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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen vom 30. Oktober 2002 » Pressemitteilung Nr. 105/02 vom 30.10.2002

 

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Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 105/2002

Bundesgerichtshof billigt Allgemeine Versicherungsbedingungen in der privaten Krankenversicherung über die Leistungspflicht für Methoden der Schulmedizin und der Alternativmedizin

Der klagende Verbraucherschutzverein verlangt von zwei Krankenversicherern, die Verwendung folgender Klausel in ihren Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung zu unterlassen:

"Der Versicherer leistet im vertraglichen Umfang für Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden und Arzneimittel, die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind. Er leistet darüber hinaus für Methoden und Arzneimittel, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben oder die angewandt werden, weil keine schulmedizinischen Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung stehen."

Anlaß für die Einführung dieser Klausel in der privaten Krankenversicherung war ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. Juni 1993 (BGHZ 123, 83 = VersR 1993, 957 = NJW 1993, 2369). Dadurch war die Klausel in § 5 Abs. 1 f. der Musterbedingungen 1976, wonach für den Krankenversicherer keine Leistungspflicht bestand für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden und Arzneimittel, wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG für unwirksam erklärt worden. Die Klausel benachteiligte die Versicherungsnehmer deshalb unangemessen, weil sie die Leistungspflicht für Methoden und Arzneimittel der Alternativmedizin auch dann ausschloß, wenn sie ebenso erfolgversprechend waren wie die der Schulmedizin oder wenn es bei unheilbaren und noch nicht erforschten Krankheiten auch in der Schulmedizin noch keine allgemein anerkannten Behandlungsmethoden gab. In einem weiteren Urteil vom 10. Juli 1996 (BGHZ 133, 208 = VersR 1996, 1224 = NJW 1996, 3074) hat der Bundesgerichtshof für den Fall einer HIV-Infektion entschieden, unter welchen Voraussetzungen bei unheilbaren Krankheiten eine medizinisch notwendige Heilbehandlung und damit eine Leistungspflicht des Krankenversicherers anzunehmen ist.

Die jetzt vom Kläger beanstandete Klausel führt zu keiner unangemessenen Benachteiligung der Versicherungsnehmer (§ 9 AGBG, § 307 Abs. 1 und 2 BGB). Die Klausel enthält eine für den Versicherungsnehmer durchschaubare Regelung über die Leistungspflicht für Methoden und Arzneimittel der Schulmedizin und der Alternativmedizin. Der Versicherer leistet für Methoden und Arzneimittel, die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind, und daneben für Methoden und Arzneimittel der Alternativmedizin, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben. Bei unheilbaren und nicht erforschten Krankheiten, für deren Behandlung es keine von der Schulmedizin überwiegend anerkannten und keine erfolgversprechenden Methoden der Alternativmedizin gibt, stehen schulmedizinische und nicht schulmedizinische Behandlungsansätze gleichrangig nebeneinander. Die so auszulegende Klausel beschreibt damit den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers im Rahmen einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung in einer Weise, die den Anforderungen in den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 23. Juni 1993 und vom 10. Juli 1996 entspricht.

Nach dem letzten, vom Kläger nicht angegriffenen Halbsatz der Klausel kann der Versicherer seine Leistungen jedoch auf den Betrag herabsetzen, der bei der Anwendung vorhandener schulmedizinischer Methoden und Arzneimittel angefallen wäre.

Der Bundesgerichtshof hat deshalb die Revision des Klägers gegen ein die Klage abweisendes Urteil des Oberlandesgerichts Köln (VersR 2001, 851) zurückgewiesen. Ein der Klage stattgebendes Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg (VersR 2001, 849) hat er aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Urteile vom 30. Oktober 2002 - IV ZR 60/01 und IV ZR 119/01

Karlsruhe, den 30. Oktober 2002

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-422

Telefax (0721) 159-831

 

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