Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 123/2002

 

Steinschlag durch Rasenmäher - Gemeinde muß zahlen

Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten über Schadensersatzansprüche gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts aus der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auf Straßen zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte über folgenden Fall zu entscheiden: Bedienstete des Garten- und Friedhofsamtes der beklagten Stadt hatten im Bereich eines öffentlichen Parkplatzes, unter anderem auf den zwischen den einzelnen Parkbuchten befindlichen Rasenflächen, Grasmäharbeiten durchgeführt. Dabei wurden durch die Schermesser des für diese Arbeiten verwendeten motorgetriebenen Rasenmähers Steine hochgeschleudert, die die Scheibe des rechten hinteren Seitenfensters und den Lack des in einer dieser Buchten abgestellten Mercedes-Kleinbusses des Klägers beschädigten. Der Kläger hat der Beklagten angelastet, sie habe bei den Arbeiten die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen unterlassen, und hat sie deshalb aus Amtspflichtverletzung auf Ersatz des entstandenen Schadens in Anspruch genommen. Die Klage hatte Erfolg.

Der III. Zivilsenat hat die Auffassung der Vorinstanzen gebilligt, den Bediensteten der beklagten Stadt falle eine Amtspflichtverletzung gegenüber dem Kläger zur Last. Denn die von der Beklagten selbst gegebene Unfallschilderung belege, daß die getroffenen Sicherungsvorkehrungen und -maßnahmen objektiv unzureichend gewesen seien. Die Beklagte hat vorgetragen: Bei den Mäharbeiten seien "Sabo"-Mäher benutzt worden. Trotz der Schutzeinrichtung an jenen Mähern und obwohl die Auswurfvorrichtung für den gemähten Rasen sich auf der autoabgewandten Seite befunden habe, sei ein Stein vom Mähwerk erfaßt, in mehrere Teile zerschlagen und in Richtung des Fahrzeugs des Klägers geschleudert worden.

Schäden, die auf diese Weise verursacht werden, braucht der betroffene Bürger jedenfalls dann nicht hinzunehmen, wenn sie durch zumutbare weitergehende Sicherungsmaßnahmen abwendbar sind. Insoweit hatte die Beklagte die ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht ausgeschöpft. Dies gilt auch dann, wenn der Einwand der Beklagten zutreffen sollte, die von beiden Vorinstanzen in erster Linie in Erwägung gezogene Sicherungsmaßnahme, bei Mäharbeiten kurzfristig die anliegenden Verkehrsflächen abzusperren, sei praktisch nicht zu verwirklichen. Es verbleiben dann nämlich immer noch sonstige Vorkehrungen, etwa die Absicherung durch auszuspannende Planen. Es erscheint ferner nicht ausgeschlossen, in einem bestimmten Sicherheitsabstand zu geparkten oder vorüberfahrenden Fahrzeugen sowie vorbeigehenden Passanten, die gerade bei Steinschlägen der hier in Rede stehenden Art durchaus der Gefahr erheblicher Körperverletzungen ausgesetzt sein können, auf den Einsatz derartiger motorgetriebener Geräte völlig zu verzichten und in diesem Bereich auf handbetriebene Mäher auszuweichen. Dabei ist es, wie schon das Berufungsgericht mit Recht ausgeführt hat, nicht Aufgabe der Gerichte, jede der aufgezählten Möglichkeiten auf ihre praktische Durchführbarkeit zu untersuchen.

Nach dem das Amtshaftungsrecht beherrschenden objektiven Sorgfaltsmaßstab traf die Amtsträger der Beklagten hier auch ein Fahrlässigkeitsvorwurf: Sie hätten die Notwendigkeit weitergehender Sicherungsvorkehrungen zumindest erkennen können und in Rechnung stellen müssen.

Urteil vom 28. November 2002 - III ZR 122/02

Karlsruhe, den 28. November 2002

 

 

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