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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Jahr 2011 » Pressemitteilung Nr. 187/11 vom 29.11.2011

Siehe auch:  Beschluss des Kartellsenats vom 6.12.2011 - KVR 95/10 -

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Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 187/2011

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten folgenden Terminhinweis geben:

Verhandlungstermin: 6. Dezember 2011

KVR 95/10

OLG Düsseldorf - Beschluss vom 4. August 2010 – VI-2 Kart 6/09 (V)

(WuW/E DE-R 3000-3016)

Untersagung des Bundeskartellamts für den Erwerb von Tankstellen durch das Mineralölunternehmen TOTAL vor dem Bundesgerichtshof

Am 5. Dezember 2008 hat die Total Deutschland GmbH (nachfolgend: Total) das Vorhaben angemeldet, von der OMV Deutschland GmbH (nachfolgend: OMV) 59 Tankstellenbetriebe in Sachsen und Thüringen zu erwerben.

Total, eine Konzerngesellschaft der Total S.A., Paris, ist im Inland auf verschiedenen Stufen der Produktion und des Vertriebs von Mineralöl tätig. Mit mehr als 1.000 Service-Stationen betreibt Total nach eigenen Angaben das viertgrößte Tankstellen-netz in Deutschland. Seit im Jahr 2000 die französischen Konzerne Totalfina und Elf Aquitaine miteinander fusionierten, sind auch deren deutsche Mineralöl-Tochter-gesellschaften (insb. Total-Fina und Elf-Minol) sowie die Raffinerie in Leuna unter dem Dach der Total zusammengefasst. Da das von Total übernommene ehemalige Kombinat Minol über die gesamte Tanklagerkapazität der ehemaligen DDR verfügte, liegt auch heute noch der Schwerpunkt der inländischen Aktivitäten von Total im Gebiet der neuen Bundesländer. OMV, eine Konzerngesellschaft der OMV Aktien-gesellschaft, Wien, ist insbesondere in Süd- und Ostdeutschland tätig und betreibt neben einem Tankstellennetz auch eine Raffinerie in Bayern.

Mit Beschluss vom 29. April 2009 (B 8 – 175/08) hat das Bundeskartellamt das Zusammenschlussvorhaben nach § 36 Abs. 1 GWB untersagt, weil auf den Regionalmärkten Chemnitz, Dresden, Erfurt und Leipzig schon jetzt ein marktbeherr-schendes Oligopol bestehe, das von den Mineralölgesellschaften Shell, Aral/BP, ConocoPhillips (Jet), ExxonMobil/Esso und Total gebildet werde. Bei dem Erwerb weiterer 59 Tankstellen durch Total sei damit zu rechnen, dass sich die marktbeherr-schende Stellung des Oligopols weiter verfestige und verstärke.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat den Beschluss auf Beschwerde von Total und OMV aufgehoben. Die Beschwerdeführerinnen hätten nachgewiesen, dass die Wettbewerbsbedingungen zwischen ihnen wesentlichen Wettbewerb erwarten ließen und dass sie im Verhältnis zu den übrigen Wettbewerbern keine überragende Marktstellung hätten.

Dagegen wendet sich das Bundeskartellamt mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde. Im Laufe des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat OMV die fraglichen Tankstellenbetriebe an eine andere Mineralölgesellschaft verkauft. Gleichwohl möchten das Bundeskartellamt und Total vom Bundesgerichts-hof klären lassen, ob das Zusammenschlussvorhaben zu Recht untersagt wurde. Total sieht sich durch den Standpunkt des Amtes, sie sei an einem marktbeherr-schenden Oligopol beteiligt, beim künftigen Erwerb von Tankstellenbetrieben behindert, weil erneut mit einer Untersagung zu rechnen sei.

Im Rahmen einer Sektoruntersuchung, deren Ergebnisse im Mai 2011 veröffentlicht wurden, hat das Bundeskartellamt den Wettbewerb auf den Tankstellenmärkten untersucht. Es sieht sich hierdurch in seiner Ansicht bestärkt, dass Aral/BP, ConocoPhilipps (Jet), ExxonMobil (Esso), Shell und Total ein marktbeherrschendes Oligopol auf regionalen Tankstellenmärkten bilden. Dieses wettbewerbslose Oligopol begünstige einheitliches Preissetzungsverhalten und mache verbotene Preisabsprachen entbehrlich (http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Stellungnahmen/2011-05-26_Abschlussbericht_SU_Kraftstoffe_Zusammenfassung.pdf).

§ 36 Abs. 1 GWB lautet:

Ein Zusammenschluss, von dem zu erwarten ist, dass er eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt, ist vom Bundeskartellamt zu untersagen, es sei denn, die beteiligten Unternehmen weisen nach, dass durch den Zusammenschluss auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen eintreten und dass diese Verbesserungen die Nachteile der Marktbeherrschung überwiegen.

§ 19 Abs. 2 und 3 GWB lauten:

(2) Ein Unternehmen ist marktbeherrschend, soweit es als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt

1.ohne Wettbewerber ist oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder

2.eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat; hierbei sind insbesondere sein Marktanteil, seine Finanzkraft, sein Zugang zu den Beschaffungs- oder Absatzmärkten, Verflechtungen mit anderen Unternehmen, rechtliche oder tatsächliche Schranken für den Marktzutritt anderer Unternehmen, der tatsächliche oder potentielle Wettbewerb durch innerhalb oder außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ansässige Unternehmen, die Fähigkeit, sein Angebot oder seine Nachfrage auf andere Waren oder gewerbliche Leistungen umzustellen, sowie die Möglichkeit der Marktgegenseite, auf andere Unternehmen auszuweichen, zu berücksichtigen.

Zwei oder mehr Unternehmen sind marktbeherrschend, soweit zwischen ihnen für eine bestimmte Art von Waren oder gewerblichen Leistungen ein wesentlicher Wettbewerb nicht besteht und soweit sie in ihrer Gesamtheit die Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllen. Der räumlich relevante Markt im Sinne dieses Gesetzes kann weiter sein als der Geltungsbereich dieses Gesetzes.

(3) Es wird vermutet, dass ein Unternehmen marktbeherrschend ist, wenn es einen Marktanteil von mindestens einem Drittel hat. Eine Gesamtheit von Unternehmen gilt als marktbeherrschend, wenn sie

1.aus drei oder weniger Unternehmen besteht, die zusammen einen Marktanteil von 50 vom Hundert erreichen, oder

2.aus fünf oder weniger Unternehmen besteht, die zusammen einen Marktanteil von zwei Dritteln erreichen,

es sei denn, die Unternehmen weisen nach, dass die Wettbewerbsbedingungen zwischen ihnen wesentlichen Wettbewerb erwarten lassen oder die Gesamtheit der Unternehmen im Verhältnis zu den übrigen Wettbewerbern keine überragende Marktstellung hat.

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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