Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 105/2011

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten folgende Terminhinweise geben:

Verhandlungstermin: 29. Juni 2011

VIII ZR 349/10

LG Stuttgart - Urteil vom 31. März 2010 - 18 O 483/09

OLG Stuttgart - Urteil vom 5. August 2010 - 7 U 82/10

(veröffentlicht in ZWE 2010, 425)

Die Beklagten waren Mieter einer in einer Wohnanlage gelegenen Wohnung, die im Eigentum eines Mitglieds einer Wohnungseigentümergemeinschaft steht. Bei ihrem Auszug Ende Juni 2008 benutzten die Beklagten zum Transport von Möbeln den im Gemeinschaftseigentum stehenden Fahrstuhl, der innen mit Edelstahlpaneelen verkleidet ist. Der Kläger begehrt aus abgetretenem Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft von den Beklagten Schadensersatz wegen der dabei angeblich erfolgten Beschädigung von sechs Paneelen. Er hat im Dezember 2009 Klage auf Zahlung von 6.733,54 € erhoben. Die Beklagten haben sich auf Verjährung berufen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Es könne dahinstehen, ob die Beklagten die Edelstahlpaneele beschädigt hätten, da ein möglicher Schadensersatzanspruch gemäß § 548 Abs. 1 BGB* nach Ablauf der dort genannten sechsmonatigen Frist verjährt sei. Die aus dem Mietrecht stammende Vorschrift des § 548 Abs. 1 BGB* sei auch auf einen Schadensersatzanspruch einer Wohnungseigentümergemeinschaft wegen der Beschädigung von Gemeinschaftseigentum durch einen Mieter anwendbar, obwohl die Gemeinschaft nicht selbst Vermieterin der Wohnung sei. Dies rechtfertige sich daraus, dass der Wohnungseigentümer gesetzlich zur Vermietung seines Sondereigentums berechtigt sei und die Vermietung des Sondereigentums nicht ohne Einräumung des Rechts zur Mitbenutzung der Gemeinschaftseinrichtungen erfolgen könne. Voraussetzung der Anwendung von § 548 Abs. 1 BGB* sei insofern nur, dass der eingetretene Schaden einen hinreichenden Bezug zum Mietobjekt habe, was bei der Beschädigung eines in der Wohnanlage befindlichen Fahrstuhls der Fall sei. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

*§ 548 BGB: Verjährung der Ersatzansprüche und des Wegnahmerechts

(1) Die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache verjähren in sechs Monaten. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhält. Mit der Verjährung des Anspruchs des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache verjähren auch seine Ersatzansprüche.

(2) …

Verhandlungstermin: 6. Juli 2011

VIII ZR 317/10

AG München - Urteil vom 7. Juli 2009 – 411 C 4159/09

LG München I - Urteil vom 24. November 2010 – 14 S 15600/09

Die Beklagte ist Mieterin einer Einzimmerwohnung der Kläger in München. Mit Schreiben vom 29. April 2008 kündigten die Kläger das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs der Klägerin zu 2 zum 31. Januar 2009. In dem Kündigungsschreiben ist ausgeführt, dass die Klägerin zu 2 nach Beendigung eines Auslandsstudienjahrs in Neuseeland ihr Studium in München fortsetzen und einen eigenen Hausstand begründen wolle. In ihr ehemaliges Kinderzimmer in der elterlichen Wohnung könne sie nicht zurück, weil dies inzwischen von ihrer Schwester genutzt werde.

Das Amtsgericht hat der Räumungsklage der Kläger stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Räumungsklage sei unbegründet, weil die von den Klägern mit Schreiben vom 29. April 2008 ausgesprochene Kündigung wegen Eigenbedarfs aus formellen Gründen unwirksam sei. Die Kläger hätten entgegen § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB* die Gründe für die Kündigung nicht ausreichend dargestellt, weil sie keine konkreten Angaben zur derzeitigen Wohnsituation der Klägerin zu 2 gemacht hätten. Mit dem Hinweis auf das Kinderzimmer sei die Wohnsituation nicht beschrieben, weil die Klägerin zu 2 dort vor ihrem Auslandsaufenthalt gar nicht mehr gewohnt habe. Nach ihren eigenen Angaben im Prozess habe die Klägerin zu 2 einen Teil der Zimmer einer zu sanierenden Drei-Zimmer-Wohnung in dem zum Wohnhaus der Eltern benachbarten Haus bewohnt. Diese die Verteidigungsmöglichkeiten der Beklagten beeinflussenden Umstände hätten im Kündigungsschreiben dargelegt werden müssen. Ob die Beklagte die bisherige Wohnsituation der Klägerin zu 2 gekannt habe, sei nicht entscheidend, denn auch in diesem Fall hätten die Umstände im Kündigungsschreiben selbst aufgeführt werden müssen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Räumungsbegehren weiter.

*§ 573 BGB: Ordentliche Kündigung des Vermieters

  (1)Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. (…)

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

1.(…),

2.der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder

3.(…)

(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind.

