhandlungstermin: 10. Februar 2012

V ZR 279/10

Kammergericht – 8 U 56/09 – Urteil vom 28. Januar 2010

Dr. Hans Sachs, der Vater des Klägers, war Eigentümer einer umfangreichen kulturhistorisch wertvollen Plakatsammlung, welche ihm 1938 im Auftrag des damaligen Reichspropagandaministeriums weggenommen wurde. Wegen der Judenverfolgung verließ er Ende 1938 Deutschland und emigrierte in die USA.

Nach dem Krieg war die Sammlung verschollen. Im Jahr 1961 erhielt Dr. Sachs für den Verlust der Sammlung im Vergleichswege 225.000 DM als Wiedergutmachung nach den Vorschriften des Bundesrückerstattungsgesetzes. Erst später erfuhr er, dass Teile der Sammlung in der DDR aufgetaucht waren. Die Plakatsammlung ist heute im Besitz der Beklagten (Deutsches Historisches Museum, Stiftung des öffentlichen Rechts). Derzeit sind 4.259 Plakate identifiziert.

Dr. Sachs starb 1974 und wurde von seiner Frau beerbt. Sie starb 1998, ohne nach der Wiedervereinigung irgendwelche Ansprüche wegen der Sammlung erhoben zu haben.

Der Kläger ist ihr Erbe. Er hat mit der Klage Herausgabe von zwei Plakaten ("Dogge" und "Die blonde Venus") verlangt. Die Beklagte möchte im Wege der Widerklage festgestellt wissen, dass der Kläger nicht Eigentümer der Plakatsammlung ist, hilfsweise, dass er nicht berechtigt ist, die Plakate heraus zu verlangen.

Das Landgericht Berlin hat die Beklagte zur Herausgabe des Plakats "Dogge" verurteilt und die weitergehende Klage sowie die Widerklage abgewiesen. Das Kammergericht hat – unter Abweisung aller übrigen Anträge – auf den Hilfswiderklageantrag der Beklagten festgestellt, dass der Kläger nicht berechtigt ist, die sich im Besitz der Beklagten befindlichen Plakate aus der Sammlung seines Vaters heraus zu verlangen.

Das Kammergericht meint, Dr. Sachs habe sein Eigentum an der Sammlung weder 1938 noch im Rahmen des Wiedergutmachungsverfahrens verloren. Die Plakate seien auch nicht in Volkseigentum der DDR übergegangen. Gleichwohl könne sie der Kläger als Rechtsnachfolger und jetziger Eigentümer nicht nach § 985 BGB herausverlangen, da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Ansprüche wegen nationalsozialistischer Unrechtsakte nur nach Maßgabe der Rückerstattungs- und Entschädigungsgesetze geltend gemacht werden könnten. Danach sei hier der Vorrang der einschlägigen Anordnung der Alliierten Kommandantur Berlin (Rückerstattungsanordnung für das Land Berlin) zu beachten, wonach eine Rückgabe nur innerhalb – hier längst überschrittener Fristen – hätte verlangt werden können.

Das Kammergericht hat die Revision nicht zugelassen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat der Senat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Die Frage des Verhältnisses zwischen dem Rückerstattungsrecht und dem allgemeinen Zivilrecht bedarf zumal für den Fall, dass Rückerstattungsansprüche aus faktischen Gründen seinerzeit – wie hier - nicht geltend gemacht werden konnten (die Sammlung war verschollen), einer Überprüfung und Klärung.

Der Kläger nimmt die Abweisung seines Herausgabeantrags hinsichtlich des Plakats "Die blonde Venus" hin und verfolgt im Übrigen seine in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter. Er ist bereit, den seinem Vater als Wiedergutmachung geleisteten Betrag zurückzuzahlen, wenn er die Plakatsammlung zurückerhält.

Verhandlungstermin: 15. Februar 2012

IV ZR 194/09

LG Verden – Urteil vom 21. Januar 2009 – 8 O 544/07

OLG Celle – Urteil vom 8. September 2009 – 8 U 46/09

Der unter anderem für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat zu entscheiden, ob Schadensersatzansprüche wegen unzureichender Aufklärung gegen einen englischen Lebensversicherer geltend gemacht werden können.

Der Kläger schloss zu Beginn des Jahres 1999 eine "Investment-Lebensversicherung" bei dem beklagten englischen Lebensversicherer ab, nachdem dieser mit jährlichen Überschüssen deutlich über denen seiner deutschen Mitbewerber geworben hatte. Seit 2003 stagniert der Vertragswert. Bei der Beklagten war es zu Problemen mit der finanziellen Belastung aus den Ansprüchen britischer Bestandskunden gekommen, die 2002 in der Genehmigung eines Vergleichsplans nach englischem Gesellschaftsrecht ("Scheme of Arrangement") durch das dort zuständige Gericht mündeten. Dieser führte zur Abfindung einzelner Ansprüche der Versicherungsnehmer gegen einmalige Erhöhung des Versicherungswertes. Der Kläger hat geltend gemacht, dass er über die aus seiner Sicht nicht ordnungsgemäße Geschäftspolitik der Beklagten u.a. durch überhöhte Zuteilung von Überschüssen, unzureichende Bildung von Deckungskapital und Verwendung veralteter Sterbetafeln nicht aufgeklärt worden sei und den Vertrag bei zutreffender Information nicht abgeschlossen hätte. Die Beklagte hat sich auf die Sperrwirkung ihres englischen Vergleichsplans, die Verjährung der geltend gemachten Ansprüche und das Fehlen von Aufklärungspflichten berufen.

Die Vorinstanzen haben die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klagebegehren weiter.

Das Verfahren hat für weitere Fälle Bedeutung, in denen die Beklagte von deutschen Versicherungsnehmern auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.

Verhandlungstermin: 16. Februar 2012

I ZR 135/10 (Zappanale)

LG Düsseldorf – Urteil vom 21. Januar 2009 – 2a O 232/07

OLG Düsseldorf – Urteil vom 15. Juni 2010 – I-20 U 48/09

Der Kläger verwaltet den Nachlass von Frank Zappa und ist Inhaber der Gemeinschaftsmarke "ZAPPA" sowie der folgenden Bildmarke, die symbolisch den Oberlippen- und Kinnbart des Musikers darstellt:

Die Beklagten richten das Musikfestival "Zappanale" aus, vertreiben Waren unter Verwendung dieser Bezeichnung und unter Verwendung eines Bartsymbols, sind Inhaber des Domainnamens "www.zappanale.de" und der Marke "Zappanale". Der Kläger nimmt sie auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch. Die Beklagten verlangen widerklagend, die Gemeinschaftsmarke "ZAPPA" mangels Benutzung für verfallen zu erklären.

Das Landgericht hat die Klage und Widerklage abgewiesen. Das Berufungsgericht (GRUR-RR 2011, 172) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Gemeinschaftsmarke ab dem 1. August 2007 mangels Benutzung für verfallen erklärt, weil diese weder durch die Domain "www.zappa.com" noch durch die Verwendung der Bezeichnung "Zappa Records" benutzt worden sei. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Verhandlungstermin: 29. Februar 2012

VIII ZR 155/11

AG Mitte - Urteil vom 7. April 2010 – 15 C 63/09

LG Berlin - Urteil vom 28. Januar 2011 – 63 S 240/10

(abgedruckt in Grundeigentum 2011, 755 f.)

Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung in einem großen Mehrfamilienhaus der Klägerin in Berlin-Mitte. Einen Teil der Wohnungen vermietet die Klägerin als Ferienwohnungen an Touristen. Die Beklagten minderten die Miete um 20 %, da es durch die Vermietung an Touristen zu erheblichen Belästigungen durch Lärm und Schmutz komme. Wegen der dadurch aufgelaufenen Mietdifferenz kündigte die Klägerin das Mietverhältnis mit den Beklagten fristlos, hilfsweise fristgemäß. Nach der Kündigung zahlten die Beklagten unter Vorbehalt einen Betrag von 3.704,68 €.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin Räumung der Wohnung. Im Wege der Widerklage verlangen die Beklagten Rückzahlung des unter Vorbehalt gezahlten Betrags sowie die Feststellung, dass sie zur Mietminderung berechtigt sind. Das Amtsgericht hat die von den Mietern vorgenommene Minderung der Miete für angemessen gehalten und die Räumungsklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass sowohl von den Touristen – überwiegend jungen Leuten, die in den Appartements "vorfeiern" und dann das Haus verlassen, um spät nachts oder am frühen Morgen zurückzukehren – als auch von der auch am Sonntag säubernden Putzkolonne erhebliche Lärmbelästigungen ausgingen. Eine Zeugin habe zudem angegeben, dass die Touristen regelmäßig klingelten, bei ihr ungefähr sieben- bis achtmal im Monat nachts und am Wochenende drei- bis viermal am Tag. Die Müllcontainer seien oft überfüllt; der Müll sei im Treppenhaus und auf halber Kellertreppe abgestellt. Der Widerklage auf Rückzahlung der unter Vorbehalt gezahlten Miete hat das Amtsgericht bis auf einen geringen Betrag stattgegeben, den Feststellungsantrag hat es als unzulässig abgewiesen.

Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht die Beklagten zur Räumung der Wohnung verurteilt und die Widerklage insgesamt abgewiesen; die von den Beklagten gegen die Abweisung des Feststellungsantrags gerichtete Anschlussberufung hat es zurückgewiesen. Die von den Beklagten geschuldete Miete sei nicht gemindert. Eine durch die Vermietung an Touristen begründete Gebrauchseinschränkung sei nicht hinreichend dargetan. Als Maßstab sei darauf abzustellen, was die Beklagten aufgrund der Anmietung einer Wohnung in einem großen Haus in einer zentralen Berliner Innenstadtlage erwarten durften. Weder aus den von den Beklagten eingereichten Protokollen noch aus den Zeugenaussagen ergäben sich über normale Umstände hinausgehende Beeinträchtigungen.

Mit der vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils bezüglich der Räumungsklage und der Widerklage auf Zahlung sowie die Feststellung einer Minderungsquote von 30%.

Verhandlungstermin: 8. März 2012

I ZR 202/10 (Marktführer im Sortimentsfeld Sport)

LG München I – Urteil vom 17. Januar 2008 – 4HK O 18422/07

OLG München – Urteil vom 24. Juli 2008 – 29 U 2293/08

Die Klägerin ist die deutsche Organisation der INTERSPORT-Gruppe, ein Verbund von Sportfachgeschäften. Sie verlangt von dem beklagten Kaufhausunternehmen die Behauptung, "Marktführerin im Sortimentsfeld Sport" zu sein, zu unterlassen, weil die Intersportgruppe mit ihren unter dem Intersport-Logo auftretenden Einzelhandelsgeschäften insgesamt einen erheblich höheren Umsatz in dem Sortimentsfeld erreicht. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die innerhalb der Klägerin verbundenen Sportfachhändler würden nicht als einheitlicher Marktteilnehmer angesehen, so dass ihre Spitzenstellungsbehauptung nicht unwahr sei.

Beide Vorinstanzen haben die Klage als begründet erachtet. Die Behauptung könne dahin verstanden werden, dass die Beklagte auch mehr Umsatz mache als jede andere Gruppierung von Unternehmen, die gemeinsam am Markt aufträten. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Verkündungstermin: 9. März 2012

(vormals: Verkündungstermin: 10. Februar 2012)

(vormals: erkündungstermin: 16. Dezember 2012)

(Verhandlungstermin: 21. Oktober 2011)

V ZR 115/11

Landgericht Frankfurt/Oder – 10 O 17/10 – Urteil vom 22. Juni 2010

Brandenburgisches Oberlandesgericht – 1 U 4/10 – Urteil vom 18. April 2011

Der Kläger ist Bundesvorsitzender der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Seine Ehefrau buchte für die Zeit vom 6. bis zum 10. Dezember 2009 bei einem Touristikunternehmen für beide Eheleute einen Aufenthalt in einem von der Beklagten betriebenen Wellnesshotel. Nachdem das Touristikunternehmen die Buchung zunächst bestätigt hatte, teilte es am 19. November 2009 mit, dass ein Aufenthalt in dem Hotel der Beklagten nicht möglich sei. Auf Nachfrage bei der Beklagten erteilte diese dem Kläger mit Schreiben vom 23. November 2009 ein Hausverbot. Dieses begründete sie damit, dass die politische Überzeugung des Klägers nicht mit dem Ziel des Hotels zu vereinbaren sei, jedem Gast nach Möglichkeit ein exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten. Der Kläger verlangt den Widerruf des Hausverbots und verweist hierzu u.a. darauf, dass er sich in dem Hotel – ebenso wie bei seinen früheren Aufenthalten – nicht politisch äußern werde.

