Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 58/2003

 

 

 

Vorschau auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in den

nächsten Monaten des Jahres 2003

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 29. April 2003

VI ZR 393/02

AG Eschweiler 5 C 392/02 ./. LG Aachen 7 S 134/02

 

Der Kläger verlangt von der Beklagten als Haftpflichtversicherer des Schädigers Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls, bei dem sein Kfz beschädigt wurde. Der Kläger ist Karosseriebaumeister und hat sein Fahrzeug nach dem Unfall selbst instandgesetzt. Im Prozeß hat der Sachverständige bestätigt, daß durch die Reparaturmaßnahmen jedenfalls Verkehrs- und Betriebssicherheit wiederhergestellt worden sind; er hat allerdings Art und Qualität der Reparatur nicht näher untersucht. Die Parteien streiten darüber, ob bei dieser Sachlage der Kläger seinen Schaden auf Reparaturkostenbasis abrechnen kann, ohne daß es darauf ankommt, ob die Reparatur "fachgerecht" erfolgt ist. Nach der bisherigen Rechtsprechung des VI. Zivilsenats kann bei der Vergleichsbetrachtung im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots des § 249 Satz 2 BGB der Restwert außer Betracht bleiben, wenn der Geschädigte durch eine Reparatur hinreichend sein "Integritätsinteresse" zum Ausdruck gebracht hat. Deshalb stellt sich die Frage, ob die Reparatur vorliegend diesen Anforderungen genügt. Das haben die Vorinstanzen angenommen und deshalb dem Anspruch des Klägers stattgegeben. Das Berufungsgericht hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen.

 

 

 

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 29. April 2003

VI ZR 398/02

AG Hagen 16 C 135/01 ./. LG Hagen 1 S 108/02

 

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Schadensersatz wegen eines Verkehrs-unfalls, bei dem ihr Porsche beschädigt wurde. Sie hat den Pkw unrepariert ver-äußert und möchte ihren Schaden anhand der Reparaturkosten und insbesondere derjenigen Stundensätze abrechnen, die ein "Porsche-Zentrum" veranschlagt hat. Die beklagte Haftpflichtversicherung hat den Schaden auf der Grundlage der von der DEKRA angegebenen "mittleren ortsüblichen" Stundensätze reguliert. Die Klägerin macht mit der Klage die Differenz geltend und meint, sie habe Anspruch auf eine Reparatur in einer Vertragswerkstatt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat sie abgewiesen, jedoch wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen.

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 7. Mai 2003

VIII ZR 274/02

AG Frankfurt am Main – 33 C 3453/01- 67 ./. LG Frankfurt am Main – 2/11 S 79/02

 

In diesem Verfahren geht es vor allem um die Frage, welche Auswirkungen das am 1. September 2001 in Kraft getretene Mietrechtsreformgesetz auf das Recht des Mieters hat, wegen eines nachträglich eingetretenen Mangels der gemieteten Wohnung die Miete zu mindern.

Der Beklagte hat im Jahre 1979 von der Klägerin eine Wohnung gemietet. Seit 1994/95 mußte er eine erhebliche Lärmbelästigung hinnehmen, die von den Bewohnern einer Nachbarwohnung ausging. Erstmals im Februar 1997 machte er die Vermieterin auf die Lärmbelästigung aufmerksam. Seit Juni 1997 zahlte er nur noch eine um 70,- DM geminderte Miete. In der Folgezeit versuchte die Vermieterin erfolglos, die Lärmbelästigung abzustellen. Nachdem der Beklagte im Februar 1999 auf Verlangen der Klägerin die bis dahin einbehaltenen Mietanteile unter Vorbehalt nachgezahlt hatte, minderte er ab Juli 1999 wegen der Lärmbelästigung erneut die Miete um monatlich 69,90 DM. Mit ihrer Klage verlangt die Vermieterin die rückständige Miete bis einschließlich September 2001.

Amtsgericht und Landgericht haben der Klage stattgegeben. Sie haben sich dabei auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gestützt, die in entsprechender Anwendung des § 539 BGB a.F. annahm, der Mieter verliere das Recht zur Minderung der Miete für die Zukunft, wenn er nach Auftreten des Mangels über einen längeren Zeitraum - regelmäßig etwa sechs Monate - die Miete vorbehaltlos in voller Höhe weiterzahle. Das Landgericht hat jedoch die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Es hält eine höchstrichterliche Klärung der Frage für erforderlich, ob die Bestimmung über den Verlust des Minderungsrechts bei rügeloser Hinnahme eines von Anfang an vorhandenen Mangels der Wohnung (früher: § 539 BGB, jetzt: § 536b BGB) weiterhin auf Fälle eines nachträglich eingetretenen Mangels entsprechend angewendet werden kann. Dagegen werden in der juristischen Literatur vor allem deshalb Bedenken geltend gemacht, weil in der Begründung zum Entwurf des Mietrechtsreformgesetzes erhebliche Einwände gegen die dahin gehende bisherige Rechtsprechung erhoben worden sind. In diesem Zusammenhang stellen sich möglicherweise auch grundsätzliche Fragen nach den Grenzen der Gesetzesauslegung und richterlicher Rechtsfortbildung.

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 7. Mai 2003

XII ZR 229/00

AG Passau – 1 F 1016/99 ./. OLG München – 26 UF 748/00

 

Der Kläger begehrt von den Beklagten u.a. Auskunft über ihre Einkommensver-hältnisse. Der Kläger und der Beklagte zu 1 sind Brüder, deren Mutter seit 1998 in einem Altenpflegeheim lebt. Für die in Höhe von monatlich 1.036 DM ungedeckten Heimkosten kommt der Kläger derzeit alleine auf. Er vertritt die Auffassung, sein Bruder sei der Mutter ebenfalls unterhaltspflichtig. Um dessen anteilige Haftung fest-stellen zu können, benötige er die begehrte Auskunft über das Einkommen des Bruders sowie über das Einkommen von dessen Ehefrau, der Beklagten zu 2, in deren Betrieb der Bruder angestellt sei. Das Amtsgericht hat dem gegen den Beklagten zu 1 gerichteten Auskunftsverlangen im wesentlichen stattgegeben und die Klage gegen die Beklagte zu 2 abgewiesen. Die gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Berufung des Klägers blieb erfolglos. Das Oberlandesgericht hat die Ansicht vertreten, für einen Auskunftsanspruch gegen die Beklagte zu 2 fehle es an einer Rechtsgrundlage. Mit seiner – zugelassenen – Revision verfolgt der Kläger sein zweitinstanzliches Begehren weiter.

 

 

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 14. Mai 2003

IV ZR 50/02

LG Karlsruhe - 6 O 148/00 ./. OLG Karlsruhe - 12 U 13/01

und

IV ZR 72/02

LG Karlsruhe - 6 O 233/00 ./. OLG Karlsruhe - 12 U 63/01

und

IV ZR 76/02

LG Karlsruhe - 6 O 372/00 ./. OLG Karlsruhe - 12 U 90/01

 

Die Klägerinnen aller drei Verfahren begehren von der beklagten Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder die Festsetzung höherer Leistungen aus der Zusatzversorgung.

Die Klägerinnen waren bis zum 3.10.1990 im öffentlichen Dienst der ehemaligen DDR sowie anschließend im öffentlichen Dienst der neuen Bundesländer beschäftigt. Sie haben in der DDR Rentenanwartschaften sowohl in der Sozialpflichtversicherung als auch in einem oder mehreren Zusatzversorgungssystemen erworben. Nach dem Beitritt wurden sie von ihren Arbeitgebern zum 1.1. 1997 – dem Zeitpunkt der Einführung der Zusatzversorgung im Beitrittsgebiet - bei der Beklagten zur Pflichtversicherung angemeldet. Die Klägerinnen sind nunmehr vor Ablauf der in der Satzung der Beklagten (VBLS) grundsätzlich vorgesehenen Wartezeit von 60 Umlagemonaten in den Ruhestand getreten. Sie beziehen aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Altersrente für Frauen. Von der Beklagten wurde ihnen die für solche Fälle gemäß § 105 b VBLS vorgesehene Leistung zugesagt. Diese entspricht einer statischen Versicherungsrente, wobei der Bemessung die dem Ende des Arbeitsverhältnisses vorangegangenen 60 Kalendermonate zugrunde zu legen sind. Mit Wirkung ab 1. 1. 2001 hat die Beklagte ihre Satzung neu gefaßt mit dem Ziel, das bisherige System durch ein Betriebsrentensystem mit sogenannten Versorgungspunkten abzulösen. Die Neufassung ist seit Anfang dieses Jahres in Kraft. Danach bleiben die sich aus § 105 b VBLS ergebenden Leistungsansprüche erhalten. Weitergehende Ansprüche werden nicht gewährt.

Die Klägerinnen sind der Auffassung, ihnen stehe statt der gewährten Leistung eine erheblich höhere dynamische Versorgungsrente zu, bei deren Bemessung - entsprechend der Regelung in der gesetzlichen Rentenversicherung - sämtliche Beschäftigungszeiten im Beitrittsgebiet (in der DDR und nach der Wende im öffentlichen Dienst der Bundesrepublik) zugrunde gelegt werden müßten. Sie halten die entgegenstehenden Bestimmungen der VBLS für unwirksam. Insbesondere würden sie im Vergleich zu Pflichtversicherten, die vor dem 3.10.1990 in den alten Bundesländern Beitragszeiten oder beitragsfreie Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt haben, unangemessen benachteiligt.

LG und OLG Karlsruhe haben den Klagebegehren nicht entsprochen. Nach Auffassung des OLG Karlsruhe werden die Klägerinnen durch § 105 b VBLS gegenüber Pflichtversicherten aus den alten Bundesländern sogar besser gestellt, da diese vor Ablauf der Wartezeit keine Ansprüche aus der Zusatzversorgung der Beklagten erwerben könnten.

Mit den zugelassenen Revisionen verfolgen die Klägerinnen ihr Begehren weiter.

