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Bundesgerichtshof
Nr. 60/2003 Bundesgerichtshof billigt Sonderregelung für die VBL-Zusatz-versorgung von Pflichtversicherten im Beitrittsgebiet (Eintritt des Versicherungsfalls vor Erfüllung der Wartezeit) Die Klägerinnen aller drei Verfahren begehren von der beklagten Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) die Festsetzung höherer Leistungen aus der Zusatzversorgung. Sie waren bis zum 3.10.1990 im öffentlichen Dienst der ehemaligen DDR sowie anschließend im öffentlichen Dienst der neuen Bundesländer beschäftigt. In der DDR haben sie Rentenanwartschaften sowohl in der Sozialpflichtversicherung als auch in einem oder mehreren Zusatzversorgungssystemen erworben. Nach dem Beitritt der neuen Bundesländer wurden sie von ihren Arbeitgebern zum 1.1.1997 - dem Zeitpunkt der Einführung der Zusatzversorgung im Beitrittsgebiet - bei der Beklagten zur Pflichtversicherung angemeldet. Die Klägerinnen sind nunmehr vor Ablauf der in der Satzung der Beklagten (VBLS) grundsätzlich vorgesehenen Wartezeit von 60 Umlagemonaten in den Ruhestand getreten. Sie beziehen aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Altersrente für Frauen. Von der Beklagten wurde ihnen die für solche Fälle gemäß § 105b VBLS vorgesehene Leistung zugesagt. Diese entspricht einer statischen Versicherungsrente, wobei der Bemessung die dem Ende des Arbeitsverhältnisses vorangegangenen 60 Kalendermonate (fiktiv) zugrunde zu legen sind. Mit Wirkung vom 1.1.2001 hat die Beklagte ihre Satzung neu gefaßt mit dem Ziel, das bisherige System durch ein Betriebsrentensystem mit sogenannten Versorgungspunkten abzulösen. Die Neufassung ist seit Anfang dieses Jahres in Kraft. Danach bleiben die sich aus § 105b VBLS ergebenden Leistungsansprüche erhalten. Weitergehende Ansprüche werden nicht gewährt. Die Klägerinnen sehen hierin eine gegen ihre Grundrechte aus Art. 3 und 14 GG verstoßende unangemessene Benachteiligung gegenüber Pflichtversicherten aus den alten Bundesländern. Sie meinen, ihnen stehe statt der gewährten Leistung eine erheblich höhere dynamische Versorgungsrente zu, deren Bemessung - entsprechend der Regelung in der gesetzlichen Rentenversicherung - sämtliche Beschäftigungszeiten im Beitrittsgebiet (in der DDR und nach der Wende im öffentlichen Dienst der BRD) zugrunde gelegt werden müßten. Der Bundesgerichtshof ist wie schon die Vorinstanzen dieser Auffassung nicht gefolgt und hat die vom OLG Karlsruhe zugelassenen Revisionen der Klägerinnen zurückgewiesen. Er hat darauf verwiesen, daß nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 28. April 1999 – 1 BvL 2/95, 1 BvR 2105/95 – BVerfGE 100, 1ff = NJW 1999, 2493 ff) die aufgrund des Einigungsvertrages erfolgte Überführung der in den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung bei verfassungskonformer Auslegung mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Vor diesem Hintergrund ist es im Wege der Inhaltskontrolle (§ 9 AGBG) nicht zu beanstanden, daß § 105b VBLS Pflichtversicherten in der Situation der Klägerinnen nur einen Anspruch auf eine Versicherungsrente gewährt. Ihnen wird dadurch weder eine eigentumsrechtlich geschützte Rechtsposition entzogen, noch werden sie gleichheitswidrig benachteiligt. Anders als zugunsten der durchgängig bei der Beklagten Pflichtversicherten in den alten Bundesländern wurden für die Klägerinnen in der Vergangenheit keine Umlagen in das Zusatzversorgungssystem geleistet. Daneben steht einer Pflicht der Beklagten zur Berücksichtigung von sogenannten Vordienstzeiten der Klägerinnen jedenfalls entgegen, daß bei ihnen die 60monatige Wartezeit gemäß § 38 Abs. 1 VBLS nicht erfüllt ist. Die Erfüllung der Wartezeit ist eine für alle Pflichtversicherten gleichermaßen geltende Voraussetzung eines Anspruchs auf Versicherungsleistungen der Beklagten. Insofern stellt § 105b VBLS die Gruppe der Klägerinnen gegenüber anderen Pflichtversicherten sogar besser, weil sie trotz nicht erfüllter Wartezeit Leistungen erhalten. Urteile vom 14. Mai 2003 - IV ZR 50/02, IV ZR 72/02 und IV ZR 76/02 Karlsruhe, den 14. Mai 2003 Pressestelle des Bundesgerichtshofs 76125 Karlsruhe Telefon (0721) 159-422 Telefax (0721) 159-831
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