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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Jahr 2011 » Pressemitteilung Nr. 183/11 vom 16.11.2011

Siehe auch:  Urteil des VIII. Zivilsenats vom 14.3.2012 - VIII ZR 93/11 -, Urteil des VIII. Zivilsenats vom 17.12.2008 - VIII ZR 274/06 -, Urteil des VIII. Zivilsenats vom 14.3.2012 - VIII ZR 113/11 -, Urteil des VIII. Zivilsenats vom 21.12.2011 - VIII ZR 70/08 -, Beschluss des VIII. Zivilsenats vom 17.4.2012 - VIII ZR 113/11 -, Beschluss des VIII. Zivilsenats vom 14.1.2009 - VIII ZR 70/08 -

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Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr.183/2011

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten auf folgende Termine hinweisen:

Verhandlungstermin: 14. Dezember 2011

VIII ZR 6/11

AG Euskirchen - Urteil vom 09. März 2010 - 17 C 840/09

LG Bonn - Urteil vom 08. Dezember 2010 - 5 S 89/10

VIII ZR 15/11

AG Euskirchen - Urteil vom 09. März 2010 - 17 C 1109/09

LG Bonn- Urteil vom 08. Dezember 2010 - 5 S 116/10

VIII ZR 18/11

AG Euskirchen - Urteil vom 09. März 2010 - 17 C 983/09

LG Bonn - Urteil vom 08. Dezember 2010 - 5 S 95/10

VIII ZR 26/11

AG Euskirchen - Urteil vom 23. April 2010 - 17 C 1007/09

LG Bonn - Urteil vom 15. Dezember 2010 - 5 S 158/10

VIII ZR 27/11

AG Euskirchen - Urteil vom 30. März 2010 - 17 C 1088/09

LG Bonn - Urteil vom 15. Dezember 2010 - 5 S 128/10

VIII ZR 28/11

AG Euskirchen - Urteil vom 09. März 2010 - 17 C 851/09

LG Bonn - Urteil vom 15. Dezember 2010 - 5 S 86/10

VIII ZR 60/11

AG Gummersbach - Urteil vom 05. Juli 2010 - 16 C 234/09

LG Köln - Urteil vom 05. Januar 2011 - 9 S 187/10

VIII ZR 113/11

AG Wipperfürth - Urteil vom 12. Januar 2010 – 1 C 251/09

LG Köln - Urteil vom 16. März 2011 – 10 S 66/10

In den zur Verhandlung anstehenden Verfahren verlangen die Kläger von der jeweiligen Beklagten, insgesamt handelt es sich um drei regionale Gasversorgungsunternehmen, aufgrund unwirksamer Gaspreisanpassungen die Rückerstattung geleisteter Zahlungen.

Die Kläger bezogen jeweils aufgrund eines Sonderkundenvertrages Gas von den Beklagten. Die Verträge waren teilweise bereits in den 1980er Jahren geschlossen worden. Die Beklagten erhöhten in der Vergangenheit wiederholt die Arbeitspreise, mit welchen der Gasverbrauch abgerechnet wird, auf der Grundlage einer nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unwirksamen Gaspreisanpassungsklausel (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 2004 – VIII ZR 274/06, Pressemitteilung 234/200, welches die Beklagte in den Verfahren VIII ZR 6/11, 15/11, 18/11, 26/11, 27/11 und 28/11 betrifft). Die Kläger zahlten die geforderten erhöhten Entgelte.

In dem Verfahren VIII ZR 60/11 begehren die Kläger, die den Preiserhöhungen nie widersprochen haben, ausgehend von dem Ende 2005 geltenden Arbeitspreis die Rückzahlung der aufgrund der Preiserhöhungen gezahlten Beträge für die Jahre 2006 bis 2009. Sie berufen sich dabei auf einen im November 2005 in der lokalen Presse erschienenen Artikel, in welchem der damalige Geschäftsführer der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit der Aussage zitiert wurde, dass Kunden, die keine Rechtsmittel eingelegt hätten, keinen Rechtsanspruch verlören und es keinen Unterschied zwischen Kunden, die Vorbehaltszahlungen mitgeteilt hätten, und denjenigen, die dies nicht getan hätten, geben werde.

Auch im Verfahren VIII ZR 28/11 widersprach der Kläger den Preiserhöhungen nie und begehrt unter Zugrundelegung des Ende 2005 geltenden Arbeitspreises Rückzahlung für die Jahre 2006 bis 2009.