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der von dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Der u.a. für das Grundstücksrecht zuständige V. Zivilsenat wird sich auch mit der Frage zu beschäftigen haben, ob ein Hausverbot durch ein Hotelunternehmen schon darauf gestützt werden kann, die politische Überzeugung des Gastes lasse befürchten, dass sich andere Gäste provoziert fühlen könnten.

Verhandlungstermin: 13. März 2012

(vorher: 14. Februar 2012)

X ZR 111/11 und X ZR 112/11

AG Köln – 147 C 323/09 – Urteil vom 8. Juni 2010

LG Köln – 20 S 32/10 – Urteil vom 30. März 2011

und

AG Frankfurt am Main – 31 C 570/10 -23 – Urteil vom 1. Oktober 2010

LG Frankfurt am Main – 2-08 S 48/10 – Urteil vom 29. April 2011

In beiden Fällen buchten die Kläger Anfang August bzw. Anfang September 2009 bei einem Reiseveranstalter eine Pauschalreise, die in der Zeit vom 23. Oktober bis 6. November 2009 bzw. vom 5. bis 19. November 2009 stattfinden sollte. Sie überwiesen, nachdem sie einen "Sicherungsschein für Pauschalreisen gemäß § 651k des Bürgerlichen Gesetzbuches" der Beklagten als Kundengeldabsicherer erhalten hatten, den gesamten Reisepreis an den Reiseveranstalter. Zwischen diesem und der Beklagten bestand seit dem 1. August 2009 ein Insolvenzsicherungsvertrag. Etwa einen Monat vor dem vereinbarten Abreisetag teilte der Reiseveranstalter den Klägern mit, dass er sich finanziell nicht mehr auf den Beinen halten könne und Insolvenz anmelden müsse. Die Kläger möchten sich wegen der Rückzahlung ihrer Vorauszahlung an die Beklagte wenden. Die gebuchten Reisen fanden nicht statt. Der beklagte Versicherer lehnte eine Erstattung mit dem Argument ab, dass der Geschäftsführer des Reiseveranstalters sowohl gegenüber einer Vielzahl von Reisenden als auch ihr gegenüber betrügerisch gehandelt und die hereingenommenen Anzahlungen für eigene Zwecke verwendet habe. Die vorsätzliche Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit durch den Reiseveranstalter sei aber nicht Gegenstand der Sicherungspflicht nach § 651k BGB.

Das AG Köln hat der Klage weitgehend stattgegeben, während das AG Frankfurt am Main die dortige Klage abgewiesen hat. Das Landgericht Köln und das Landgericht Frankfurt am Main haben den Klägern jeweils Recht gegeben. Beide Berufungsgerichte haben ihre Entscheidungen hauptsächlich damit begründet, dass eine Kausalität der Insolvenz für den Reiseausfall weder nach europäischen noch nach deutschem Recht zu fordern sei, es reiche vielmehr aus, dass infolge der Insolvenz dem Reisenden vom Veranstalter der vorausgezahlte Preis für die ausgefallene Reise nicht erstattet werden könne und der insolvente Reiseveranstalter naturgemäß auch zur Durchführung der Reise nicht mehr in der Lage sei (vgl. hierzu die Urteile vom 2. November 2011 – X ZR 43/11 und X ZR 44/11, Pressemitteilung Nr. 173/2011). Der Wortlaut des § 651k Abs. 1 BGB differenziere auch nicht nach den Ursachen der Zahlungsunfähigkeit. Die vom Versicherer geforderte einschränkende Auslegung dahingehend, dass die vorsätzliche Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit von der Absicherungspflicht ausgenommen sei, widerspreche dem Schutzzweck dieser Norm und sei auch nicht mit Blick auf die Vorgaben des Art. 7 der Pauschalreise-Richtlinie gerechtfertigt. Hiergegen richtet sich die von den Berufungsgerichten zugelassene Revision der Beklagten.

§ 651k BGB lautet (auszugsweise):

(1)Der Reiseveranstalter hat sicherzustellen, dass dem Reisenden erstattet werden

1.der gezahlte Reisepreis, soweit Reiseleistungen infolge Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Reiseveranstalters ausfallen, und

2.notwendige Aufwendungen, die dem Reisenden infolge Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Reiseveranstalters für die Rückreise entstehen.

Die Verpflichtungen nach Satz 1 kann der Reiseveranstalter nur erfüllen

1.durch eine Versicherung bei einem im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmen oder

2.durch ein Zahlungsversprechen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.

(2)…

(3)Zur Erfüllung seiner Verpflichtung nach Absatz 1 hat der Reiseveranstalter dem Reisenden einen unmittelbaren Anspruch gegen den Kundengeldabsicherer zu verschaffen und durch Übergabe einer von diesem oder auf dessen Veranlassung ausgestellten Bestätigung (Sicherungsschein) nachzuweisen. …

(4)Reiseveranstalter und Reisevermittler dürfen Zahlungen des Reisenden auf den Reisepreis vor Beendigung der Reise nur fordern oder annehmen, wenn dem Reisenden ein Sicherungsschein übergeben wurde.

Art. 7 der Richtlinie lautet:

Der Veranstalter und/oder Vermittler, der Vertragspartei ist, weist nach, dass im Fall der Zahlungsunfähigkeit oder des Konkurses die Erstattung gezahlter Beträge und die Rückreise des Verbrauchers sichergestellt sind.

Verhandlungstermin: 13. März 2012

X ZR 127/11

AG Wedding – 8a C 10/10 – Urteil vom 31. März 2011

LG Berlin – 85 S 113/11 – Urteil vom 20. September 2011

Die Klägerin verlangt von dem beklagten Luftverkehrsunternehmen aus eigenem und abgetretenem Recht eine Ausgleichszahlung nach Art. 4 Abs. 3, Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 (im Folgenden: Verordnung) von insgesamt 1200 € wegen Nichtbeförderung bzw. Schadensersatz wegen Vertragsverletzung in entsprechender Höhe.

Die Klägerin und S., ein weiterer Reisender, buchten bei der Beklagten für den 20. Januar 2010 einen Flug von Berlin-Tegel nach Madrid und einen Anschlussflug von Madrid nach San José (Costa Rica). Bei der Abfertigung am 20. Januar 2010 in Berlin erhielten sie bereits die Bordkarten für den Anschlussflug. Das Flugzeug startete in Berlin mit eineinhalb Stunden Verspätung und landete um 11.28 Uhr in Madrid. Um 11.39 Uhr erreichte es die Standposition. Der Anschlussflug sollte um 12.05 von einem anderen Flugsteig aus starten. Als die Reisenden am Schalter eintrafen, war der Einsteigevorgang bereits abgeschlossen; sie wurden nicht mit dem planmäßigen Flug befördert und flogen erst am nächsten Tag um 12.05 Uhr nach San José.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.

Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Ein Fluggast, der einen Flug wegen eines verspäteten Zubringerflugs nicht erreiche, könne keine Ausgleichszahlung nach Art. 4 Abs. 3, Art. 7 der Verordnung verlangen. Zubringerflug und Anschlussflug seien isoliert zu betrachten. Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung ergebe sich auch nicht aus einer Beförderungsverweigerung hinsichtlich des geplanten Anschlussfluges. Die Reisenden hätten sich nicht rechtzeitig am Flugsteig eingefunden. Zwar hätten sie nicht 45 Minuten vor der veröffentlichten Flugzeit am Flugsteig erscheinen müssen, da sie bereits in Berlin die Bordkarten für den Anschlussflug erhalten hätten. Sie hätten jedoch spätestens bis zum Abschluss des Einsteigevorgangs am Flugsteig eintreffen müssen. Dem Luftverkehrsunternehmen sei nicht zuzumuten, die einmal geschlossenen Flugzeugtüren zu öffnen, um erneut Passagiere aufzunehmen. Dies würde zu einer unverhältnismäßigen Störung des Betriebsablaufs führen. Die Fluggäste seien somit infolge des nicht rechtzeitigen Erreichens des Anschlussfluges umgebucht worden; Ein Anspruch wegen Nichtbeförderung infolge einer Umbuchung gegen den Willen der Reisenden scheide deshalb aus. Auch ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Beförderungsvertrages bestehe nicht.

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie ihre Berufungsanträge weiter verfolgt.

Verkündungstermin: 14. März 2012

(Verhandlungstermin: 14. Dezember 2011)

VIII ZR 113/11

AG Wipperfürth - Urteil vom 12. Januar 2010 – 1 C 251/09

LG Köln - Urteil vom 16. März 2011 – 10 S 66/10

In den zur Verhandlung anstehenden Verfahren verlangen die Kläger von der jeweiligen Beklagten, insgesamt handelt es sich um drei regionale Gasversorgungsunternehmen, aufgrund unwirksamer Gaspreisanpassungen die Rückerstattung geleisteter Zahlungen.

Die Kläger bezogen jeweils aufgrund eines Sonderkundenvertrages Gas von den Beklagten. Die Verträge waren teilweise bereits in den 1980er Jahren geschlossen worden. Die Beklagten erhöhten in der Vergangenheit wiederholt die Arbeitspreise, mit welchen der Gasverbrauch abgerechnet wird, auf der Grundlage einer nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unwirksamen Gaspreisanpassungsklausel (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 2004 – VIII ZR 274/06, Pressemitteilung 234/200, welches die Beklagte in den Verfahren VIII ZR 6/11, 15/11, 18/11, 26/11, 27/11 und 28/11 betrifft). Die Kläger zahlten die geforderten erhöhten Entgelte.

In dem Verfahren VIII ZR 60/11 begehren die Kläger, die den Preiserhöhungen nie widersprochen haben, ausgehend von dem Ende 2005 geltenden Arbeitspreis die Rückzahlung der aufgrund der Preiserhöhungen gezahlten Beträge für die Jahre 2006 bis 2009. Sie berufen sich dabei auf einen im November 2005 in der lokalen Presse erschienenen Artikel, in welchem der damalige Geschäftsführer der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit der Aussage zitiert wurde, dass Kunden, die keine Rechtsmittel eingelegt hätten, keinen Rechtsanspruch verlören und es keinen Unterschied zwischen Kunden, die Vorbehaltszahlungen mitgeteilt hätten, und denjenigen, die dies nicht getan hätten, geben werde.

Auch im Verfahren VIII ZR 28/11 widersprach der Kläger den Preiserhöhungen nie und begehrt unter Zugrundelegung des Ende 2005 geltenden Arbeitspreises Rückzahlung für die Jahre 2006 bis 2009.

Im Verfahren VIII ZR 15/11 widersprach der Kläger im Januar 2006 den Preiserhöhungen und stellte seine Zahlungen unter den Vorbehalt der Rückforderung. Er begehrt nun die Rückzahlung der in den Jahren 2006 bis 2009 gezahlten Erhöhungsbeträge, wobei er seiner Anspruchsberechnung den Ende 2004 geltenden Arbeitspreis zugrunde legt.

In den Verfahren VIII ZR 6/11, 18/11, 26/11 und 27/11 widersprachen die Kläger den Preisanpassungen zu verschiedenen Zeitpunkten und stellten fortan ihre Zahlungen unter den Vorbehalt der Rückforderung. Ihren für unterschiedliche Zeiträume geltend gemachten Rückforderungsansprüchen legen sie dabei die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Arbeitspreise zugrunde.

Im Verfahren VIII ZR 113/11 widersprach der Kläger den Preiserhöhungen nie, er wechselte im Oktober 2008 zu einem anderen Gasanbieter. Erstmals im Februar 2009 wandte er sich gegen die Preiserhöhungen und begehrte die Rückzahlung der Erhöhungsbeträge auf der Basis des bei Vertragsschluss im Jahre 1981 geltenden Arbeitspreises.

