Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 141/2011

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten auf folgende Termine hinweisen:

Verhandlungstermin: 27. September 2011

VI ZR 93/10

Landgericht Hamburg – Urteil vom 22. Mai 2009 - 325 O 145/08

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg – Urteil vom 2. März 2010 - 7 U 70/09

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verbreitung einer ehrenrührigen Tatsachenbehauptung im Internet auf Unterlassung in Anspruch.

Die Beklagte mit Sitz in Kalifornien stellt die technische Infrastruktur und den Speicherplatz für die Website www.blogger.com und für die unter www.blogspot.com eingerichteten Weblogs (Blogs) zur Verfügung. Hinsichtlich der Blogs, journal- oder tagebuchartig angelegten Webseiten, fungiert die Beklagte als Hostprovider. Ein von einem Dritten eingerichteter Blog enthält unter anderem eine Tatsachenbehauptung, die der Kläger als unwahr und ehrenrührig beanstandet.

Das Landgericht hat der Unterlassungsklage hinsichtlich der Verbreitung der Behauptung im Bereich der Bundesrepublik Deutschland stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte insoweit keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die angestrebte Klageabweisung weiter.

Die Vorinstanzen haben deutsches Recht angewendet. Die Beklagte meint, es sei kalifornisches Recht anzuwenden. Der Rechtsstreit wirft insoweit die Frage auf, welche Anforderungen an die Ausübung des dem Geschädigten zustehenden Bestimmungsrechts zugunsten deutschen Rechts (Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB) zu stellen sind.

Die Vorinstanzen haben außerdem die Ansicht vertreten, der Kläger habe zur Unwahrheit der im Blog behaupteten Tatsache nicht ausreichend vorgetragen. Insoweit geht es auch darum, in welchem Umfang ein Betroffener, der eine Persönlichkeitsrechtsverletzung auf die (angebliche) Unwahrheit einer im Internet verbreiteten Tatsachenbehauptung stützt, gegenüber dem Hostprovider und dem Gericht zu den Einzelheiten Stellung nehmen muss, um zu erreichen, dass der Hostprovider die weitere Verbreitung der Behauptung unterlässt.

Verhandlungstermin: 27. September 2011

Es stehen zwei Sachen zur Verhandlung an, die "Lehman-Zertifikate" zum Gegenstand haben, die im Zuge der Insolvenz der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 weitgehend wertlos geworden sind. Es handelt sich um die ersten Verfahren aus diesem Themenkomplex, die der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zu verhandeln hat, nachdem zwei andere Verhandlungssachen, die für den 12. April 2011 terminiert waren (vgl. Pressemitteilung 022/2011), jeweils nach Revisionsrücknahme durch die beklagte Bank aufgehoben worden sind (vgl. Pressemitteilung 058/2011). Demgegenüber sind in den für den 27. September 2011 anberaumten Verfahren jeweils die Anleger Revisionskläger:

XI ZR 178/10

LG Hamburg - Urteil vom 23. Juni 2009 - 310 O 4/09

Hanseatisches Oberlandesgericht - Urteil vom 23. April 2010 - 13 U 118/09 (Kurzwiedergabe BB 2010, 1098)

Der Kläger nimmt die beklagte Sparkasse auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. in Anspruch.

Im Dezember 2006 investierte der Kläger auf Empfehlung einer Mitarbeiterin der Beklagten einen Betrag in Höhe von 10.000 € in eine "ProtectExpress-Anleihe". Hierbei handelt es sich um eine Inhaberschuldverschreibung der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung sollten abhängig von der Wertentwicklung eines aus 10 Titeln des DAX 30-Index bestehenden "Lehman Brothers Deutschland Dividend Basket" sein, wobei der Anleger im ungünstigsten Fall den angelegten Betrag nach Ablauf von fünf Jahren und sechs Monaten ohne Zinsen zurückerhalten sollte.

Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Mit seiner Klage verlangt der Kläger im Wesentlichen die Rückzahlung des Anlagebetrages zuzüglich des Ausgabeaufschlages in Höhe von insgesamt 10.100 € nebst Zinsen von der beklagten Sparkasse.

Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte Erfolg und führte zur Abweisung der Klage. Das Berufungsgericht hat eine Beratungspflichtverletzung der Beklagten verneint. Die Empfehlung sei insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger wegen des wiederholten Erwerbs risikoreicher Wertpapiere in der Vergangenheit kein unerfahrener Anleger gewesen sei, anlegergerecht gewesen. Zum Kaufzeitpunkt im Dezember 2006 habe auch ohne Weiteres auf die Bonität der Anleihe-Emittentin bzw. der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) vertraut werden können, wie sich aus deren ausgezeichneten Geschäftsergebnissen und Bewertungen der führenden Rating-Agenturen im Jahre 2006 ergebe. Der Kläger sei zudem darauf hingewiesen worden, dass der Anlagebetrag nicht zurückbezahlt werde, wenn "alles zusammenbreche" und Lehman Brothers insolvent werde. Im Hinblick darauf habe es keiner weitergehenden Aufklärung darüber bedurft, dass die Lehman-Zertifikate nicht dem System der (deutschen) Einlagensicherung unterfielen. Eine Beratungspflichtverletzung sei schließlich auch nicht darin zu sehen, dass die Beklagte über ihre beim Verkauf erzielte Gewinnmarge nicht aufgeklärt habe.

Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

und

XI ZR 182/10

LG Hamburg - Urteil vom 1. Juli 2009 - 325 O 22/09

Hanseatisches Oberlandesgericht - Urteil vom 23. April 2010 - 13 U 117/09 (veröffentlicht WM 2010, 1029)

Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. in Anspruch.

Im Oktober 2007 investierte die Klägerin auf Empfehlung eines Mitarbeiters der Beklagten einen Betrag in Höhe von 10.000 € in eine "L. Bull Express Garant Anleihe". Hierbei handelt es sich um eine Inhaberschuldverschreibung der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung sollten abhängig von der Wertentwicklung eines Aktienindex (EuroStoxx 50) sein, wobei der Anleger im ungünstigsten Fall den angelegten Betrag nach Ablauf von fünf Jahren ohne Zinsen zurückerhalten sollte.

Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin im Wesentlichen die Rückzahlung des Anlagebetrages zuzüglich des Ausgabeaufschlages in Höhe von insgesamt 10.100 € nebst Zinsen von der beklagten Sparkasse.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte Erfolg und führte zur Abweisung der Klage. Das Berufungsgericht hat eine Beratungspflichtverletzung der Beklagten verneint. Die Empfehlung sei insbesondere unter Berücksichtigung dessen, dass die Klägerin wegen des Erwerbs einer vergleichbaren Anleihe in der Vergangenheit keine gänzlich unerfahrene Anlegerin mehr gewesen sei, anlegergerecht gewesen. Die Struktur der Anlage selbst habe keine weitergehenden Risikohinweise erfordert, da sich die betreffenden Zertifikate - Bonität der Emittentin vorausgesetzt - aufgrund des vollen Kapitalrückflusses zum Laufzeitende nicht als spekulative Anlage dargestellt hätten. Auf die Bonität der Garantiegeberin habe im Oktober 2007 noch vertraut werden dürfen, wie sich aus den zum Kaufdatum exzellenten Bewertungen der drei führenden Rating-Agenturen ergebe. Ernstzunehmende Hinweise auf ein Insolvenzrisiko eines derart großen Geldinstitutes habe es in den Börseninformationsdiensten und der namhaften Wirtschaftspresse im Herbst 2007 nicht gegeben. Die Klägerin sei zudem darauf hingewiesen worden, dass der Anlagebetrag nicht zurückbezahlt werde, wenn Lehman Brothers insolvent werde. Im Hinblick darauf habe es keiner weitergehenden Aufklärung darüber bedurft, dass die Lehman-Zertifikate nicht dem System der (deutschen) Einlagensicherung unterfielen. Eine Beratungspflichtverletzung sei schließlich auch nicht darin zu sehen, dass die Beklagte über ihre beim Verkauf erzielte Gewinnmarge nicht aufgeklärt habe.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Verhandlungstermin: 28. September 2011

