Der Bundesgerichtshof

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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Monat August 2005 » Pressemitteilung Nr. 113/05 vom 10.8.2005

Siehe auch:  Urteil des 1. Strafsenats vom 10.8.2005 - 1 StR 140/05 -

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Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 113/2005

Verwertungsverbot für Selbstgespräch im Krankenzimmer

Das Landgericht München II hatte den Angeklagten mit Urteil vom 13. Dezember 2004 wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat das landgerichtliche Urteil auf die Revision des Angeklagten aufgehoben und die Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Nach den Feststellungen des Landgerichts erschlug der Angeklagte im Jahr 1998 einen Landwirt. Der Angeklagte hat die Tat bestritten. Das Landgericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten auch auf das Ergebnis einer im Dezember 2003 durchgeführten akustischen Raumüberwachung gestützt. Zielobjekt der Abhörmaßnahme war das Einzelzimmer des Angeklagten in einer Rehabilita-tionsklinik, in der er sich zur Behandlung der Folgen eines Arbeitsunfalls aufhielt. Aufgezeichnet wurde dabei ein Selbstgespräch des Angeklagten, das er nach einem Telefonat mit einer Arbeitskollegin geführt hatte, die ihm von einer Befragung zu seiner Person durch die Polizei berichtet hatte. Der Angeklagte hatte in dem Selbstgespräch u.a. geäußert: „Sehr aggressiv! Sehr aggressiv! In Kopf hätt i eam schießen sollen.“ Das Landgericht hat hieraus den Schluss gezogen, dass der Angeklagte sich Gedanken über eine alternative Tötungsart gemacht habe, die den Verdacht weniger auf seine Person gelenkt hätte.

Der Bundesgerichtshof hat die Verwertung des Ergebnisses der akustischen Raumüberwachung beanstandet. Nach dem Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung, das in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 3. März 2004 zur akustischen Wohnraumüberwachung (BVerfGE 109, 279 ff.) ergangen ist (§§ 100 c, 100 d StPO), dürfen Erkenntnisse aus einem Eingriff in den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung auch zur Aufklärung von Straftaten aus dem Bereich der Schwerkriminalität nicht verwertet werden. Das Selbstgespräch des Angeklagten in dem Krankenzimmer ist diesem - durch Art. 13 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten - Kernbereich zuzurechnen. Maßgebend dafür war eine Kumulation mehrerer Umstände. Es handelte sich um ein aufgrund einer staatlichen Überwachungsmaßnahme aufgezeichnetes Selbstgespräch. Dieses Selbstgespräch hatte der Angeklagte in einem hier von Art. 13 GG geschützten Wohnraum geführt. Der Inhalt des Selbstgespräches war in Bezug auf den Tatvorwurf interpretationsbedürftig. Als Folge dieser Zuordnung zum Kernbereich durfte das Selbstgespräch nicht zu Lasten des Angeklagten zu Beweiszwecken verwertet werden.

Das Urteil war aufzuheben, weil die Überzeugung des Landgerichtes auch auf dem Selbstgespräch beruht.

Urteil vom 10. August 2005 – 1 StR 140/05

LG München II – 1 Ks 32 Js 32 922/98

Karlsruhe, den 10. August 2005

§ 100c StPO

(1) Ohne Wissen der Betroffenen darf das in einer Wohnung nichtöffentlich gesprochene Wort mit technischen Mitteln abgehört und aufgezeichnet werden, wenn

1. bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine in Absatz 2

bezeichnete besonders schwere Straftat begangen oder in Fällen, in denen

der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat,

2. die Tat auch im Einzelfall besonders schwer wiegt,

3. auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass durch die

Überwachung Äußerungen des Beschuldigten erfasst werden, die für die

Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes

eines Mitbeschuldigten von Bedeutung sind, und

4. die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes

eines Mitbeschuldigten auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder

aussichtslos wäre.

(2) Besonders schwere Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 sind:

1. aus dem Strafgesetzbuch:

a) Straftaten des Friedensverrats, des Hochverrats und der Gefährdung des

demokratischen Rechtsstaates oder des Landesverrats und der Gefährdung

der äußeren Sicherheit nach den §§ 80, 81, 82, nach den §§ 94, 95 Abs.