Die Klagen haben in der Berufungsinstanz überwiegend Erfolg gehabt. Die Berufungsgerichte haben zur Begründung ihrer Entscheidungen, soweit für die Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt: Den Klägern stehe der geltend gemachte Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB*) zu, denn die Zahlungen auf die Erhöhungen des Arbeitspreises seien mangels Preisanpassungsrechts der Beklagten ohne Rechtsgrund erfolgt. Weder sei es durch die widerspruchslose Hinnahme der Preiserhöhungen und der darauf basierenden Jahresabrechnungen zu einer konkludenten Vereinbarung eines neuen Preises gekommen noch ergebe sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung ein Preisanpassungsrecht der jeweiligen Beklagten. Die Beklagten könnten sich auch nicht auf eine Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB** berufen. Der Rückzahlungsanspruch sei zudem nicht verwirkt.

Mit den von den Berufungsgerichten zugelassenen Revisionen verfolgen die Beklagten ihre Klageabweisungsanträge weiter.

* § 812 BGB: Herausgabeanspruch

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. …

** § 818 BGB: Umfang des Bereicherungsanspruchs

…

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

…

Verkündungstermin: 14. März 2012

(Verhandlungstermin: 14. Dezember 2011)

VIII ZR 93/11

AG Hamburg-Bergedorf - Urteil vom 25. Mai 2010 – 410A C 205/09

LG Hamburg - Urteil vom 18. Februar 2011 - 320 S 129/10

In diesem Verfahren verlangt die Klägerin, ein Gasversorgungsunternehmen, von dem Beklagten, einem ehemaligen Sonderkunden, die Zahlung restlichen Entgelts für Gaslieferungen im Zeitraum vom 20. Januar 2004 bis zum 1. Februar 2008. Die Klägerin erhöhte mehrfach den Arbeitspreis. Der Beklagte erbrachte bis Mitte 2005 die geforderten Abschlagszahlungen und wandte sich auch nicht gegen die Jahresabrechnungen. Im Juli 2005 erhob er erstmalig schriftlich Widerspruch und berief sich auf die Unwirksamkeit von Preiserhöhungen. Danach behielt er erhebliche Rechnungsbeträge ein.

Die Klage hatte in der Berufungsinstanz keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung unter anderem ausgeführt: Der Klägerin stehe für den streitgegenständlichen Zeitraum kein weiterer Zahlungsanspruch für das gelieferte Gas aus § 433 Abs. 2 BGB* zu. Denn die von der Klägerin vorgenommenen Preiserhöhungen seien nicht wirksam gewesen, da die im Jahre 1998 bei Vertragsschluss vereinbarte Preisanpassungsklausel unwirksam sei. Zwischen den Parteien gelte somit der im Jahr 1998 vereinbarte Preis als Festpreis. Der von dem Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum gezahlte Betrag liege oberhalb dieses Preises, so dass die Klägerin keine weitere Zahlung verlangen könne.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.

* § 433 BGB: Vertragstypische Pflichten beim Kaufvertrag

...

(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.

Verkündungstermin: 15. März 2012

(Verhandlungstermin: 21. Dezember 2011)

I ZR 52/10 (Verkauf angeblich gefälschter Markenschuhe)

LG Stuttgart – Urteil vom 17. November 2009 – 17 O 714/08

OLG Stuttgart – Urteil vom 4. März 2010 – 2 U 86/09

und

I ZR 137/10

LG Hamburg – Urteil vom 30. Oktober 2008 – 327 O 569/07

OLG Hamburg – Urteil vom 7. Juli 2010 – 5 U 246/08

Die Klägerin im Verfahren I ZR 52/10 produziert u.a. den als "Converse All Star Chuck Taylor" bezeichneten Freizeitschuh. Sie ist Inhaberin mehrerer Marken mit den Wortbestandteilen "CONVERSE" und "ALL STAR". Die Beklagte im Verfahren I ZR 52/10 beliefert die Handelsgruppen Rewe und real sowie die toom-Verbrauchermärkte. Die Klägerin hat behauptet, in einem toom-Markt in Solingen und in einem real-Warenhaus in Neuss seien im September 2008 Produktfälschungen angeboten worden, die von der Beklagten geliefert worden seien.

Der wegen Markenverletzung u.a. auf Unterlassung gerichteten Klage im Verfahren I ZR 52/10 hat das Landgericht stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage hingegen abgewiesen (OLG Stuttgart, GRUR-RR 2010, 198). Die Klägerin habe weder nachweisen können, dass es sich bei den Schuhen um Fälschungen handele, noch habe sie nachweisen können, dass ihre Markenrechte nicht erschöpft seien.

Die Klägerin im Verfahren I ZR 137/10 vertreibt exklusiv für die Liefergebiete Deutschland, Österreich und die Schweiz den o.g. Freizeitschuh "Converse All Star Chuck Taylor". Die Beklagte des Verfahrens I ZR 137/10 gehört zur Metro-Gruppe. Sie verkaufte in ihren Cash & Carry Märkten in den Jahren 2006 bis 2008 wiederholt originale Freizeitschuhe der Markeninhaberin. Die Klägerin hat behauptet, die Schuhe seien in den USA in den Verkehr gebracht worden; einem Vertrieb in Deutschland oder einem anderen Mitgliedstaat der EU habe die Markeninhaberin nicht zugestimmt.

Der auch in diesem Verfahren u.a. auf Unterlassung gerichteten Klage haben beide Vorinstanzen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat dabei angenommen, dass die Beklagte den Beweis dafür, dass die Markenrechte erschöpft seien, nicht erbracht habe. Es hat die Revision gegen seine Entscheidung zugelassen.

Der Senat, der im Verfahren I ZR 52/10 die Revision zugelassen hat, wird ggf. darüber zu entscheiden haben, wen die Beweislast dafür trifft, dass markierte Ware gefälscht ist bzw. dass die Markenrechte erschöpft sind, weil die Waren mit Zustimmung des Markeninhabers in der EU in Verkehr gebracht worden sind.

Verhandlungstermin: 15. März 2012

III ZR 148/11

Landgericht Frankfurt am Main – Urteil vom 4. Juni 2010 – 2-18 O 474/09

Oberlandesgericht Frankfurt am Main – Urteil vom 18. Mai 2011 – 7 U 140/10

Die Klägerin verlangt aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns von der beklagten Deutschen Vermögensberatung AG (DVAG) Schadensersatz wegen der Auflösung einer Fondsanlage und Veruntreuung des hierbei erzielten Erlöses durch einen früheren Handelsvertreter der Beklagten.

Auf Empfehlung dieses Handelsvertreters hatte der Zedent im Jahr 2000 an den Deutschen Investment-Trust (DIT) einen Kontoeröffnungsantrag und einen Kaufantrag zum Erwerb von Anteilen an Aktienfonds gerichtet und in der Folgezeit monatliche Zahlungen an die Fondsverwaltungsgesellschaft geleistet. In dem Kontoeröffnungsantrag hatte er zugleich den DIT ermächtigt, sowohl der diesen Auftrag vermittelnden Gesellschaft (DVAG) als auch dem Vermittler dieses Auftrags (dem Handelsvertreter) zum Zwecke der Beratung über die Vermögensanlage in Fonds der Dresdner Bank Investmentgruppe Investmentkontonummer, Name, Anschrift, Geburtsdatum, Nationalität, Telefon- und Telefaxnummer, Bankverbindung, Depotbestände, Depotbewegungen inklusive der steuerlichen Daten, Daten zu Spar- und Auszahlplänen und weitere Daten zu übermitteln.

Die Klägerin hat behauptet, der Handelsvertreter habe im Jahr 2003 die Fondsanlage ihres Ehemanns durch Verkaufsaufträge, die er an den DIT gerichtet habe, aufgelöst. Dabei habe er die Unterschrift ihres Ehemanns gefälscht und den Verkaufswert der Fondsanteile auf sein eigenes Privatkonto überweisen lassen. Der Handelsvertreter ist aufgrund seiner geständigen Einlassung wegen dieses und weiterer Vorgänge zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Das Landgericht hat die auf Zahlung des veruntreuten Betrages gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Klage im Wesentlichen entsprochen, allerdings Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Zedenten gegen den DIT aus Anlass der Veräußerung der Fondsanteile. Das Oberlandesgericht hat angenommen, dass zwischen dem Zedenten und der Beklagten aufgrund der dem DIT erteilten Ermächtigung, ihr und ihrem Handelsvertreter Auskünfte über die Entwicklung des Depots zu erteilen, auch nach Erledigung des Vermittlungsvorgangs ein Schuldverhältnis bestanden habe, das die Beklagte verpflichte, für das Verhalten ihres früheren Handelsvertreters einzustehen. Es hat die Revision zugelassen, weil andere Obergerichte in vergleichbaren Fallgestaltungen eine Haftung der Beklagten im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt haben, nach dem Zustandekommen der Vermögensanlage habe sich die Vermittlung erledigt und ein Schuldverhältnis zu dem Anleger nicht mehr bestanden.

Verkündungstermin: 21. März 2012

(Verhandlungstermin: 18. Januar 2012)

VIII ZR 244/10

LG Saarbrücken - Urteil vom 21. August 2009 - 12 O 75/09

OLG Saarbrücken - Urteil vom 26. August 2010 - 8 U 472/09 -122

Der Kläger verlangt von der Beklagten aufgrund eines zwischen den Parteien auf der Internetplattform eBay abgeschlossenen Kaufvertrages Schadensersatz wegen Nichterfüllung.

Die Beklagte bot auf der Internetplattform eBay im Rahmen einer Auktion unter Hinzufügung eines Fotos ein Handy zum Verkauf unter der Bezeichnung "Vertu Weiss Gold" ohne Festlegung eines Mindestpreises zu einem Startpreis von 1 € an. Zur Beschreibung heißt es in dem Angebot, dass der Zustand gebraucht sei. Außerdem teilte die Beklagte dazu Folgendes mit:

"Hallo an alle Liebhaber von Vertu

Ihr bietet auf ein fast neues Handy (wurde nur zum ausprobieren ausgepackt). Weist aber ein paar leichte Gebrauchsspuren auf (erwähne ich ehrlichkeit halber). Hatte 2 ersteigert und mich für das gelb goldene entschieden. Gebrauchsanweisung (englisch) lege ich von dem gelb goldene bei, das andere habe ich auch nicht bekommen. Dazu bekommt ihr ein Etui, Kopfhörer und Ersatzakku. Privatverkauf, daher keine Rücknahme. Viel Spaß beim Bieten."

Der Kläger gab ein Maximalgebot von 1.999,- € ab und erhielt für 782,- € den Zuschlag. Die Annahme des seitens der Beklagten angebotenen Handys verweigerte er mit der Begründung, dass es sich um ein Plagiat handele. Der Kläger hat behauptet, dass ein Original des von der Beklagten angebotenen Handys 24.000 € koste. Die auf Zahlung von 23.218 € Schadensersatz (24.000 € abzüglich des Kaufpreises von 782 €) nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Nach dem Vorbringen des Klägers sei der geschlossene Vertrag bereits gemäß § 138 Abs. 1 BGB* als wucherähnliches Rechtsgeschäft nichtig, da der Wert des Handys das Maximalgebot des Klägers um ein Vielfaches (hier das Zwölffache) übersteige und dieses besonders grobe Missverhältnis den Schluss auf die verwerfliche Gesinnung des Klägers als Begünstigten zulasse.

Unabhängig davon hätten die Parteien bei Vertragsschluss auch keine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB**) dahingehend getroffen, dass Kaufgegenstand ein Originalhandy der Marke Vertu sei. Die Angaben der Beklagten in dem Angebot rechtfertigten nicht die Annahme, die Beklagte habe die Beschaffenheit des Handys als Original des Herstellers Vertu beschrieben und der Kläger habe dies auch so verstanden. Gegen eine derartige Beschaffenheitsvereinbarung spreche vor allem, dass die Beklagte es zu einem Startpreis von 1 € angeboten habe, obwohl ein Originalhandy – nach der Behauptung des Klägers – einen Wert von 24.000 € habe. Ein derart niedriger Startpreis stehe der konkludenten Vereinbarung einer Beschaffenheit als Original jedenfalls dann entgegen, wenn ein solches Original einen den festgesetzten Startpreis ganz erheblich übersteigenden Wert habe, der Käufer Kenntnis von dem Wert habe und der Verkäufer die Kaufsache nicht ausdrücklich als Original bezeichne.

