Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 124/2012

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten folgenden Terminhinweis geben:

Verhandlungstermin: 18. September 2012

XI ZR 344/11

LG Frankfurt am Main – Urteil vom 12. März 2010 – 3/15 O 88/09

OLG Frankfurt am Main – Urteil vom 21. Juni 2011 – 5 U 51/10

(veröffentlicht: NZG 2011, 1158)

Der Kläger nimmt den Beklagten aus Prospekthaftung nach dem Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz (VerkProspG) auf Rückabwicklung des Erwerbs von Inhaberschuldverschreibungen einer mittlerweile insolventen Aktiengesellschaft in Anspruch.

Die Wohnungsbau Leipzig-West AG (nachfolgend: WBL) legte in den Jahren 1999 bis 2006 insgesamt 25 Inhaberschuldverschreibungen ohne Börsenzulassung mit einem rechnerischen Gesamtvolumen von 565 Mio. € auf. Dazu gehörte auch die mit dem Prospekt "Ausgewogene Konditionen" beworbene und vom Kläger im April 2005 in Höhe von 5.000 € gezeichnete Anleihe. Der Beklagte, zu dessen Vermögen ein Insolvenzeröffnungsverfahren läuft, war unter der Firma J.S. Immobilienbeteiligungen e.K. zu 73% Mehrheitsaktionär der WBL und auf Grundlage eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages herrschender Unternehmer. Auf Grund von Einzelweisungen des Beklagten erfolgten hohe Zahlungen von der WBL an ihn. Mit seiner Klage begehrt der Kläger im Wesentlichen Rückzahlung des Anlagebetrages nebst Zinsen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hatte Erfolg. Das Berufungsgericht hat sowohl einen Prospektfehler als auch die Prospektverantwortlichkeit des Beklagten bejaht.

Der Prospekt sei in Bezug auf den mit dem Beklagten bestehenden Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag unvollständig im Sinne des § 13 Abs. 1 VerkProspG*, weil er nicht darauf hingewiesen habe, dass der Beklagte dem Vorstand der WBL nachteilige Weisungen habe erteilen können, die nur dem Beklagten oder anderen Konzerngesellschaften nützlich gewesen wären, und weil er verschwiegen habe, dass die Rückzahlung von der unbekannten Vermögenslage des Beklagten abhängig sei. Die Einbeziehung der Folgen des Unternehmensvertrages mit dem Beklagten sei zur Beurteilung der Anlage notwendig, da sich daraus ergebe, dass die Rückzahlung des Anlagebetrages nicht nur vom geschäftlichen Erfolg der WBL, sondern auch von dem des Beklagten abhängig sei. Der Anleger bleibe hier jedoch über die Vermögensverhältnisse und Verwendungsabsichten des beherrschenden Unternehmers im Unklaren, obwohl die Deckung der Rückzahlung auch von dessen Leistungswillen beeinflusst sei. Die hierzu in dem vom Beklagten veranlassten Prospekt enthaltenen allgemeinen Erläuterungen hätten dem Verständnis eines durchschnittlichen und interessierten Anlegers nicht genügt, da die Wirkungen eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages nicht zum Allgemeinwissen gehörten, sondern juristisches oder wirtschaftswissenschaftliches Fachwissen erforderten.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs wird sich erstmals mit der für zahlreiche gleich gelagerte Fälle bedeutsamen, seit dem 1. Januar 1991 in § 13 VerkProspG* kodifizierten und seit dem 1. Juni 2012 inhaltsgleich in § 22 des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) verorteten Prospekthaftung für außerbörslich gehandelte Wertpapiere befassen.

* § 13 VerkProspG (Haftung bei fehlerhaftem Prospekt) [in der vom 1. Juli 2002 bis zum 30. Juni 2005 geltenden Fassung]

  (1) Sind für die Beurteilung der Wertpapiere wesentliche Angaben in einem Verkaufsprospekt unrichtig oder unvollständig, so sind die Vorschriften der §§ 44** bis 47 des Börsengesetzes mit folgender Maßgabe entsprechend anzuwenden: …

** § 44 BörsG (Unrichtiger Börsenprospekt) [in der vom 1. Juli 2002 bis zum 31. Oktober 2007 geltenden Fassung]

  (1) 1Der Erwerber von Wertpapieren, die auf Grund eines Prospekts zum Börsenhandel zugelassen sind, in dem für die Beurteilung der Wertpapiere wesentliche Angaben unrichtig oder unvollständig sind, kann

von denjenigen, die für den Prospekt die Verantwortung übernommen haben und

von denjenigen, von denen der Erlass des Prospekts ausgeht,

als Gesamtschuldnern die Übernahme der Wertpapiere gegen Erstattung des Erwerbspreises, soweit dieser den ersten Ausgabepreis der Wertpapiere nicht überschreitet, und der mit dem Erwerb verbundenen üblichen Kosten verlangen, …

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