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Bundesgerichtshof
Nr. 69/2003 Bundesgerichtshof zur Verwertbarkeit von richterlichen Zeugenvernehmungen bei bewußt wahrheitswidrigem Verschweigen eines Verlöbnisses
Das Landgericht Erfurt hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung und tateinheitlich begangener Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte die Zeugin gegen deren Willen zu sexuellen Handlungen genötigt, nachdem er sie zuvor jeweils körperlich mißhandelt hatte. Die Geschädigte erstattete unmittelbar nach der zweiten Tat Strafanzeige bei der Polizei und wurde anschließend durch den Ermittlungsrichter vernommen. Bei der Polizei und vor dem Ermittlungsrichter verneinte sie auf Frage wahrheitswidrig das Bestehen eines Verlöbnisses, so daß sie nicht über das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 StPO belehrt wurde. Bei diesen Vernehmungen schilderte sie die Vorfälle so, wie das Landgericht sie seinem Urteil zugrunde gelegt hat. Nach Erhebung der Anklage wurde dem Gericht durch den Verteidiger des Angeklagten mitgeteilt, daß sich die Zeugin nunmehr auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht als Verlobte nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 StPO berufe. In der Hauptverhandlung erklärte die Zeugin, mit dem Angeklagten schon bei den früheren Vernehmungen verlobt gewesen zu sein, und verweigerte nunmehr als Verlobte die Aussage. Die Strafkammer vernahm daraufhin den Ermittlungsrichter über die Bekundungen der Zeugin bei ihrer richterlichen Vernehmung. Nach der Aussage des Ermittlungsrichters in der Hauptverhandlung wurde die Geschädigte auf Antrag der Verteidigung erneut vernommen. Die Zeugin machte nunmehr Angaben zur Sache. Sie widerrief ihre frühere Aussage und gab an, gegenüber dem Ermittlungsrichter die Unwahrheit gesagt zu haben, die sexuellen Handlungen seien einverständlich erfolgt. Die Strafkammer hielt diese Bekundungen für nicht glaubhaft und stützte die Feststellungen im Wesentlichen auf die Angaben des Ermittlungsrichters. Die Revision des Angeklagten beanstandet mit einer Verfahrensrüge die Vernehmung des Ermittlungsrichters als Zeugen über die frühere Aussage der Geschädigten und deren Verwertung. Die Angaben seien wegen der fehlenden Belehrung der Zeugin durch den Ermittlungsrichter über ihr Zeugnisverweigerungsrecht als Verlobte unverwertbar. Dem ist der Senat nicht gefolgt und hat die Revision verworfen. Beruft sich eine Zeugin zunächst auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht als Verlobte und sagt später in der Hauptverhandlung gleichwohl zur Sache aus, um ihre frühere richterliche Vernehmung zu entkräften, so ist diese verwertbar, wenn die Belehrung gemäß § 52 StPO damals nur deshalb unterblieben ist, weil die Frage nach einem Verlöbnis bewußt wahrheitswidrig verneint wurde. Will die Zeugin mit ihrer Aussage in der Hauptverhandlung ihre früheren Angaben entkräften, so stellt sie sich als Beweismittel zur Verfügung und macht damit auch ihrer früheren Angaben zum Gegenstand der Vernehmung. Dabei steht es nicht zur Disposition der Zeugin, welche Aussageinhalte verwertet werden können. Urteil vom 28. Mai 2003 – 2 StR 445/02 Karlsruhe, den 28. Mai 2003 Pressestelle des Bundesgerichtshofs 76125 Karlsruhe Telefon (0721) 159-422 Telefax (0721) 159-831
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