Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 59/2004

Urteil wegen an zwei 16jährigen Schülerinnen

im Jahr 1994 begangenen Mordes rechtskräftig

 

Das Landgericht Limburg hat die Eheleute K. wegen gemeinschaftlichen Mordes an zwei 16jährigen Schülerinnen im Oktober 1994 für schuldig befunden. Die Ehefrau M.K. hat es zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Gegen den Ehemann L.K. hat es eine Freiheitsstrafe von 15 Jahren verhängt und die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.

Nach den Feststellungen des Landgerichts bevorzugte der Angeklagte L.K. sexuelle Praktiken, die mit schmerzhaften Manipulationen für die betroffene Partnerin im Brustbereich verbunden waren. Durch normale Sexualität vermochte er keine Befriedigung zu erlangen. Mehrere Partnerinnen lehnten seine Praktiken ab, auch die Angeklagte M.K. Dennoch nahm sie diese Behandlung gelegentlich hin, um den Angeklagten L.K. nicht zu verlieren. Auch hatte sie einen Monat vor der Tat eine Bekannte in die Wohnung gelockt, damit der Angeklagte an dieser seine Neigungen ausleben konnte. In der Nacht zum 9. Oktober 1994 beschlossen beide Angeklagte, sich eines Mädchens zu bemächtigen, an dem der Angeklagte sich nach seinen Neigungen sexuell befriedigen konnte. Die Angeklagte M.K. erhoffte sich für ihre Beteiligung Zuneigung und Zärtlichkeit vom Angeklagten L.K. Gemeinsam fuhren sie zu einer Diskothek nach Elz. Dort bot die Angeklagte M.K. den 16jährigen Schülerinnen H. und G. gegen 4.00 Uhr morgens an, sie mit dem vom Angeklagten L.K. gesteuerten Pkw nach Hause zu fahren. Da eine Frau im Wagen saß, fühlten sich die Mädchen sicher und stiegen ein. Entsprechend dem vorher gefaßten Tatplan betäubte der Angeklagte L.K. sie mit Chloroform. Beiden Angeklagten war aufgrund ihrer Vorerfahrung mit Chloroform – der Angeklagte hatte es gegen deren Willen an seiner Ehefrau ausprobiert - klar, daß die Mädchen durch die Betäubung mit Chloroform nicht nur bewußtlos werden, sondern auch sterben könnten. Dennoch nahmen sie diese Wirkung in Kauf. Die bewußtlosen Mädchen wurden in die Wohnung der Angeklagten gebracht, entkleidet und dort vom Angeklagten L.K. im Schlafzimmer sexuell mißbraucht, wobei er sie an den Brüsten und den Genitalien verletzte. Die Angeklagte M.K. befand sich währenddessen im Wohnzimmer. Die Mädchen verstarben kurze Zeit nach den Mißhandlungen entweder allein an den Folgen der Chloroformierung oder an einem zusätzlichen Verschluß der Atemwege. Die Angeklagten brachten die Leichen in einen Wald, wo sie nach drei Tagen gefunden wurden. Eine DNA-Untersuchung führte sieben Jahre später zur Ermittlung des Angeklagten L.K.

Das Landgericht hat bei beiden Angeklagten das Mordmerkmal der Heimtücke als erfüllt angesehen. Bei der Angeklagten M.K. hat die Strafkammer ferner das Vorliegen niedriger Beweggründe bejaht, die besondere Schwere der Schuld hingegen verneint. Bei dem Angeklagten L.K. hat sie außerdem das Mordmerkmale zur Befriedigung des Geschlechtstriebs angenommen und ist - sachverständig beraten – von verminderter Schuldfähigkeit aufgrund einer sexuellen Perversion ausgegangen, die zu einer Strafrahmenverschiebung und damit zur Verhängung einer zeitigen Freiheitsstrafe von 15 Jahren statt zu einer lebenslangen führte.

Die Staatsanwaltschaft hatte gegen dieses Urteil Revision eingelegt, weil sie eine schwerere Bestrafung der Angeklagten erstrebte, nämlich eine lebenslange Freiheitsstrafe für den Angeklagten L.K. und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld für beide Angeklagte.

Der Bundesgerichtshof hat das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft verworfen. Der Angeklagte L.K. weist eine progredient verlaufende, destruktive und sexual-sadistische Entwicklung auf. Deshalb ist er nur vermindert schuldfähig. Dies rechtfertigt die von dem Landgericht vorgenommene Milderung des Strafrahmens von lebenslanger auf eine zeitige Freiheitsstrafe gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei verminderter Schuldfähigkeit regelmäßig eine Strafrahmenverschiebung vorzunehmen, wenn nicht andere schulderhöhende Gesichtspunkte entgegenstehen. Das Vorliegen solcher Umstände hat das Landgericht fehlerfrei abgelehnt, weil die beim Angeklagten festgestellte Triebanomalie nicht von ihm verschuldet war. Da gegen ihn eine zeitige Freiheitsstrafe verhängt wurde, entfiel schon deshalb die Feststellung der besonderen Schuldschwere. Diese kommt nur bei lebenslanger Freiheitsstrafe in Betracht.

Die Verneinung der besonderen Schwere der Schuld bei der Angeklagten M.K. durch das Landgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Über die Feststellung der besonderen Schuldschwere entscheidet der Tatrichter aufgrund einer Gesamtwürdigung von Tat und Täterpersönlichkeit. Diese tatrichterliche Wertung ist durch das Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüfbar. Es hat lediglich zu prüfen, ob der Tatrichter alle maßgeblichen Umstände bedacht und rechtsfehlerfrei abgewogen hat. Es darf aber nicht seine eigene Wertung an die Stelle derjenigen des Tatrichters setzen. Eine ins einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ihm versagt.

Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten L.K. gegen das Urteil hat der Senat durch Beschluß bereits als offensichtlich unbegründet verworfen. Damit ist das Urteil rechtskräftig.

Urteil vom 26. Mai 2004 – 2 StR 386/03

Karlsruhe, den 26. Mai 2004

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