Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 129/2008

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten folgenden Terminhinweis geben:

Verhandlungstermin: 16. Juli 2008

XII ZR 109/05

AG Düsseldorf – 253 F 174/03 – Urteil vom 16. März 2004

OLG Düsseldorf – 2 UF 125/04 – Urteil vom 23. Mai 2005 – FamRZ 2005, 1772

Der XII. Zivilsenat hat am 16. Juli 2008 erstmals über den durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz zum 1. Januar 2008 geänderten Anspruch auf Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes (§ 1615 l Abs. 2 BGB) zu entscheiden. Weil dieser Unterhaltsanspruch dem nachehelichen Betreuungsunterhalt weitestgehend angeglichen wurde, wird die Entscheidung auch Auswirkungen auf die Dauer des Betreuungsunterhalts der Mutter eines ehelich geborenen Kindes (§ 1570 BGB) entfalten.

Die 1968 geborene Klägerin und der 1962 geborene Beklagte lernten sich kennen, als die Klägerin von ihrem früheren Ehemann getrennt lebte und ihren im März 1995 geborenen ehelichen Sohn versorgte. Als die Klägerin von dem Beklagten schwanger war, zogen die Parteien zusammen; im Dezember 1997 wurde ihre gemeinsame Tochter geboren. Ein weiteres gemeinsames Kind wurde im Januar 2001 geboren.

Nachdem die Parteien sich im Juni 2002 getrennt hatten, zog der Beklagte im Dezember 2002 auf Bitten der Klägerin aus der gemeinsamen Wohnung aus. Die Klägerin hat seit Februar 2004 einen neuen Freund; über die Intensität dieser Beziehung streiten die Parteien. Der Beklagte ist seit Oktober 2004 mit einer neuen Partnerin verheiratet.

Das Berufungsgericht hat den Beklagten verurteilt, neben dem Kindesunterhalt an die Klägerin rückständigen und laufenden Betreuungsunterhalt, zuletzt in Höhe von monatlich 216 €, zu zahlen. Den Anspruch auf Betreuungsunterhalt hat es allerdings auf die Zeit bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres des jüngsten gemeinsamen Kindes, also bis Januar 2007, beschränkt. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer – vom Oberlandesgericht zugelassenen – Revision, mit der sie einen unbefristeten und höheren (monatlich 1.335 €) Unterhalt begehrt. Der Beklagte begehrt im Wege der Anschlussrevision im Wesentlichen Klagabweisung und Rückzahlung eines Teils des in der Vergangenheit geleisteten Unterhalts. Er hält einen Unterhaltsanspruch bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des jüngsten gemeinsamen Kindes für ausreichend und greift die Unterhaltsberechnung auch zur Höhe an.

Der hier relevante Anspruch auf Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes ist seit dem 1. Januar 2008 wie folgt ausgestaltet:

1615l BGB Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt

(1) …

(2) Soweit die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, weil sie infolge der Schwangerschaft oder einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit dazu außerstande ist, ist der Vater verpflichtet, ihr über die in Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Zeit hinaus Unterhalt zu gewähren. Das Gleiche gilt, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt und besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

(3) Die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten sind entsprechend anzuwenden…

Für Unterhaltsansprüche, die bis Ende 2007 fällig geworden sind, ist nach § 36 Nr. 7 EGZPO weiterhin das frühere Recht anwendbar, das in § 1615 l BGB a. F. zur Dauer des Betreuungsunterhalts der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes folgende Regelung vorsah:

(2) … Das Gleiche gilt, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt; sie endet drei Jahre nach der Geburt, sofern es nicht insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Kindes grob unbillig wäre, einen Unterhaltsanspruch nach Ablauf dieser Frist zu versagen.

Für den Betreuungsunterhalt der Mutter eines ehelich geborenen Kindes sieht das Gesetz in § 1570 BGB demgegenüber folgende Regelung vor:

§ 1570 Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes

(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

(2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.

Der Senat wird neben weiteren Fragen der Einkommensermittlung und der Unterhaltsberechnung vor allem zwei umstrittene und bislang noch nicht hinreichend geklärte Rechtsfragen entscheiden müssen:

1.) Die hier vorliegende Fallkonstellation wirft die Frage auf, wie der Unterhaltsbedarf der Mutter eines nichtehelichen Kindes zu bestimmen ist. Gesetzlicher Ansatzpunkt sind die Vorschriften der §§ 1615 l Abs. 3, 1610 Abs. 1 BGB. Danach richtet sich das Maß des zu gewährenden Unterhalts für Unterhaltsansprüche außerhalb einer Ehe nach der Lebensstellung des Bedürftigen. Der Senat wird entscheiden müssen, ob sich die Lebensstellung hier nach einem früher erzielten Einkommen, nach dem Unterhaltsanspruch gegen den früheren Ehemann oder – wie das Berufungsgericht meint – wegen des vorausgegangenen Zusammenlebens nach einer vom Einkommen des Beklagten abgeleiteten Lebensstellung bemisst und ob ggf. auch von einem festen Mindestbedarf auszugehen ist.

2.) Zur Dauer des Unterhaltsanspruchs wird der Senat entscheiden müssen, ob eine Verlängerung über die Vollendung des dritten Lebensjahres des jüngsten Kindes hinaus (neben kindbezogenen Gründen) auch aus elternbezogenen Gründen in Betracht kommt, die sich aus einem Vertrauen auf die Nachwirkung der gelebten Familie ergeben können. Weiter wird es darauf ankommen, ob der Mutter stets dann eine eigene Vollzeittätigkeit zumutbar ist, wenn durch öffentliche Einrichtungen eine Vollzeitbetreuung des Kindes sichergestellt ist, oder ob und unter welchen Kriterien die gleichwohl verbleibende Betreuungsleistung (in den späten Nachmittags- und Abendstunden) zusammen mit einer Vollzeittätigkeit zu einer überobligatorischen Belastung der Mutter führen kann.

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