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 14. Mai 2003

VIII ZR 160/02

LG Itzehoe - 5 O 135/97 ./. OLG Schleswig – 1 U 167/98

und

VIII ZR 161/02

LG Itzehoe - 5 O 121/97 ./. OLG Schleswig – 1 U 166/98

und

VIII ZR 322/02

LG Itzehoe – 5 O 51/98 ./. OLG Schleswig – 1 U 175/98

 

Die Kläger in den gleich gelagerten Verfahren haben im Jahr 1999 Windkraftanlagen errichtet und verlangen von der Beklagten, einem regionalen Stromversorgungsunternehmen, daß sie die Anlagen an ihr Verteilungsnetz anschließe, den erzeugten Strom abnehme und ihn zu bestimmten Preisen vergüte. Die Kläger berufen sich dafür auf das Stromeinspeisungsgesetz in der Fassung vom 24.4.1998 (StrEG) und auf das Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien (EEG), welches ab dem 1. April 2000 das StrEG abgelöst hat. Nach beiden Gesetzen sind die Betreiber des einer Anlage zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien nächstgelegenen Stromnetzes verpflichtet, den darin erzeugten Strom abzunehmen und zu bestimmten, über dem Marktpreis für vergleichbaren Strom liegenden Mindestpreisen zu vergüten. Die Beklagte hat geltend gemacht, nach dem StrEG und dem EEG zur Abnahme nicht verpflichtet zu sein, weil die Abnahme des von den Windkraftanlagen der Kläger erzeugten Stroms die technische Aufnahmekapazität ihres Verteilungsnetzes überschreite. Die Beklagte hat darüber hinaus die Auffassung vertreten, die genannten Gesetze verstießen gegen höherrangiges Recht und seien deshalb unwirksam. Die gesetzlich festgelegte Mindestvergütung stelle eine nach Art. 87 des EG-Vertrages unzulässige staatliche Beihilfe an bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige dar. Die Abnahme- und Vergütungspflicht verstoße ferner gegen das deutsche Grundgesetz, weil sie unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit der Stromversorgungsunternehmen eingreife. Das Oberlandesgericht hat die Beklagte in beiden Fällen zum rückwirkenden Abschluß eines den Bedingungen des StrEG und des EEG entsprechenden Stromeinspeisungsvertrages verurteilt. Es hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

 

 

 

 

Verkündungstermin: 20. Mai 2003 (Verhandlungstermin: 8. April 2003)

KZR 12/02

LG Stuttgart - 11 KfH O 158/00 ./. OLG Stuttgart - 2 U 136/01

 

Die Klägerin ist eine Ferngasgesellschaft für Baden-Württemberg sowie einige wichtige Anrainergebiete, die fremdbezogenes Erdgas über ein eigenes Leitungsnetz an andere kommunale und regionale Energieversorgungsunternehmen liefert. Die Beklagte ist ein kommunales Energieversorgungsunternehmen, das schon seit 1982 von der Klägerin Erdgas bezog. Der am 29. April 1996 zwischen den Parteien geschlossene Gaslieferungsvertrag, der eine Laufzeit bis zum 30. September 2015 hat, enthält in § 4 Abs. 2 eine Demarkationsabrede und verpflichtet in § 2 Abs. 6 die Beklagte, ihren gesamten Erdgasbedarf mit Ausnahme von Flüssiggas durch Bezug von der Klägerin zu decken sowie einen über den Rahmen der Lieferverpflichtung hinausgehenden Bedarf bei der Klägerin zu decken, es sei denn, die Klägerin sei hierzu nicht bereit oder in der Lage, zusätzliche Mengen zu marktgerechten Bedingungen zu decken. Der Vertrag enthält ferner in § 13 eine salvatorische Klausel und eine Ersetzungsregelung.

Mit der im Berufungsverfahren - auf Grund einer außergerichtlich zwischen den Parteien erfolgten Einigung - in der Hauptsache für erledigt erklärten Klage hat die Klägerin die Beklagte auf vollständige Erfüllung eines Erdgaslieferungsvertrages und auf die Feststellung in Anspruch genommen, daß die Beklagte nicht berechtigt sei, den Arbeitspreis für von der Klägerin bezogenes Erdgas zu kürzen. Die Beklagte hat im Wege der Zwischenfeststellungswiderklage die Feststellung dahin begehrt, daß der zwischen den Parteien geschlossene Erdgaslieferungsvertrag vom 29. April 1996 insgesamt kartellrechtlich unwirksam sei.

Das Landgericht Stuttgart hat durch Teilurteil dem Widerklagebegehren der Beklagten entsprochen. Hiergegen richtete sich die Berufung der Klägerin. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte nur noch die Feststellung beantragt, daß § 2 Abs. 6 und § 4 Abs. 2 des zwischen den Parteien am 29. April 1996 geschlossenen Vertrages spätestens seit dem 29. April 1998 unwirksam seien. Die Klägerin hat daraufhin anerkannt, daß die in § 4 Abs. 2 des am 29. April 1996 geschlossenen Vertrages enthaltene Demarkationsabrede spätestens seit dem 29. April 1998, dem Datum des Inkrafttretens des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts und der Aufhebung der §§ 103, 103 GWB a.F., unwirksam ist. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat die Zwischenfeststellungswiderklage jedoch im übrigen abgewiesen. Die Gesamtbedarfsdeckungsklausel in § 2 Abs. 6 des Vertrages verstoße zwar wegen der damit verbundenen langfristigen Gesamtbezugsbindung gegen § 1 GWB und Art. 81 EG. Wegen der in § 13 des Vertrages enthaltenen geltungserhaltenden (salvatorischen) Regelung sei aber die endgültige Unwirksamkeit der langfristigen Gesamtbedarfsdeckungsklausel nicht festzustellen. Die sich auf die Gesamtnichtigkeit des Vertrages berufende Beklagte habe nicht darlegen und beweisen können, daß die Klausel nicht durch eine Ersetzungsregelung (ggf. für zwei Jahre gerechnet ab dem 29. April 1998) zu ersetzen gewesen sei.

Der Kartellsenat hat über die zugelassene Revision am 8. April 2003 verhandelt.

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 20. Mai 2003

KZR 26/01

LG Köln - 11 KfH O 158/00 ./. OLG Düsseldorf – U (Kart) 31/00

 

Die Klägerin ist ein Ferngasunternehmen; die Beklagte ist ein kommunales Versorgungsunternehmen, das vorwiegend im Gemeindegebiet der Stadt A. ansässige Endabnehmer u.a. mit Gas versorgt. Die Parteien streiten über die kartellrechtliche Wirksamkeit eines zwischen ihnen rückwirkend auf den 1. Oktober 1984 geschlossenen Gasliefervertrages vom 2./11. Oktober 1984.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, daß der Gasliefervertrag weiterhin wirksam ist. Im Streitfall geht es vor allem um die Verpflichtung der Klägerin, im Versorgungsgebiet der Beklagten keine Kunden unmittelbar mit Gas zu beliefern, und um die Verpflichtung der Beklagten, das gelieferte Gas nicht an Kunden außerhalb des eigenen Versorgungsgebiets weiterzuliefern (Gebietsschutzklausel bzw. Demarkationsabrede). Ferner streiten die Parteien über die rechtliche Zulässigkeit einer Gesamtbedarfsdeckungsklausel bzw. später erfolgter Vereinbarungen einer festen Vertragsmenge sowie einer Sonderrevisionsbestimmung. Der Vertrag enthält zudem eine salvatorische Klausel, nach der im Falle der Teilunwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen die Gültigkeit der übrigen Vertragsbestimmungen unberührt bleibt.

Das Landgericht Köln hat die Feststellungsklage abgewiesen, weil es der Auffassung war, daß der Vertrag gegen Art. 81 Abs. 2 EG verstoße und damit nichtig sei. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht Düsseldorf das Bestehen eines berechtigten Interesses der Parteien im Sinne des § 1 UWG an den vier wettbewerbsbeschränkenden Abreden nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts, dessen Zielsetzung es sei, die Monopolstellung der Unternehmen der Gaswirtschaft aufzubrechen und den brancheninternen Wettbewerb zu fördern, verneint. Auf Grund der vertraglichen totalen fünfjährigen Bezugsbindung vom 29. April 1998/1. Januar 1999 bis zum 1. Oktober 2003 hat das Oberlandesgericht darüber hinaus angenommen, daß in dem Festhalten der Klägerin an dem Vertrag ein Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nach § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB n.F. und Art. 81 Abs.1 und 2 EG liege. Trotz der salvatorischen Vertragsklausel komme eine Aufrechterhaltung der Bezugsbindung mit Modifikationen vor allem aus EG-kartellrechtlichen Gründen nicht in Betracht. Eine solche sei aber auch nicht mit den Zielsetzungen des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechtes zu vereinbaren.

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin.

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 20. Mai 2003

KZR 32/02

LG Berlin – 102 O 28/01 ./. KG Berlin - 2 U 5/02 Kart.

 

Die Parteien streiten über die Ausschreibungspraxis des Landes Berlin, soweit es die Deckung des Bedarfs an Schulbüchern betrifft. Die Beschaffungsstellen des Landes Berlin legen ihrer Auftragsvergabe zusätzliche Vertragsbedingungen für die Ausfüh-rungen von Leistungen vom 13. Juli 1994 zu Grunde. In diesen Bedingungen heißt es:

9. Zahlungen

(1) Der Auftraggeber zahlt nach der Erfüllung der Leistungen binnen eines Monats nach Eingang der prüfbaren Rechnung bargeldlos auf das vom Auftragnehmer anzugebende Konto ...

(2) Bei Zahlung innerhalb von 14 Tagen wird ein Skonto von 2 v.H. des Rechnungsbetrages abgezogen. Gewährt der Auftragnehmer anderen Auftraggebern einen größeren Skontoabzug oder eine länger Frist, so gilt dies als vereinbart.

Die Klägerin zu 1 ist ein Buchhandelsunternehmen und die Kläger zu 2 und 3 sind Schulbuchverlage. Sie haben ihre Preise auf der Grundlage von § 15 GWB a.F., wie die meisten anderen deutschen Verlage auch, mit dem "Sammelrevers 2000" für den Verkauf preisgebundener Verlagserzeugnisse in Deutschland gebunden. In den allgemeinen Bedingungen des "Sammelrevers" heißt es unter anderem:

Barzahlungsnachlässe (Skonti) sind unzulässig. Ausnahmen nur lt. Sonderbedingungen einzelner Verlage.

Die Kläger sehen die Ausschreibungspraxis des Landes Berlin als sittenwidrig im Sinne der § 826 BGB bzw. § 1 UWG an. Der Beklagte sei als Störer gem. § 1 UWG zur Unterlassung des Abzugs von 2% der Auftragssumme bei Zahlung innerhalb von 14 Tagen verpflichtet. Buchhändler, die unter Verstoß gegen ihre eingegangene Preisbindungsverpflichtung Barzahlungsnachlässe einräumten und sich hierdurch Aufträge der Beklagten verschafften, erlangten gegenüber vertragstreuen Mitbewerbern einen unverdienten geschäftlichen Vorsprung. Hilfsweise begehren die Kläger die Feststellung, daß Buchhändler bei der Lieferung von preisgebundenen Schulbüchern an den Beklagten nicht berechtigt seien, Barzahlungsnachlässe zu gewähren oder anzubieten, auch nicht 2 % bei Zahlung innerhalb von 14 Tagen, sofern der von der Bestellung betroffene Verlag die Gewährung eines Barzahlungsnachlasses nicht ausdrücklich gestattet habe.

Das Landgericht Berlin hat das beklagte Land nach dem Hauptantrag unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des sittenwidrigen Verleitens zum Vertragsbruch zur Unterlassung verurteilt. Das Kammergericht in Berlin hat auf die Berufung des beklagten Landes das Urteil des Landgerichts abgeändert und unter Abweisung der Klage im übrigen nach dem Hilfsantrag verurteilt. Einen Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG hat das Kammergericht unter Berufung auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ("Büchereinachlaß" GRUR 1968, 95 ff) mit der Begründung verneint, ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs liege in dem Verhalten des Landes nicht; denn dem Land komme es darauf an, Schulbücher zu den bestmöglichen Konditionen ohne Ansehen des einzelnen Anbieters zu beziehen. Auch sei das Land kein Störer im Sinne des § 1 UWG, auch wenn der Wettbewerb zwischen den einzelnen Buchhändlern, je nachdem, ob sie sich an die Preisbindung halten würden oder nicht, durch das Verlangen von Skonti beeinflußt werde. Ein Unterlassungsanspruch aus §§ 826, 1004 BGB wegen sittenwidrigen Verleitens zum Vertragsbruch bestehe nicht; denn das Land sei kein Händler, sondern trete den Händlern als Letztverbraucher gegenüber. Die Aufforderung zu einem Vertragsschluß stelle für sich noch keine Verleitung zu einem Vertragsbruch dar. Dies gelte auch dann, wenn der Auffordernde wisse, daß der von ihm gewünschte Vertragsinhalt mit dem Inhalt vertraglicher Bindungen des Aufgeforderten gegenüber Dritten nicht vereinbar ist.

Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage hat das Kammergericht indes für begründet gehalten: Die Unterschreitung des Zahlungsziels mit einem 2%igen Skonto zu vergüten stelle einen Verstoß gegen die im Sammelrevers enthaltene, nach § 15 GWB (a.F.) zulässige Buchpreisbindung dar, nach der grundsätzlich die Endabnehmerpreise gegenüber allen Kunden verbindlich und die Buchhändler nicht berechtigt sein sollen, durch bloße Vereinbarung bestimmter vertraglicher Konditionen von diesen Preisen abzuweichen. Beim Schulbuchhandelsgeschäft handele es sich auch nicht um einen Kreditkauf, bei dem die Gewährung eines Skontos für Zahlung vor Fälligkeit zulässig sei, sondern im Buchhandel sei allgemein die Zahlung nach Rechnungslegung üblich.

Das Kammergericht Berlin hat die Revision zugelassen. Das beklagte Land verfolgt mit der Revision seinen Klageabweisungsantrag weiter. Am 1. Oktober 2002 trat das Gesetz über die Preisbindung für Bücher (Buchpreisbindungsgesetz) in Kraft.

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 20. Mai 2003

KZR 19/02

LG München I - I 4 HKO 20913/99 ./. OLG München - U (K) 2545/01

und

KZR 27/02

LG Frankfurt - 3/8 O 183/99 ./. OLG Frankfurt a.M - 11 U (Kart) 55/00

und

KZR 29/02 (früher VIII ZR 202/02)

LG Mainz - 11 HKO 80/99 ./. OLG Koblenz - U 422/01 Kart

 

Allen drei genannten Verfahren liegt im wesentlichen der folgende Sach- und Streitstand zu Grunde:

Die Beklagte betrieb zu Beginn der hier vorliegenden Rechtsstreite bundesweit etwa 160 eigene Optikerfilialen. Daneben ist sie im selben Geschäftszweig als Franchisegeberin gegenüber selbständigen Betreibern von Optikerfachgeschäften tätig. Die Zahl der Franchisenehmer belief sich auf rund 80. Inzwischen betreibt die Beklagte die zweitgrößte Optikerkette mit heute insgesamt 300 Optikerfachgeschäften. Die drei Kläger der hier zur Entscheidung anstehenden Verfahren waren Franchisenehmer der Beklagten und gehören der im Jahre 1999 gegründeten "Interessengemeinschaft der Franchise-Nehmer der A.- Optik e. V" an. Im gleichen Jahr verstärkten sich die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien u.a. wegen der von der Beklagten verlangten Erhöhung des vertraglich festgelegten Werbebeitrags von 2% auf 4% für ihre gesteigerten Werbeaktivitäten. Diese Auseinandersetzungen führten zur Kündigung der Verträge durch die Beklagte. In erster Instanz waren die Berechtigung des Erhöhungsverlangens, die Zulässigkeit einer von der Beklagten betriebenen Festpreiswerbung, die Wirksamkeit von wechselseitig ausgesprochenen Kündigungen sowie das Verlangen der Kläger nach der Herausgabe von Einkaufsvorteilen Gegenstand des Rechtsstreits.

In der Revisionsinstanz streiten die Parteien zum überwiegenden Teil nur noch über die Frage, ob den Klägern ein vertraglicher (oder gesetzlicher) Anspruch auf Herausgabe oder auf Schadensersatz wegen unterlassener Weiterleitung solcher Einkaufsvorteile zusteht, die sich die Beklagte von Lieferanten für deren Lieferung an die Kläger hatte gewähren lassen.

Die Kläger hatten mit der Beklagten schriftliche Formularfranchiseverträge geschlossen, die unter Ziff. 6.3 folgende Regelung enthalten:

(Die Franchisegeberin) betreut den Partner hinsichtlich der Geschäftsentwicklung und des systemgerechten Betriebsablauf und gibt Vorteile, Ideen und Verbesserungen zur Erreichung optimaler Geschäftserfolge an den Partner weiter.

Die Beklagte handelte für ihre eigenen Filialen und zugleich für ihre Franchisenehmer mit den für die Optikerfachgeschäfte gelisteten Lieferanten von Brillengläsern jeweils bestimmte Rabattsätze auf deren Listenpreis aus. Zusätzlich zu diesen Rabatten, die den Franchisenehmern der Beklagten bei Lieferungen seitens der gelisteten Lieferanten zugute kamen, ließ sich die Beklagte von den Lieferanten Differenzrabatte in Höhe bestimmter Prozentsätze auf die jeweiligen Einkäufe ihrer Franchisenehmer gewähren. Vor den Franchisenehmern hielt sie diese Praxis bis zum Jahre 2000 geheim. Mit den Differenzrabatten schöpfte die Beklagte die Preisgestaltungsspielräume der gelisteten Lieferanten vollständig aus. Folge dieser Praxis war, daß die Franchisenehmer gegenüber den gelisteten Lieferanten keine höheren als die von der Beklagten mit den Lieferanten für die Franchisenehmer ausgehandelten Nachlässe auf die Lieferpreise erreichen konnte. Darin sehen die Kläger einen – nach § 33 GWB zur Schadensersatzpflicht der Beklagten führenden - Verstoß gegen das Preisbindungsverbot (§ 14 GWB n.F., § 15 GWB a.F.). Wegen des Verschweigens der insoweit mit den gelisteten Lieferanten getroffenen Vereinba-rungen halten sie die Beklagte ferner unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer vertraglichen Aufklärungspflicht für schadensersatzpflichtig. In erster Linie vertreten die Kläger aber die Auffassung, daß ihnen ein Anspruch auf Herausgabe der von der Beklagten vereinnahmten Differenzrabatte nach Ziff. 6.3 des Franchisevertrags zustehe.

Dieser Auffassung hat sich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main angeschlossen und - in Abänderung des insoweit die Klage abweisenden erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Frankfurt a.M.- die Beklagte zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung über die Höhe der vereinnahmten Differenzrabatte verurteilt. Das Oberlandesgericht München und das Oberlandesgericht Koblenz haben hierzu die gegenteilige Ansicht vertreten und die bezüglich dieser Ansprüche erfolgte Klageabweisung - auch soweit sie auf weitere Anspruchsgrundlagen gestützt war - gegen die Beklagte durch die Landgerichte München I und Mainz bestätigt. In allen drei Verfahren haben die Oberlandesgerichte die Revision zugelassen. Mit ihren Revisionen verfolgen die Kläger ihre Begehren weiter, während die Beklagte mit ihrer in dem Verfahren KZR 27/02 eingelegten Revision ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

Beim Kartellsenat des Bundesgerichtshofs sind zur Zeit noch weitere 15 Revisions-verfahren - auch aus weiteren Bundesländern (vgl. z.B. OLG Düsseldorf WRP 2002, 235 ff.) - anhängig.

 

 

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 20. Mai 2003

1 StR 70/03

LG Stuttgart – 17 Kls 26 Js 56429/01

 

Das Landgericht hat die Angeklagten vom Vorwurf der Verbreitung pornographischer Videofilme und des Verstoßes gegen das Jugendschutzgesetz freige-sprochen. Dagegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft.

Nach den Feststellungen betrieben die Angeklagten eine sogenannte Automaten-videothek, in der unter anderem Filme pornographischen Inhalts erhältlich waren. Um auch ohne Ladenpersonal eine wirksame Alterskontrolle zu gewährleisten, mußten die Kunden bei den Angeklagten einen Aufnahmeantrag stellen. Dabei wurden ihre Angaben anhand eines vorzulegenden Ausweispapiers überprüft und der Daumenabdruck eingelesen. Anschließend erhielten sie Chipkarte und PIN. Die Besichtigung des Filmangebotes und die Ausleihe von Filmen am Automaten war erst nach einem Abgleich von Chipkarte, PIN und Daumenabdruck des Entleihers möglich.

Die Angeklagten haben sich auf neuere Rechtsprechung von Verwaltungsgerichten berufen, wonach der Betrieb einer Automatenvideothek in der beschriebenen Form rechtlich zulässig sei, da er einen effektiven Jugendschutz gewährleiste.

Die Staatsanwaltschaft hält diese Rechtsprechung für verfehlt und macht geltend, daß das Landgericht den Angeklagten zu Unrecht einen unvermeidbaren Verbots-irrtum nach §  17 StGB zugebilligt habe.

 

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 20. Mai 2003

[9.30 Uhr im Gebäude des Landgerichts Leipzig, Harkortstraße 9, 04107 Leipzig]

5 StR 592/02

Landgericht Görlitz – 1 Ks 940 Js 8216/99

 

Das Landgericht Görlitz hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tat-einheit mit versuchtem Schwangerschaftsabbruch und wegen vorsätzlicher Körper-verletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und die Voll- streckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt.

Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen beging der Angeklagte als Chefarzt für Gynäkologie und Geburtshilfe in einem Kreiskrankenhaus folgende zwei Taten:

Im ersten Fall stand die Geburt eines schwerbehinderten Kindes bevor. Die Ärzte zweier Kliniken hatten – entgegen dem Wunsch der Mutter – die Indikation eines Schwangerschaftsabbruchs verneint. "Um der Mutter aus ihrer schwierigen Lage zu helfen", entschloß sich der Angeklagte, in der 29. Schwangerschaftswoche im Rahmen einer Kaiserschnittoperation das Kind zu töten. Er drückte während der Geburt in Tötungsabsicht ein Tuch auf das Gesicht des Kindes und ging danach von dessen eingetretenem oder alsbald eintretendem Tod aus. Als das Kind gleichwohl Lebenszeichen zeigte und zwei Ärzte Reanimationsbemühungen unternahmen, drückte der Angeklagte dem Kind Nase und Mund fest zu. Das Kind verstarb.

In einem weiteren Fall entfernte der Angeklagte im Rahmen einer von der Patientin gewollten Operation insoweit gegen den ausdrücklich erklärten Willen der Patientin auch deren Gebärmutter.

Gegen dieses Urteil wendet sich zum einen der Angeklagte in vollem Umfang mit Verfahrensrügen und der Sachrüge. Zum anderen greift die Staatsanwaltschaft mit sachlichrechtlichen Beanstandungen die Strafzumessung an und rügt zudem, daß das Landgericht nicht ein Berufsverbot nach § 70 StGB angeordnet hat.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 20. Mai 2003

5 StR 66/03

LG Hamburg – 604 Ks 68/01

 

Das Landgericht Hamburg hat den Angeklagten von dem Vorwurf freigesprochen, einen von ihm zu betreuenden Schwerstbehinderten vorsätzlich oder fahrlässig getötet zu haben.

Nach den Feststellungen des Landgerichts war dem Angeklagten im Rahmen seines Zivildienstes übergangsweise die Pflege eines in einem Wohnheim lebenden 28-jährigen Schwerstbehinderten übertragen. Dieser litt an stark ausgeprägter progressiver Muskeldystrophie, war infolge seiner Krankheit nahezu vollständig bewegungsunfähig und in seiner Atmungskapazität stark eingeschränkt; in intellektueller Hinsicht war er durch seine Krankheit jedoch nicht beeinträchtigt. In den Mittagsstunden des 22. Februar 2002 bat dieser den Angeklagten – ähnliche extreme Vorstellungen hatte er schon Dritten gegenüber geäußert –, in zwei Müllsäcke verpackt und in einen Müllcontainer gelegt zu werden. Auf mehrfaches Nachfragen versicherte ihm der Schwerstbehinderte, es sei dafür Vorsorge getroffen worden, daß andere ihn wieder aus dem Container herausholen würden. Der Angeklagte erklärte sich schließlich zur Mitwirkung bereit. Er verpackte den Patienten nackt in Mülltüten mit einer Öffnung für den Kopf, verklebte fast vollständig dessen Mund und legte ihn bei Temperaturen um den Gefrierpunkt in einen Müllcontainer der Pflegeeinrichtung. Der Angeklagte verließ das Heim im Glauben an die Zusicherung des Schwerstbehinderten, er werde am Nachmittag aus dem Behälter geborgen, was jedoch nicht geschah. Der Patient starb vielmehr infolge Erstickung. Der Leichnam wurde erst am nächsten Tag gefunden. Das Landgericht hat den Angeklagten freigesprochen, da nach den anzuwendenden Grundsätzen einer Risikoübernahme keine strafbare Tötungshandlung vorliege.