3 und § 96 Abs. 1, jeweils auch in Verbindung mit § 97b, sowie nach

den §§ 97a, 98 Abs. 1 Satz 2, § 99 Abs. 2 und den §§ 100, 100a Abs. 4,

b) Bildung krimineller Vereinigungen nach § 129 Abs. 1 in Verbindung mit

Abs. 4 Halbsatz 2 und Bildung terroristischer Vereinigungen nach §

129a Abs. 1, 2, 4, 5 Satz 1 Alternative 1, jeweils auch in Verbindung

mit § 129b Abs. 1,

c) Geldfälschung und Wertpapierfälschung in den Fällen der §§ 146, 151,

jeweils auch in Verbindung mit § 152, gewerbs- oder bandenmäßige

Fälschung von Zahlungskarten, Schecks und Wechseln nach § 152a Abs. 3

und Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion und Vordrucken

für Euroschecks nach § 152b Abs. 1 bis 4,

d) Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in den Fällen des §

176a Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3, § 177 Abs. 2 Nr. 2 oder § 179 Abs. 5

Nr. 2,

e) Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Schriften in den

Fällen des § 184b Abs. 3,

f) Mord und Totschlag nach den §§ 211, 212,

g) Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen der §§ 234,

234a Abs. 1, 2, §§ 239a, 239b und Menschenhandel zum Zweck der

sexuellen Ausbeutung und zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft

nach § 232 Abs. 3, Abs. 4 oder Abs. 5, § 233 Abs. 3, jeweils soweit es

sich um Verbrechen handelt,

h) Bandendiebstahl nach § 244 Abs. 1 Nr. 2 und schwerer Bandendiebstahl

nach § 244a,

i) schwerer Raub und Raub mit Todesfolge nach § 250 Abs. 1 oder Abs. 2, §

251,

j) räuberische Erpressung nach § 255 und besonders schwerer Fall einer

Erpressung nach § 253 unter den in § 253 Abs. 4 Satz 2 genannten

Voraussetzungen,

k) gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei und gewerbsmäßige

Bandenhehlerei nach den §§ 260, 260a,

l) besonders schwerer Fall der Geldwäsche, Verschleierung unrechtmäßig

erlangter Vermögenswerte nach § 261 unter den in § 261 Abs. 4 Satz 2

genannten Voraussetzungen,

m) besonders schwerer Fall der Bestechlichkeit und Bestechung nach § 335

Abs. 1 unter den in § 335 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 genannten

Voraussetzungen,

2. aus dem Asylverfahrensgesetz:

a) Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Abs. 3,

b) gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen

Asylantragstellung nach § 84a Abs. 1,

3. aus dem Aufenthaltsgesetz:

a) Einschleusen von Ausländern nach § 96 Abs. 2,

b) Einschleusen mit Todesfolge oder gewerbs- und bandenmäßiges

Einschleusen nach § 97,

4. aus dem Betäubungsmittelgesetz:

a) besonders schwerer Fall einer Straftat nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1,

5, 6, 10, 11 oder 13 Abs. 3 unter der in § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1

genannten Voraussetzung,

b) eine Straftat nach den §§ 29a, 30 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, § 30a,

5. aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen:

a) eine Straftat nach § 19 Abs. 2 oder § 20 Abs. 1, jeweils auch in

Verbindung mit § 21,

b) besonders schwerer Fall einer Straftat nach § 22a Abs. 1 in Verbindung

mit Abs. 2,

6. aus dem Völkerstrafgesetzbuch:

a) Völkermord nach § 6,

b) Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach § 7,

c) Kriegsverbrechen nach den §§ 8 bis 12,

7. aus dem Waffengesetz:

a) besonders schwerer Fall einer Straftat nach § 51 Abs. 1 in Verbindung

mit Abs. 2,

b) besonders schwerer Fall einer Straftat nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 in

Verbindung mit Abs. 5.

(3) Die Maßnahme darf sich nur gegen den Beschuldigten richten und nur in Wohnungen des Beschuldigten durchgeführt werden. In Wohnungen anderer Personen ist die Maßnahme nur zulässig, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass

1. der in der Anordnung nach § 100d Abs. 2 bezeichnete Beschuldigte sich dort

aufhält und

2. die Maßnahme in Wohnungen des Beschuldigten allein nicht zur Erforschung

des Sachverhalts oder zur Ermittlung des Aufenthaltsortes eines

Mitbeschuldigten führen wird.

Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn andere Personen unvermeidbar betroffen werden.

(4) Die Maßnahme darf nur angeordnet werden, soweit auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte, insbesondere zu der Art der zu überwachenden Räumlichkeiten und dem Verhältnis der zu überwachenden Personen zueinander, anzunehmen ist, dass durch die Überwachung Äußerungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, nicht erfasst werden. Gespräche in Betriebs- oder Geschäftsräumen sind in der Regel nicht dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen. Das Gleiche gilt für Gespräche über begangene Straftaten und Äußerungen, mittels derer Straftaten begangen werden.