VIII ZR 242/10

AG München - Urteil vom 15. Oktober 2009 - 472 C 13274/09

LG München I - Urteil vom 23. Juni 2010 - 15 S 22014/09

Die Kläger sind zusammen mit weiteren Personen Eigentümer eines Mehrfamilienhauses in München. Sie beabsichtigen, an der Westseite des Hauses Balkone anzubringen. Sie beanspruchen vom Beklagten, der Mieter einer der betroffenen Wohnung ist, die Duldung dieser Anbringung. Hierzu kündigten sie dem Beklagten stichwortartig die durchzuführenden Baumaßnahmen, und zwar unter anderem "Installation von Heizung und Elektroinstallation im betroffenen Wandbereich", das Datum des vorgesehenen Baubeginns, die mit 6 Wochen geplante Bauzeit sowie den Betrag der voraussichtlichen Mieterhöhung schriftlich an. Zugleich teilten sie dem Beklagten mit, dass für die Arbeiten innerhalb der Wohnungen eine Bauzeit von fünf Tagen zuzüglich Malerarbeiten nach einer Trockenzeit von einer Woche veranschlagt werde.

Die gemäß § 554 Abs. 2 BGB* auf Duldung der Baumaßnahmen gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung u.a. ausgeführt: Zwar genüge das gemäß § 554 Abs. 3 BGB erforderliche Ankündigungsschreiben nicht den in dieser Vorschrift genannten Anforderungen. Aus ihm ergebe sich mangels Beifügung eines Bauplans etwa nicht die genaue Lage des Balkons. Auch zu den Installationsarbeiten ergebe sich aus dem Ankündigungsschreiben nicht, welcher Wandbereich genau betroffen sei. Ebenso wenig gehe daraus hervor, wann innerhalb des angegebenen Zeitraums der Gesamtbaumaßnahmen die Arbeiten in der Wohnung des Beklagten stattfänden. Gleichwohl hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Beklagte mit seiner Rüge, das Ankündigungsschreiben genüge nicht den Anforderungen des § 554 Abs. 3 BGB, gemäß § 531 Abs. 2 ZPO**ausgeschlossen sei, weil er dies aus Nachlässigkeit erst in der Berufungsinstanz vorgebracht habe.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Der Fall kann dem unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständigen VIII. Zivilsenat Gelegenheit geben, sich mit den Anforderungen an eine Modernisierungsankündigung gemäß § 554 Abs. 3 BGB zu befassen.

* § 554 BGB: Duldung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen

(1) Der Mieter hat Maßnahmen zu dulden, die zur Erhaltung der Mietsache erforderlich sind.

(2) Maßnahmen zur Verbesserung der Mietsache, zur Einsparung von Energie oder Wasser oder zur Schaffung neuen Wohnraums hat der Mieter zu dulden. …

(3) Bei Maßnahmen nach Absatz 2 Satz 1 hat der Vermieter dem Mieter spätestens drei Monate vor Beginn der Maßnahme deren Art sowie voraussichtlichen Umfang und Beginn, voraussichtliche Dauer und die zu erwartende Mieterhöhung in Textform mitzuteilen. …

** § 531 ZPO: Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel

(1) …

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1. einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,

2. infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder

3. im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht. …

Verhandlungstermin: 28. September 2011

VIII ZR 326/10

AG Heidelberg - Urteil vom 12. März 2010 - 26 C 439/09;

LG Heidelberg - Urteil vom 19. November 2010 - 5 S 34/10

(WuM 2011, 14 ff.)

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses, in dem die Beklagte eine Wohnung angemietet hat. Das Anwesen ist mit einer Zentralheizung ausgestattet. Die Heizkosten werden über Heizkostenverteiler erfasst.

