Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 17/2011

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten folgende Terminhinweise geben:

Verhandlungstermin: 8. Februar 2011

II ZR 243/09

LG Frankfurt a. M. – 2/20 O 1/04 – Urteil vom 21. Dezember 2006

OLG Frankfurt a. M. – 23 U 18/07 – Urteil vom 25. Februar 2009

und

II ZR 263/09

LG Berlin – 21 O 410/06 – Urteil vom 29. November 2007

KG – 24 U 102/07 – Urteil vom 12. November 2008

In diesen Verfahren geht es um die Frage, in welchem Umfang Anleger von Immobilienfonds in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) tatsächlich haften, wenn eine Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft entsprechend ihrer Beteiligung an der Gesellschaft (quotale Haftung) vereinbart worden ist. Die Fondsanleger werden von Banken aus der quotalen Haftung auf Rückzahlung von an die Fondsgesellschaften ausgereichten Darlehen in Anspruch genommen. Der Bundesgerichtshof wird sich damit zu befassen haben, wie sich die Änderung der Rechtsprechung zur Rechtsnatur der GbR (BGHZ 146, 341 – ARGE Weißes Roß) auswirkt, von welchem Betrag die Quote ermittelt wird, ob das Gesellschaftsvermögen vorrangig verwertet werden muss und wer das Risiko der Insolvenz von Mitgesellschaftern trägt.

Verkündungstermin: 8. Februar 2011

(Verhandlungstermin: 11. Januar 2011)

XI ZR 8/09

LG Berlin - Urteil vom 28. Februar 2007 - 4 O 24/05

KG Berlin - Urteil vom 21. November 2008 - 4 U 59/07

und

XI ZR 53/09

LG Duisburg - Urteil vom 10. November 2006 - 10 O 623/05

OLG Düsseldorf - Urteil vom 30. Januar 2009 - I-17 U 271/06

und

XI ZR 57/09

LG Berlin - Urteil vom 3. Mai 2006 - 4 O 97/05

KG Berlin - Urteil vom 3. Februar 2009 - 4 U 138/06

Bei den ursprünglich 11 verhandelten Sachen handelt es sich um Parallelverfahren, in denen die Kläger die Beklagte - eine Bausparkasse - auf Rückabwicklung kreditfinanzierter Immobilienkäufe (sog. "Schrottimmobilien") in Anspruch nehmen.

Die Fallgestaltungen sind derjenigen vergleichbar, die der Entscheidung des Senats vom 29. Juni 2010 (XI ZR 104/08) zugrunde lag (vgl. Pressemitteilung Nr. 133/2010). Dort hat der Senat ein Berufungsurteil bestätigt, das eine arglistige Täuschung der Anleger über die Höhe der Vertriebsprovisionen durch Angaben im sog. "Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag" bejaht und damit eine Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung angenommen hat. Nach dem bundesweit verwendeten "Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag" soll der Auftrag "durch die in Punkt 4. und 5. der nachfolgenden Aufstellung benannten Firmen zu den dort genannten Gebührensätzen ausgeführt werden". Der Senat hat dieses Formular dahingehend ausgelegt, dass die dort genannten Gebührensätze aus Sicht der Anleger die Gesamtprovisionen angeben, zu denen die jeweiligen Firmen den Auftrag insgesamt ausführen sollen. Fließen an die Firmen tatsächlich höhere Provisionszahlungen, sind die dortigen Angaben daher unrichtig.

In den nun zur Verkündung anstehenden drei Parallelverfahren, bei denen dieser "Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag" ebenfalls zum Einsatz kam, haben die Berufungsgerichte ein vorvertragliches Aufklärungsverschulden der Beklagten hinsichtlich der Höhe der Vertriebsprovisionen verneint. Mit den vom Senat im Hinblick auf die Entscheidung vom 29. Juni 2010 (XI ZR 104/08) zugelassenen Revisionen haben die Kläger ihr auf Schadensersatz gerichtetes Klagebegehren weiterverfolgt.

Verhandlungstermin: 8. Februar 2011

XI ZR 33/10

LG Hanau - Urteil vom 4. August 2008 - 9 O 1501/07

OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 30. Dezember 2009 - 23 U 175/08 (veröffentlicht ZIP 2010, 921)

Die Klägerin - ein mittelständisches Unternehmen - nimmt die beklagte Bank auf den Ausgleich erlittener Verluste im Zusammenhang mit dem Abschluss eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages in Anspruch.