Aber selbst bei Annahme eines Sachmangels scheide ein Schadensersatzanspruch des Käufers aus, weil dieser den Mangel infolge grober Fahrlässigkeit verkannt habe (§ 442 Abs. 1 Satz 2 BGB***). Es sei erfahrungswidrig, dass ein Handy mit einem – wie vom Kläger behaupteten – derart hohen Wert zu einem Startpreis von 1 € angeboten werde. Bei einem solchen Angebot habe für den Kläger der Verdacht naheliegen müssen, dass es sich bei dem angebotenen Handy nicht um ein Original handele.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

* § 138 BGB: Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

…

** § 434 BGB: Sachmangel

(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. …

*** § 442 BGB: Kenntnis des Käufers

(1) Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Ist dem Käufer ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer Rechte wegen dieses Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.

…

Verhandlungstermin: 19. April 2012

I ZR 86/10 (Musikschule Pelikan)

LG Bielefeld – Urteil vom 9. September 2009 – 16 O 52/09

OLG Hamm – Urteil vom 23. März 2010 – I-4 U 175/09

Die Klägerin, die Pelikan Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG, ist einer der größten Papier-, Büro- und Schreibwarenhersteller in Deutschland. Sie ist Inhaberin zahlreicher Marken, die den Wortbestandteil "Pelikan" oder die Abbildung eines Pelikans enthalten, darunter die mit Priorität vom 28. November 1942 eingetragene Wortmarke "Pelikan", die auch für Lehrmittel eingetragen ist. Die Beklagten betreiben in Minden eine im Januar 2004 in das Handelsregister eingetragene private Musikschule unter der Bezeichnung "Musikschule Pelikan GmbH", in der Instrumental- und Gesangsunterricht angeboten wird. Sie betreiben unter dem Domainnamen "www.musikschule-pelikan.de" eine Internetseite. Die Klägerin, die geltend gemacht hat, seit längerer Zeit auch Unterrichtshilfen für Lehrer im Grundschulbereich anzubieten, hat die Auffassung vertreten, die Beklagten verletzten ihre Marken und ihr Unternehmenskennzeichen. Sie hat die Beklagten auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen, weil der Klageantrag zu unbestimmt sei. Auch bestünden die geltend gemachten Ansprüche nicht, weil zwischen den von der Klägerin vertriebenen Waren und den von den Beklagten erbrachten Dienstleistungen keine Ähnlichkeit bestehe. Ansprüche aufgrund des Unternehmenskennzeichens scheiterten an der vollständigen Branchenunähnlichkeit. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.

Verhandlungstermin: 24. April 2012

X ZR 76/11

AG Düsseldorf – 232 C 6893/10 – Urteil vom 30. September 2010

LG Düsseldorf – 22 S 262/10 – Urteil vom 20. Mai 2011

Die Klägerin verlangt aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Lebensgefährten A die Rückzahlung eines gezahlten Reisepreises und Schadensersatz.

A buchte im Februar 2009 für sich und die Klägerin bei der Beklagten eine Pauschalreise in die Türkei zum Preis von 369,00 € pro Person. Laut Reisebestätigung sollten der Hinflug voraussichtlich am 25.05.2009 um 20.00 Uhr und der Rückflug voraussichtlich am 01.06.2009 um 16.40 Uhr stattfinden. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthalten eine Klausel, nach der die Abtretung von Ansprüchen gegen die Beklagte, deren Rechtsgrund in Leistungsstörungen liegt, ausgeschlossen ist, und ferner folgende Regelung:

"Kurzfristige Änderungen der Flugzeiten, der Streckenführung, des Fluggerätes, der Fluggesellschaft sowie Zwischenlandungen bleiben ausdrücklich vorbehalten, soweit dadurch der Gesamtzuschnitt der Reise nicht beeinträchtigt wird. Der Gesamtzuschnitt der gebuchten Reise ist dann beeinträchtigt, wenn deren Wert oder deren Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrage vorausgesetzten Nutzen aufgehoben oder gemindert ist. Das bestimmt sich vor allem anhand der Reisedauer, der Reisezeit und anhand des Reisepreises."

Tatsächlich fand der Rückflug am 01.06.2009 bereits um 05.15 Uhr statt, so dass die Reisenden um 01.25 Uhr abgeholt werden sollten, was durch Aushang im Hotel am 31.05.2009 gegen 16.30 Uhr bekannt gemacht wurde. Der Flug beinhaltete eine Zwischenlandung in Amsterdam, wodurch sich die Flugzeit verlängerte. Diese Umstände nahmen die Klägerin und A zum Anlass, sich um einen anderweitigen Rücktransport nach Deutschland zu bemühen. Die Beklagte zahlte an beide Reisenden insgesamt 42,16 €, was 40 % eines Tagesreisepreises ausmacht.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückzahlung des gesamten Reisepreises abzüglich 70,00 € für in Anspruch genommene Verpflegungsleistungen, die Erstattung von insgesamt 504,52 € Rücktransportkosten, die Erstattung von 7,00 € für ein am Anreisetag nicht erhaltenes Abendessen, die Erstattung von insgesamt 46,00 € Telefonkosten sowie Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 480,80 € für sich selbst und 2.193,10 € für A.

Das Amtsgericht hat der Klägerin 25,00 € wegen Minderung des Reisepreises zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.

Das Landgericht hat angenommen, die Klägerin habe gegen die Beklagte keine weiteren Ansprüche. Die Abtretung der Ansprüche des Mitreisenden A sei wegen des in den AGB der Beklagten enthaltenen, entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Köln und des Landgerichts Frankfurt am Main rechtlich nicht zu beanstandenden umfassenden Abtretungsverbots unwirksam. Im Übrigen habe das Amtsgericht zutreffend angenommen, dass der Reisepreis für die Klägerin wegen der Vorverlegung des Rückflugtermins (nur) um 25,00 € gemindert sei. In dieser Vorverlegung liege zwar ein Reisemangel, nicht jedoch eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise, die die Klägerin zur Kündigung des Vertrags berechtigt habe. Der Verlust zumindest ein halben Urlaubstags und einer nennenswerten Nachtruhe angesichts des frühen Transferbeginns sei in den Zeiten des modernen Massentourismus, insbesondere bei – wie im Streitfall – besonders günstigen Reisen etwas, womit der Reisende wegen der Besonderheiten des Charterflugverkehrs stets rechnen müsse. Auch die Kosten der anderweitigen Rückreise müsse die Beklagte nicht erstatten. Es fehle am Zurechnungszusammenhang zwischen der Nichterfüllung der Beklagten, d. h. dem Reisemangel, und der Entstehung der Rückreisekosten. Diese beruhen auf dem Entschluss der Klägerin und ihres Lebensgefährten, wegen der Vorverlegung des Rückflugs diesen nicht in Anspruch zu nehmen, sondern in Eigenregie zu einem späteren Zeitpunkt zurückzufliegen.

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Berufungsanträge weiter.

Verhandlungstermin: 24. April 2012

XI ZR 96/11

AG Düsseldorf - Urteil vom 6. April 2010 - 36 C 13469/09

LG Düsseldorf - Urteil vom 19. Januar 2011 - 23 S 163/10

Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Rückgängigmachung einer im elektronischen Zahlungsverkehr erfolgten Belastungsbuchung in Anspruch.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten ein Girokonto und nahm seit dem Jahr 2001 am Online-Banking teil. Die Beklagte verwendet für entsprechende Überweisungsaufträge das sogenannte iTAN-Verfahren. Dieses ist dadurch gekennzeichnet, dass der Nutzer nach Eingabe seiner Persönlichen Identifikationsnummer (PIN) aufgefordert wird, eine durch eine Positionsnummer bestimmte (indizierte) Transaktionsnummer (TAN) aus einer ihm vorher übermittelten TAN-Liste einzugeben.

Am 26. Januar 2009 wurde vom Girokonto des Klägers im Online-Banking ein Betrag von 5.000 € auf ein Konto bei einer griechischen Bank überwiesen. Die Belastungsbuchung erfolgte nach Eingabe der PIN des Klägers und unter Verwendung einer korrekten TAN. Am gleichen Tag wurde auch vom Konto eines anderen Kunden der Beklagten ein Betrag von 7.000 € auf das Auslandskonto überwiesen, was dieser Kunde um 20.15 Uhr zur Anzeige brachte. Der Kläger erstattete seinerseits am 29. Januar 2009 Strafanzeige bei der Polizei. Er führte dazu aus, er habe einmal im Oktober 2008 das Online-Banking der Beklagten nutzen wollen, dabei aber den Hinweis bekommen, dass er zunächst 10 TAN eingeben müsse. Die geforderten TAN habe er in dafür vorgesehene Felder eingetragen und anschließend wieder Zugriff auf das Online-Banking erhalten. Das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt, nachdem ein nach Griechenland gerichtetes Rechtshilfeersuchen der Staatsanwaltschaft nicht zur Ermittlung des Zielkontoinhabers geführt hatte.

Die Beklagte lehnt die Rückgängigmachung der Buchung ab, weil die Verwendung der richtigen Zugangsdaten dafür spreche, dass der Kläger die Auslandsüberweisung entweder selbst veranlasst oder durch die Offenlegung von 10 TAN jedenfalls schuldhaft ermöglicht habe. Insbesondere habe er gegen Nr. 8 ihrer Sonderbedingungen für die konto-depotbezogene Nutzung des Online-Banking verstoßen. Dort heißt es auszugsweise:

"Insbesondere Folgendes ist zur Geheimhaltung der PIN und TAN zu beachten:

…

-Bei Eingabe der PIN und Tan ist sicherzustellen, dass Dritte diese nicht ausspähen können.

-Die technische Verbindung zum Online-Banking-Angebot des Kreditinstituts ist nur über die vom Kreditinstitut gesondert mitgeteilten Online-Banking-Zugangskanäle herzustellen.

-Außerhalb der vom Kreditinstitut gesondert mitgeteilten Online-Banking-Zugangskanäle dürfen Anfragen, insbesondere nach vertraulichen Daten wie Geheimzahl, PIN oder TAN nicht beantwortet werden."

Die Beklagte warnte seit dem 10. September 2008 auch auf der Log-In-Seite des Online-Bankings vor Missbrauchsgefahren. Bis zum 28. Juli 2009 befand sich dort in der Mitte der Seite unter anderem der Hinweis: "Derzeit sind vermehrt Schadprogramme und sogenannte Phishing-Mails im Umlauf, die Sie auffordern, mehrere Transaktionsnummern oder gar Kreditkartendaten in ein Formular einzugeben. Wir fordern Sie niemals auf, mehrere TAN gleichzeitig preiszugeben!"

