Der Bundesgerichtshof

PRESSEMITTEILUNGEN
 
XML RSS

Dokumentsuche

Datum

Nummer

Suchbegriff

[Icon: Dreieck] Hilfe

 

Kalender

Mo Di Mi Do Fr Sa So
    1 2 3 4 5
6 7 8 9 10 11 12
13 14 15 16 17 18 19
20 21 22 23 24 25 26
27 28 29 30      

Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Monat Juni 2011 » Pressemitteilung Nr. 94/11 vom 1.6.2011

Siehe auch:  Urteil des XI. Zivilsenats vom 20.9.2011 - XI ZR 435/10 -, Urteil des IX. Zivilsenats vom 10.2.2011 - IX ZR 49/10 -, Urteil des XI. Zivilsenats vom 27.9.2011 - XI ZR 178/10 -, Urteil des XI. Zivilsenats vom 20.9.2011 - XI ZR 436/10 -, Urteil des XI. Zivilsenats vom 20.9.2011 - XI ZR 434/10 -, Urteil des XI. Zivilsenats vom 27.9.2011 - XI ZR 182/10 -

vorheriges DokumentDokumentlistenächstes Dokument

Druckansicht

Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 94/2011

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten folgenden Terminhinweis geben:

Verhandlungstermin: 12. Juli 2011

XI ZR 434/10

AG Berlin-Mitte - Urteil vom 18. November 2009 - 17 C 399/09

LG Berlin - Urteil vom 27. Mai 2010 - 51 S 9/10

und

XI ZR 435/10

AG Berlin-Mitte - Urteil vom 2. Dezember 2009 - 11 C 208/09

LG Berlin - Urteil vom 27. Mai 2010 - 51 S 14/10

und

XI ZR 436/10

AG Berlin-Mitte - Urteil vom 11. Dezember 2009 - 15 C 372/09

LG Berlin - Urteil vom 27. Mai 2010 - 51 S 27/10

Bei den zur Verhandlung anstehenden Sachen handelt es sich um Parallelverfahren, in denen die Kläger die beklagte Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandels-unternehmen auf Entschädigung nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz in Anspruch nehmen.

Die Kläger beteiligten sich jeweils in unterschiedlicher Höhe mit einem Anlagebetrag zuzüglich eines Agios an dem Phoenix Managed Account, einer von der Phoenix Kapitaldienst GmbH (im Folgenden: P. GmbH) im eigenen Namen und für gemeinsame Rechnung der Anleger verwalteten Kollektivanlage, deren Gegenstand die Anlage der Kundengelder in Termingeschäften (Futures und Optionen) für gemeinsame Rechnung zu Spekulationszwecken mit Vorrang von Stillhaltergeschäften war. Spätestens seit 1998 legte die P. GmbH nur noch einen geringen Teil der von ihren Kunden vereinnahmten Gelder vertragsgemäß in Termingeschäften an. Ein Großteil der Gelder wurde im Wege eines sogenannten Schneeballsystems für Zahlungen an Altanleger und für die laufenden Geschäfts- und Betriebskosten verwendet. An die Kläger wurden keine Auszahlungen geleistet.

Im März 2005 untersagte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht der P. GmbH den weiteren Geschäftsbetrieb und stellte am 15. März 2005 den Entschädigungsfall fest. Am 1. Juli 2005 wurde über das Vermögen der P. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. In der Folgezeit gewährte die Beklagte den Klägern jeweils eine Teilentschädigung. Unter Abzug des Agios und Berücksichtigung der tatsächlich erzielten Gewinne und Verluste sowie der vertraglich vereinbarten Handels- und Bestandsprovisionen errechnete die Beklagte einen Endstand der Beteiligungen und zog hiervon einen Einbehalt wegen eines möglichen Aussonderungsrechts der Kläger an den auf den (Treuhand-)Konten noch vorhandenen Geldern und den gesetzlichen Selbstbehalt von 10 % ab. Insoweit berief sie sich darauf, dass der Insolvenzverwalter über das Vermögen der P. GmbH zur Frage des Bestehens von Aussonderungsrechten Rechtsgutachten eingeholt und Wirtschaftsprüfer beauftragt hatte, die in ihren Gutachten mit unterschiedlichen Berechnungsmethoden zu unterschiedlichen Ergebnissen kamen.