Gegen das Urteil hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Nach ihrer Ansicht seien die Grundsätze über eine straflose Mitwirkung an einer Selbstgefährdung nicht anwendbar. Dem Willen des Getöteten könne keine Bedeutung beigemessen werden, und der Angeklagte sei zudem als Garant zur Lebenserhaltung verpflichtet gewesen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 21. Mai 2003

VIII ZR 243/02

LG Aachen – 8 O 250/01 ./. OLG Köln – 3 U 8/02

 

Die Klägerin schloß im Sommer 2000 einen Leasingvertrag über einen neuen PKW, der von der Beklagten, einem Autohaus, vermittelt wurde. Die Leasinggesellschaft erwarb das Fahrzeug von der Beklagten und trat der Klägerin ihre Gewährleistungsrechte aus dem Kaufvertrag ab. Am 5. September 2000 wurde der Klägerin ein Fahrzeug übergeben, das bereits im Februar 2000 vom Hersteller an die Beklagte ausgeliefert worden war. Unstreitig hat der Hersteller des Fahrzeugs an der betreffenden Modellreihe spätestens im September oder Oktober eine sogenannte "Modellpflege" vorgenommen. Das Modell des von der Klägerin geleasten Fahrzeuges wird seitdem in der bisherigen Ausführung nicht mehr gebaut.

Die Klägerin verlangt mit der Klage die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Sie hat behauptet, die Produktion des gekauften Modellversion sei vom Hersteller bereits vor dem Vertragsschluß Ende August 2000 eingestellt worden.

Das Oberlandesgericht Köln hat die Klage, wie schon die Vorinstanz, als unbegründet angesehen und dabei zugunsten der Klägerin unterstellt, daß der Kauf erst Ende August erfolgt ist und zu diesem Zeitpunkt die Produktion des Modells bereits eingestellt war. Es hat die Auffassung vertreten, auch in diesem Fall fehle dem Fahrzeug nicht die zugesicherte Eigenschaft als "Neufahrzeug". Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, ob ein Fahrzeug bei einem Modellwechsel noch neu sei, sei nicht die fabrikinterne Umstellung der Produktion, sondern der Zeitpunkt, zu dem mit der Auslieferung der neuen Modelle an die Händler begonnen werde. Dies war hier nach dem Vortrag der Klägerin frühestens ab dem 1. September 2000 der Fall. Das Oberlandesgericht hat desweiteren auch eine Haftung der Beklagten wegen unterlassener Aufklärung der Klägerin über die kurz bevorstehende "Modellpflege" verneint. Ein Händler müsse vor der Auslieferung neuer Modelle nicht ungefragt von sich aus auf einen bevorstehenden Modellwechsel hinweisen.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat bisher die Auffassung vertreten, daß ein Neuwagen nicht "fabrikneu" sei, wenn das betreffende Modell im Zeitpunkt des Verkaufs nicht mehr unverändert hergestellt wird. Davon weicht das angefochtene Urteil möglicherweise ab. Der Senat hat deshalb auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin die Revision zur Prüfung der Frage zugelassen, ob seine bisherige Rechtsprechung hierzu weiterer Präzisierung bedarf. Überdies gibt der Fall Anlaß zur Klärung der Frage, ab welchem Zeitpunkt ein Autohändler verpflichtet ist, einen Kaufinteressenten auch ungefragt auf einen bevorstehenden Modellwechsel hinzuweisen.

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 21. Mai 2003

2 StR 531/02

LG Bonn – Kls 92 Js 735/01

 

Gegenstand der Verurteilung durch das Landgericht Bonn ist ein tätlicher Angriff einer Gruppe von fünf überwiegend ausländischen jungen Erwachsenen und Heran-wachsenden auf Mitglieder der rechten Szene.

Das Landgericht hat den Angeklagten N. wegen Körperverletzung und versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheits-strafe von fünf Jahren und einem Monat verurteilt, einen weiteren Angeklagten wegen Körperverletzung unter Freispruch im übrigen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Drei Angeklagte wurden wegen gefährlicher Körperverletzung zu Freiheits- bzw. Jugendstrafen von jeweils einem Jahr und sechs Monaten mit Bewährung verurteilt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts trafen die Angeklagten in der Siegburger Innenstadt auf drei junge Leute, die ihrem äußeren Erscheinungsbild nach zur rechtsradikalen Szene zu gehören schienen. Der Angeklagte N. rief ihnen zu "Scheiß Nazis! Heil Hitler!"; zwei andere Angeklagte versetzten einem Mitglied der Gruppe einen Tritt und einen Faustschlag. Die Angegriffenen versuchten, ihren Weg fortzu-setzen. Während zweien die Flucht gelang, wurde der dritte von einem der Ange-klagten zu Fall gebracht. Drei Angeklagte schlugen und traten mehrfach auf Kopf und Oberkörper ihres am Boden liegenden Opfers ein. Der Angeklagte N. hatte einen ca. 2,5 m langen Holzpfahl mit einem Durchmesser von etwa 10 cm ergriffen und schlug mit diesem unter anderem zweimal gezielt auf den Kopf des Geschädigten, wobei er dessen Tod billigend in Kauf nahm. Als ihr Opfer regungslos liegen blieb, entfernten sich die Angeklagten.

Der Senat verhandelt über die Revision des Angeklagten N. sowie über die Revision des Nebenklägers. Der Angeklagte N. macht mit einer Verfahrensrüge geltend, das erkennende Gericht sei nach dem Geschäftsverteilungsplan nicht zuständig gewesen; im Rahmen der Sachrüge wendet er sich insbesondere gegen die Annahme uneingeschränkter Schuldfähigkeit und gegen die Strafzumessung.

Der Nebenkläger erstrebt mit seiner Revision eine Verurteilung der Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Er meint, bei allen Angeklagten habe das Mordmerkmal der "niedrigen Beweggründe" vor-gelegen, da ihr Handeln durch Haß auf die politische Gesinnung der angegriffenen vermeintlichen Neonazis motiviert gewesen sei.

 

Verkündungstermin: 26. Mai 2003 (Verhandlungstermin: 10. März 2003)

II ZR 216/01

LG Oldenburg - 1 O 3428/99 ./. OLG Oldenburg - 1 U 126/00

 

Der Kläger nimmt als Konkursverwalter den Beklagten 1) als Vorsitzenden des Vorstandes und den Beklagten 2) als Mitglied des Aufsichtsrates der Gemeinschuldnerin, einer Molkereigenossenschaft, auf Schadensersatz in Anspruch. Nach der Satzung der Genossenschaft bestand eine Verpflichtung zum Erwerb von Anteilen je angefangener 20 000 Liter Milchanlieferung ; von der Einlage waren 10 % sofort und der Rest nach einem entsprechenden Beschluß der Generalversammlung zu leisten. Entgegen der satzungsmäßigen Verpflichtung sind über Jahre hinweg Pflichtanteile nicht gezeichnet worden. Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagten seien wegen Verletzung ihrer Pflichten als Aufsichtsrat und Vorstand schadensersatzpflichtig, da sie zum einen nicht für eine Zeichnung der Pflichtanteile gesorgt und zum anderen auch dann keinen Beschluß der Generalversammlung über eine Volleinzahlung herbeigeführt hätten, als sich die Genossenschaft in der Krise befand.

 

 

 

 

 

Verhandlungstermin 28. Mai 2003

2 StR 445/02

LG Erfurt –130 Js 731/02 – 2 Kls

 

Wegen Vergewaltigung und tateinheitlich begangener Körperverletzung in 2 Fällen wurde der Angeklagte vom Landgericht Erfurt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

Das Landgericht hat festgestellt, daß der Angeklagte im November 2001 und Februar 2002 mit seiner Verlobten gegen deren Willen den Geschlechtsverkehr ausgeübt hat. Die Geschädigte erstattete unmittelbar nach der zweiten Tat Strafanzeige bei der Polizei und wurde im März 2002 durch den Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Jena vernommen. Bei der Polizei und vor dem Ermittlungsrichter verneinte sie auf Frage das Bestehen eines Verlöbnisses, so daß sie nicht über das Zeugnisverweige-rungsrecht nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 StPO belehrt wurde. Die Geschädigte gab an, gegen ihren Willen durch den Angeklagten zum Geschlechtsverkehr gezwungen worden zu sein.

Nach Erhebung der Anklage wurde dem Gericht durch den Verteidiger des Ange-klagten mitgeteilt, daß sich die Zeugin nunmehr auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht als Verlobte nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 StPO berufe. In der Hauptverhandlung erklärte die Zeugin, mit dem Angeklagten sei Juni 2000 verlobt zu sein. Sie berief sich zunächst auf das Zeugnisverweigerungsrecht und machte keine Angaben. Die Strafkammer vernahm daraufhin den Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Jena als Zeugen zur damaligen Aussage der Geschädigten. Nach der Vernehmung des Ermittlungsrichters wurde die Geschädigte auf Antrag der Verteidigung erneut vernommen. Die Zeugin verzichtete nunmehr auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht. Sie widerrief ihre frühere Aussage und gab an, gegenüber dem Ermittlungsrichter die Unwahrheit gesagt zu haben, der Geschlechtsverkehr sei einverständlich erfolgt. Die Strafkammer hielt diese Aussage für nicht glaubhaft und stützte die Feststellungen im wesentlichen auf die Angaben des Ermittlungsrichters. Die Vernehmung des Ermittlungsrichters sei zulässig; denn die Zeugin sei nur deswegen nicht über ihr Zeugnisverweigerungsrecht belehrt worden, weil sie das Angehörigenverhältnis ver-schwiegen habe.

Die Revision des Angeklagten beanstandet mit einer Verfahrensrüge unter anderem die Vernehmung des Ermittlungsrichters als Zeugen über die frühere Aussage der Geschädigten und die Verwertung dieser Aussage. Die Aussage sei wegen der fehlenden Belehrung der Zeugin durch den Ermittlungsrichter über das Zeugnisver-weigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 StPO unverwertbar.

Gegenstand der Revisionshauptverhandlung ist die Frage, ob die Vernehmung des Ermittlungsrichters über die Aussage einer Zeugin und die Verwertung dieser Aussage trotz fehlender Belehrung über ein in diesem Fall bestehendes Zeugnisverweigerungsrecht zulässig sind, wenn die Zeugin zuvor bewußt wahrheitswidrig das Bestehen eines Verlöbnisses verschwiegen oder ein solches später bewußt wahrheitswidrig behauptet hat und deshalb nicht belehrt worden ist.

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 2. Juni 2003

II ZR 85/02

LG Hamburg - 411 O 135/00 ./. OLG Hamburg - 11 U 37/01

und

II ZR 84/02

411 O 171/00 LG Hamburg ./. 11 U 38/01 OLG Hamburg

 

In den zwei parallel gelagerten Fällen geht es um die Frage, inwieweit auf die Barabfindung des Aktionärs die Körperschaftssteuergutschriften, die der Anteilseigner erlangt hat, anzurechnen sind. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 16. September 2002 (II ZR 284/01, WM 2002, 2153) lediglich die Frage der Verrechnung der empfangenen Ausgleichsleistungen nach § 304 AktG mit den Abfindungszinsen nach § 305 Abs. 3 AktG zu entscheiden gehabt. Das Berufungsgericht hat eine Anrechnung der Körperschaftssteuergutschriften mit der Begründung abgelehnt, bei dieser Gutschrift handele es sich um keine Gewinnausschüttung nach § 58 AktG; rechtlich gesehen tilge die Gesellschaft mit der Zahlung der Körperschaftssteuer ausschließlich ihre eigene Steuerschuld, nicht jedoch die Einkommenssteuerschuld ihres Aktionärs.

