Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 131/2002

 

Dortmunder Fall der Kindesmißhandlung durch die Eltern

rechtskräftig abgeschlossen

 

Das Landgericht Dortmund hat ein Ehepaar wegen Mißhandlung eines Schutzbefohlenen in Tateinheit mit Verletzung der Fürsorgepflicht sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Der Bundesgerichtshof hat die Revisionen beider Angeklagten im wesentlichen verworfen.

Die beiden seit 1995 miteinander verheirateten Angeklagten waren bereits 1998 wegen schwerer Mißhandlung ihrer zur Tatzeit etwa zwei Monate alten erstgeborenen Tochter zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Schon seinerzeit hatte das Landgericht nicht klären können, welcher von beiden Eheleuten tätlich geworden war. Zu Gunsten beider war es deshalb davon ausgegangen, daß dies der jeweils andere Ehepartner gewesen war und hatte deshalb beide nur jeweils wegen Unterlassungstäterschaft verurteilt. Im jetzigen Verfahren ging es um die Mißhandlung des zweitgeborenen Sohnes, als dieser zwei bzw. drei Monate alt war. Im ersten Fall hatte der Täter das Kind, das bereits deutliche Hämatome im Kopfbereich zeigte, in seinem Bettchen fixiert und dessen rechtes Bein gewaltsam verdreht, bis es deutlich merkbar brach. Bei der Untersuchung im Krankenhaus wurden zudem Rippenserienfrakturen entdeckt. Wiederum vermochte das Landgericht nicht festzustellen, wer von den beiden Eheleuten das Kind mißhandelt hatte. Deshalb hat es wiederum beide nach dem Zweifelsgrundsatz nur wegen Unterlassungstäterschaft verurteilt. Dabei hat es sich aber wegen der Gleichartigkeit der Verletzungsbilder die Überzeugung verschafft, daß immer derselbe Ehepartner aktiv tätlich geworden ist. Der Bundesgerichtshof hat diese Beweiswürdigung nicht beanstandet. Zur rechtlichen Würdigung hat der Senat dahingestellt sein lassen, ob der Auffassung des Landgerichts zu folgen sei, angesichts der früheren Vorkommnisse zum Nachteil der Tochter hätte der nicht aktiv handelnde Angeklagte die Pflicht gehabt, sich schon mit der Geburt des zweiten Kindes mit diesem zusammen von dem anderen Ehepartner zu trennen. Entscheidend hat das Landgericht darauf abgestellt, daß der nicht aktiv tätige Angeklagte das Kind spätestens, als die Hämatome im Kopfbereich den sicheren Hinweis auf eine Mißhandlung ergaben, der Einwirkungsmöglichkeit des anderen Ehepartners durch eine räumliche Trennung hätte entziehen müssen. Der Bundesgerichtshof hat diese Wertung im Hinblick auf die besonderen Gefahren, denen das Kind beim Verbleib in der Familie ausgesetzt war, aus Rechtsgründen gebilligt.

Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat angesichts der Entscheidungsreife der Sache im übrigen das Verfahren eingestellt, soweit den Angeklagten zur Last gelegt wurde, dem Kind im Krankenhaus noch ein Hämatom im Rückenbereich beigebracht zu haben. Die weitere Revision hat der Bundesgerichtshof dagegen verworfen. Damit sind beide Angeklagten nunmehr rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von jeweils zwei Jahren und neun Monaten verurteilt.

Beschluß vom 21. November 2002 - 4 StR 444/02

Karlsruhe, den 11. Dezember 2002

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