Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 113/2012

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten auf folgenden Termin hinweisen:

Verhandlungstermin: 25. September 2012

1 StR 160/12

Landgericht München I – Urteil vom 17.10.2011 – 10 NSV 122 Js 10353/97

Das Verfahren betrifft die Frage der Anordnung nachträglicher Sicherungsverwahrung gegen den sogenannten "Westparkmörder".

Am Abend des 15. Oktober 1993 hat der Verurteilte, ein heute 37-jähriger slowenischer Bauarbeiter, aus Wut über den Ablauf dieses Tages und um Aggressionen abzubauen am Rande des Westparks in München einen zufällig vorbeikommenden, dem Verurteilten unbekannten Architekten mit zwölf wuchtig geführten Messerstichen getötet.

Wegen dieser Tat (Anlasstat) wurde der Verurteilte im November 1997 in Kroatien festgenommen und ausgeliefert. Zuvor war er in Deutschland bereits wegen anderer Taten verurteilt worden und hatte auch Jugendhaft verbüßt. So wurde er u.a. im Januar 1992 wegen Raubes, räuberischer Erpressung und anderer Delikte zu einem Jahr und sechs Monaten Jugendstrafe, ferner mit Urteil des Landgerichts vom 11. Juli 1995 wegen versuchten Totschlags und anderer im Zeitraum zwischen August und Dezember 1993 begangener Gewaltdelikte zu fünf Jahren Jugendstrafe verurteilt.

Mit Urteil des Landgerichts vom 16. Mai 2003 wurde der Verurteilte aufgrund der Anlasstat rechtskräftig wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von zehn Jahren verurteilt. Am 30. Oktober 2009, also vor Ablauf der im Mai 2010 endenden Haftzeit, hat die Staatsanwaltschaft beantragt, gegen den Verurteilten die nachträgliche Sicherungsverwahrung gemäß § 7 Abs. 2 JGG* anzuordnen.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 17. Oktober 2011 den Antrag auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung abgelehnt. Das durch drei Sachverständige beratene Landgericht hat zwar eine psychische Störung beim Verurteilten bejaht, ebenso wie eine als hochgradig einzuschätzende Gefahr der Begehung schwerster Gewalttaten, diese hänge jedoch von bestimmten, ungünstigen Faktoren ab, die nicht mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit angenommen werden könnten.

Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer zuungunsten des Angeklagten eingelegten Revision, über die der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes zu entscheiden haben wird. Die Staatsanwaltschaft rügt zum einen die Ablehnung eines Befangenheitsantrags gegen die drei Berufsrichter des erkennenden Gerichts. Zum anderen macht sie eine Verletzung materiellen Rechts geltend, die sie darin erblickt, dass die Strafkammer einen unzutreffenden Prüfungsmaßstab angelegt habe.

* § 7 JGG Maßregeln der Besserung und Sicherung

(1) Als Maßregeln der Besserung und Sicherung im Sinne des allgemeinen Strafrechts können die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt, die Führungsaufsicht oder die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden (§ 61 Nr. 1, 2, 4 und 5 des Strafgesetzbuches).

(2) Sind nach einer Verurteilung zu einer Jugendstrafe von mindestens sieben Jahren wegen oder auch wegen eines Verbrechens

1. gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung oder

2. nach § 251 des Strafgesetzbuches, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255 des Strafgesetzbuches,

durch welches das Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt oder einer solchen Gefahr ausgesetzt worden ist, vor Ende des Vollzugs dieser Jugendstrafe Tatsachen erkennbar, die auf eine erhebliche Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit hinweisen, so kann das Gericht nachträglich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung anordnen, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung während des Vollzugs der Jugendstrafe ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der vorbezeichneten Art begehen wird.

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