 

 

 

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 5. Juni 2003

I ZR 192/00

LG München I – 7 O 8900/99 ./. OLG München – 6 U 5629/99

 

In diesem Prozeß stritt der – mittlerweile verstorbene - Künstler Friedensreich Hundertwasser mit einer Großhandelskette, welche Abbildungen des von ihm gestalteten "Hundertwasser-Hauses" aus einem bestimmten, sich von öffentlichem Gelände aus nicht bietenden Blickwinkel vertreibt. Der Kläger hielt das für eine Verletzung des Urheber- und des Wettbewerbsrechts, weil sich die Drucke nach seiner Auffassung in Perspektive und Proportionen bewußt an eine von ihm farblich und druckplastisch bearbeitete Fotografie anlehnten. Dementsprechend hat der Kläger Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung begehrt.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen (OLG München ZUM 2001, 76 = OLG-Rep 2000, 322). Mit der Revision wird das Klagebegehren weiterverfolgt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 5. Juni 2003

I ZR 257/00

LG Köln – 84 O 77/99 ./. OLG Köln – 6 U 51/00

 

Hier klagt die Vertreiberin von Schokoladenprodukten und Inhaberin der 1991 kraft Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Wort-/Bildmarke "Kinder" gegen die Inhaberin der 1998 angemeldeten und 1999 eingetragenen Wortmarke "Kinder Kram" für Zuckerwaren, Back- und Konditorwaren sowie nichtmedizinische Kaugummis. Die Klägerin hält die Marken für verwechselbar und begehrt von der Beklagten, es zu unterlassen, unter der Marke "Kinder Kram" die genannten Waren zu vertreiben.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung hatte keinen Erfolg (OLG Köln GRUR-RR 2002, 7 = WRP 2001, 57). Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

 

 

Verhandlungstermin: 12. Juni 2003

III ZR 245/98

LG Bonn - 1 O 358/95 ./. OLG Köln - 7 U 167/97

 

Die Kläger, griechische Staatsangehörige, verlangen von der beklagten Bundes-republik als Nachfolgerin des Deutschen Reiches teils aus eigenem Recht, teils als Rechtsnachfolger ihrer Eltern Schadensersatz bzw. Entschädigung wegen einer im Jahre 1944 nach bewaffneter Auseinandersetzung mit Partisanen gegen ein griechisches Dorf gerichteten "Sühnemaßnahme" der SS, bei der die Eltern der Kläger erschossen wurden und das elterliche Haus zerstört wurde. Sie haben wegen dieses Vorfalls bereits vor griechischen Gerichten ein Urteil gegen die Bundesrepublik erstritten. Mit ihrem in Deutschland geführten Prozeß sind sie in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Im Revisionsrechtszug hat der Senat am 14. Oktober 1999 ein Versäumnisurteil gegen die Kläger erlassen, gegen das sie Einspruch eingelegt haben. Der Senat hat die weitere Verhandlung und Entscheidung der Sache im Einvernehmen mit den Parteien zurückgestellt, um die Entscheidung des Obersten Sondergerichts Griechenlands zur Frage der Anwendbarkeit des Grundsatzes der Staatenimmunität abzuwarten. Das Oberste Sondergericht hat – in anderer Sache – entschieden, "daß es nach dem gegenwärtigen Entwicklungsstand des Völkerrechts nach wie vor eine allgemein anerkannte Norm dieses Rechts gibt, nach der es unzulässig ist, einen Staat vor dem Gericht eines anderen Staates auf Schadensersatz wegen irgendeines im Hoheitsgebiet des Gerichtsstaats verübten Delikts, an dem in irgendeiner Weise Streitkräfte des beklagten Staates beteiligt waren, zu verklagen, und zwar sowohl im Kriegs- als auch im Friedensfall".

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 18. Juni 2003

VIII ZR 240/02

AG Hamburg – 815B C 22/01 ./. LG Hamburg – 311 S 53/02

und

VIII ZR 324/02

AG Charlottenburg – 203 C 539/01 ./. LG Berlin – 61 S 57/2002

und

VIII ZR 339/02

AG Bersenbrück – 11 C 197/02 (IIIb) ./. LG Osnabrück – 12 S 513/02

und

VIII ZR 355/02

AG Schöneberg – 103 C 521/01 ./. LG Berlin – 63 S 79/02

 

Die vier zugelassenen Revisionen betreffen die Frage, inwieweit die Neuregelung der gesetzlichen Kündigungsfristen für Wohnungsmietverträge durch die am 1. September 2001 in Kraft getretene Reform des Mietrechts auch für vor dem 1. September 2001 geschlossene Mietverträge gilt, in denen die damals geltenden gesetzlichen Kündigungsfristen enthalten sind.

In allen vier Fällen haben Wohnungsmieter mit ihrem Vermieter vor dem 1. September 1996 unbefristete Formularmietverträge abgeschlossen, in die für den Fall der ordentlichen Kündigung die Kündigungsfristen des damals geltenden § 565 Abs. 2 BGB wörtlich oder sinngemäß übernommen worden sind. Danach beträgt die Kündigungsfrist bei einer Mietdauer von bis zu fünf Jahren drei Monate, danach sechs Monate, ab dem achten Jahr neun Monate und nach zehn Jahren Mietdauer ein Jahr, wobei die Kündigungserklärung jeweils bis zum dritten Werktag des ersten Monats der Frist zugegangen sein muß.

Durch das am 1. September 2001 in Kraft getretene Mietrechtsreformgesetz vom 29. März 2001 (BGBl. I S. 1149) sind die gesetzlichen Fristen für die ordentliche Kündigung eines auf unbestimmte Zeit geschlossenen Mietvertrages geändert worden. Der an die Stelle von § 565 Abs. 2 BGB getretene neue § 573c Abs. 1 BGB sieht für die Kündigung des Mieters eine einheitliche Kündigungsfrist von drei Monaten vor. Demgegenüber sind die Fristen für die Kündigung des Vermieters weiterhin nach Mietdauer gestaffelt. Eine Vereinbarung, die von diesen Fristen zum Nachteil des Mieters abweicht, ist unwirksam (§ 573c Abs. 4 BGB). Die Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB bestimmt dazu, daß § 573c Abs. 4 BGB keine Anwendung findet, "wenn die Kündigungsfristen vor dem 1. September 2001 durch Vertrag vereinbart worden sind".

In den zur Entscheidung anstehenden Fällen haben die Mieter nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung ihre Mietverträge gekündigt und sich auf den Standpunkt gestellt, daß dadurch ihr Mietverhältnis mit Ablauf der dreimonatigen Kündigungsfrist des § 573c Abs. 1 BGB beendet worden sei. Die Vermieter haben demgegenüber die Auffassung vertreten, daß die in den Mietverträgen enthaltene längere Kündigungsfrist, die mit der früheren gesetzlichen Regelung übereinstimme, fortgelte und deshalb das Mietverhältnis entsprechend länger, teilweise ein Jahr, teilweise sechs Monate, fortbestehe.

Die Landgerichte Berlin und Osnabrück haben zugunsten der Vermieter entschieden. Sie haben angenommen, daß die in den Formularmietverträgen enthaltenen Kündigungsfristen hier weiterhin maßgebend seien, weil eine von § 573c Abs. 1 BGB abweichende Bestimmung der Kündigungsfristen in einem Mietvertrag auch dann – im Sinne der Überleitungsbestimmung des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB - "durch Vertrag vereinbart" worden sei, wenn sie die frühere gesetzliche Kündigungsfrist wörtlich oder inhaltsgleich übernehme. Demgegenüber hat das Landgericht Hamburg zugunsten der Mieter entschieden und unter Berufung auf Materialien des Gesetzgebungsverfahrens (Bundestagsdrucksache 14/5663, S. 82 f.) die Auffassung vertreten, Kündigungsfristen in vor dem 1. September 2001 abgeschlossenen Mietverträgen seien dann nicht "durch Vertrag vereinbart" worden, wenn es sich um Formularmietverträge handele, in denen lediglich die damalige gesetzliche Regelung wiederholt werde.

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 24. Juni 2003

KVR 14/01

KG Berlin - Kart 18/99

 

Die Zusammenschlußbeteiligten und Rechtsbeschwerdeführerinnen zu 2 bis 4 haben beim Bundeskartellamt im Jahr 1998 das folgende Zusammenschlußvorhaben angemeldet: Die Habet Handels- und Beteiligungsgesellschaft mbH & Co KG Nahrungs- und Genussmittel (nachfolgend: Habet KG) sollte jeweils 25,1 % der Anteile an der Lekkerland Deutschland GmbH & Co KG (nachfolgend: Lekkerland) und ihrer Komplementärgesellschaft erwerben. Die Habet KG sollte von der tobaccoland Großhandelsgesellschaft mbH & Co KG den zuvor vom Automatengeschäft abgetrennten Tabakwaren-Großhandelsbereich in die Lekkerland einbringen. Anschließend sollte die Lekkerland in Lekkerland & Tobaccoland GmbH & Co KG umbenannt werden.

Mit Verfügung vom 25. Februar 1999 hat das Bundeskartellamt den Zusammen-schluß unter Auflagen (Übertragung von Teilen des Tabak-Waren-Großhandelsum-satzes in Höhe von 170 Millionen im Markt Berlin/Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern; Übertragung der Rechte an dem Namen Kiki-Petermann; Übertragung von 20.000 Zigarettenautomaten im Markt Berlin/Brandenburg/Mecklenburg/Vor-pommern) freigegeben. Der Zusammenschluß ist nach der erfolgten Freigabe von den Zusammenschlußbeteiligten unter Erfüllung der Auflagen vollzogen worden.

Gegen die Freigabeentscheidung des Bundeskartellamts haben die zum Zusammen-schlußverfahren beigeladenen mittelständischen Wettbewerberinnen, die Tabak Barthel KG, Köln, und ein weiteres mittelständisches Unternehmen Beschwerde eingelegt. Letzteres hat im Laufe des Beschwerdeverfahrens sein Rechtsmittel zurückgenommen.

Das Kammergericht in Berlin hat die Freigabeverfügung des Bundeskartellamts mit Beschluß vom 9. Mai 2002 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Grundlagen der Entscheidung seien nicht tragfähig, und nach dem Erkenntnisstand in der mündlichen Verhandlung komme eine Untersagung ernsthaft in Betracht. Die Entscheidungsreife der Sache liege vor. Die Prüfungsaufgabe des Beschwerdege-richts reiche bei der Anfechtung der Freigabe eines Zusammenschlusses weniger weit als bei einer Untersagung. Bei der Untersagung hänge das Schicksal des Zusammenschlusses nur noch von den gerichtlichen Entscheidungen ab, weil regelmäßig die dem Bundeskartellamt für sein Handeln gesetzte Viermonatsfrist verstrichen sei. Bei der Freigabe werde, wenn diese der gerichtlichen Nachprüfung nicht standhalte, dem Bundeskartellamt mit dem Eintritt der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung die viermonatige Entscheidungsfrist des § 40 Abs. 2 Satz 2 GWB wieder eingeräumt. Danach sei das Beschwerdegericht nicht gehalten, das Verfahren zur Entscheidungsreife der Frage zu führen, ob es bei der Freigabe des Zusammenschlusses zu verbleiben habe oder er zu untersagen sei, was auszusprechen dem Gericht ohnehin nicht obliege.