Im Verfahren VIII ZR 15/11 widersprach der Kläger im Januar 2006 den Preiserhöhungen und stellte seine Zahlungen unter den Vorbehalt der Rückforderung. Er begehrt nun die Rückzahlung der in den Jahren 2006 bis 2009 gezahlten Erhöhungsbeträge, wobei er seiner Anspruchsberechnung den Ende 2004 geltenden Arbeitspreis zugrunde legt.

In den Verfahren VIII ZR 6/11, 18/11, 26/11 und 27/11 widersprachen die Kläger den Preisanpassungen zu verschiedenen Zeitpunkten und stellten fortan ihre Zahlungen unter den Vorbehalt der Rückforderung. Ihren für unterschiedliche Zeiträume geltend gemachten Rückforderungsansprüchen legen sie dabei die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Arbeitspreise zugrunde.

Im Verfahren VIII ZR 113/11 widersprach der Kläger den Preiserhöhungen nie, er wechselte im Oktober 2008 zu einem anderen Gasanbieter. Erstmals im Februar 2009 wandte er sich gegen die Preiserhöhungen und begehrte die Rückzahlung der Erhöhungsbeträge auf der Basis des bei Vertragsschluss im Jahre 1981 geltenden Arbeitspreises.

Die Klagen haben in der Berufungsinstanz überwiegend Erfolg gehabt. Die Berufungsgerichte haben zur Begründung ihrer Entscheidungen, soweit für die Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt: Den Klägern stehe der geltend gemachte Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB*) zu, denn die Zahlungen auf die Erhöhungen des Arbeitspreises seien mangels Preisanpassungsrechts der Beklagten ohne Rechtsgrund erfolgt. Weder sei es durch die widerspruchslose Hinnahme der Preiserhöhungen und der darauf basierenden Jahresabrechnungen zu einer konkludenten Vereinbarung eines neuen Preises gekommen noch ergebe sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung ein Preisanpassungsrecht der jeweiligen Beklagten. Die Beklagten könnten sich auch nicht auf eine Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB** berufen. Der Rückzahlungsanspruch sei zudem nicht verwirkt.

Mit den von den Berufungsgerichten zugelassenen Revisionen verfolgen die Beklagten ihre Klageabweisungsanträge weiter.

* § 812 BGB: Herausgabeanspruch

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. …

** § 818 BGB: Umfang des Bereicherungsanspruchs

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

Verhandlungstermin: 14. Dezember 2011

VIII ZR 93/11

AG Hamburg-Bergedorf - Urteil vom 25. Mai 2010 – 410A C 205/09

LG Hamburg - Urteil vom 18. Februar 2011 - 320 S 129/10

In diesem Verfahren verlangt die Klägerin, ein Gasversorgungsunternehmen, von dem Beklagten, einem ehemaligen Sonderkunden, die Zahlung restlichen Entgelts für Gaslieferungen im Zeitraum vom 20. Januar 2004 bis zum 1. Februar 2008. Die Klägerin erhöhte mehrfach den Arbeitspreis. Der Beklagte erbrachte bis Mitte 2005 die geforderten Abschlagszahlungen und wandte sich auch nicht gegen die Jahresabrechnungen. Im Juli 2005 erhob er erstmalig schriftlich Widerspruch und berief sich auf die Unwirksamkeit von Preiserhöhungen. Danach behielt er erhebliche Rechnungsbeträge ein.

Die Klage hatte in der Berufungsinstanz keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung unter anderem ausgeführt: Der Klägerin stehe für den streitgegenständlichen Zeitraum kein weiterer Zahlungsanspruch für das gelieferte Gas aus § 433 Abs. 2 BGB* zu. Denn die von der Klägerin vorgenommenen Preiserhöhungen seien nicht wirksam gewesen, da die im Jahre 1998 bei Vertragsschluss vereinbarte Preisanpassungsklausel unwirksam sei. Zwischen den Parteien gelte somit der im Jahr 1998 vereinbarte Preis als Festpreis. Der von dem Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum gezahlte Betrag liege oberhalb dieses Preises, so dass die Klägerin keine weitere Zahlung verlangen könne.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.

* § 433 BGB: Vertragstypische Pflichten beim Kaufvertrag

...

(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.

