Der Bundesgerichtshof

PRESSEMITTEILUNGEN
 
XML RSS

Dokumentsuche

Datum

Nummer

Suchbegriff

[Icon: Dreieck] Hilfe

 

Kalender

Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Jahr 2004 » Pressemitteilung Nr. 6/04 vom 23.1.2004

Siehe auch:  Urteil des VII. Zivilsenats vom 22.1.2004 - VII ZR 267/02 -, Urteil des VII. Zivilsenats vom 22.1.2004 - VII ZR 183/02 -, Urteil des VII. Zivilsenats vom 22.1.2004 - VII ZR 68/03 -

vorheriges DokumentDokumentlistenächstes Dokument

Druckansicht

Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 6/2004

Bundesgerichtshof entscheidet über Bauhandwerkersicherung nach der Abnahme und nach der Kündigung

Nach § 648a Abs. 1 BGB kann der Bauunternehmer vom Auftraggeber Sicherheit für die von ihm zu erbringenden Vorleistungen einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen in der Weise verlangen, daß er dem Besteller zur Leistung der Sicherheit eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmt, daß er nach dem Ablauf der Frist die Leistung verweigert. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist darf der Unternehmer die Leistung einstellen. Außerdem hat er die Möglichkeit, dem Auftraggeber unter Androhung der Kündigung eine Nachfrist zur Stellung der Sicherheit zu setzen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist gilt der Vertrag als aufgehoben, §§ 643, 645 BGB. Der Unternehmer hat dann Anspruch auf die Vergütung für die erbrachten Leistungen und Ersatz der in der Vergütung nicht inbegriffenen Auslagen. Außerdem kann einen Schadensersatz in Höhe von 5 % der Vergütung geltend machen, wenn er keinen höheren Schaden nachweist.

Der Bundesgerichtshof hat die streitige Frage entschieden, ob diese Regelungen auch dann gelten, wenn der Auftraggeber die Leistung abgenommen hat oder der Vertrag gekündigt worden ist. Er hat sie bejaht und dabei darauf hingewiesen, daß § 648a BGB dem Unternehmer die Möglichkeit verschafft, die gesetzlich geschuldete Vorleistung abzusichern. Dieses Bedürfnis nach Absicherung besteht, solange der Unternehmer ungesicherte Vorleistungen erbringen muß. Das kann auch nach Abnahme oder Kündigung des Vertrages der Fall sein, nämlich dann, wenn der Auftraggeber noch Mängelbeseitigung fordert, der Werklohn jedoch noch nicht bezahlt ist. Ist der Unternehmer bereit und in der Lage, die Mängelbeseitigung vorzunehmen, kann er sie davon abhängig machen, daß der Auftraggeber eine Sicherheit für den noch offenen Werklohn stellt. Ist die Frist, binnen derer die Sicherheit gestellt werden muß, abgelaufen, darf der Unternehmer auch nach Abnahme oder Kündigung die Mängelbeseitigungsarbeiten einstellen.

Der Bundesgerichtshof hat auch die Frage entschieden, wie der Unternehmer den Vertrag nach Abnahme oder nach Kündigung abrechnen kann, wenn der Auftraggeber die Bezahlung wegen Mängeln verweigert, jedoch eine Sicherheit nicht stellt. In diesen Fällen beruft sich der Unternehmer auf sein Recht, die Mängelbeseitigungsarbeiten zu verweigern; der Auftraggeber beruft sich auf sein Recht, die Zahlung des Werklohns in Höhe des mindestens Dreifachen der Mängelbeseitigungskosten zu verweigern, § 641 Abs. 3 BGB. Es entsteht eine "Pattsituation". Diese ist nach der Systematik des Gesetzes aufzulösen. In sinngemäßer Anwendung der §§ 648a Abs. 5, 643 Satz 1 und 645 Abs. 1 BGB hat der Unternehmer die Möglichkeit, dem Auftraggeber eine Nachfrist zur Sicherheitsleistung mit der Erklärung zu setzen, daß er die Mängelbeseitigung ablehne, wenn die Sicherheit nicht fristgerecht geleistet werde. Nach fruchtlosem Ablauf der Nachfrist erlöschen der Mängelbeseitigungsanspruch des Auftraggebers und damit auch sein Leistungsverweigerungsrecht. Der Unternehmer hat Anspruch auf die Vergütung, die jedoch um den mangelbedingten Minderwert zu kürzen ist. Das bedeutet, daß regelmäßig diejenigen Kosten von der vertraglichen Vergütung abgezogen werden, die notwendig sind, um den Mangel beseitigen zu lassen. Außerdem hat der Unternehmer Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens nach Maßgabe des § 648a Abs. 5 Satz 2 BGB.

Der Unternehmer muß von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen. Er kann davon absehen, eine Nachfrist zu setzen und den Mängelbeseitigungsanspruch des Auftraggebers zu Fall zu bringen. In diesem Fall kann er die volle vertragliche Vergütung verlangen, muß es jedoch hinnehmen, daß der Auftraggeber sein gesetzliches Leistungsverweigerungsrecht geltend macht.

Mit dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof insbesondere solchen Lösungsvorschlägen eine Absage erteilt, die dem Unternehmer den Anspruch auf die volle vertragliche Vergütung zubilligten, obwohl die Leistung mangelhaft war. Er hat auch darauf hingewiesen, daß in einem Werklohnprozeß die Frage, ob die Leistung mangelhaft ist, nach der von ihm entwickelten Lösung nicht offen bleiben kann, sondern vom Gericht zu klären ist.

Urteile vom 22. Januar 2004 - VII ZR 183/02, VII ZR 267/02, VII ZR 68/03

Karlsruhe, den 23. Januar 2004

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-5013

Telefax (0721) 159-5501

Druckansicht