Der dermaßen eingeschränkten beschwerdegerichtlichen Nachprüfung unterlägen die von dem Bundeskartellamt getroffenen Feststellungen zu den Marktverhältnissen in Nordrhein-Westfalen. Diese trügen die ausgesprochene Freigabe nicht; denn es fehle an einer empirischen Absicherung der räumlichen Marktabgrenzung. Die Nachfragebeziehung zwischen Tabakwarengroß- und einzelhandel sei nicht von dem Amt aufgeklärt worden. Es ermangele auch an verläßlichen Grundlagen zur Errechnung der Marktanteile. Die stichprobenartig eingeholten Auskünfte der nicht im Regionalmarkt Nordrhein-Westfalen ansässigen Edeka-Unternehmen differierten regional erheblich. Auf verläßliche Feststellungen komme es deshalb an, weil das Bundeskartellamt für die Zusammenschlußbeteiligten Marktanteile ermittelt habe, die mit zusammen 32,7% im Grenzbereich zur Marktbeherrschungsvermutung lägen.

Das vom Bundeskartellamt in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Teilergeb-nis der vom Bundeskartellamt während des Beschwerdeverfahrens eingeleiteten Totalerhebung sei nicht aussagekräftig, weil erst ein Rücklauf von 45 Auskünften der insgesamt 90 Fachgroßhändler eingegangen sei. Angesichts der Eingeschränktheit der Überprüfungsaufgabe habe das Gericht auch keine Veranlassung, das vollstän-dige Ergebnis der Ermittlungen abzuwarten.

Eine nur teilweise Aufhebung der Freigabeverfügung, insoweit als sie den Regional-markt Nordrhein-Westfalen betreffe, komme nicht in Betracht; denn über den Zu-sammenschluß, der als einheitliches Ganzes angelegt und zur Freigabe angemeldet sei, könne nur einheitlich entschieden werden.

Hiergegen haben das Bundeskartellamt (Rechtsbeschwerdeführerin zu 1) und die am Zusammenschluß Beteiligten Rechtsbeschwerde eingelegt.

Mit ihrer Rechtsbeschwerde erheben die Rechtsbeschwerdeführerinnen zu 2) bis 4) im wesentlichen folgende Rügen:

  1. Der Zusammenschluß sei in Anwendung der Übergangsregelung des § 131 Abs. 9 GWB n.F. nach dem vor dem 1. Januar 1999 geltenden Recht zu beurteilen.
  2. Der angegriffene Beschluß verletze den Anspruch der Zusammenschlußbeteiligten auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG.

3. Es sei zwischen den Zusammenschlußbeteiligten, dem Bundeskartellamt und der Tabak Barthel KG, die sich dieser Sichtweise im Ergebnis angeschlossen habe, unstreitig gewesen, daß das Bundesland Nordrhein-Westfalen einen eigenständigen räumlich-relevanten Markt bilde. Das Kammergericht sei deshalb zu Unrecht der Frage nachgegangen, ob die Feststellungen des Bundeskartellamts zur räumlichen Marktabgrenzung empirisch belegt seien. Es habe mit seiner Auffassung, die getroffenen Feststellungen des Bundeskartellamts trügen eine Freigabe nicht, die Anforderungen überspannt, die an die Begründung einer Freigabeverfügung zu stellen seien.

4. Das Kammergericht habe seine Aufhebungsbefugnis verletzt, indem es von der Möglichkeit der teilweisen Aufhebung der Freigabeverfügung beschränkt auf den Markt Nordrhein-Westfalen keinen Gebrauch gemacht habe.

5. Das Kammergericht habe den in § 70 Abs. 1 GWB n.F. verankerten Untersuchungsgrundsatz verletzt.

Mit ihrem Hauptantrag begehren die Rechtsbeschwerdeführerinnen zu 2 bis 4 die Freigabe des Zusammenschlusses, hilfsweise entweder eine regional begrenzte Freigabe des Zusammenschlusses oder aber die Aufhebung des Beschlusses des Kammergerichts und die Zurückverweisung an das Kammergericht. Letzteres entspricht auch dem Begehren der Rechtsbeschwerde des Bundeskartellamts, das ebenfalls die Auffassung vertritt, das Kammergericht habe seine Amtsermittlungs-pflicht verletzt.

 

 

 

 

Verkündungstermin: 24. Juni 2003 (Verhandlungstermin: 8. April 2003)

KZR 18/01

LG Leipzig - 2 HKO 7200/00 ./. OLG Dresden - U 2403/00 Kart

 

Die Klägerin ist eine Handwerksinnung, deren Bezirk sich auf das Gebiet des gesamten Freistaates Sachsen erstreckt. Sie verfügt über 68 Mitglieder und vertritt die Interessen der Handwerksbereiche Bandagisten, Othopädie- und Chirurgie-mechaniker. Die Beklagte ist ein gesetzlicher Krankenversicherungsträger, der die im Bergbau Beschäftigten vertritt. Bundesweit verfügt sie über 1,4 Millionen Mitglieder, von denen in Sachsen etwa 144.000 Versicherte ansässig sind.

Die Klägerin schloß im Januar 1991 mit etlichen gesetzlichen Krankenversicherern, u.a. der AOK und dem Landesverband der Betriebskrankenkassen, einen Rahmen-vertrag, der sowohl Regelungen über die Zulassung von Leistungserbringern als auch über die an diese zu zahlende Vergütung enthält. Die Beklagte stimmte diesem Vertrag zu und berücksichtigte die dort getroffenen Regelungen. Diesen Vertrag kündigte sie zum 31. Juli 2000.

Im Februar 1998 führte sie eine öffentliche Ausschreibung zur Versorgung knapp-schaftlich Berechtigter mit Krankenfahrzeugen sowie sonstigen nicht preisverein-barten wiederverwendbaren Hilfsmitteln durch. Als Teilnehmer waren die Leistungs-erbringer, nicht aber deren Verbände zugelassen. Ausgeschrieben hat die Beklagte Gebiets- und Fachlose. Pro Gebiets– und Fachlos erhielten zwei Bieter den Zu-schlag. Im Jahre 2000 hat die Beklagte für Sachsen wiederum eine öffentliche Aus-schreibung durchgeführt, bei der 11 Anbieter Sonderverträge erhielten.

Soweit es sich um wiederverwendbare Hilfsmittel nach § 33 SGB V handelt, die keiner landesweit geltenden Preisliste unterfallen, wird von der Beklagten ein Aus-schreibungsgewinner beauftragt. Legt dann der Versicherte eine ärztliche Verordnung vor, so erfolgt eine Leistungserbringung nur über die zugelassenen Aus-schreibungsgewinner. Anderen Leistungserbringern, die Kostenvoranschläge bei der Beklagten einreichen, wird mitgeteilt – und zwar auch dann, wenn die Preise denen der Ausschreibungsgewinner entsprechen -, daß eine Versorgung über einen Ver-tragslieferanten veranlaßt worden ist. Entsprechend verhält die Beklagte sich bei Neuzulassungen.

Die Klägerin hält diese Praxis nach § 19 Abs. 2 Satz 1, 20 Abs. 1 GWB für kartellrechtswidrig. Da die Beklagte Teil eines Oligopols sei, das die gesetzlichen Krankenkassen bildeten, sei sie Normadressatin und müsse Verträge über die Versorgung mit Hilfsmitteln schließen. Sie dürfe diese nicht über eine Ausschreibung regeln. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zur Unterlassung der dargestellten Vorgehensweise und zur Aufnahme von Vertragsverhandlungen mit ihr zu verurteilen. Hilfsweise erstrebt sie, die Versorgung über ihre Mitglieder zu den Preisen der Ausschreibungsgewinner durchführen zu dürfen. Die Beklagte meint, die Klage sei mangels Bestimmtheit der Klageanträge unzulässig (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Im übrigen liege auch kein Oligopol vor. Soweit es der Stärkung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit diene, stehe es ihr frei, Ausschreibungen durchzuführen.

Das Landgericht Leipzig, das gemäß § 17a Abs. 3 GVG den zu den Zivilgerichten beschrittenen Rechtsweg durch Beschluß vom 28. April 2000 für zulässig erklärt hat, hat die Klage im wesentlichen - wegen Unbestimmtheit der Klageanträge - als unzulässig abgewiesen. Im übrigen hat es einen auf Unterlassung gerichteten Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte verneint, weil die Beklagte aufgrund ihres Marktanteils kein Normadressat im Sinne der §§ 19, 20 GWB sei. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht Dresden die landgerichtliche Entscheidung teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, solche Leistungserbringer, die nicht aufgrund einer Ausschreibung zugelassen worden seien, bei der Versorgung ihrer Mitglieder nicht mehr zu berücksichtigen und die Versorgung der Versicherten nicht durch andere Leistungserbringer zu veranlassen. Im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Gegen ihre Verurteilung zur Unterlassung richtet sich die Revision der Beklagten, die zum einen die Anwendbarkeit kartellrechtlicher Grundsätze auf Sozialversicherungsträger im Hinblick auf die in § 69 SGB V normierte Ausnahmeregelung, zum anderen aber ihre Normadressateneigenschaft als Mitglied eines Oligopols verneint.

Vor dem Kartellsenat ist noch ein weiteres Revisionsverfahren (KZR 17/02) anhängig, in dem das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Urteil vom 8. Mai 2002 - U Kart 46/00 - zugunsten des hier ebenfalls beklagten Krankenversicherers entschieden hat. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Revision zugelassen. Ein Verhandlungstermin ist noch nicht bestimmt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 24. Juni 2003

1 StR 269/02

LG Regensburg – Ks 133 Js 94587/99

 

Das Landgericht Regensburg hat den Chefarzt einer Straubinger Privatklinik wegen fahrlässiger Tötung und Freigabe einer Spende i. S. des Transfusionsgesetzes ohne Untersuchung auf die vorgeschriebenen Infektionsmarker in 23 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr zur Bewährung verurteilt.

Gegenstand des Verfahrens sind Behandlungsfehler, die dem Angeklagten nach den Feststellungen des Landgerichts unterliefen. In einem Fall hatte er bei einer Patientin eine medizinisch nicht indizierte Operation durchgeführt, bei der eine Nierenarterie verletzt wurde. Nachdem die dadurch verursachte lebensgefährliche Blutung diagnostiziert worden war, ließ der Angeklagte die Patientin nicht sofort in die nahe Straubinger Gefäßchirurgische Klinik verlegen, wie es geboten gewesen wäre, um ihr Leben zu retten, sondern forderte erst mehrere Stunden später einen Krankentransport aus Regensburg an, der die Patientin in eine Regensburger Klinik brachte. Dort starb sie nach zwei Notoperationen. Der zweite Verfahrenskomplex betrifft die Verwendung von Frischbluttransfusionen. Der Angeklagte setzte in diesem Rahmen Vollblutspenden ein, bei denen seit der Entnahme höchstens eineinhalb Stunden vergangen waren, ohne daß die Spender zuvor auf Krankheiten wie Hepatits C oder eine HIV-Infektion untersucht worden wären. Zur Erkrankung von Patienten kam es deshalb jedoch nicht. Der Angeklagte zog aus seinem Vorgehen keine finanziellen Vorteile. Vielmehr führte er die Frischbluttransfusionen durch, weil er sie - entgegen der Schulmedizin - gerade bei schwerkranken Patienten für eine "Lebensdroge" hielt.