Verhandlungstermin: 6. Juli 2011

VIII ZR 293/10

AG Rüsselsheim - Urteil vom 12. März 2010 – 3 C 1537/09

LG Darmstadt - Urteil vom 3. November 2010 – 7 S 60/10

Der Kläger erwarb im Februar 2005 einen am 30. Juni 2004 erstmals zugelassen und bis dahin als Vorführwagen gelaufenen PKW Saab 9.5. Er nimmt die beklagte Fahrzeugherstellerin aus einer ihm bei Erwerb des Fahrzeugs ausgehändigten Urkunde über eine "Saab-Protection"-Garantie in Anspruch. In den formularmäßig gestalteten Garantiebedingungen heißt es unter anderem:

"2. Allgemeines

Saab garantiert bei Material- oder Herstellungsfehlern die kostenlose Reparatur oder den kostenlosen Ersatz des betreffenden Teils bei jedem Saab-Vertragshändler. Die Garantie ist an das in diesem Dokument beschriebene Fahrzeug gebunden und geht beim Weiterverkauf des Fahrzeugs auf den nächsten Erwerber über. ...

4. Garantie-Dauer

Die vorliegende Garantie beginnt mit Ablauf der zweijährigen Herstellergarantie. Sie hat eine Laufzeit von einem Jahr, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Herstellergarantie. ...

6. Garantievoraussetzungen

Garantieansprüche können nur bei einem Saab-Vertragshändler unter folgenden Bedingungen geltend gemacht werden:

-Das Fahrzeug muss gemäß den im Serviceheft beschriebenen Vorschriften bei einem Saab-Vertragshändler unter ausschließlicher Verwendung von Saab Originalteilen gewartet worden sein.

-Die ordnungsgemäße Wartung muss im Serviceheft bestätigt sein.

-Das Nachweisdokument ist bei der Schadensmeldung vorzulegen."

In dem Serviceheft ist bestimmt, dass das Fahrzeug jährlich oder nach einer Fahrleistung von jeweils 20.000 km einer Wartung zu unterziehen ist. Am 27. Dezember 2006 trat bei einer Laufleistung von 69.580 km ein Defekt an der Dieseleinspritzpumpe auf, für dessen Reparatur dem Kläger vom Saab-Zentrum 3.138,23 € in Rechnung gestellt wurden. Anlässlich der Reparatur ließ der Kläger auch die zuvor unterbliebene 60.000 km-Inspektion nachholen. Ob die verspätet durchgeführte Inspektion für den eingetretenen Defekt ursächlich war, ist streitig. Die Beklagte hat, gestützt auf die nicht rechtzeitig durchgeführte Inspektion, ihre Eintrittspflicht verneint.

Mit seiner Klage hat der Kläger von der Beklagten die Freistellung von den Reparaturkosten begehrt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger könne die Beklagte schon deshalb nicht aus der Garantie in Anspruch nehmen, weil er die in den Garantiebedingungen und dem Service-Heft geregelten Wartungsintervalle nicht eingehalten habe. Es gehe hier um eine im Anschluss an die zweijährige gesetzliche Gewährleistungsfrist beginnende Neuwagengarantie des Fahrzeugherstellers, welche der Kläger mit dem Erwerb des Fahrzeugs übernommen habe, und nicht um eine im Zusammenhang mit dem Fahrzeugkauf erst neu begründete Gebrauchtwagengarantie eines Dritten. Leistungen aus einer Neuwagengarantie des Fahrzeugherstellers könnten zum Zwecke der Kundenbindung von der regelmäßigen Wartung des Fahrzeugs in einer Vertragswerkstatt abhängig gemacht werden. Auf die Frage, ob die unterbliebene Inspektion bei einem Kilometerstand von 60.000 km deshalb tatsächlich für den Defekt ursächlich war, komme es daher nicht an.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Verhandlungstermin: 6. Juli 2011

VIII ZR 340/10

AG Heidelberg - Urteil vom 4. Mai 2010 – 24 C 198/09

LG Heidelberg - Urteil vom 26. November 2010 – 5 S 40/10

Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung der Klägerin in einem in Heidelberg gelegenen Anwesen, in dem sich auch Gewerbeeinheiten befinden. Die Klägerin erteilte im November 2008 den Beklagten die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2007, welche betreffend der Müllabfuhrgebühren einen auf die Beklagten entfallenden Anteil von 525,71 € enthält. Die Beklagten beanstandeten dies mit Anwaltsschreiben im Dezember 2008 und errechneten unter Heranziehung des "Betriebskostenspiegels für Deutschland" einen aus ihrer Sicht berechtigten Betrag von 185,76 €. Die Differenz von 395,95 € behielten die Beklagten von der Januarmiete 2009 ein, die ihnen entstandenen Rechtsanwaltskosten von 99,60 € von der Februarmiete.