Der Kläger verlangt von der Beklagten den Ausgleich der Belastungsbuchung, da es ihre Aufgabe sei, für einen störungsfreien Ablauf des Online-Banking zu sorgen und ihre Kunden vor betrügerischen Transaktionen zu schützen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Zur Begründung hat das Berufungsgericht unter anderem ausgeführt: Es könne dahinstehen, ob der Kläger den Überweisungsauftrag selbst erteilt habe und ob dafür ein Anscheinsbeweis spreche. Auch wenn das nicht der Fall sei, könne er von der Beklagten keine Rückzahlung verlangen, weil diese wirksam mit einem Schadensersatzanspruch in gleicher Höhe aufgerechnet habe. Der Kläger habe seine vertraglichen Pflichten verletzt, indem er entgegen Ziffer 8 der Sonderbedingungen der Beklagten einem Dritten durch die Eingabe von 10 TAN fahrlässig Kenntnis von diesen verschafft habe. Dem Kläger habe sich die missbräuchliche Abfrage der TAN auch dann aufdrängen müssen, wenn auf dem Bildschirm die übliche Maske für das Online-Banking zu sehen gewesen sei und sich insofern keine Auffälligkeiten ergeben hätten. Es sei im Herbst 2008 schon durch Warnungen in den Medien allgemein bekannt gewesen, dass die Anfrage mehrerer TAN auf einen Missbrauch hindeute. Hinzu komme der unmissverständliche Warnhinweis der Beklagten auf der Log-In-Seite an hervorgehobener Stelle. Auch ein Mitverschulden sei der Beklagten nicht anzulasten. Das von ihr verwendete iTAN-Verfahren habe jedenfalls im Jahr 2008 dem Stand der Technik entsprochen. Eine Auslandsüberweisung über 5000 € sei im Massengeschäft des bargeldlosen Zahlungsverkehrs auch nicht ungewöhnlich genug, um Zweifel an der Richtigkeit des Zahlungsvorgangs zu hegen. Von der gleichgelagerten Abbuchung über 7000 € vom Konto eines anderen Kunden habe die Beklagte vor Ausführung der zu Lasten des Klägers gehenden Überweisung keine Kenntnis erlangt.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Im Rahmen der Revision wird sich der Senat insbesondere mit der Frage zu befassen haben, welche rechtlichen Maßstäbe für die Sorgfaltsanforderungen beim Online-Banking auf Seiten der Bank und ihrer Kunden zur Vermeidung von Missbrauch durch Dritte gelten.

Verhandlungstermin: 8. Mai 2012

(Verhandlungstermin: 10. November 2009 = EuGH-Vorlage)

EuGH-Entscheidung vom 25.10.2011 - C-509/09)

VI ZR 217/08

LG Hamburg - Entscheidung vom 18. Januar 2008 - 324 O 548/07

OLG Hamburg – Entscheidung vom 29. Juli 2008 - 7 U 22/08

Der Kläger wurde im Jahr 1993 zusammen mit seinem Bruder wegen Mordes an dem Schauspieler Walter Sedlmayr zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Im Januar 2008 wurde er auf Bewährung entlassen. Er verlangt von einem in der Republik Österreich geschäftsansässigen Medienunternehmen, es zu unterlassen, über ihn im Zusammenhang mit der Tat unter voller Namensnennung zu berichten. Das beklagte Unternehmen hielt auf seiner Internetseite bis zum 18. Juni 2007 eine auf den 23. August 1999 datierte, von einem anderen Anbieter übernommene Meldung zum freien Abruf durch die Öffentlichkeit bereit. Darin hieß es unter Nennung des Vor- und Zunamens des Klägers wie seines Bruders wahrheitsgemäß u. a., beide wendeten sich nunmehr, neun Jahre nach dem Mord, mit einer Verfassungsbeschwerde gegen ihre Verurteilung wegen der Tat.

Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Der Rechtsstreit wirft die Frage der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte für Unterlassungsklagen gegen Internetveröffentlichungen ausländischer Anbieter auf. Sollte diese gegeben sein, sind zudem die rechtlichen Grenzen der Archivierung und des dauerhaften Bereithaltens von Meldungen zum Abruf im Internet im Hinblick auf Persönlichkeitsrechte Betroffener zu konkretisieren.

Folgender Tenor für die EuGH-Vorlage wurde am 10. November 2009 verkündet:

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden folgende Fragen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts gemäß Art. 234 EGV zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist die Wendung "Ort, an dem das schädigende Ereignis einzutreten droht" in Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (nachfolgend: EuGVVO) bei (drohenden) Persönlichkeits-rechtsverletzungen durch Inhalte auf einer Internet-Website dahingehend auszulegen,

dass der Betroffene eine Unterlassungsklage gegen den Betreiber der Website unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat der Betreiber niedergelassen ist, auch bei den Gerichten jedes Mitgliedstaats erheben kann, in dem die Website abgerufen werden kann,

oder setzt die Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedstaats, in dem der Betreiber der Website nicht niedergelassen ist, voraus, dass ein über die technisch mögliche Abrufbarkeit hi-nausgehender besonderer Bezug der angegriffenen Inhalte oder der Website zum Gerichtsstaat (Inlandsbezug) besteht?

2. Wenn ein solcher besonderer Inlandsbezug erforderlich ist:

Nach welchen Kriterien bestimmt sich dieser Bezug?

Kommt es darauf an, ob sich die angegriffene Website gemäß der Bestimmung des Betreibers zielgerichtet (auch) an die Internetnutzer im Gerichtsstaat richtet oder genügt es, dass die auf der Website abrufbaren Informationen objektiv einen Bezug zum Gerichtsstaat in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts und Interesse des Betreibers an der Gestaltung seiner Website und an der Berichterstattung - nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Website, im Gerichtsstaat tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann?

Kommt es für die Feststellung des besonderen Inlandsbezugs maßgeblich auf die Anzahl der Abrufe der beanstandeten Website vom Gerichtsstaat aus an?

3. Wenn es für die Bejahung der Zuständigkeit keines beson-deren Inlandsbezugs bedarf oder wenn es für die Annahme eines solchen genügt, dass die beanstandeten Informationen objektiv einen Bezug zum Gerichtsstaat in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen im Gerichtsstaat nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Website, tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann, und die Annahme eines besonderen Inlandsbezugs nicht die Feststellung einer Mindestanzahl von Abrufen der beanstandeten Website vom Gerichtsstaat aus voraussetzt:

Ist Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2000/31/EG des Euro-päischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informations-gesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäfts-verkehrs, im Binnenmarkt (nachfolgend: e-commerce-Richtlinie) dahingehend auszulegen,

dass diesen Bestimmungen ein kollisionsrechtlicher Charakter in dem Sinne beizumessen ist, dass sie auch für den Bereich des Zivilrechts unter Verdrängung der nationalen Kollisionsnormen die alleinige Anwendung des im Herkunftsland geltenden Rechts anordnen,

oder handelt es sich bei diesen Vorschriften um ein Korrektiv auf materiell-rechtlicher Ebene, durch das das sachlich-rechtliche Ergebnis des nach den nationalen Kollisionsnormen für anwendbar erklärten Rechts inhaltlich modifiziert und auf die Anforderungen des Herkunftslandes reduziert wird?

Für den Fall, dass Art. 3 Abs. 1 und 2 e-commerce-Richtlinie kollisionsrechtlichen Charakter hat:

Ordnen die genannten Bestimmungen lediglich die alleinige Anwendung des im Herkunftsland geltenden Sachrechts oder auch die Anwendung der dort geltenden Kollisionsnormen an mit der Folge, dass ein renvoi des Rechts des Herkunftslands auf das Recht des Bestimmungslands möglich bleibt?

Verhandlungstermin: 8. Mai 2012

XI ZR 61/11

LG Nürnberg-Fürth - Urteil vom 3. August 2010 - 7 O 466/10

OLG Nürnberg - Urteil vom 25. Januar 2011 - 3 U 1606/10 (veröffentlicht: WM 2011, 1754)

und

XI ZR 437/11

LG Bamberg - Urteil vom 19. April 2011 - 1 O 46/10

OLG Bamberg - Urteil vom 28. September 2011 - 3 U 80/11

In den beiden parallel gelagerten Verhandlungssachen macht der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist, gegenüber den beklagten Kreditinstituten die Unwirksamkeit von - inhaltsgleichen - Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten geltend.

Die beklagten Kreditinstitute - im Verfahren XI ZR 61/11 eine Sparkasse, im Parallelverfahren XI ZR 437/11 eine Bank - verwenden gegenüber ihren Kunden jeweils AGB-Klauseln, nach denen sie berechtigt sind,

"dem Kunden Auslagen in Rechnung zu stellen, die anfallen, wenn die [Sparkasse/Bank] in seinem Auftrag oder mutmaßlichen Interesse tätig wird (insbesondere für Ferngespräche, Porti) oder wenn Sicherheiten bestellt, verwaltet, freigegeben oder verwertet werden (insbesondere Notarkosten, Lagergelder, Kosten der Bewachung von Sicherungsgut)."

Der Kläger ist der Ansicht, diese Klauseln - die Nr. 12 Abs. 6 AGB-Banken bzw. Nr. 18 AGB-Sparkassen in der jeweils seit dem 1. November 2009 geltenden Fassung entsprechen - verstießen gegen § 307 BGB* und nimmt die Beklagten darauf in Anspruch, deren Verwendung gegenüber Privatkunden zu unterlassen. Zur Begründung führt er unter anderem an, die Klauseln benachteiligten die Kunden entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen, weil der darin geregelte Auslagenersatz der Höhe nach völlig unbegrenzt sei und damit vom gesetzlichen Leitbild der für Auftragsverhältnisse sowie für die Geschäftsführung ohne Auftrag geltenden Regelung des § 670 BGB** abweiche.

Die Klagen sind in beiden Vorinstanzen erfolgreich gewesen. Die Berufungsgerichte haben übereinstimmend angenommen, die angegriffene Klausel enthalte zwei voneinander zu trennende Regelungen, die jeweils einer Inhaltskontrolle im Sinne von § 307 BGB nicht standhielten. Soweit die beanstandete Klausel in ihrem ersten Regelungsabschnitt so verstanden werden könne, dass dem Kreditinstitut ein grundsätzlich unbegrenzter Aufwendungsersatzanspruch für im Auftrag oder im mutmaßlichen Interesse des Kunden erfolgende Leistungen zustehe, weiche sie erheblich von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des Aufwendungsersatzes in § 670 BGB ab. Danach müsse nämlich der im Fremdinteresse Handelnde jeweils im Einzelfall sorgfältig prüfen, ob und inwieweit seine Aufwendungen im Verhältnis zur Bedeutung des Geschäfts angemessen seien. Soweit die Klauseln darüber hinaus in ihrem zweiten Regelungsteil einen Aufwendungsersatz für Tätigkeiten der Beklagten im Zusammenhang mit Kreditsicherungsgeschäften enthielten, stelle dies ebenfalls eine kontrollfähige und Kunden unangemessen benachteiligende Regelung da, weil sich die Beklagte damit Leistungen vergüten lasse, die sie ausschließlich im Eigeninteresse vornehme.

Mit der - von den Berufungsgerichten jeweils zugelassenen - Revision verfolgen die beklagten Kreditinstitute ihre Klageabweisungsbegehren weiter. In einer früheren Entscheidung (BGH, NJW 1989, 1284) hat der Bundesgerichtshof in dem zweiten Regelungsteil einer Vorgängerregelung zu Nr. 12 Abs. 6 AGB-Banken, Nr. 18 AGB-Sparkassen (Nr. 22 Abs. 2 AGB-Banken idF von 1984) eine unbedenkliche Konkretisierung des gesetzlichen Aufwendungsersatzanspruchs gesehen.

* § 307 BGB

Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

** § 670 BGB

Ersatz von Aufwendungen

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

Verhandlungstermin: 22. Mai 2012

XI ZR 290/11

LG Leipzig - Urteil vom 6. Dezember 2010 - 8 O 1140/10

OLG Dresden - Urteil vom 26. Mai 2011 - 8 U 1989/10 (veröffentlicht: WM 2011, 1843)

Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist. Die Beklagte ist eine Sparkasse.

Der Kläger macht die Unwirksamkeit einer in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten verwendeten Klausel geltend. Auszugsweise heißt es dort:

"Über die Nichtausführung oder Rückgängigmachung der Belastungsbuchung … oder die Ablehnung der Einlösung einer Einzugsermächtigung … wird die Sparkasse den Kunden unverzüglich unterrichten. … Für die Unterrichtung über eine berechtigte Ablehnung berechnet die Sparkasse das im Preis- und Leistungsverzeichnis ausgewiesene Entgelt."

