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Bundesgerichtshof
Nr. 66/2003 Bundesgerichtshof zur Strafbarkeit der Vermietung porno-graphischer Videofilme mittels "intelligenter" Automaten Das Landgericht Stuttgart hatte die Angeklagten vom Vorwurf der Verbreitung pornographischer Videofilme und des Verstoßes gegen das Jugendschutzgesetz a.F. freigesprochen. Die dagegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft hat der Bundesgerichtshof als unbegründet verworfen. Nach den Feststellungen betrieben die Angeklagten eine sogenannte Automatenvideothek, in der unter anderem Filme pornographischen Inhalts erhältlich waren. Um auch ohne Ladenpersonal eine wirksame Alterskontrolle zu gewährleisten, mußten die Kunden bei den Angeklagten einen Aufnahmeantrag stellen. Dabei wurden ihre Angaben nach persönlicher Vorsprache anhand eines vorzulegenden Ausweispapiers überprüft und der Daumenabdruck eingelesen. Anschließend erhielten sie Chipkarte und PIN. Mit der Chipkarte war die Tür zum Automatenraum zu öffnen. Die Besichtigung des Filmangebotes und die Anmietung von Filmen am Automaten war erst nach einem Abgleich von Chipkarte, PIN und Daumenabdruck des Kunden möglich. Ein Mißbrauch von Chipkarte und PIN durch Jugendliche war nach den Feststellungen des Landgerichts in dem videoüberwachten Automatenraum nicht beobachtet worden. Auch bestanden keine Anhaltspunkte für eine Fehlfunktion des biometrischen Sicherheitssystems. Die Strafbarkeit des Betriebs von derartigen Automatenvideotheken ist in der Rechtsprechung, insbesondere der Verwaltungsgerichte, umstritten. Der Bundesgerichtshof hat unter den gegebenen Umständen eine Strafbarkeit der Angeklagten insbesondere nach § 184 Abs.1 Nr. 3a StGB verneint. Nach dieser Vorschrift ist die Vermietung von Videofilmen mit pornographischem Inhalt nur in Ladengeschäften zulässig, die Minderjährigen unzugänglich sind und auch nicht von ihnen eingesehen werden können. Von der Strafbarkeit sind daher Spezialgeschäfte, die einen effektiven Jugendschutz gewährleisten, ausgenommen. Diese Voraussetzungen sah der Senat nach den vom Landgericht zur Zuverlässigkeit des Systems getroffenen und das Revisionsgericht bindenden Feststellungen als gegeben an. Dabei hat der Senat im Hinblick auf den Schutzzweck der Norm und eine am 1. April 2003 eingetretene Änderung des Jugendschutzrechts darauf abgestellt, daß der Begriff des "Ladengeschäfts" nicht zwingend die Anwesenheit von Personal voraussetze, wenn, wie dies hier der Fall war, durch technische Sicherungsmaßnahmen eine qualitativ vergleichbare effektive Jugendschutz- und Alterskontrolle zuverlässig gewährleistet sei. Bei der Einführung des § 184 Abs.1 Nr. 3a StGB im Jahre 1985 sei der Gesetzgeber zwar noch davon ausgegangen, nur anwesendes Personal könne verhindern, daß Minderjährige in einer Videothek indiziertes Material anmieteten. Über diese Vorstellung sei die technische Entwicklung jedoch hinweggegangen, was eine andere Bewertung gebiete.
Über eine Fallgestaltung, bei der sich das verwendete Sicherungssystem als nicht effektiv erweist, hatte der Senat nicht zu entscheiden. Urteil vom 22. Mai 2003 – 1 StR 70/03 Karlsruhe, den 22. Mai 2003 Pressestelle des Bundesgerichtshofs 76125 Karlsruhe Telefon (0721) 159-422 Telefax (0721) 159-831
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