Gegen das Urteil haben der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Auf das Rechtsmittel des Angeklagten wird zu entscheiden sein, ob die Verurteilung wegen der Frischblutspenden zu Recht erfolgte. Die Staatsanwaltschaft wendet sich dagegen, daß der Angeklagte im ersten Verfahrenskomplex nicht wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt wurde. Für dieses Delikt sieht das Gesetz im Regelfall Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren vor.

 

 

 

 

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 26. Juni 2003

I ZR 176/01

LG Kiel – 12 O 168/99 ./. OLG Schleswig – 6 U 84/99

 

Dieser Rechtsstreit dreht sich unter anderem um die Frage, inwieweit die gestalterische Konzeption einer Fernsehsendung (sogenanntes Sendeformat) nach den Regeln des Urheber- oder Wettbewerbsrechts schützbar ist. Die Klägerin beruft sich insoweit auf Rechte an einer seit 1977 in Frankreich ausgestrahlten Fernsehshow "L’école des fans", in der vier- bis sechsjährige Kinder Lieder vorsingen. Sie nimmt den Südwest-Rundfunk wegen der Ausstrahlung der von Michael Schanze moderierten Sendung "Kinderquatsch mit Michael" mit der Begründung auf Unterlassung in Anspruch, daß dort das Sendeformat der französischen Show sklavisch nachgeahmt werde.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Unterlassungsbegehren weiter.

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 26. Juni 2003

I ZR 296/00

LG Köln – 14 O 322/99 ./. OLG Köln – 18 U 34/00

 

Es handelt sich um einen Prozeß zwischen einem klagenden Rechtsanwalt mit Familiennamen "Maxem" und dem beklagten Betreiber einer privaten Homepage unter "www.maxem.de". Der Beklagte führt "Maxem" als Pseudonym. Die Bezeichnung setzte er aus dem Vornamen seines Großvaters sowie aus den Anfangsbuchstaben des Vornamens seines Vaters und seines eigenen Vornamens zusammen. Der Kläger hält den Domain-Namen sowie die E-Mail-Anschriften des Beklagten "maxem@maxem.de", "maxem@t-online.de" und "maxem@lach.de" für Verletzungen seines Namensrechts und begehrt Unterlassung.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen (OLG Köln CR 2000, 696 = OLG-Rep 2000, 377). Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren weiter

 

 

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 3. Juli 2003

I ZR 66/01

LG München I – 7 O 21619/99 ./. OLG München – 6 U 4137/00

und

I ZR 211/01

LG Bonn – 11 O 60/00 ./. OLG Köln – 6 U 23/01

 

In diesen beiden Prozessen geht es um die Frage, ob es wettbewerbsrechtlich zulässig ist, Telefonauskunftsdienste unter Angabe der jeweiligen Telefonnummer zu bewerben, ohne dabei zugleich den Preis für diese Dienstleistung anzugeben. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen nimmt insoweit die Telegate AG und die Deutsche Telekom AG auf Unterlassung in Anspruch, weil diese ihren jeweiligen – in einem bestimmten Zeittakt berechneten - Inlandsauskunftsdienst unter Angabe der Telefonnummer ("11880" bzw. "11833") ohne Preisangabe beworben haben.

Im ersten Fall hat das Landgericht München I die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des klagenden Verbandes hat das Oberlandesgericht München die Telegate zur Unterlassung verurteilt (OLG München ZUM-RD 2001, 454 = OLG-Rep 2001, 219).

Im zweiten Fall haben die Instanzgerichte jeweils entgegengesetzt zu den Münchner Gerichten entschieden: Das Landgericht Bonn hat die Deutsche Telekom antrags-gemäß verurteilt, wohingegen das Oberlandesgericht Köln die Klage abgewiesen hat (OLG Köln MMR 2001, 826).

Mit der Revision verfolgt die jeweils in zweiter Instanz unterlegene Partei ihr Prozeß-ziel – im ersten Fall also die Telegate ihr Klageabweisungsbegehren und im zweiten Fall der klagende Verband sein Unterlassungsbegehren - weiter.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 9. Juli 2003

IV ZR 100/02

AG Karlsruhe - 2 C 571/00 ./. LG Karlsruhe - 6 S 11/01

 

Die Klägerin begehrt die Feststellung, daß ihre Mutterschutzzeiten bei der Berechnung ihrer im Zusatzversorgungssystem der Beklagten erworbenen Versicherungsrentenanwartschaften berücksichtigt werden.

Die Klägerin ist Rechtsanwältin. Sie war in den Jahren 1990 bis 1999 als Angestellte im öffentlichen Dienst des Landes Rheinland-Pfalz beschäftigt und bei der beklagten Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder pflichtversichert. Wegen der Geburten zweier Kinder befand sie sich vom 16.12.1992 bis 05.04.1993 sowie vom 17.01. bis 22.04.1994 im gesetzlichen Mutterschutz.

Für Versicherte, die wie die Klägerin wegen Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses im öffentlichen Dienst aus dem Zusatzversorgungssystem ausgeschieden waren, sah die Satzung der Beklagten in ihrer bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (VBLS) einen Anspruch auf Versicherungsrente nach Eintritt des Versicherungsfalles - also insbesondere nach Erreichen der Regelaltersgrenze – vor. Damit sollte den Versicherten ein Gegenwert für die Umlagen geleistet werden, die der Arbeitgeber während ihrer Pflichtversicherungszeit an die Beklagte abgeführt hat. Für Mutterschutzzeiten waren keine Umlagen zu leisten, da die Versicherte in dieser Zeit von ihrem Arbeitgeber keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn, sondern lediglich den nach § 3 Nr. 1 d des Einkommenssteuergesetzes steuerfreien Zuschuß zum Mutterschaftsgeld erhielt. Dem eigentlichen Zweck der Zusatzversorgung diente die bei Eintritt des Versicherungsfalles während bestehender Pflichtversicherung zu leistende Versorgungsrente. Mit ihr wurde die gesetzliche Rente bis zur Höhe einer an der Beamtenversorgung orientierten Gesamtversorgung aufgestockt. Die Versorgungsrente war im Unterschied zur Versicherungsrente dynamisch ausgestaltet. Bei ihr wurden Mutterschutzzeiten immerhin im Wege der sogenannten Halbanrechnung gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 a aa VBLS berücksichtigt.

Mit Wirkung ab 1.1.2001 hat die Beklagte ihre Satzung neu gefaßt mit dem Ziel, das bisherige System durch ein Betriebsrentensystem mit sogenannten Versorgungspunkten abzulösen. Die Neufassung ist seit Anfang dieses Jahres in Kraft. Danach werden die Anwartschaften sowohl auf Versorgungs- als auch auf Versicherungsrenten gemäß der bisherigen Berechnungsweise zum Stichtag 31.12.2001 ermittelt, in Versorgungspunkte umgerechnet und dem Versorgungskonto des Versicherten als sogenannte Startgutschriften zugeschrieben. Eine Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten bei den nunmehr zu leistenden Betriebsrenten sieht die neu gefaßte Satzung nicht vor.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Nichtberücksichtigung ihrer Mutterschutzzeiten durch die Satzung der Beklagten stelle eine gleichheitswidrige Diskriminierung von Arbeitnehmerinnen gegenüber ihren männlichen Kollegen im öffentlichen Dienst dar. Bei ansonsten identischer Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses könnten Frauen beim Eintritt einer oder mehrerer Schwangerschaften niemals die gleichen Rentenanwartschaften erwerben. Damit verstoße die Satzung der Beklagten nicht nur gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, sondern auch gegen europäisches Recht, insbesondere die Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19.10.1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz. Dies ergebe sich auch aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 27.10.1998 in der Rechtssache Boyle (Rs. C-411/96, Entscheidungssammlung 1998, I-6401).

Das AG und das LG Karlsruhe haben die Klage abgewiesen. Das Landgericht verneint eine sachwidrige Ungleichbehandlung der Klägerin. Da der Arbeitgeber während der Mutterschutzzeiten nicht zur Zahlung von Umlagen verpflichtet sei, würden diese Zeiten konsequenterweise auch nicht als Umlagemonate berücksichtigt. Damit überschreite die Beklagte ihren Gestaltungsspielraum nicht. Anders als die gesetzliche Rentenversicherung, die Mutterschutzzeiten als Anrechnungszeiten berücksichtige und hierfür zum Ausgleich Bundeszuschüsse erhalte, finanziere sie sich ausschließlich aus den Beiträgen der ihr angeschlossenen Arbeitgeber. Sie könne Mutterschutzzeiten daher nur bei gleichzeitiger Benachteiligung anderer Versicherter berücksichtigen.

Mit der zugelassen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und regt an, die Sache dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen.

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 17. Juli 2003

I ZR 259/00

LG Köln – 28 O 347/99 ./. OLG Köln – 6 U 71/00

 

In diesem Prozeß geht es unter anderem um die urheber- und wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit sogenannter "deep links" im Internet. Die Klägerin verlegt die Periodika "Handelsblatt" und "DM". Die Beklagten boten im Internet einen Suchdienst "Paperboy" für Zeitungsnachrichten an. Nach Eingabe eines Suchworts wurden entsprechende Presseveröffentlichungen aufgelistet. Nach Anklicken in dieser Liste gelangte man – wogegen sich die Klägerin unter anderem wendet – nicht auf die Homepage des jeweiligen Mediums (wie beispielsweise von "Handelsblatt" oder "DM"), sondern sogleich auf diejenige Internet-Seite, auf der sich der Artikel als solcher befand. Die Klägerin hält das für eine rechtswidrige Nutzung ihres Online-Angebots und will das unterbunden wissen.

Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Unterlassungsklage dagegen insoweit abgewiesen (OLG Köln GRUR-RR 2001, 97 = NJW-RR 2001, 904). Mit der Revision verfolgt die klagende Verlags-gruppe ihr Unterlassungsbegehren weiter.

 

 

 

 

Verhandlungstermin: 21. Juli 2003

II ZR 109/02

LG Berlin - 105 O 32/00 ./. Kammergericht Berlin - 2 U 7288/00

 

Der Kläger hält an der Beklagten, einer Aktiengesellschaft, eine Minderheitsbeteiligung. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses über die Errichtung mehrerer stiller Gesellschaften. Der Kläger sieht in den Gesellschaftsverträgen die Vereinbarung von Genußrechten nach § 221 Abs. 4 AktG. Beide Vorinstanzen stellten sich auf den Standpunkt, die Errichtung einer stillen Gesellschaft und die Vereinbarung von Genußrechten schlössen sich gegenseitig aus, so daß im vorliegenden Fall ausschließlich die §§ 230 ff HGB Anwendung fänden, die die stille Gesellschaft regeln.

 

 

 

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

IV ZR 327/02

AG Hannover - 552 C 15016/01 ./. LG Hannover - 20 S 25/02

 

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger aus einer Familien-Rechtsschutzversicherung Deckungsschutz für eine Klage gegen die Deutsche Telekom AG gewähren muß. Der Kläger hat im Juli des Jahres 2000 500 Telekom-Aktien erworben. Er macht gegen die Telekom Schadensersatz in Höhe von über 14.800 € geltend, weil in deren emissionsbegleitendem Prospekt unrichtige Angaben über den Wert ihrer Immobilien enthalten gewesen seien.