Der Kläger ist der Ansicht, die Klausel verstoße gegen § 307 BGB* und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, deren Verwendung gegenüber Privatkunden zu unterlassen. Zur Begründung führt er unter anderem an, die Klausel benachteilige die Kunden der Beklagten unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB, weil die Entgeltvereinbarung für die Benachrichtigung des Schuldners über nichtausgeführte Lastschriften im Einzugsermächtigungsverfahren gegen den in § 675f Abs. 4 BGB** geregelten Grundsatz der Entgeltfreiheit von Nebenpflichten des Zahlungsdienstleisters (Geldinstitut) verstoße. Eine gesetzliche Ermächtigung zur Erhebung solcher Entgelte ergebe sich auch nicht aus § 675o Abs. 1 BGB***, da diese Vorschrift ausdrücklich nur für einen vor der Ausführung erteilten (Abbuchungs-)Auftrag des Schuldners gelte. Im demgegenüber hier betroffenen Einzugsermächtigungsverfahren komme eine Autorisierung der Lastschrift durch den Schuldner hingegen überhaupt erst nach der vom Gläubiger veranlassten Kontobelastung in Betracht.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten war erfolgreich. Das Berufungsgericht hat die Entgeltklausel für wirksam erachtet. Hierfür könne im Ergebnis offen bleiben, ob der Zahlungsdienstleister auch im Einzugsermächtigungsverfahren kraft Gesetzes zur Unterrichtung seiner Kunden über nichtausgeführte Lastschriften verpflichtet sei. Entweder bestehe eine solche Nebenpflicht in erweiternder Auslegung bzw. analoger Anwendung des § 675o Abs. 1 Satz 1 BGB; in diesem Falle dürfe die Beklagte gemäß Satz 4 der Regelung für die Unterrichtung über eine berechtigte Ablehnung auch ein Entgelt verlangen. Oder aber es bestehe keine solche gesetzliche Nebenpflicht; in diesem Falle erbringe die Beklagte aber mit der Benachrichtigung ihres Kunden eine entgeltfähige Sonderleistung, so dass es sich bei der angegriffenen Klausel um eine der Inhaltskontrolle im Sinne des § 307 BGB entzogene Preishauptabrede handele.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 13. Februar 2001 (XI ZR 197/00, BGHZ 146, 377) zur damaligen Rechtslage entschieden, dass Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach denen die Bank für die Benachrichtigung des Kontoinhabers über die Nichteinlösung - unter anderem - von Lastschriften ein Entgelt fordert, unwirksam sind. Der Streitfall wirft daher die Frage nach dem Verhältnis dieser Rechtsprechung zu dem am 1. November 2009 in Kraft getretenen und auf der Umsetzung von EU-Recht beruhenden Zahlungsverkehrsrecht nach den §§ 675c ff. BGB auf.

* § 307 BGB

Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.

mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2.

wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

** § 675f (Auszug)

Zahlungsdienstevertrag

(1) …

(4) Der Zahlungsdienstnutzer ist verpflichtet, dem Zahlungsdienstleister das für die Erbringung eines Zahlungsdienstes vereinbarte Entgelt zu entrichten. Für die Erfüllung von Nebenpflichten nach diesem Untertitel hat der Zahlungsdienstleister nur dann einen Anspruch auf ein Entgelt, sofern dies zugelassen und zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart worden ist; dieses Entgelt muss angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtet sein.

(5) …

§ 675o (Auszug)

Ablehnung von Zahlungsaufträgen

(1) Lehnt der Zahlungsdienstleister die Ausführung eines Zahlungsauftrags ab, ist er verpflichtet, den Zahlungsdienstnutzer hierüber unverzüglich, auf jeden Fall aber innerhalb der Fristen gemäß § 675s Abs. 1 zu unterrichten. In der Unterrichtung sind, soweit möglich, die Gründe für die Ablehnung sowie die Möglichkeiten anzugeben, wie Fehler, die zur Ablehnung geführt haben, berichtigt werden können. Die Angabe von Gründen darf unterbleiben, soweit sie gegen sonstige Rechtsvorschriften verstoßen würde. Der Zahlungsdienstleister darf mit dem Zahlungsdienstnutzer im Zahlungsdiensterahmenvertrag für die Unterrichtung über eine berechtigte Ablehnung ein Entgelt vereinbaren.

(2) …

Verhandlungstermin: 31. Mai 2012

I ZR 234/10 (Gunter Sachs)

LG Hamburg – Urteil vom 4. Dezember 2009 – 324 O 338/09

OLG Hamburg – Urteil vom 10. August 2010 – 7 U 130/09

Der zwischenzeitlich verstorbene Kläger war dem Publikum unter anderem als Fotograf, Unternehmer, Kunstsammler, Buchautor und ehemaliger Ehemann von Brigitte Bardot bekannt. Die Beklagte verlegt unter anderem die Wochenzeitung "BILD am Sonntag". In der Ausgabe vom 10. August 2008 befand sich auf der letzten Seite ein redaktionell aufgemachter Artikel, der mit drei Fotos des Klägers bebildert war. Auf einem großflächigen Foto ist der Kläger bei der Lektüre einer Zeitung mit dem "BILD"-Symbol zu erkennen. Die Bildinnenschrift lautet: "Gunter Sachs auf der Jacht "Lady Dracula". Er liest BILD am SONNTAG, wie über elf Millionen andere Deutsche auch." Auch im Fließtext wird die Lektüre des Klägers herausgestellt.

Auf Antrag des Klägers hat das Landgericht die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, es zu unterlassen, zu verbreiten "Psst, nicht stören! Playboy am Sonntag - Auf einer Jacht in St.-Tropez schaukelt Gunter Sachs". Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht (ZUM 2010, 884) die Beklagte darüber hinaus verurteilt, an den Kläger eine Lizenz in Höhe von 50.000 € zu zahlen. Das Berufungsgericht hat das Urteil damit begründet, das Persönlichkeitsrecht des Klägers habe Vorrang gegenüber dem geringen Interesse der Öffentlichkeit an der Neuigkeit, dass der Kläger auf seiner Jacht die Zeitung "Bild am Sonntag" liest. Durch die Darstellung habe die Beklagte auch einen vermögenswerten Vorteil erlangt, der den Anspruch auf Zahlung der Lizenz begründe. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiter.

Verhandlungstermin: 26. Juni 2012

XI ZR 316/11

LG Köln - Urteil vom 18. Februar 2010 - 15 O 174/09

Oberlandesgericht Köln - Urteil vom 8. Juni 2011 - 13 U 55/10 (veröffentlicht: WM 2011, 1652)

und

XI ZR 259/11

LG Aachen - Urteil vom 5. August 2010 - 1 O 648/09

Oberlandesgericht Köln - Urteil vom 4. Mai 2011 - 13 U 165/10 (veröffentlicht: ZIP 2011, 1092)

und

XI ZR 355/10

LG Frankfurt/Main - Urteil vom 10. Dezember 2010 - 2/19 O 34/10

OLG Frankfurt/Main - Urteil vom 18. Mai 2011 - 17 U 253/10 (veröffentlicht: NZG 2011, 1154)

und

XI ZR 356/10

LG Frankfurt/Main - Urteil vom 23. Dezember 2010 - 2/21 O 581/09

OLG Frankfurt/Main - Urteil vom 29. Juni 18. Mai 2011 - 17 U 12/11 (veröffentlicht: ZIP 2011, 1462)

Es stehen vier weitere Sachen zur Verhandlung an, die "Lehman-Zertifikate" zum Gegenstand haben. Aus diesem Themenkomplex konnte der Senat bislang am 27. September 2011 zwei Einzelfälle verhandeln und entscheiden (vgl. Pressemitteilung 145/2011). In vier anderen Fällen, von denen zwei bereits im April 2011 (vgl. Pressemitteilungen 22/2011 und 58/2011) und die beiden anderen für den 14. Februar 2012 (vgl. Pressemitteilungen 6/2012, 9/2012 und 11/2012) zur Verhandlung vorgesehen waren, mussten die Termine hingegen jeweils nach Revisionsrücknahme aufgehoben werden.

Die Anleger nehmen die beklagte Bank jeweils auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. in Anspruch.

In allen vier nunmehr zur Verhandlung anstehenden Sachen erwarben die Anleger im Februar 2007 von derselben beklagten Bank für Anlagebeträge in unterschiedlicher Höhe - die investierten Summen lagen zwischen 22.000 € und 300.000 € - jeweils "Global Champion Zertifikate". Hierbei handelt es sich um Inhaberschuldverschreibungen der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung sollten abhängig von der Wertentwicklung dreier Aktienindizes sein, mit denen das Zertifikat unterlegt war.

Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Mit ihren Klagen verlangen die Anleger im Wesentlichen die Rückzahlung des Anlagebetrages nebst Zinsen.

Die Vorinstanzen haben jeweils eine Beratungspflichtverletzung der beklagten Bank bejaht. Diese hafte schon deshalb, weil sie die Anleger nicht über die von ihr vereinnahmten "Erträge" in Höhe von 3,5 % des Anlagebetrages aufgeklärt habe. Entscheidend sei, dass sich die Bank ähnlich wie bei Rückvergütungen im Sinne der "Kick-back"-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in einem Interessenkonflikt befinde, den sie dem Anleger zu offenbaren habe. Nur so könne dieser das Umsatzinteresse der Bank einschätzen und beurteilen, ob diese ihm eine bestimmte Geldanlage nur deshalb empfehle, weil sie selbst daran verdiene. Das gelte selbst dann, wenn die Bank die Zertifikate zuvor selbst im Wege eines Festpreisgeschäftes erworben und die Anleger darüber nicht aufgeklärt habe. Nur bei Offenlegung des Umstandes, dass zwischen den Parteien gegebenenfalls ein Kaufvertrag zustande komme, sei der Anleger in der Lage, das mit dem Verkauf von Finanzprodukten verbundene wirtschaftliche Interesse der ihn beratenden Bank ausreichend zu erkennen.

Mit ihrer von den Berufungsgerichten jeweils zugelassenen Revision verfolgt die beklagte Bank ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Verhandlungstermin: 12. Juli 2012

I ZR 36/11 (So wichtig wie das tägliche Glas Milch!)

LG Stuttgart – Urteil vom 31. Mai 2010 – 34 O 19/10 KfH

OLG Stuttgart – Urteil vom 3. Februar 2011 – 2 U 61/10

Die Beklagte stellt Micherzeugnisse her und vertreibt einen Früchtequark mit der Bezeichnung "Monsterbacke". Auf dessen Verpackungsoberseite verwendet die Beklagte den Slogan "So wichtig wie das tägliche Glas Milch!". Die Klägerin hält dies für irreführend im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit Art. 9 und 10 Health-Claim-Verordnung, weil der Werbeslogan sowohl nährwert- als auch gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel enthalte, weiter erforderliche Angaben aber fehlten. Im Übrigen sei der Slogan irreführend im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 LFBG, weil nicht auf den gegenüber Milch erheblich erhöhten Zuckergehalt hingewiesen werde. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung und Zahlung der Abmahnkosten in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht (ZLR 2011, 352) hat die Beklagte zur Unterlassung und Zahlung der Abmahnkosten verurteilt, weil der Verkehr annehme, der Verzehr des Früchtequarks weise ähnliche Vorteile und keine anderen Nachteile für die Ernährung auf wie ein Glas Milch. Andere Nachteile würden sich jedoch aus der größeren Zuckermenge in dem Produkt der Beklagten ergeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Verhandlungstermin: 12. Juli 2012

I ZR 18/11 (RapidShare)

LG Düsseldorf – Urteil vom 24. März 2010 – 12 O 40/09

OLG Düsseldorf – Urteil vom 21. Dezember 2010 – I-20 U 59/10

Die Klägerin vertreibt das Computerspiel "Alone in the dark". Die Beklagte stellt auf einer Internetseite mit dem Domainnamen "www.rapidshare.com" Speicherplatz zur Verfügung, auf dem Nutzer Dateien ablegen und herunterladen können. Der Beklagten selbst ist der Inhalt der auf ihrem Dienst abgelegten Dateien nicht bekannt. Über Suchmaschinen bzw. im Internet abrufbare Sammlungen elektronischer Verweise (Linksammlungen) ist es Dritten möglich, die bei der Beklagten abgelegten Dateien aufzufinden und herunterzuladen. Das Computerspiel "Alone in the dark" wurde auf diese Weise in den Dienst der Beklagten eingestellt, so dass Dritte die Möglichkeit hatten, das Computerspiel herunterzuladen. Nachdem die Beklagte über diesen Sachverhalt in Kenntnis gesetzt worden war, entfernte sie diejenigen Dateien, auf die sie ausdrücklich hingewiesen worden war. Weitere bei der Beklagten abgelegte Dateien, die ebenfalls das Computerspiel enthielten, entfernte die Beklagte nicht. Die Klägerin sieht darin eine Urheberrechtsverletzung, für die die Beklagte zumindest als Störerin verantwortlich sei, wenn der Dateiname den Titel "Alone in the dark" enthalte oder in einschlägigen Sammlungen elektronischer Verweise (Linksammlungen) auf das Computerspiel hingewiesen werde. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Das Landgericht hat der Klage stattgeben. Das Berufungsgericht (ZUM 2011, 252) hat die Klage abgewiesen, weil die Beklagte keine zumutbaren Prüfungspflichten für die Inhalte der bei ihr abgelegten Dateien verletzt habe. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt:

(Verhandlungstermin: 19. Oktober 2011= EuGH-Vorlage)

I ZR 206/10 (rotes Stofffähnchen an Jeans-Hosen)

LG Hamburg – Urteil vom 22. Juni 2004 – 312 O 482/03

OLG Hamburg – Urteil vom 18. November 2010 – 3 U 130/04

Die Klägerin, die Levi Strauss & Co., ist die älteste Jeans-Herstellerin der Welt. Sie ist Inhaberin verschiedener nationaler und internationaler Marken, u.a. der für Hosen eingetragenen Gemeinschaftsbildmarke Nr. 2 292 373, die nach der Beschreibung im Register eine Positionsmarke ist und aus einem roten rechteckigen Label aus textilem Material besteht, das oben links in die Gesäßtasche von Hosen, Shorts oder Röcken eingenäht ist und aus der Naht hervorsteht:

.