(5) Das Abhören und Aufzeichnen ist unverzüglich zu unterbrechen, soweit sich während der Überwachung Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Äußerungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, erfasst werden. Aufzeichnungen über solche Äußerungen sind unverzüglich zu löschen. Erkenntnisse über solche Äußerungen dürfen nicht verwertet werden. Die Tatsache der Erfassung der Daten und ihrer Löschung ist zu dokumentieren. Ist eine Maßnahme nach Satz 1 unterbrochen worden, so darf sie unter den in Absatz 4 genannten Voraussetzungen fortgeführt werden. Im Zweifel ist über die Unterbrechung oder Fortführung der Maßnahme unverzüglich eine Entscheidung des Gerichts herbeizuführen; § 100d Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) In den Fällen des § 53 ist eine Maßnahme nach Absatz 1 unzulässig; ergibt sich während oder nach Durchführung der Maßnahme, dass ein Fall des § 53 vorliegt, gilt Absatz 5 Satz 2 bis 4 entsprechend. In den Fällen der §§ 52 und 53a dürfen aus einer Maßnahme nach Absatz 1 gewonnene Erkenntnisse nur verwertet werden, wenn dies unter Berücksichtigung der Bedeutung des zugrunde liegenden Vertrauensverhältnisses nicht außer Verhältnis zum Interesse an der Erforschung des Sachverhalts oder der Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten steht. Sind die zur Verweigerung des Zeugnisses Berechtigten einer Beteiligung oder einer Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig, so sind die Sätze 1 und 2 nicht anzuwenden.

(7) Soweit ein Verwertungsverbot nach Absatz 5 in Betracht kommt, hat die Staatsanwaltschaft unverzüglich eine Entscheidung des anordnenden Gerichts über die Verwertbarkeit der erlangten Erkenntnisse herbeizuführen. Soweit das Gericht eine Verwertbarkeit verneint, ist dies für das weitere Verfahren bindend.

§ 100d StPO

(1) Maßnahmen nach § 100c dürfen nur auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch die in § 74a Abs. 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannte Kammer des Landgerichts angeordnet werden, in dessen Bezirk die Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat. Bei Gefahr im Verzug kann diese Anordnung auch durch den Vorsitzenden getroffen werden. Dessen Anordnung tritt außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei Tagen von der Strafkammer bestätigt wird. Die Anordnung ist auf höchstens einen Monat zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als einen Monat ist zulässig, soweit die Voraussetzungen unter Berücksichtigung der gewonnenen Ermittlungsergebnisse fortbestehen. Ist die Dauer der Anordnung auf insgesamt sechs Monate verlängert worden, so entscheidet über weitere Verlängerungen das Oberlandesgericht.

(2) Die Anordnung ergeht schriftlich. In der Anordnung sind anzugeben:

1. soweit bekannt der Name und die Anschrift des Beschuldigten, gegen den

sich die Maßnahme richtet,

2. der Tatvorwurf, auf Grund dessen die Maßnahme angeordnet wird,

3. die zu überwachende Wohnung oder die zu überwachenden Wohnräume,

4. Art, Umfang und Dauer der Maßnahme,

5. die Art der durch die Maßnahme zu erhebenden Informationen und ihre

Bedeutung für das Verfahren.

(3) In der Begründung der Anordnung oder Verlängerung sind deren Voraussetzungen und die wesentlichen Abwägungsgesichtspunkte darzulegen. Insbesondere sind einzelfallbezogen anzugeben:

1. die bestimmten Tatsachen, die den Verdacht begründen,

2. die wesentlichen Erwägungen zur Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit

der Maßnahme,

3. die tatsächlichen Anhaltspunkte im Sinne des § 100c Abs. 4 Satz 1.

(4) Das anordnende Gericht ist über den Verlauf und die Ergebnisse der Maßnahme zu unterrichten. Liegen die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vor, so hat das Gericht den Abbruch der Maßnahme anzuordnen, sofern der Abbruch nicht bereits durch die Staatsanwaltschaft veranlasst wurde. Die Anordnung des Abbruchs der Maßnahme kann auch durch den Vorsitzenden erfolgen.

(5) Sind die durch die Maßnahmen erlangten Daten zur Strafverfolgung und für eine etwaige gerichtliche Überprüfung nach Absatz 10 nicht mehr erforderlich, so sind sie unverzüglich zu vernichten. Die Vernichtung ist zu dokumentieren. Soweit die Vernichtung lediglich für eine etwaige Überprüfung nach Absatz 10 zurückgestellt ist, sind die Daten zu sperren; sie dürfen nur zu diesem Zweck verwendet werden.

