Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 46/2002

 

Keine Verunglimpfung der Steinbauweise durch den Slogan

"DIE 'STEINZEIT' IST VORBEI!"

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat heute über die Frage entschieden, ob die Verwendung des Werbeslogans "DIE 'STEINZEIT' IST VORBEI!" die Steinbauweise pauschal herabsetzt und damit gemäß § 1 UWG wettbewerbswidrig ist.

Kläger ist der Interessenverband der Bayerischen Ziegelindustrie. Die Beklagte stellt Häuser in ökologischer Holzrahmen-Bauweise her. Im Rahmen der Errichtung eines solchen Hauses stellte die Beklagte auf dem Baugrundstück ein Werbeschild mit der Überschrift "DIE 'STEINZEIT' IST VORBEI!" auf. Der Kläger hat darin eine pauschale Herabsetzung der Bauweise mit Ziegelsteinen erblickt und die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Es hat angenommen, aufgrund der Verwendung des Wortes "vorbei" verstehe der angesprochene Verkehr den Werbeslogan dahin, daß die Steinbauweise erledigt, unüblich und unzeitgemäß sei. Eine solche unwahre Charakterisierung der Konkurrenzprodukte sei unsachlich, pauschal herabsetzend und damit wettbewerbsrechtlich unlauter.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, daß das vom Oberlandesgericht zugrunde gelegte Verkehrsverständnis nicht mit der allgemeinen Lebenserfahrung in Einklang stehe. Es liege wesentlich näher anzunehmen, daß zum Ausdruck habe gebracht werden sollen, die Zeit, in der man Häuser nur aus Stein zu bauen pflegte, sei vorbei, und daß man heute Häuser auch aus anderen Materialien, etwa aus Holz, bauen sollte. Auf der Grundlage dieses Verkehrsverständnisses nehme der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, auf dessen Sicht es maßgebend ankomme, nicht an, die Beklagte wolle suggerieren, daß die Steinbauweise "vorüber" im Sinne von antiquiert und überholt sei. Der verständige Verbraucher nehme die Werbeaussage nicht wörtlich, weil er die Doppelsinnigkeit des Begriffs "STEINZEIT", das Wortspiel sowie den Sprachwitz des gesamten Slogans erkenne.

Urteil vom 25. April 2002 - I ZR 272/99

Karlsruhe, den 25. April 2002

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