Die Beklagte betreibt einen Einzelhandel mit Oberbekleidung. Sie brachte seit November 2001 Jeanshosen auf den Markt, die an der rechten Gesäßtasche mit roten, rechteckigen Stofffähnchen versehen sind, die an der rechten Außennaht im oberen Drittel der Tasche angenäht sind. Die Klägerin betrachtet dies als Verletzung ihrer Marken.

Das Landgericht hat der u.a. auf Unterlassung gerichteten Klage stattgegeben. Die dagegen eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht mit Urteil vom 2. Februar 2006 zurückgewiesen (OLG Hamburg, OLGR 2007, 372). Der Senat hat dieses Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Urteil vom 5. November 2008 – I ZR 39/06, GRUR 2009, 766 = WRP 2009, 821 – Stofffähnchen). Das Berufungsgericht hat die Berufung daraufhin erneut zurückgewiesen und ausgeführt, dass der (einzige) Unterschied, wonach das Fähnchen bei der Marke der Klägerin an der Gesäßtasche links und bei den Kennzeichen der Beklagten an der Gesäßtasche rechts angebracht sei, der Verwechslungsgefahr nicht entgegenstehe. Denn der Verbraucher, der die Waren nicht nebeneinander sehe, werde sich in seiner Erinnerung über die Position des Fähnchens rechts oder links nicht sicher sein. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Der BGH hat durch Beschluss vom 24. November 2011 folgenden Tenor für die EuGH-Vorlage verkündet:

1. Das Verfahren wird ausgesetzt.

I. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Art. 15 Abs. 1 der Verordnung (EG) 40/1994 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. EG Nr. L 11 vom 14. Januar 1994, S. 1) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

II. Ist Art. 15 Abs. 1 der Verordnung (EG) 40/94 dahin auszulegen,

1. dass eine Marke, die Teil einer zusammengesetzten Marke ist und nur infolge der Benutzung der zusammengesetzten Marke Unterscheidungskraft erlangt hat, rechtserhaltend benutzt sein kann, wenn nur die zusammengesetzte Marke Verwendung findet;

2. dass eine Marke rechtserhaltend benutzt wird, wenn sie nur zusammen mit einer weiteren Marke verwendet wird, das Publikum in den zwei Marken selbständige Kennzeichen sieht und beide Marken zusammen zusätzlich als Marke eingetragen sind?

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

(Verkündungstermin: 7. Juli 2011 = Verfahren wurde ausgesetzt)

(Verhandlungstermin: 17. März 2011)

I ZR 89/09 – Wettbewerbsrecht

LG Wiesbaden – 11 O 56/06 – Urteil vom 28. März 2007

OLG Frankfurt – 6 U 93/07 – Urteil vom 4. Juni 2009

siehe auch:

(Verkündungstermin: 28. September 2011)

(Verkündungstermin: 7. Juli 2011)

(Verhandlungstermin: 17. März 2011)

I ZR 189/08 – Wettbewerbsrecht

LG München I– 4 HK O 11552/06 – Urteil vom 16. Dezember 2007

OLG München – 29 U 1669/08 – Urteil vom 16. Oktober 2008

I ZR 92/09 – Wettbewerbsrecht

LG Wiesbaden – 13 O 119/06 – Urteil vom 29. November.2007

OLG Frankfurt am Main – 6 U 261/06 – Urteil vom 4. Juni 2009

I ZR 30/10 – Wettbewerbsrecht

LG Bremen – 12 O 379/06 – Urteil vom 20. Dezember 2007

OLG Bremen – 2 U 4/08 – Urteil vom 29.Januar 2010

I ZR 43/10 – Wettbewerbsrecht

LG Bremen – 12 O 333/07 – Urteil vom 31. Juli 2008

OLG Bremen – 2 U 96/08 – Urteil vom 12. Februar 2010

I ZR 93/10 – Wettbewerbsrecht

LG Köln – 31 O 599/08 – Urteil vom 9. Juli 2009

OLG Köln – 6 U 142/09 – Urteil vom 12. Mai 2010

Der Senat hat erneut über die Frage der Wettbewerbswidrigkeit des privaten Angebots von Sportwetten und anderen Wetten (Kasinospielen) im Internet zu befinden. Im Kern der Rechtsstreitigkeiten stehen nunmehr sowohl das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns von öffentlichen Glücksspielen als auch das Werbeverbot für öffentliches Glücksspiel unter der Geltung des am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrags. Die von den klagenden Lottogesellschaften auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommenen in- und ausländischen Wettunternehmen präsentierten und bewarben ihr Sportwettenangebot unter ihrem jeweiligen Domainnamen im Internet, welches von Spielern jedenfalls in Deutschland angenommen werden konnte. Ihnen wird jeweils ein Verstoß gegen Vorschriften des Strafgesetzbuchs und des Glücksspielstaatsvertrags vorgeworfen (§ 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 284, 287 StGB und § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 3 und 4 GlüStV).

Die Instanzgerichte haben unterschiedlich erkannt: Überwiegend haben die Landgerichte und die Berufungsgerichte (OLG Köln, ZfWG 2010, 359; OLG Bremen, ZfWG 2010, 105) den Klagen – teils allerdings nur zweitinstanzlich – vollumfänglich oder im Wesentlichen wegen eines solchen Rechtsverstoßes stattgegeben (OLG Frankfurt am Main, ZfWG 2009, 268; OLG Frankfurt am Main, MMR 2009, 577). Hingegen haben das Landgericht München I und das Oberlandesgericht München die Klage vollumfänglich abgewiesen (I ZR 189/08).

Die Berufungsgerichte - mit Ausnahme des Oberlandesgerichts München (Revision wurde durch den Bundesgerichtshof zugelassen) - haben die Revision zugelassen. Der Bundesgerichtshof wird zu entscheiden haben, ob die Beurteilung der Berufungsgerichte zutreffend ist. Dabei wird er insbesondere darüber zu befinden haben, inwieweit die in Rede stehenden privaten Wettangebote und ihr Bewerben im Internet wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften des Glücksspielsstaatsvertrags unlauter sind und ob mögliche Verbote mit der höherrangigen unionsrechtlichen Dienst- und Niederlassungsfreiheit (Art. 49 und 56 AEUV) im Einklang stehen.

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

(Verhandlungstermin: 30. November 2011 = Verfahren wurde unterbrochen)

I ZR 224/10 (Rückgewinnung von Stromkunden)

LG Aachen – Urteil vom 31. März 2010 – 42 O 70/09

OLG Köln – Urteil vom 19. November 2010 – 6 U 73/10

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Strommarkt. Die Beklagte schrieb Anfang 2009 Kunden an, die von ihr zu der Unternehmensgruppe der Klägerinnen gewechselt waren, um sie für sich zurückzugewinnen. Die Klägerinnen halten dies für wettbewerbswidrig, weil die Beklagte für die Schreiben personenbezogene Daten ihrer früheren Kunden verwendet habe. Sie nehmen die Beklagte u.a. auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Erstattung von Anwaltskosten in Anspruch.

Das Landgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist überwiegend ohne Erfolg geblieben. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist das Verhalten der Beklagten, die Namen und Anschriften ihrer früheren Kunden genutzt habe, weder durch die Vorschriften von § 28 Bundesdatenschutzgesetz in der Anfang 2009 gültigen noch in der aktuellen Fassung erlaubt gewesen. Das Verhalten erweise sich damit als wettbewerbswidrig. Das Berufungsgericht hat die Revision für die Beklagte zugelassen.

Verhandlungstermin: noch nicht terminiert = EuGH-Vorlage

(Verhandlungstermin: 5. Oktober 2010)

(Verkündungstermin: 13. Januar 2011)

I ZR 22/09

LG Regensburg – Urteil vom 13. November 2009 - 1 HKO 2203/08

Die Beklagte vertreibt alkoholische Getränke. Sie bewirbt ihren Kräuterlikör "Gurktaler Alpenkräuter" mit dem Hinweis: "der wohltuende und bekömmliche Kräuterlikör aus den Alpen". Der Likör hat einen Alkoholgehalt von 27%.

Der Kläger ist der Auffassung, bei den Werbeangaben handele es sich um "gesundheitsbezogene Angaben" i. S. von Art. 4 Abs. 3 der Health Claim-VO* und verlangt Unterlassung.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Angaben bezögen sich nicht auf die Gesundheit, sondern auf das allgemeine Wohlbefinden. Solche Aussagen würden von der Health Claim-VO nicht erfasst.

Der BGH hat durch Beschluss vom 13. Januar 2011 folgenden Tenor für die EuGH-Vorlage verkündet:

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl. Nr. L 404 vom 30. Dezember 2006, S. 9), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 116/2010 der Kommission vom 9. Februar 2010 (ABl. Nr. L 37 vom 10. Februar 2010, S. 16), folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Umfasst der Begriff der Gesundheit in der Definition des Ausdrucks "gesundheitsbezogene Angabe" in Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 auch das allgemeine Wohlbefinden?

2. Falls die Frage 1 verneint wird:

Zielt eine Aussage in einer kommerziellen Mitteilung bei der Kennzeichnung oder Aufmachung von oder bei der Werbung für Lebensmittel, die als solche an den Endverbraucher abgegeben werden sollen, zumindest auch auf das gesundheitsbezogene Wohlbefinden oder aber lediglich auf das allgemeine Wohlbefinden ab, wenn sie auf eine der in Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 genannten Funktionen in der in Art. 2 Abs. 2 - 3 - Nr. 5 dieser Verordnung beschriebenen Weise Bezug nimmt?

3. Falls die Frage 1 verneint wird und eine Aussage im in der Frage 2 beschriebenen Sinn zumindest auch auf das ge-sundheitsbezogene Wohlbefinden abzielt:

Entspricht es unter Berücksichtigung der Meinungs- und In-formationsfreiheit gemäß Art. 6 Abs. 3 EUV in Verbindung mit Art. 10 EMRK dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, eine Aussage, wonach ein bestimmtes Getränk mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent den Körper und dessen Funktionen nicht belastet oder beeinträchtigt, in den Verbotsbereich des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 einzubeziehen?

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

(Verhandlungstermin: 14. Oktober 2008 wurde aufgehoben in Hinblick auf VI ZR 53/06; hier erging eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde)

VI ZR 169/08

LG Hamburg - 324 O 868/04 - Entscheidung vom 1. Juli 2005

OLG Hamburg - 7 U 81/05 - Entscheidung vom 31. Januar 2006

Kläger ist Ernst August Prinz von Hannover. Die Beklagte ist ein Presseverlag.