Im Mai 2009 teilte die Klägerin ihren Mietern mit, dass sie im Rahmen eines Regelaustauschs die Heizkostenverteiler durch ein funkbasiertes Ablesesystem ersetzen werde. Die Beklagte verweigerte den beabsichtigten Austausch der Ableseeinrichtungen mit der Begründung, in der von ihr angemieteten Wohnung kein mit Funk arbeitendes System einsetzen zu wollen. Die auf Duldung des Austausches der vorhandenen Ablesegeräte für Wärme, Warmwasser und Kaltwasser gegen ein Funksystem gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt: Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Duldung des Einbaus der neuen Messkapseln mit Funkmodulen zu. Dieser Anspruch folge hinsichtlich der Heizenergie- und Warmwasserzähler aus § 4 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 der Heizkostenverordnung (HeizkostenVO)* und für den Kaltwasserzähler aus § 554 Abs. 2 BGB**.

Die Duldungspflicht des § 4 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 HeizkostenVO erstrecke sich auch auf die Installation eines Funksystems. Sie komme nicht nur beim erstmaligen Einbau von Messgeräten zur Verbrauchserfassung zum Tragen, sondern bestehe gleichermaßen bei dem hier beabsichtigten Austausch der Ablesesysteme. Für den Austausch habe die Klägerin sachliche Gründe wie die Vereinfachung der Arbeitsabläufe und ein Entfallen von Verbrauchsschätzungen, weil die Wohnung zum Ablesen nicht mehr betreten werden müsse, angeführt. Da die Beklagte nicht vorgetragen habe, dass sie – etwa wegen einer Erkrankung – unter Mikrowellen besonders zu leiden habe, sei eine ernstzunehmende Besorgnis einer Gesundheitsgefährdung im Sinne einer wissenschaftlichen Verifizierbarkeit nicht ersichtlich, so dass die von der Beklagten befürchteten Gefahren von Funkwellen dem Einbau nicht entgegenstünden.

Den Austausch der Wasserzähler müsse die Beklagte nach § 554 Abs. 2 BGB als Maßnahme der Verbesserung der Mietsache dulden, da hierdurch ein einheitliches Ablesesystem für alle Verbrauchseinrichtungen in der Wohnung geschaffen werde und damit ein Betreten zu Ablesezwecken insgesamt entbehrlich werde.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

* § 4 HeizkostenVO: Pflicht zur Verbrauchserfassung

(1) Der Gebäudeeigentümer hat den anteiligen Verbrauch der Nutzer an Wärme und Warmwasser zu erfassen.

(2) Er hat dazu die Räume mit Ausstattungen zur Verbrauchserfassung zu versehen; die Nutzer haben dies zu dulden. …

**§ 554 BGB: Duldung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen

(1) Der Mieter hat Maßnahmen zu dulden, die zur Erhaltung der Mietsache erforderlich sind.

(2) Maßnahmen zur Verbesserung der Mietsache, zur Einsparung von Energie oder Wasser oder zur Schaffung neuen Wohnraums hat der Mieter zu dulden. Dies gilt nicht, wenn die Maßnahme für ihn, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und anderer Mieter in dem Gebäude nicht zu rechtfertigen ist. Dabei sind insbesondere die vorzunehmenden Arbeiten, die baulichen Folgen, vorausgegangene Aufwendungen des Mieters und die zu erwartende Mieterhöhung zu berücksichtigen. Die zu erwartende Mieterhöhung ist nicht als Härte anzusehen, wenn die Mietsache lediglich in einen Zustand versetzt wird, wie er allgemein üblich ist. …

Verhandlungstermin: 28. September 2011

VIII ZR 262/09

LG Berlin - Urteil vom 29. April 2008 - 22 O 473/07

KG Berlin - Urteil vom 1. September 2009 – 27 U 76/08

(WuM 2010, 42)

Die Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft, die Beklagte eine Energiedienstleistungsgesellschaft. Die Beklagte schloss am 17. September 2002 mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin einen von der Beklagten vorformulierten Wärmelieferungsvertrag. In dem Vertrag war die Geltung der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV*) vereinbart. Zudem sieht der Vertrag vor, dass der Heizraum und die Heizstation, in welchen die Wärme erzeugt wird, vom Kunden gestellt und von der Beklagten gepachtet werden. Der Vertrag enthält eine Laufzeitvereinbarung von 10 Jahren.