Mit den im Urkundenprozess erhobenen Klagen begehren die Kläger die Auszahlung des wegen eines möglichen Aussonderungsrechts von der P. GmbH jeweils in Abzug gebrachten Einbehalts. Sie sind der Ansicht, der Einbehalt oder - hilfsweise - die Abzüge für Agio und Bestandsprovisionen seien nicht gerechtfertigt. Die Beklagte hält im Hinblick auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 2011 (IX ZR 49/10, WM 2011, 798) an ihrer Auffassung, den Klägern stehe an den Einzahlungs- und Brokerkonten der P. GmbH ein Aussonderungs- oder Mitaussonderungsrecht zu, nicht mehr fest. Sie meint jedoch, dass die restlichen Entschädigungsansprüche noch nicht fällig seien.

Das Amtsgericht hat die Klagen abgewiesen. Auf die Berufungen der Kläger hat das Landgericht den Klagen in Höhe eines Teilbetrages von 90 %, d.h. unter Abzug des gesetzlichen Selbstbehalts von 10 %, stattgegeben, die weitergehenden Berufungen zurückgewiesen und der Beklagten die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Mit der - vom Berufungsgericht jeweils zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der Urteile des Amtsgerichts. Im Rahmen der Revision wird sich der Senat insbesondere mit der Frage zu befassen haben, ob die restlichen Entschädigungsansprüche der Kläger bereits fällig sind.

Verhandlungstermin: 27. September 2011

Es stehen zwei Sachen zur Verhandlung an, die "Lehman-Zertifikate" zum Gegenstand haben, die im Zuge der Insolvenz der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 weitgehend wertlos geworden sind. Es handelt sich um die ersten Verfahren aus diesem Themenkomplex, die der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zu verhandeln hat, nachdem zwei andere Verhandlungssachen, die für den 12. April 2011 terminiert waren (vgl. Pressemitteilung 022/2011), jeweils nach Revisionsrücknahme durch die beklagte Bank aufgehoben worden sind (vgl. Pressemitteilung 058/2011). Demgegenüber sind in den für den 27. September 2011 anberaumten Verfahren jeweils die Anleger Revisionskläger:

XI ZR 178/10

LG Hamburg - Urteil vom 23. Juni 2009 - 310 O 4/09

Hanseatisches Oberlandesgericht - Urteil vom 23. April 2010 - 13 U 118/09 (Kurzwiedergabe BB 2010, 1098)

Der Kläger nimmt die beklagte Sparkasse auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. in Anspruch.

Im Dezember 2006 investierte der Kläger auf Empfehlung einer Mitarbeiterin der Beklagten einen Betrag in Höhe von 10.000 € in eine "ProtectExpress-Anleihe". Hierbei handelt es sich um eine Inhaberschuldverschreibung der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung sollten abhängig von der Wertentwicklung eines aus 10 Titeln des DAX 30-Index bestehenden "Lehman Brothers Deutschland Dividend Basket" sein, wobei der Anleger im ungünstigsten Fall den angelegten Betrag nach Ablauf von fünf Jahren und sechs Monaten ohne Zinsen zurückerhalten sollte.

Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Mit seiner Klage verlangt der Kläger im Wesentlichen die Rückzahlung des Anlagebetrages zuzüglich des Ausgabeaufschlages in Höhe von insgesamt 10.100 € nebst Zinsen von der beklagten Sparkasse.

Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte Erfolg und führte zur Abweisung der Klage. Das Berufungsgericht hat eine Beratungspflichtverletzung der Beklagten verneint. Die Empfehlung sei insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger wegen des wiederholten Erwerbs risikoreicher Wertpapiere in der Vergangenheit kein unerfahrener Anleger gewesen sei, anlegergerecht gewesen. Zum Kaufzeitpunkt im Dezember 2006 habe auch ohne Weiteres auf die Bonität der Anleihe-Emittentin bzw. der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) vertraut werden können, wie sich aus deren ausgezeichneten Geschäftsergebnissen und Bewertungen der führenden Rating-Agenturen im Jahre 2006 ergebe. Der Kläger sei zudem darauf hingewiesen worden, dass der Anlagebetrag nicht zurückbezahlt werde, wenn "alles zusammenbreche" und Lehman Brothers insolvent werde. Im Hinblick darauf habe es keiner weitergehenden Aufklärung darüber bedurft, dass die Lehman-Zertifikate nicht dem System der (deutschen) Einlagensicherung unterfielen. Eine Beratungspflichtverletzung sei schließlich auch nicht darin zu sehen, dass die Beklagte über ihre beim Verkauf erzielte Gewinnmarge nicht aufgeklärt habe.

Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

und

XI ZR 182/10

LG Hamburg - Urteil vom 1. Juli 2009 - 325 O 22/09

Hanseatisches Oberlandesgericht - Urteil vom 23. April 2010 - 13 U 117/09 (veröffentlicht WM 2010, 1029)

Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. in Anspruch.

Im Oktober 2007 investierte die Klägerin auf Empfehlung eines Mitarbeiters der Beklagten einen Betrag in Höhe von 10.000 € in eine "L. Bull Express Garant Anleihe". Hierbei handelt es sich um eine Inhaberschuldverschreibung der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung sollten abhängig von der Wertentwicklung eines Aktienindex (EuroStoxx 50) sein, wobei der Anleger im ungünstigsten Fall den angelegten Betrag nach Ablauf von fünf Jahren ohne Zinsen zurückerhalten sollte.

Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin im Wesentlichen die Rückzahlung des Anlagebetrages zuzüglich des Ausgabeaufschlages in Höhe von insgesamt 10.100 € nebst Zinsen von der beklagten Sparkasse.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte Erfolg und führte zur Abweisung der Klage. Das Berufungsgericht hat eine Beratungspflichtverletzung der Beklagten verneint. Die Empfehlung sei insbesondere unter Berücksichtigung dessen, dass die Klägerin wegen des Erwerbs einer vergleichbaren Anleihe in der Vergangenheit keine gänzlich unerfahrene Anlegerin mehr gewesen sei, anlegergerecht gewesen. Die Struktur der Anlage selbst habe keine weitergehenden Risikohinweise erfordert, da sich die betreffenden Zertifikate - Bonität der Emittentin vorausgesetzt - aufgrund des vollen Kapitalrückflusses zum Laufzeitende nicht als spekulative Anlage dargestellt hätten. Auf die Bonität der Garantiegeberin habe im Oktober 2007 noch vertraut werden dürfen, wie sich aus den zum Kaufdatum exzellenten Bewertungen der drei führenden Rating-Agenturen ergebe. Ernstzunehmende Hinweise auf ein Insolvenzrisiko eines derart großen Geldinstitutes habe es in den Börseninformationsdiensten und der namhaften Wirtschaftspresse im Herbst 2007 nicht gegeben. Die Klägerin sei zudem darauf hingewiesen worden, dass der Anlagebetrag nicht zurückbezahlt werde, wenn Lehman Brothers insolvent werde. Im Hinblick darauf habe es keiner weitergehenden Aufklärung darüber bedurft, dass die Lehman-Zertifikate nicht dem System der (deutschen) Einlagensicherung unterfielen. Eine Beratungspflichtverletzung sei schließlich auch nicht darin zu sehen, dass die Beklagte über ihre beim Verkauf erzielte Gewinnmarge nicht aufgeklärt habe.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

Druckansicht