Der beklagte Verlag hat in einer von ihm verlegten Zeitschrift einen Artikel über die Vermietung einer Ferienvilla des Klägers auf einer Insel vor Kenia veröffentlicht, der u. a. mit einer Aufnahme des Klägers und seiner Ehefrau bebildert war. Die Fotografie ist während eines Urlaubsaufenthalts der Abgebildeten aufgenommen und zeigt die Personen auf belebter Straße. Der Kläger begehrt Unterlassung der erneuten Veröffentlichung der beanstandeten Aufnahme.

Das Landgericht hat der Klage im Hinblick auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 24. Juni 2004 stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen, weil nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Schutz der Privatsphäre der Abgebildeten hinter das mit der Pressefreiheit verwirklichte Informationsinteresse der Allgemeinheit zurücktrete, wenn die veröffentlichte Aufnahme die abgebildete Person in der Öffentlichkeit zeige. Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision des Klägers mit Urteil vom 6. März 2007 das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Urteil mit Beschluss vom 16. Juni 2008 aufgehoben und die Sache an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen. Es hat unter Bezugnahme auf seinen Beschluss vom 26. Februar 2008 (1 BvR 1602/07 u. a.) eine nähere Würdigung des Berichts, dem die Aufnahme beigefügt war, im Hinblick auf dessen Informationsgehalt vermisst. Der Bericht über die Vermietung der Villa an Dritte sei mit wertenden Anmerkungen kommentiert, die Anlass für sozialkritische Überlegungen der Leser sein könnten. Das könne Anlass für eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte geben und es grundsätzlich rechtfertigen, den Vermieter des in dem Beitrag behandelten Anwesens im Bild darzustellen.

Der u. a. für Fragen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat wird deshalb erneut zwischen den Rechten des Klägers und der Pressefreiheit der Beklagten abzuwägen haben.

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

(Verhandlungstermin: 12. November 2009 – EuGH-Vorlage – dort noch anhängig)

X ZR 58/07 (früher: Xa ZR 58/07)

Bundespatentgericht – Entscheidung vom 5. Dezember 2006 – 3 Ni 42/04

Der Beklagte ist Inhaber eines am 19. Dezember 1997 angemeldeten und am 29. April 1999 erteilten deutschen Patents, das neurale Vorläuferzellen, Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung zur Therapie von neuralen Defekten betrifft. Der Kläger - Greenpeace e.V. - greift dieses Patent mit der Patentnichtigkeitsklage an, soweit es um Zellen geht, die aus menschlichen embryonalen Stammzellen gewonnen werden.

Nach den Ausführungen in der Patentschrift stellt die Transplantation von Hirnzellen in das Nervensystem eine Erfolg versprechende Methode für die Behandlung zahlreicher neurologischer Erkrankungen dar. Ausgereifte Nervenzellen weisen danach nur eine geringe Regenerationsfähigkeit auf. Deshalb werden überwiegend Transplantate vorwiegend aus dem embryonalen Gehirn gewonnen. Das Patent beschreibt einen Weg, auf dem für die Transplantation geeignete Zellen - so genannte Vorläuferzellen - aus embryonalen Stammzellen gewonnen werden können, und beansprucht Schutz für dieses Verfahren und die Vorläuferzellen.

Der Kläger hat beantragt, das Patent wegen Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten für nichtig zu erklären, soweit die Patentansprüche Vorläuferzellen umfassen, die aus menschlichen embryonalen Stammzellen gewonnen werden. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat unter anderem geltend gemacht, die Patentansprüche seien nicht auf eine Verwendung menschlicher Embryonen gerichtet. Die Möglichkeit, dass in einem dem patentgemäßen Verfahren vorgelagerten Schritt menschliche Embryonen "verbraucht" würden, begründe keinen Verstoß des Patents gegen die öffentliche Ordnung.

Das in erster Instanz zuständige Bundespatentgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben und das Patent für nichtig erklärt, soweit es Zellen umfasst, die aus embryonalen Stammzellen von menschlichen Embryonen gewonnen werden. Im genannten Umfang verstoße der Gebrauch der Erfindung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten. Dies ergebe sich aus § 2 Abs. 2 des Patentgesetzes in der seit dem 28. Februar 2005 geltenden Fassung, aber auch aus der zuvor geltenden Fassung des Patentgesetzes und der für die Auslegung heranzuziehenden Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz biotechnologischer Erfindungen vom 6. Juli 1998 und des deutschen Embryonenschutzgesetztes vom 13. Dezember 1990.

Gegen die Entscheidung des Bundespatentgerichts hat der beklagte Patentinhaber Berufung eingelegt. Für die Entscheidung über dieses Rechtsmittel ist nach dem Patentgesetz der Bundesgerichtshof zuständig.

Das für die Erteilung europäischer Patente zuständige Europäische Patentamt hat in einem ähnlich gelagerten Fall vor kurzem entschieden, dass ein europäisches Patent nach den dafür einschlägigen Vorschriften nicht für Erzeugnisse erteilt werden darf, die im Anmeldezeitpunkt ausschließlich durch ein Verfahren hergestellt werden konnten, das zwangsläufig mit der Zerstörung der menschlichen Embryonen einhergeht, aus denen die Erzeugnisse gewonnen werden, selbst wenn dieses Verfahren nicht Teil der Ansprüche ist (Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts vom 25. November 2008 - G 2/06). Der Bundesgerichtshof wird gegebenenfalls zu entscheiden haben, ob Entsprechendes für die Erteilung deutscher Patente gilt.

Folgender Tenor wurde am 12. November 2009 zur EuGH-Vorlage verkündet:

II. Das Verfahren wird ausgesetzt.

III. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) folgende Rechtsfragen vorgelegt:

1. Was ist unter dem Begriff "menschliche Embryonen" in Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 98/44/EG zu verstehen?

a) Sind alle Entwicklungsstadien menschlichen Lebens von der Befruchtung der Eizelle an umfasst oder müssen zusätzliche Voraussetzungen wie zum Beispiel das Erreichen eines bestimmten Entwicklungsstadiums erfüllt sein?

b) Sind auch folgende Organismen umfasst:

(1) unbefruchtete menschliche Eizellen, in die ein Zellkern aus einer ausgereiften menschlichen Zelle transplantiert worden ist; (2) unbefruchtete menschliche Eizellen, die im Wege der Parthenogenese zur Teilung und Weiterentwicklung angeregt worden sind?

c) Sind auch Stammzellen umfasst, die aus menschlichen Embryonen im Blastozystenstadium gewonnen worden sind?

2. Was ist unter dem Begriff "Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken" zu verstehen? Fällt hierunter jede gewerbliche Verwertung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie, insbesondere auch eine Verwendung zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschung?

3. Ist eine technische Lehre auch dann gemäß Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie von der Patentierung ausgeschlossen, wenn die Verwendung menschlicher Embryonen nicht zu der mit dem Patent beanspruchten technischen Lehre gehört, aber notwendige Voraussetzung für die Anwendung dieser Lehre ist,

a) weil das Patent ein Erzeugnis betrifft, dessen Herstellung die vorhergehende Zerstörung menschlicher Embryonen erfordert,

b) oder weil das Patent ein Verfahren betrifft, für das als Ausgangsmaterial ein solches Erzeugnis benötigt wird?

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

XI ZR 452/11

LG Leipzig - Urteil vom 11. Februar 2011 - 8 O 2799/10

OLG Dresden - Urteil vom 29. September 2011 - 8 U 562/11

(veröffentlicht: WM 2011, 2320)

Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist. Die Beklagte ist eine Sparkasse.

Der Kläger macht die Unwirksamkeit folgender im Preisaushang der Beklagten verwendeten Klausel geltend:

"Sparkassenprivatkredit

Bearbeitungsgebühr (vom ursprünglichen Kreditbetrag)2 %"

Der Kläger ist der Ansicht, die Klausel verstoße gegen § 307 BGB* und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, deren Verwendung gegenüber Privatkunden zu unterlassen. Zur Begründung führt er unter anderem an, die Klausel benachteilige die Kunden der Beklagten unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB, weil die Gewährung eines Darlehens und die damit einhergehende Überprüfung der Bonität des Darlehensnehmers ausschließlich im Eigeninteresse der Bank erfolgten.

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolgreich gewesen. Das Berufungsgericht hat angenommen, die angegriffene Klausel stelle keine der Inhaltskontrolle entzogene Preisabrede über die Darlehensgewährung als von der Beklagten zu erbringender Hauptleistung dar. Vielmehr handele es sich bei der Bearbeitungsgebühr um eine kontrollfähige Preisnebenabrede. Im Regelfall stehe die Pflicht des Kreditnehmers zur Zinszahlung als Hauptleistungspflicht im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Darlehensgewährung durch die Bank. Hingegen werde durch die Kosten der Kreditbearbeitung, wie sie etwa durch die Prüfung der Bonität des Schuldners entstünden, nicht die Gewährung des Darlehens abgegolten. Die Prüfung des Darlehensantrages liege vielmehr allein im wirtschaftlichen Interesse des Kreditinstitutes. Der diesbezügliche Kostenaufwand entstehe nicht laufzeitabhängig durch die Hingabe des Darlehenskapitals, sondern falle in gleicher Weise an, wenn sich das Kreditinstitut als Ergebnis der Prüfung gegen einen Vertragsschluss entscheide. Als Preisnebenabrede benachteilige die Klausel den Darlehensnehmer unangemessen, da sich die Beklagte hierdurch eine Tätigkeit vergüten lasse, die sie von Gesetzes wegen ohne gesondertes Entgelt zu erbringen habe und allein mit dem Ziel vornehme, sich selbst vor unwirtschaftlichen Verträgen zu schützen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. In jüngerer Zeit haben mehrere andere Oberlandesgerichte vergleichbare Entgeltklauseln ebenfalls für unwirksam erachtet (vgl. etwa OLG Bamberg, WM 2010, 2072; OLG Zweibrücken, MDR 2011, 1125; OLG Karlsruhe, WM 2011, 1366; OLG Celle, Beschluss vom 13. Oktober 2011 - 3 W 86/11, juris, unter ausdrücklicher Aufgabe seines in der Entscheidung WM 2010, 355 vertretenen gegenteiligen Standpunktes). Da die Erhebung von Bearbeitungsgebühren für Darlehen im Kreditwesen weit verbreitet ist, kommt der Streitfrage große praktische Bedeutung zu.

* § 307 BGB

Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Termin: noch nicht bestimmt

1 StR 359/11

LG Stuttgart – Urteil vom 10. Februar 2011 – 18 KLs 112 Js 21916/09

Das Landgericht Stuttgart hat den Angeklagten, den Vater des Amokläufers von Winnenden, wie folgt verurteilt: wegen fahrlässiger Tötung in 15 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in 14 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit fahrlässigem Überlassen einer erlaubnispflichtigen Schusswaffe und erlaubnispflichtiger Munition an Nichtberechtigte, jeweils begangen durch Unterlassen, zur Freiheitsstrafe von 1 Jahr 9 Monaten, und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts verübte der damals 17jährige Sohn des Angeklagten am 11. März 2009 einen Amoklauf u. a. in einer Schule, bei dem er fünfzehn Menschen erschoss und weitere vierzehn verletzte. Der Angeklagte habe es in Kenntnis früherer Tötungsphantasien seines Sohnes und trotz dessen andauernd labiler Verfassung mehrfach gestattet, dass sein Sohn Schießübungen absolvierte. Die Tatwaffe und die dazugehörige Munition habe der Sohn aus Beständen des Angeklagten, die dieser nicht ordnungsgemäß im Wohnanwesen der Familie aufbewahrt hatte, an sich gebracht.

Neben materiell-rechtlichen Beanstandungen rügt der Angeklagte mit seiner Revision insbesondere, dass ihn entlastende Beweismittel nicht in die Hauptverhandlung eingeführt worden seien, und dass seinem Verteidiger die Möglichkeit zur konfrontativen Befragung einer Hauptbelastungszeugin nicht eingeräumt wurde. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, die Revision durch Beschluss zu verwerfen.

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