Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 19/2006

BGH zur Auslegung einer auf das Beamtenversorgungsrecht für Zeitbeamte Bezug nehmenden Regelung im Dienstvertrag eines Sparkassenvorstands in den neuen Bundesländern

Der II. Zivilsenat hatte über dienstvertragliche, entsprechend dem Beamtenversorgungsrecht für Zeitbeamte geregelte Versorgungsansprüche eines ehemaligen Vorstandsmitglieds einer sächsischen Sparkasse zu entscheiden. 

 

Dem aus den alten Bundesländern stammenden Kläger war nach der Wiedervereinigung als Vorstandsmitglied einer Kreissparkasse im Beitrittsgebiet dienstvertraglich eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen für Beamte auf Zeit zugesagt worden. Vor Ablauf seiner auf fünf Jahre begrenzten Amtszeit fusionierte dieses Kreditinstitut unter anderem mit der beklagten Sparkasse, die in den Dienstvertrag mit dem Kläger eintrat. Die Beklagte kündigte sodann - was vertraglich zulässig war - aus Anlass der Fusion das Dienstverhältnis.

1. In einem Vorprozess haben die Parteien darum gestritten, ob der seinerzeit etwa 44 Jahre alte Kläger ab seinem Ausscheiden aus dem Vorstandsamt bis zum 65. Lebensjahr Versorgung beanspruchen kann. Das Landgericht sprach dem Kläger ein Ruhegehalt nur bis zum (hypothetischen) Ablauf der vereinbarten fünfjährigen Vertragslaufzeit zu. Nachdem das Berufungsgericht demgegenüber auf die Berufung des Klägers der Klage nahezu in vollem Umfang stattgegeben hatte, hat der II. Zivilsenat durch Urteil vom 3. Dezember 2001 (II ZR 372/99, WM 2002, 332) das landgerichtliche Urteil wiederhergestellt.

Bereits in jenem Urteil hatte der Senat für Recht erkannt, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des Vertrags dem Kläger bei fusionsbedingter Kündigung der Sparkasse zwar einerseits eine Versorgung schon ab dem Zeitpunkt des Ausscheidens zustehe, diese aber andererseits unmissverständlich auf den Zeitraum bis zum  hypothetischen  normalen Ablauf des Dienstverhältnisses begrenzt sei. Auch aus den vertraglich im Wege einer Vollverweisung in Bezug genommenen Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes für Beamte auf Zeit sei ein lebenslanger Versorgungsanspruch für die Zeit nach Ablauf der Dienstzeit nicht abzuleiten, weil der Kläger insoweit mit Ablauf der (fünfjährigen) Amtszeit bei der Beklagten einem entlassenen Beamten auf Zeit gleichstehe.

2. Im vorliegenden Folgeprozess macht der Kläger - gestützt auf dieselben Regelungen des Dienstvertrages - im Wege der Feststellungsklage künftige Altersruhegeld- und Beihilfeansprüche für die Zeit nach Vollendung seines 65. Lebensjahres geltend. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger für den Fall der Erfolglosigkeit seiner nunmehr als Hauptbegehren weiterverfolgten ursprünglichen Klageanträge hilfsweise die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung eines Ruhegehalts nach Maßgabe des Gesetzes über die betriebliche Altersversorgung (BetrAVG) begehrt. Das Berufungsgericht hat den Hauptanträgen überwiegend stattgegeben. Gegen dieses Urteil richten sich die vom Berufungsgericht zu Gunsten der Beklagten  zugelassene Revision der Sparkasse sowie die Anschlussrevision des Klägers.

Der II. Zivilsenat hat – unter Zurückweisung des Anschlussrechtsmittels des Klägers – das klageabweisende Landgerichtsurteil hinsichtlich sämtlicher Hauptanträge wiederhergestellt und die Sache im Übrigen lediglich zur Entscheidung über den bislang noch nicht beschiedenen Hilfsantrag des Klägers an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Senat hat die Auslegung des Berufungsgerichts, mit der es aus den einschlägigen Vertragsklauseln des Dienstvertrags einen mit Vollendung des 65. Lebensjahres (neu) beginnenden Versorgungsanspruch des Klägers ableiten wollte, als rechtlich nicht haltbar erachtet; denn sie steht in unüberbrückbarem Widerspruch zu der Auslegung derselben Vertragsklauseln durch den Senat im Vorprozess, die keinen Raum lässt für einen über die im Vertrag eindeutig festgelegte Begrenzung hinausgehenden Versorgungsanspruch des Klägers nach beamtenrechtlichen Maßstäben. Eine solche eindeutige Vertragsregelung kann nicht durch - vom Oberlandesgericht angestellte - bloße Billigkeitserwägungen in ihr Gegenteil verkehrt werden.

Urteil vom 6. Februar 2006 – II ZR 136/04

LG Leipzig - 11 O 4056/03 ./. OLG Dresden - 7 U 66/04

Karlsruhe, den 6. Februar 2006

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