Die Klägerin hält diese Laufzeitvereinbarung für unwirksam und hat den Vertrag zum 31. August 2007 gekündigt. Das Amtsgericht hat der auf Feststellung der Vertragsbeendigung zum 31. August 2007 gerichteten Klage mit der Maßgabe stattgegen, dass der Vertrag zum 31. Dezember 2007 endet. Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht die Klage abgewiesen.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die Laufzeitvereinbarung sei gemäß § 32 Abs. 1 AVBFernwärmeV* zulässig. Entgegen der Ansicht der Klägerin handele es sich bei der vorliegenden Vertragsgestaltung um die Lieferung von Fernwärme im Sinne der AVBFernwärmeV. Eine Fernwärmelieferung liege vor, wenn die Wärmeversorgung nicht vom Gebäudeeigentümer sondern durch einen eigenständig gewerblich handelnden Dritten erfolge, unabhängig davon, in wessen Eigentum die Heizungsanlage stehe. Eine derartige Fallgestaltung liege hier vor, denn die Beklagte trage das unternehmerische Risiko der Brennstoffbeschaffung und des ordnungsgemäßen Betriebs der Heizungsanlage.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.

*§ 1 AVBFernwärmeV: Gegenstand der Verordnung

(1) Soweit Fernwärmeversorgungsunternehmen für den Anschluss an die Fernwärmeversorgung und für die Versorgung mit Fernwärme Vertragsmuster oder Vertragsbedingungen verwenden, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind (allgemeine Versorgungsbedingungen), gelten die §§ 2 bis 34. Diese sind, soweit Absatz 3 und § 35 nichts anderes vorsehen, Bestandteil des Versorgungsvertrages

§ 32 AVBFernwärmeV : Laufzeit des Versorgungsvertrages, Kündigung

(1) Die Laufzeit von Versorgungsverträgen beträgt höchstens zehn Jahre. …

Verhandlungstermin: 28. September 2011

VIII ZR 294/10

AG Schöneberg - Urteil vom 14. Oktober 2009 – 12 C 314/09

LG Berlin - Urteil vom 10. August 2010 - 63 S 622/09

Die Kläger sind Mieter, die Beklagte ist Vermieterin einer Wohnung in Berlin. Mit Schreiben vom 6. März 2009 rechnete die Beklagte über die Betriebs- und Heizkosten für das Kalenderjahr 2008 ab. Aus der Abrechnung ergab sich eine Nachforderung zu Gunsten der Beklagten. Diese verlangte zugleich eine Anpassung der monatlichen Vorauszahlungen. Deren Höhe ermittelte sie, indem sie neben dem Ergebnis der Betriebskostenabrechung (geteilt durch 12 Monate) einen Sicherheitszuschlag von 10 % auf die bisher ermittelten Kosten ansetzte. Die Kläger sind der Erhöhung der Vorauszahlungen in Höhe des geforderten Sicherheitszuschlages entgegengetreten. Ihre insoweit erhobene negative Feststellungsklage hat in beiden Vorinstanzen Erfolg gehabt.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die Erhöhung der Betriebskostenvorschüsse um einen Sicherheitszuschlag wegen zu erwartender Kostensteigerungen sei nicht angemessen im Sinne von § 560 Abs. 4 BGB*. Die Höhe der künftigen Vorschüsse habe sich allein am Abrechnungsergebnis zu orientieren; ein Spielraum stehe den Parteien insoweit nicht zu.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

* § 560 BGB: Veränderungen von Betriebskosten

….