(6) Personenbezogene Informationen aus einer akustischen Wohnraumüberwachung dürfen für andere Zwecke nach folgenden Maßgaben verwendet werden:

1. Die durch eine Maßnahme nach § 100c erlangten verwertbaren

personenbezogenen Informationen dürfen in anderen Strafverfahren ohne

Einwilligung der insoweit überwachten Personen nur zur Aufklärung einer

Straftat, auf Grund derer die Maßnahme nach § 100c angeordnet werden

könnte, oder zur Ermittlung des Aufenthalts der einer solchen Straftat

beschuldigten Person verwendet werden.

2. Die Verwendung der durch eine Maßnahme nach § 100c erlangten

personenbezogenen Informationen, auch solcher nach § 100c Abs. 6 Satz 1

Halbsatz 2, zu Zwecken der Gefahrenabwehr ist nur zur Abwehr einer im

Einzelfall bestehenden Lebensgefahr oder einer dringenden Gefahr für Leib

oder Freiheit einer Person oder Gegenstände von bedeutendem Wert, die der

Versorgung der Bevölkerung dienen, von kulturell herausragendem Wert oder

in § 305 des Strafgesetzbuches genannt sind, zulässig. Die durch eine

Maßnahme nach § 100c erlangten und verwertbaren personenbezogenen

Informationen dürfen auch zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden

dringenden Gefahr für sonstige bedeutende Vermögenswerte verwendet werden.

Sind die Informationen zur Abwehr der Gefahr oder für eine vorgerichtliche

oder gerichtliche Überprüfung der zur Gefahrenabwehr getroffenen Maßnahmen

nicht mehr erforderlich, so sind Aufzeichnungen über diese Informationen

von der für die Gefahrenabwehr zuständigen Stelle unverzüglich zu

vernichten. Die Vernichtung ist zu dokumentieren. Soweit die Vernichtung

lediglich für eine etwaige vorgerichtliche oder gerichtliche Überprüfung

zurückgestellt ist, sind die Daten zu sperren; sie dürfen nur zu diesem

Zweck verwendet werden.

3. Sind verwertbare personenbezogene Informationen durch eine entsprechende

polizeirechtliche Maßnahme erlangt worden, dürfen diese Informationen in

einem Strafverfahren ohne Einwilligung der insoweit überwachten Personen

nur zur Aufklärung einer Straftat, auf Grund derer die Maßnahme nach §

100c angeordnet werden könnte, oder zur Ermittlung des Aufenthalts der

einer solchen Straftat beschuldigten Person verwendet werden.

(7) Die durch die Maßnahme erhobenen Daten sind als solche zu kennzeichnen. Nach einer Übermittlung ist die Kennzeichnung durch die Empfänger aufrechtzuerhalten.

(8) Von den nach § 100c durchgeführten Maßnahmen sind die Betroffenen von der Staatsanwaltschaft zu benachrichtigen. Dabei ist auf die Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes nach Absatz 10 und die dafür vorgesehene Frist hinzuweisen. Betroffene im Sinne von Satz 1 sind:

1. Beschuldigte, gegen die sich die Maßnahme richtet,

2. sonstige überwachte Personen,

3. Inhaber und Inhaberinnen, Bewohnerinnen und Bewohner der überwachten

Wohnung.

Bei Betroffenen im Sinne von Satz 3 Nr. 2 und 3 unterbleibt die Benachrichtigung, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Ermittlungen möglich wäre oder ihr überwiegende schutzwürdige Belange anderer Betroffener entgegenstehen. Im Übrigen erfolgt die Benachrichtigung, sobald dies ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks oder von Leben, Leib oder Freiheit einer Person oder von bedeutenden Vermögenswerten geschehen kann.

(9) Erfolgt die Benachrichtigung nach Absatz 8 Satz 5 nicht binnen sechs Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedarf die weitere Zurückstellung der Benachrichtigung der richterlichen Zustimmung. Entsprechendes gilt nach Ablauf von jeweils sechs weiteren Monaten. Über die Zustimmung entscheidet das Gericht, das für die Anordnung der Maßnahme zuständig gewesen ist. Ist die Benachrichtigung um insgesamt 18 Monate zurückgestellt worden, entscheidet über die richterliche Zustimmung zu weiteren Zurückstellungen das Oberlandesgericht. § 101 Abs. 4 gilt sinngemäß.

(10) Auch nach Erledigung einer in § 100c genannten Maßnahme können Betroffene binnen zwei Wochen nach ihrer Benachrichtigung die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung sowie der Art und Weise des Vollzugs beantragen. Über den Antrag entscheidet das Gericht, das für die Anordnung der Maßnahme zuständig gewesen ist. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde statthaft. Ist die öffentliche Klage erhoben und der Angeklagte benachrichtigt worden, entscheidet über den Antrag das mit der Sache befasste Gericht in der das Verfahren abschließenden Entscheidung.

Pressestelle des Bundesgerichtshof
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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