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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Jahr 2002 » Pressemitteilung Nr. 107/02 vom 4.11.2002

Siehe auch:  Beschluss des IV. Zivilsenats vom 16.10.2002 - IV ZR 307/01 -

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Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 107/2002

 

Bundesgerichtshof lehnt Annahme der Revision des

Bundes der Versicherten zur Frage der Ersetzung

von unwirksamen Klauseln in der Lebensver-

sicherung im Treuhänderverfahren ab

 

Der Kläger, ein Verbraucherschutzverein auf dem Gebiet des Versicherungswesens, begehrt die Richtigstellung von Äußerungen der Beklagten, einer Lebensversicherungs-AG, in einem Rundschreiben, das die Ersetzung von für unwirksam erklärten Allgemeinen Versicherungsbedingungen in Kapitallebensversicherungsverträgen (AVB) zum Gegenstand hat und an die davon betroffenen Versicherungsnehmer gerichtet ist.

In einem von dem Kläger betriebenen Verbandsklageverfahren untersagte das Oberlandesgericht Stuttgart mit Urteil vom 28. Mai 1999 (VersR 1999, 832) der Beklagten, § 15 AVB (Abschlußkosten) und teilweise § 17 AVB (Überschußermittlung/Ge-winnbeteiligung) bei Abschluß von Kapitallebensversicherungsverträgen zu verwenden oder sich bei Abwicklung bereits abgeschlossener Verträge auf diese Klauseln zu berufen. Die Beklagte nahm ihre dagegen gerichtete Revision zurück. Auf die Revision des Klägers untersagte der Senat durch Urteil vom 9. Mai 2001 (IV ZR 138/99 - BGHZ 147, 373 = VersR 2001, 839) der Beklagten weiterhin die Verwendung von § 6 AVB (Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung/Kündigung und Auszahlung des Rückkaufswerts).

Im Juli 2000 versandte die Beklagte mit einem Rundschreiben an mindestens 1,5 Mio. betroffene Versicherungsnehmer neue, die für unwirksam erklärten Klauseln ersetzende Allgemeine Versicherungsbedingungen. Diese hatte sie durch einen vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen benannten Treuhänder überprüfen lassen.

Der Kläger hält einen Austausch von Versicherungsbedingungen unter Einschaltung eines Bedingungstreuhänders und ohne Zustimmung der betroffenen Versicherungsnehmer nur bei den in § 172 Abs. 1 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) genannten Lebensversicherungen und jedenfalls nicht beim Kapitalanteil einer Kapitallebensversicherung für zulässig. Er sieht in dem Vorgehen der Beklagten ein wettbewerbswidriges Verhalten im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

Im Berufungsverfahren hat er, gestützt auf §§ 1, 3 UWG, von der Beklagten verlangt, Behauptungen in drei Passagen des Rundschreibens richtigzustellen. Das Oberlandesgericht hat den Antrag mit Urteil vom 6. April 2001 (VersR 2001, 1141 mit Anm. Lorenz) zurückgewiesen. Nach seiner Auffassung ermöglicht § 172 Abs. 2 VVG für sämtliche Lebensversicherungen, einschließlich der Kapitallebensversicherung, die Ersetzung unwirksamer Versicherungsbedingungen durch neue Klauseln nach Maßgabe des § 172 Abs. 1 VVG. Mit der Revision verfolgt der Kläger den Antrag weiter.

Der Bundesgerichtshof hat die Annahme der Revision des Klägers abgelehnt und damit das klageabweisende Urteil des Oberlandesgerichts im Ergebnis bestätigt.

Der Anspruch auf Richtigstellung ist entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts schon deshalb nicht begründet, weil es an einem wettbewerbsbezogenen Verhalten der Beklagten im Sinne der §§ 1, 3 UWG fehlt. Anspruchsvoraussetzung ist nach beiden Vorschriften ein Handeln im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs. Die Versendung des Rundschreibens war kein Handeln im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs. Sie diente nicht der auf Außenwirkung im Markt gerichteten Förderung eigenen oder fremden Wettbewerbs zum Nachteil eines anderen Marktteilnehmers. Mit der Versendung des Rundschreibens nahm die Beklagte lediglich ihre Interessen im Rahmen eines bestehenden Vertragsverhältnisses zu den Versicherungsnehmern wahr.

Die Revision war auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache anzunehmen. Die umstrittene, vom Bundesgerichtshof noch nicht beantwortete Frage, ob § 172 Abs. 2 VVG auf sämtliche Lebensversicherungsverträge anwendbar ist, ist wegen fehlender wettbewerbsrechtlicher Anspruchsgrundlage nicht entscheidungserheblich.

Beschluß vom 16. Oktober 2002 - IV ZR 307/01

Karlsruhe, den 4. November 2002

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-422

Telefax (0721) 159-831

 

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