(4) Sind Betriebskostenvorauszahlungen vereinbart worden, so kann jede Vertragspartei nach einer Abrechnung durch Erklärung in Textform eine Anpassung auf eine angemessene Höhe vornehmen.

…

Verkündungstermin: 28. September 2011 (nicht gültig für I ZR 89/09)

(Verkündungstermin: 7. Juli 2011)

(Verhandlungstermin: 17. März 2011)

I ZR 189/08 – Wettbewerbsrecht

LG München I– 4 HK O 11552/06 – Urteil vom 16. Dezember 2007

OLG München – 29 U 1669/08 – Urteil vom 16. Oktober 2008

I ZR 89/09 – Wettbewerbsrecht

LG Wiesbaden – 11 O 56/06 – Urteil vom 28. März 2007

OLG Frankfurt – 6 U 93/07 – Urteil vom 4. Juni 2009

I ZR 92/09 – Wettbewerbsrecht

LG Wiesbaden – 13 O 119/06 – Urteil vom 29. November.2007

OLG Frankfurt am Main – 6 U 261/06 – Urteil vom 4. Juni 2009

I ZR 30/10 – Wettbewerbsrecht

LG Bremen – 12 O 379/06 – Urteil vom 20. Dezember 2007

OLG Bremen – 2 U 4/08 – Urteil vom 29.Januar 2010

I ZR 43/10 – Wettbewerbsrecht

LG Bremen – 12 O 333/07 – Urteil vom 31. Juli 2008

OLG Bremen – 2 U 96/08 – Urteil vom 12. Februar 2010

I ZR 93/10 – Wettbewerbsrecht

LG Köln – 31 O 599/08 – Urteil vom 9. Juli 2009

OLG Köln – 6 U 142/09 – Urteil vom 12. Mai 2010

Der Senat hat erneut über die Frage der Wettbewerbswidrigkeit des privaten Angebots von Sportwetten und anderen Wetten (Kasinospielen) im Internet zu befinden. Im Kern der Rechtsstreitigkeiten stehen nunmehr sowohl das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns von öffentlichen Glücksspielen als auch das Werbeverbot für öffentliches Glücksspiel unter der Geltung des am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrags. Die von den klagenden Lottogesellschaften auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommenen in- und ausländischen Wettunternehmen präsentierten und bewarben ihr Sportwettenangebot unter ihrem jeweiligen Domainnamen im Internet, welches von Spielern jedenfalls in Deutschland angenommen werden konnte. Ihnen wird jeweils ein Verstoß gegen Vorschriften des Strafgesetzbuchs und des Glücksspielstaatsvertrags vorgeworfen (§ 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 284, 287 StGB und § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 3 und 4 GlüStV).

Die Instanzgerichte haben unterschiedlich erkannt: Überwiegend haben die Landgerichte und die Berufungsgerichte (OLG Köln, ZfWG 2010, 359; OLG Bremen, ZfWG 2010, 105) den Klagen – teils allerdings nur zweitinstanzlich – vollumfänglich oder im Wesentlichen wegen eines solchen Rechtsverstoßes stattgegeben (OLG Frankfurt am Main, ZfWG 2009, 268; OLG Frankfurt am Main, MMR 2009, 577). Hingegen haben das Landgericht München I und das Oberlandesgericht München die Klage vollumfänglich abgewiesen (I ZR 189/08).

Die Berufungsgerichte - mit Ausnahme des Oberlandesgerichts München (Revision wurde durch den Bundesgerichtshof zugelassen) - haben jeweils die Revision zugelassen. Der Bundesgerichtshof wird zu entscheiden haben, ob die Beurteilung der Berufungsgerichte zutreffend ist. Dabei wird er insbesondere darüber zu befinden haben, inwieweit die in Rede stehenden privaten Wettangebote und ihr Bewerben im Internet wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften des Glücksspielsstaatsvertrags unlauter sind und ob mögliche Verbote mit der höherrangigen unionsrechtlichen Dienst- und Niederlassungsfreiheit (Art. 49 und 56 AEUV) im Einklang stehen.

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501