Verhandlungstermin: 21. Dezember 2011

VIII ZR 70/08

LG Kassel - Urteil vom 24. November 2006 – 4 O 1248/06

OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 14. Februar 2008 – 15 U 5/07

(veröffentlicht in ZGS 2008, 315)

BGH, Beschluss vom 14. Januar 2009 – VIII ZR 70/08

(veröffentlicht unter anderem in NJW 2009, 1660)

EuGH, Urteil vom 16. Juni 2011, Rs. C-65/09 und C-87/09 – Gebr. Weber GmbH/Jürgen Wittmer und Ingrid Putz/Medianess Electronics GmbH

(veröffentlicht unter anderem in NJW 2011, 2269)

Der Kläger erwarb bei der Beklagten, die einen Baustoffhandel betreibt, Bodenfliesen zum Preis von 1.191,61 € netto. Nachdem er die Fliesen in seinem Wohnhaus hatte verlegen lassen, zeigten sich Mängel, deren Beseitigung nicht möglich ist. Der Kläger hat deswegen von der Beklagten die Lieferung neuer Fliesen sowie die Zahlung der Ein- und Ausbaukosten in Höhe von 5.830,57 € begehrt.

Das Landgericht hat der Klage aus dem – vom Kläger nicht geltend gemachten – Gesichtspunkt der Minderung in Höhe von 273,10 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Beklagte zur Lieferung neuer Fliesen und zur Zahlung der Ausbaukosten in Höhe von 2.122,37 € verurteilt. Gegen die Verurteilung zur Zahlung der Ausbaukosten wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das Verfahren mit Beschluss vom 14. Januar 2009 ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (jetzt: Gerichtshof der Europäischen Union) zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Zum einen sollte geklärt werden, ob eine nationale Vorschrift wie § 439 Abs. 3 BGB*, die es dem Verkäufer einer mangelhaften Kaufsache erlaubt, die vom Käufer gewählte Form der Nacherfüllung (vgl. § 439 Abs. 1 BGB*) zu verweigern, wenn sie ihm Kosten verursachen würde, die verglichen mit dem Wert der mangelfreien Sache und der Bedeutung der Vertragswidrigkeit (absolut) unverhältnismäßig wären, mit der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufes und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. Nr. L 171, S. 12; Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) in Einklang steht. Zum anderen sollte klargestellt werden, ob Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie dahingehend auszulegen ist, dass der Verkäufer im Falle einer Ersatzlieferung die Kosten des Ausbaus des mangelhaften Verbrauchsguts aus einer Sache, in die es der Verbraucher gemäß dessen Art und Verwendungszweck einbaut hat, tragen muss (Mitteilung der Pressestelle Nr. 8/2009).

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat hierüber durch Urteil vom 16. Juni 2011 entschieden und die vorgelegten Fragen wie folgt beantwortet:

"Art. 3 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter ist dahin auszulegen, dass, wenn der vertragsgemäße Zustand eines vertragswidrigen Verbrauchsguts, das vor Auftreten des Mangels vom Verbraucher gutgläubig gemäß seiner Art und seinem Verwendungszweck eingebaut wurde, durch Ersatzlieferung hergestellt wird, der Verkäufer verpflichtet ist, entweder selbst den Ausbau dieses Verbrauchsgutes aus der Sache, in die es eingebaut wurde, vorzunehmen und das als Ersatz gelieferte Verbrauchsgut in diese Sache einzubauen, oder die Kosten zu tragen, die für diesen Ausbau und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts notwendig sind. Diese Verpflichtung des Verkäufers besteht unabhängig davon, ob er sich im Kaufvertrag verpflichtet hatte, das ursprünglich gekaufte Verbrauchsgut einzubauen.

Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44 ist dahin auszulegen, dass er ausschließt, dass eine nationale gesetzliche Regelung dem Verkäufer das Recht gewährt, die Ersatzlieferung für ein vertragswidriges Verbrauchsgut als einzig mögliche Art der Abhilfe zu verweigern, weil sie ihm wegen der Verpflichtung, den Ausbau dieses Verbrauchsguts aus der Sache, in die es eingebaut wurde, und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts in diese Sache vorzunehmen, Kosten verursachen würde, die verglichen mit dem Wert, den das Verbrauchsgut hätte, wenn es vertragsgemäß wäre, und der Bedeutung der Vertragswidrigkeit unverhältnismäßig wären. Art. 3 Abs. 3 schließt jedoch nicht aus, dass der Anspruch des Verbrauchers auf Erstattung der Kosten für den Ausbau des mangelhaften Verbrauchsguts und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts in einem solchen Fall auf die Übernahme eines angemessenen Betrags durch den Verkäufer beschränkt wird."

Der VIII. Zivilsenat hat nunmehr in Fortsetzung des Verfahrens über die Revision der Beklagten zu entscheiden.

* § 439 BGB: Nacherfüllung

  (1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

  (3) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.

  (4) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen.

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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