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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Monat Juli 2003 » Pressemitteilung Nr. 98/03 vom 22.7.2003

Siehe auch:  Urteil des II. Zivilsenats vom 21.7.2003 - II ZR 109/02 -

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Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 98/2003

 

Bundesgerichtshof zur sog. "Blockabstimmung" und zur Frage eines Bezugsrechts der Aktionäre bei stillen Beteiligungen an einer Aktiengesellschaft

Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte über die Anfechtungsklage eines Vereins von Minderheitsaktionären gegen den Beschluß der Aktionärsversammlung einer als Aktiengesellschaft verfaßten Hypothekenbank zu entscheiden. Gegenstand des angefochtenen Beschlusses war die Zustimmung zu neun Verträgen zwischen der beklagten Aktiengesellschaft und verschiedenen anderen Unternehmen, die sich als stille Gesellschafter mit Einlagen zwischen 2,3 Mio. € und 25 Mio. € an dem Unternehmen der Beklagten beteiligen und dafür - unter der Bedingung einer entsprechend hohen Gewinnerzielung - eine "Gewinnbeteiligung" in Höhe von 8,10 % bis 8,16 % p.a. des Nennbetrags ihrer Einlagen erhalten sollten. Der klagende Verein, zugleich Aktionär der Beklagten, hatte die Auffassung vertreten, die Sammelbeschlußfassung über die Zustimmung zu den neun Verträgen sei unzulässig gewesen. Vor allem aber greife der Beschluß in rechtswidriger Weise in das Bezugsrecht der Aktionäre gemäß § 221 Abs. 4 Satz 1 AktG ein. Die stillen Beteiligungen seien in Wahrheit als sog. "Genußrechte" anzusehen, auf welche alle Aktionäre ein Bezugsrecht hätten. Für einen Ausschluß dieses Bezugsrechts fehle es schon an den formellen Voraussetzungen. Schließlich sei der angefochtene Beschluß rechtswidrig, weil der Vorstand die Frage des Aktionärs Prof. W. nach geschäftlichen Beziehungen zwischen der Großaktionärin und den stillen Gesellschaftern nicht beantwortet habe.

Der Bundesgerichtshof brauchte die im Schrifttum vor allem bei der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern kontrovers diskutierte Frage der Zulässigkeit von sog. "Blockabstimmungen" nicht abschließend zu entscheiden. Nach seiner Ansicht bestehen gegen ein derartiges Abstimmungsverfahren bei zusammenhängenden Sachfragen jedenfalls dann keine Bedenken, wenn der Versammlungsleiter zuvor darauf hinweist, daß durch (mehrheitliche) Ablehnung der Beschlußvorlage eine Einzelabstimmung herbeigeführt werden kann, und kein anwesender Aktionär Einwände gegen diese Verfahrensweise erhebt.

Ebenso wie die Vorinstanzen sieht auch der Bundesgerichtshof in der stillen Beteiligung an einer Aktiengesellschaft kein Genußrecht, das ein Bezugsrecht der Aktionäre auslösen würde. Nach seiner Ansicht ist ein als stille Gesellschaft vereinbartes und einzuordnendes Rechtsverhältnis von einem Genußrecht zu unterscheiden und als Unternehmensvertrag i.S.v. § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG zu qualifizieren. Unternehmensverträge unterlägen ihren eigenen Regeln nach §§ 293 ff. AktG und lösten kein Bezugsrecht der Aktionäre aus.

Einen Anfechtungsgrund hat der Bundesgerichtshof schließlich auch nicht darin gesehen, daß der Vorstand der Beklagten die Frage nach "geschäftlichen Beziehungen" zwischen den stillen Gesellschaftern und dem Großaktionär der Beklagten unter Hinweis auf das Bankgeheimnis nicht beantwortet hat. Eine etwaige Unangemessenheit der vereinbarten Konditionen, worauf die Frage offenbar gezielt habe, sei nicht aus irgendwelchen Geschäftsbeziehungen zu folgern, sondern aufgrund eines Vergleichs mit der Marktlage festzustellen. Zudem seien die Konditionen, insbesondere der Zinssatz, nach dem der Hauptversammlung vorliegenden Prüfbericht angemessen gewesen.

Urteil vom 21. Juli 2003 - II ZR 109/02

Karlsruhe, den 22. Juli 2003

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-5013

Telefax (0721) 159-5501

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