Die Klägerin hat mit ihrer Klage Zahlung der einbehaltenen Beträge nebst Zinsen begehrt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die von den Beklagten vorgenommenen Einbehalte bei der Mietzahlung seien unberechtigt, da die Beklagten den in der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2007 ausgewiesenen Betrag für die Abfallentsorgung schuldeten. Einen Verstoß der Klägerin gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot hätten die insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Mieter nicht darlegen können. Die von den Beklagten aufgezeigte Überschreitung des vom Deutschen Mieterbund e.V. aufgestellten Betriebskostenspiegels genüge hierfür nicht, da ihm angesichts der regionalen Unterschiede keine hinreichende Aussagekraft zukomme. Die Klägerin sei auch nicht verpflichtet gewesen, die Abfallentsorgungskosten für die in dem Anwesen vorhandenen Gewerbeeinheiten vorweg zu erfassen. Diese Verpflichtung hätte nur bestanden, wenn die auf die Gewerbeflächen entfallenden Kosten zu einer erheblichen Mehrbelastung der Wohnraummieter führten. Ein solches überproportionales Abfallaufkommen der Gewerbeeinheiten hätten die Beklagten bereits nicht dargelegt.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Verhandlungstermin: 13. Juli 2011

VIII ZR 339/10

LG Zwickau - Urteil vom 17. November 2009 – 5 O 66/09

OLG Dresden - Urteil vom 30.November 2010 – 9 U 64/10

Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen. Sie verlangt von der Beklagten, einer Wohnungseigentümergemeinschaft, restliche Zahlung für die Lieferung von Fernwärme für die Jahre 2006 bis 2008. Die Klägerin erhöhte in diesem Zeitraum sowohl den Grundpreis als auch den Arbeitspreis wiederholt, dem trat die Beklagte entgegen und nahm Zahlungen nur auf der Basis der 2005 gültigen Preise vor. Die Parteien streiten im vorliegenden Rechtsstreit vorrangig um die Frage, ob die von der Klägerin vorgenommenen Preisänderungen wirksam sind. Insoweit heißt es in dem zwischen den Parteien geschlossenen Fernwärmeliefervertrag:

5. Preisanpassung

Der Grundpreis (=Nennpreis) gemäß Ziffer 1 ändert sich nach folgender Formel:

                                        L               I
GP = GP0 x (0,21+0,43 x -- + 0,36 x -- )
                                        L0              I0

Die Arbeitspreise (=Nennpreise) gemäß Ziffer 2 ändern sich nach folgender Formel:

                            L             H            G
AP= AP0 x (0,3 x -- + 0,5 x -- + 0,2 x -- )
                           L0             H0           G0

Darin bedeuten:

GP=Grundpreis in DM/kW

L=Anfangsvergütung (Stufe 0) der Ecklohngruppe 6 des Tarifvertrages für Beschäftigte des Arbeitgeberverbandes energie- und versorgungswirtschaftlicher Unternehmen e.V. Berlin (AVEU)

AP=Arbeitspreis der jeweiligen Zone in Pf/kWh

…"

Bei dem mit H bezeichneten Faktor handelt es sich um den vom Statistischen Bundesamt monatlich veröffentlichten Preis für leichtes Heizöl der so genannten Rheinschiene (dies entspricht dem Durchschnitt aus den Preisen für Düsseldorf, Frankfurt am Main und Mannheim/Ludwigshafen). Der Faktor G kennzeichnet den Gaspreisindex, der Faktor I den Erzeugerpreisindex für gewerbliche Produkte, welche ebenfalls vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht werden. Die jeweiligen mit "0" bezeichneten Faktoren bezeichnen die Ausgangswerte.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, die Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt: Die in dem Vertrag verwandte Preisanpassungsklausel sei wirksam, sie verstoße weder gegen § 307 Abs. 1 BGB* noch gegen § 24 Abs. 3 Satz 2 und 3 AVBFernwärmeV** [aF]. Insbesondere benachteilige die Verwendung der von der Klägerin gewählten Faktoren in der Preisanpassungsformel die Beklagte nicht, denn es handele sich um nachvollziehbare und objektive Kriterien, die sowohl die Kostenentwicklung der Klägerin als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt aufgriffen. Zwar stellten die Formeln nicht auf die konkreten Kosten der Klägerin ab, dieses sei aber nicht zu beanstanden, denn die Berücksichtigung der ständigen Veränderungen unterworfenen tatsächlichen Kosten der Klägerin ließe sich nur schwer in eine transparente Formel fassen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

* § 307 BGB: Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

…

**§ 24 AVBFernwärmeV: Abrechnung, Preisänderungsklauseln (in der vorliegend anwendbaren Fassung (aF); in der Neufassung vom 4. November 2010 ist diese Bestimmung in Abs. 4 enthalten)

…

(3) Preisänderungsklauseln dürfen nur so ausgestaltet sein, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen. Sie müssen die maßgeblichen Berechnungsfaktoren vollständig und in allgemein verständlicher Form ausweisen. Bei Anwendung der Preisänderungsklauseln ist der prozentuale Anteil des die Brennstoffkosten abdeckenden Preisfaktors an der jeweiligen Preisänderung gesondert auszuweisen.

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