Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 144/2006

Kindesmisshandlung durch die Eltern rechtskräftig geahndet

Die beiden Angeklagten sind die leiblichen Eltern eines jetzt fünfjährigen Mädchens. Schon bald nach der Geburt kam es in einem Zeitraum von zwei Monaten zu massiven Gewalthandlungen jedenfalls eines der beiden Angeklagten gegenüber dem Kleinstkind, das dabei äußerst schmerzhafte u. a. diverse knöcherne Verletzungen und Hämatome erlitt. Schließlich schüttelte einer der Angeklagten das Mädchen derart heftig, dass es in lebensbedrohlichem Zustand in die Klinik eingeliefert werden musste (sog. shaken-baby-syndrom). Das Landgericht hatte in einer ersten Hauptverhandlung weder festzustellen vermocht, welcher der beiden Angeklagten dem Kind die Verletzungen beigebracht hat, noch, dass der nicht aktive Elternteil in dem Zeitpunkt, in dem er Kenntnis von einer Misshandlung erlangte, Anlass zu der Annahme hatte, das Kind werde (von dem anderen Elternteil) auch in Zukunft gequält oder roh misshandelt; es hatte die Angeklagten deshalb freigesprochen. Dieses Urteil hatte der Bundesgerichtshof auf die Revision der Staatsanwaltschaft im Juli 2003 aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung an das Landgericht zurückverwiesen. Der Senat beanstandete sowohl die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils als auch die rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts: Spätestens von dem Zeitpunkt an, von dem der nicht-aktiv handelnde Angeklagte erstmals Kenntnis von der Misshandlung durch den anderen Elternteil erlangte, hätte er umgehend geeignete Maßnahmen ergreifen müssen, um weitere drohende Übergriffe von dem Kind abzuwenden.

Nunmehr hat das Landgericht Halle/Saale die Eltern wegen Misshandlung einer Schutzbefohlenen im wesentlichen aufgrund derselben Feststellungen jeweils zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Der Bundesgerichtshof hat die Revisionen beider Angeklagten als offensichtlich unbegründet verworfen.

Beschluss vom 19. Oktober 2006 – 4 StR 359/06

LG Halle – Entscheidung vom 16.2.2006 - 650 Js 200 959/01 25 b KLs 1/02 23 KLs 18/05

Karlsruhe, den 24. Oktober 2006

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