Das Amtsgericht Hannover hat der Klage auf Erstattung von Prozeßkosten stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Mit der Widerklage erstrebt die Beklagte die Feststellung, nicht zur Gewährung von Rechtsschutz verpflichtet zu sein. Das Landgericht Hannover (NVersZ 2002, 578) hat den Anträgen der Beklagten stattgegeben. Nach seiner Auffassung, die etwa von der des Landgerichts München I (NJW 2002, 1807) abweicht, greift der Risikoausschluß des § 4 Abs. 1 c der mit § 4 Abs. 1 c ARB 75 gleichlautenden Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen der Beklagten ein. Danach bezieht der Versicherungsschutz sich nicht auf "die Wahrnehmung rechtlicher Interessen ... aus dem Bereich des Rechtes der Handelsgesellschaften ...". Das Landgericht hält für entscheidend, daß der Kläger Ansprüche verfolgen wolle, die ihren Grund in seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung als Anteilseigner hätten und auf Pflichtverletzungen der Organe der Gesellschaft beruhen sollten. Erst durch den Aktienkauf, zu dem er durch die unzutreffenden Angaben bewegt worden sein wolle, seien seine Ansprüche entstanden. Da der Haftungsausschluß eingreife, komme es nicht mehr darauf an, ob die Beklagte sich auch auf eine etwaige mangelnde Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung berufen könne.

Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

 

 

Termin: noch nicht bestimmt

VI ZR 89/02

LG Hamburg - 324 O 263/01 ./. OLG Hamburg - 7 U 73/01

 

Der Bundesgerichtshof hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten die Revision zugelassen. Es geht um eine Fotomontage, die den Kläger Dr. Sommer auf dem zerbröckelnden Großbuchstaben T in Form des Telekom-Logos zeigt. Das Berufungsgericht hat diese Darstellung für unzulässig gehalten. Auch wenn sie insgesamt satirischen Charakter habe, seien die Gesichtszüge des Klägers durch fotomechanische Manipulationen unterschwellig, wenn auch kaum merklich in nachteiliger Weise verändert worden. Das bedeute eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts, die es rechtfertige, diese Fotomontage zu verbieten. Hier wird es um die Frage gehen, ob der satirische Gehalt möglicherweise die gesamte Abbildung erfaßt und ob die vom Berufungsgericht angenommene Veränderung der Gesichtszüge es rechtfertigen kann, die Veröffentlichung insgesamt zu untersagen.

 

 

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

VIII ZR 90/02

LG Osnabrück – 13 O 273/01 ./. OLG Oldenburg – 6 U 198/01

 

Zwischen der Klägerin, einem überregional tätigen Energieversorgungsunternehmen, und der Beklagten, einer Brauerei, besteht seit 1990 ein Vertrag über die Belieferung mit elektrischer Energie zu Sonderkonditionen. Nach dem Vertrag berechnet sich der zu zahlende Preis nach dem Arbeitspreis, der um konkret benannte Faktoren und Kosten erhöht wird. Durch zwei im Jahre 2000 in Kraft getretene Gesetze, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG; BGBl. I, 703) und das Kraft-Wärmekopplungsgesetz (KWKG; BGBl. I, 1093) sind Stromversorgungsunternehmen verpflichtet worden, zu festgelegten Mindestpreisen bestimmte Mengen von Strom, der aus erneuerbaren Energien und in Kraft-Wärmekopplungs-Kraftwerken gewonnen wird, von Stromerzeugern abzunehmen. Die Klägerin verlangt mit der Klage von der Beklagten anteilig die ihr durch diese gesetzliche Abnahmepflicht beim Einkauf von Strom entstandenen Mehrkosten in Höhe von 14.731,61 DM, was einer Erhöhung um etwa 10% des bisherigen Preises entspricht. Sie beruft sich auf eine Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach eine künftig wirksam werdende "Energiesteuer oder sonstige die Beschaffung, die Übertragung oder die Verteilung von elektrischer Energie belastende Steuern oder Abgaben irgendwelcher Art" vom Kunden zu tragen sind. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen, weil es die genannte Klausel dahin ausgelegt hat, daß von ihr nur Kostenerhöhungen durch öffentlich-rechtliche Abgaben an den Staat umfaßt sind. Das Oberlandesgericht hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen.

 

 

 

 

Termin: noch nicht bestimmt

1 StR 469/02

LG Karlsruhe - 2 KLs 61 Js 34682/00

 

Das Landgericht Karlsruhe hat die Angeklagte wegen Untreue in 173 Fällen, wegen Beihilfe zur Untreue und wegen Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt.

Nach den getroffenen Feststellungen hatte die Angeklagte als Nachlaßpflegerin und Testamentsvollstreckerin im Raum Karlsruhe und Mannheim gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem bereits rechtskräftig verurteilten Mitangeklagten - einem Geschäftsstellenbeamten in einem Karlsruher Notariat - , über viele Jahre hinweg einen Großteil der von ihr verwalteten Nachlaßgelder und sonstige Vermögenswerte aus den Nachlässen für sich verwendet. Der ganz überwiegende Teil der Beute, insgesamt mindestens 3 Mio Euro, floß dem Ehemann der Angeklagten zu, der die Gelder für seinen aufwendigen Lebensstil verwendete. Er unterhielt z. B. einen Weinkeller im Wert von 750.000 Euro und lud häufig größere Personengruppen in Luxusrestaurants ein. Auch die Angeklagte verschaffte sich auf diese Weise eine Einkommensquelle, aus der sie insbesondere teure Urlaube bezahlte. Die Angeklagte hatte ihren Beruf als Röntgenassistentin auf Veranlassung ihres Ehemannes aufgegeben, der selbst nach einer Gesetzesänderung 1984 seine lukrative Nebentätigkeit als Nachlaßpfleger aufgeben mußte. Von da an bis Oktober 2000 erledigte die Angeklagte nach außen hin alle im Rahmen der Nachlaßverwaltung erforderlichen Angelegenheiten, während ihr Ehemann im Hintergrund die Entscheidungen traf, die eine besondere Sachkunde erforderten. Die Straftaten wurden dadurch erleichtert, daß die Nachlaßgerichte der Angeklagten weite Befugnisse einräumten und die zur Aufsicht berufenen Notare die Tätigkeit der Angeklagten nicht überwachten. Gegen das Urteil hat die Angeklagte Revision eingelegt.

 

 

 

 

Termin: noch nicht bestimmt

1 StR 453/02

LG Regensburg - 1 KLs 138 Js 93022/00

 

Das Landgericht Regensburg hat den Angeklagten wegen vielfältiger Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz, insbesondere wegen unerlaubten Handeltreibens mit, beziehungsweise unerlaubter Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln außerhalb von Apotheken, wegen unerlaubten Inverkehrbringens nicht zugelassener Arzneimittel und wegen unerlaubten Inverkehrbringens von Arzneimitteln mit irre-führender Bezeichnung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren zur Bewährung verurteilt und den Verfall von 150.000 Euro angeordnet. Es hat folgende Fest-stellungen getroffen:

Der Angeklagte, der sich wegen der Tatvorwürfe von Januar 2001 bis Februar 2002 in Untersuchungshaft befand, betrieb in Straubing eine Tierarztpraxis mit etwa 12 angestellten Tierärzten. Aufgrund des Dispensierrechts der Tierärzte, das ihnen erlaubt, in Ausnahme vom allgemeinen Apothekenzwang Arzneimittel an Tierhalter zur konkreten Behandlung eines Tieres selbst abzugeben, verfügte er über eine umfangreiche Hausapotheke. Aus dieser Hausapotheke gab er jedoch in einer Vielzahl von Fällen Medikamente auch an nicht bei ihm angestellte Tierärzte ab. Teilweise verlangte er dafür von den Käufern 20 bis 30% Aufschlag auf seinen eigenen Einkaufspreis, teilweise gab er die Medikamente auch zum Einkaufspreis weiter. Außerdem gab er an Landwirte Medikamente weiter, ohne deren Tiere gesehen oder behandelt zu haben. Darüber hinaus verkaufte er 1.997 kg Acetylsalicylsäure (Aspirin-Wirkstoff), die nicht als Tierarzneimittel zugelassen war, an Tierhalter und gab ein Arzneimittel, das nicht mehr für die Anwendung bei fleischliefernden Tieren zugelassen war, in 194 Fällen an Landwirte zum Einsatz bei solchen Tieren. Schließlich verkaufte er Medikamente an Tierhalter, nachdem er das Etikett des Herstellers entfernt und ein selbst gestaltetes, mit inhaltlich falschen Angaben versehenes darauf angebracht hatte. Dabei ging es ihm auch darum, die Herstellerbezeichnung vor den Kunden zu verbergen und sie so daran zu hindern, das Mittel anderweit zu kaufen.

Gegen das Urteil haben die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte Revision eingelegt. Die Revision des Angeklagten stellt insbesondere schwierige Fragen des Arzneimittelrechts in den Raum.

 

 

 

 

 

 

Termin: noch nicht bestimmt

1 StR 34/03

LG Aschaffenburg – Kls 102 Js 16635/00

 

Das Landgericht Aschaffenburg hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

Nach den Feststellungen der Strafkammer vergewaltigte der Angeklagte 1994 und 1995 seine Schwiegertochter, die wie er selbst dem syrisch-orthodoxen Glauben angehört. Entsprechend den Regeln dieser Religionsgemeinschaft wurde das Tatopfer mit der Eheschließung, die 1993 erfolgte, als sie 16 Jahre alt war, Teil der Familie ihres Ehemannes. Dazu gehörte es, die Autorität der Eltern uneingeschränkt zu respektieren. Aus der Tradition der Glaubenszugehörigkeit heraus und aufgrund seiner Stellung als Subdiakon innerhalb der syrisch-orthodoxen Kirche führte der Angeklagte gegenüber den Familienmitgliedern ein strenges Regiment. Er überwachte die Geschädigte, die aufgrund ihrer zurückhaltenden Art innerhalb der Familie mehr und mehr isoliert war. Als sie sich gegenüber ihrem Ehemann als Folge der Taten, die sie psychisch nicht verarbeiten konnte, zunehmend auffällig verhielt und im Dezember 2000 die Trennung bevorstand, entschloß sie sich, ihm von den beiden damals bereits fünf und sechs Jahre zurückliegenden Vorfällen zu berichten.

Der Angeklagte bestreitet die Taten. Die Strafkammer ist demgegenüber den Angaben der Geschädigten gefolgt, die sie für glaubhaft gehalten hat. Mit seiner Revision wendet sich der Angeklagte gegen die Verurteilung. Die Staatsanwaltsachaft, die zum Nachteil des Angeklagten zunächst ebenfalls Revision gegen das Urteil eingelegt hatte, hat ihr Rechtsmittel zurückgenommen.

 

 

 

 

 

 

 

Termin: noch nicht bestimmt

5 StR 489/02

LG Bochum – 13 KLs 35 Js 42/00

 

Das Landgericht Bochum hat den Angeklagten R. E., einen bekannten Investor, wegen Untreue in zwei Fällen, Angestelltenbestechung und Beihilfe zur Steuerhinter-ziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten ver-urteilt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts entzog der Angeklagte einer GmbH und einer GmbH & Co KG, an denen er jeweils als Gesellschafter beteiligt war, Gelder in Millionenhöhe, um diese als Schmiergeldzahlungen an zwei hochrangige Mitarbeiter einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn (DB Immo) zu zahlen. Im Gegenzug sorgten diese dafür, daß die Unternehmensgruppe des Angeklagten den Zuschlag für lukrative Bauprojekte der Deutschen Bahn erhielt. Nachdem er in erhebliche Zahlungsschwierigkeiten geraten war und weitere Bestechungssummen nicht mehr zahlen konnte, sagte der Angeklagte den beiden Bestochenen die Übertragung seines 50%igen Geschäftsanteils an einem Verwaltungsgebäude in Sydney/ Australien zu. Darüber hinaus wies er sie auf Geldanlagemöglichkeiten im Ausland hin.

Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts.

 

 

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