In zwei Beratungsgesprächen am 7. Januar und 15. Februar 2005 empfahl die Beklagte auf Grundlage ihrer Prognose, dass sich die Differenz (Spread) zwischen dem Zwei-Jahres-Zinssatz und dem Zehn-Jahres-Zinssatz künftig voraussichtlich deutlich ausweiten wird, der Klägerin den Abschluss eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages, den die Parteien am 16. Februar 2005 abschlossen. Danach verpflichtete sich die Beklagte, an die Klägerin aus einem Bezugsbetrag von 2.000.000 € für die Laufzeit von fünf Jahren halbjährlich Zinszahlungen in Höhe eines festen Zinssatzes von 3% p.a. zu erbringen, wohingegen sich die Klägerin im Austausch verpflichtete, zu denselben Zeitpunkten aus der Bezugssumme im ersten Jahr Zinsen in Höhe von 1,5% p.a. an die Beklagte zu zahlen und danach einen variablen Zinssatz, der mindestens bei 0,0% liegt und sich abhängig von der Entwicklung des "Spreads" zwischen dem 10- und 2-Jahres-Swap-Mittelsatz auf EURIBOR-Basis (CMS10 - CMS 2) nach der Formel "Zinssatz der Vorperiode + 3 x [Strike - (CMS10 - CMS 2)] berechnet. Die Höhe des "Strike" lag anfänglich bei 1,0% und sank über die Vertragslaufzeit stufenweise auf 0,85%, 0,70% und 0,55% ab. Nach dem am selben Tag zwischen den Parteien geschlossenen Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte wurde die Saldierung der wechselseitigen Zinszahlungen vereinbart, so dass nur die Partei, die zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen den höheren Betrag schuldete, die Differenz zwischen den geschuldeten Beträgen zu zahlen hatte. Eine einseitige Vertragsbeendigung war ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes für beide Parteien erstmals nach dreijähriger Laufzeit und nur gegen Ausgleichszahlung in Höhe des aktuellen Marktwertes des Vertrages möglich. In den beim Beratungsgespräch verwendeten Präsentationsunterlagen hatte die Beklagte die Klägerin hinsichtlich der "Risiken" unter anderem darauf hingewiesen, dass - wenn die Zinsdifferenz stark unter das heutige Niveau absinkt - die Klägerin -, höhere Zinszahlungen zu leisten habe als sie empfange. Da die von ihr zu leistende Zinszahlung in der Höhe nicht begrenzt sei, sei ihr Verlustrisiko somit theoretisch unbegrenzt. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses hatte der CMS Spread Ladder Swap-Vertrag einen negativen Marktwert in Höhe von ca. 4% der Bezugssumme (ca. 80.000 €), worauf die Beklagte die Klägerin nicht hinwies.

Der Vertrag erwies sich für die Klägerin als Verlustgeschäft, weil ab Herbst 2005 die für die Berechnung ihrer Zinszahlungspflicht relevante Zinsdifferenz fortlaufend abnahm. Am 26. Oktober 2006 erklärte sie die Anfechtung des CMS Spread Ladder Swap-Vertrages wegen arglistiger Täuschung, die die Beklagte zurückwies. Letztlich lösten die Parteien den Vertrag am 26. Januar 2007 gegen Zahlung eines Ausgleichsbetrages durch die Klägerin in Höhe des aktuellen negativen Marktwertes von 566.850 € auf.

Die - unter Anrechnung erhaltener Zinszahlungen - im Wesentlichen auf Rückzahlung von 541.074 € nebst Zinsen gerichtete Klage stützt die Klägerin unter anderem darauf, dass der CMS Spread Ladder Swap-Vertrag ihrer Ansicht nach unwirksam sei, weil er wegen der Unausgewogenheit der Chancen und Risiken gegen die guten Sitten verstoße (§ 138 BGB). Zudem ist sie der Auffassung, von der Beklagten über die Gewinnchancen arglistig getäuscht (§ 123 BGB) und zudem fehlerhaft beraten worden zu sein. Die Beklagte habe sie nicht ausreichend über die Risiken der Anlage aufgeklärt und die Empfehlung habe nicht ihrer Risikobereitschaft und ihren Anlagezielen entsprochen. Einen Beratungsfehler sieht die Klägerin überdies darin, dass die Beklagte sie nicht über den zum Abschlusszeitpunkt negativen Marktwert des Vertrages aufgeklärt hat.

Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Den dem Rechtsstreit zu Grunde liegenden CMS Spread Ladder Swap-Vertrag und ähnliche Zinssatz-Swap-Verträge hatte die beklagte Bank im Zeitraum 2005 neben mittelständischen Unternehmen - wie der hiesigen Klägerin - auch kommunalen Einrichtungen als Anlageprodukt empfohlen. In diesem Zusammenhang wird sie auch in einer Reihe weiterer Verfahren auf Verlustausgleich in Anspruch genommen. Die instanzgerichtliche Rechtsprechung ist uneinheitlich. Hinsichtlich zahlreicher weiterer Urteile, von denen einige die Klage ebenfalls abgewiesen haben (OLG Bamberg, WM 2009, 1082 ff.; OLG Frankfurt am Main, WM 2009, 1563 ff.; OLG Celle, WM 2009, 2171 ff.; OLG Frankfurt, WM 2010, 1790 ff.) und andere der Klage stattgegeben haben (OLG Stuttgart, WM 2010, 756 ff., OLG Stuttgart, WM 2010, 2169 ff.), ist im XI. Zivilsenat eine Nichtzulassungsbeschwerde bzw. Revision anhängig.

Verhandlungstermin: 9. Februar 2011

VIII ZR 155/10

AG Hamburg – St. Georg - Urteil vom 5. August 2009 - 919 C 101/09

LG Hamburg - Urteil vom 10. Juni 2010 - 334 S 46/09

Die Beklagte ist seit 1995 Mieterin einer Wohnung in der Ried-Siedlung in Hamburg, die ursprünglich aus zahlreichen Wohneinheiten bestand. Die Klägerin erwarb die Ried-Siedlung inklusive der an die Beklagte vermieteten Wohnung im Jahr 1996. Sie will die Siedlung abreißen und an deren Stelle moderne, öffentlich geförderte Neubauwohnungen errichten. Mit Ausnahme eines Teils der Riedsiedlung, der mit geringen Sanierungsmaßnahmen instand gesetzt wurde und erhalten geblieben ist, hat die Klägerin ihr Ziel auch bereits umgesetzt. Nur der Wohnblock, in dem sich die von der Beklagten bewohnte Wohnung sowie acht weitere, bereits leer stehende Wohneinheiten befinden, wurde bislang nicht abgerissen. Die Klägerin kündigte den Mietvertrag mit der Beklagten gestützt auf § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB* durch Schreiben vom 31. Januar 2008.

Das Amtsgericht hat die Räumungsklage der Klägerin abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Die von der Klägerin mit Schreiben vom 31. Januar 2008 erklärte Kündigung sei wirksam. Dem stehe in formeller Hinsicht nicht entgegen, dass die Klägerin in dem Kündigungsschreiben die bei einer Sanierung des von der Beklagten bewohnten Gebäudes entstehenden Kosten nicht mitgeteilt habe. Die Klägerin habe in dem Schreiben darauf hingewiesen, dass die Wohnungen nach heutigen Maßstäben unzulässig niedrige Raumhöhen aufwiesen, die Belichtung in Folge der Fensterformate mangelhaft sei und die Bausubstanz Schäden durch Setzrisse, Schimmelbildung und Vandalismus aufweise. Zusammen mit der Aufzählung von Baumaßnahmen, die für eine Modernisierung erforderlich wären, stelle dies eine hinreichende Begründung für den Abriss und Neubau dar. Die Kündigung sei auch in der Sache berechtigt, da die Klägerin durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses mit der Beklagten an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert werde und dadurch erhebliche Nachteile erleide. Eine Sanierung stelle keine wirtschaftlich angemessene Alternative dar, weil auch durch eine Sanierung lediglich ein baulicher Zustand geschaffen würde, der mit den heutigen Wohnbedürfnissen nicht in Einklang stünde. Auch mit einer grundlegenden Sanierung werde keine einem Neubau vergleichbare Restnutzungsdauer erreicht.

Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

*§ 573 BGB: Ordentliche Kündigung des Vermieters

  (1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.

  (2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

1. (…)

3. der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.

  (3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind. (…)

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