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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Jahr 2002 » Pressemitteilung Nr. 93/02 vom 24.9.2002

 

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Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 93/2002

 

Bundesgerichtshof zum Verlangen des Metro-Konzerns

nach rückwirkender Konditionenanpassung nach

Übernahme der Allkauf-Gruppe

 

Mit Wirkung zum 1. Januar 1998 übernahm der Metro-Konzern die Allkauf-Gruppe. Der Zusammenschluß wurde vom Bundeskartellamt im Juni 1998 freigegeben und danach alsbald vollzogen. Im Rahmen des Konzerns besorgt die betroffene GmbH den Einkauf für alle Konzerngesellschaften. Sie stellte im Zuge der Übernahme fest, daß teilweise dieselben Lieferanten sowohl den Metro-Konzern als auch die Gesellschaften der bisherigen Allkauf-Gruppe beliefert hatten, daß aber in den jeweils für ein Jahr im voraus getroffenen Rahmenvereinbarungen dem einen oder dem anderen Handelsunternehmen günstigere Konditionen eingeräumt worden waren. Die Betroffene veranlaßte die Lieferanten, die jeweiligen Bedingungen aufzulisten, und bat sie dann, sich mit einer rückwirkenden Konditionenanpassung zum 1. Januar 1998, und zwar unter Zugrundelegen des Günstigkeitsprinzips, einverstanden zu erklären. Aufgrund der in diesem Zusammenhang getroffenen neuen Vereinbarungen - sie sind in ihrer Ausgestaltung abhängig vom Geschäftsvolumen und der jeweiligen "Konditionendifferenz" - waren die Lieferanten zu im einzelnen ausgehandelten Ausgleichszahlungen an die Metro-Gruppe verpflichtet, soweit sie vor Freigabe des Zusammenschlusses zu hohe Vergütungen vereinnahmt hatten. Neben anderen sind 20 Unternehmen aus dem Lebensmittelbereich (einschließlich Körperpflege, Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln) auf diese Forderung eingegangen und haben vor dem 31. Dezember 1998 die nach den neuen Konditionenvereinbarungen zu leistenden Beträge gezahlt. Das Bundeskartellamt hat der Betroffenen, gestützt auf § 20 Abs. 2 und 3, § 32 GWB, durch Beschluß vom 26. Februar 1999 untersagt, die bezeichneten 20 Unternehmen zu der beschriebenen Konditionenanpassung und zu entsprechenden Ausgleichszahlungen zu veranlassen. Außerdem hat es ihr untersagt, dieselben Unternehmen zu gleichartigen Ausgleichszahlungen anläßlich weiterer Unternehmenskäufe des Metro-Konzerns zu veranlassen.

Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen hat das Kammergericht die Verfügung aufgehoben, weil es die Voraussetzungen der Verbotsnorm für nicht festgestellt gehalten hat. Über die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Bundeskartellamtes hat der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs mit Beschluß vom heutigen Tage entschieden: Teilweise, soweit es um den in der Vergangenheit abgeschlossenen Sachverhalt der Allkauf-Übernahme geht, ist die Rechtsbeschwerde erfolglos geblieben; im übrigen hat der Kartellsenat den Beschluß des Kammergerichts aufgehoben und die Sache zur weiteren Klärung des Sachverhalts an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Er teilt zwar die Auffassung des Kammergerichts, auch im Lebensmittelhandel könne nicht ohne weiteres angenommen werden, daß Lieferanten mit einem Jahresumsatz von 500 Mio. DM zu den kleinen oder mittleren Unternehmen im Sinne von § 20 Abs. 2 und 3 GWB gehören und daß ein Umsatzanteil von mindestens 7,5% in jedem Fall zu einer Abhängigkeit im Sinne der genannten Vorschrift von dem nachfragestarken Händler führt. Anders als das Kammergericht hält er, soll die Verbotsnorm nicht völlig wirkungslos bleiben, es jedoch für sachgerecht, daß das Bundeskartellamt nach Untersuchung der Marktverhältnisse bestimmte Schwellenwerte für die jeweiligen Märkte feststellt, die die - von dem betroffenen nachfragestarken Unternehmen zu widerlegende - Vermutung begründen, daß ein in den Anwendungsbereich der Norm fallendes kleines oder mittleres und abhängiges Unternehmen betroffen ist. Ebenso begründet das erfolgreiche Verlangen des nachfragestarken Händlers nach einer rückwirkenden Anpassung der Lieferkonditionen, für die es zivilrechtlich keine Grundlage gibt, die - ebenfalls widerlegbare - Vermutung, daß für die Einräumung des in der rückwirkenden Konditionenanpassung liegenden Vorteils kein sachlich gerechtfertigter Grund vorliegt. Damit das Kammergericht die danach erforderlichen ergänzenden Feststellungen treffen kann, ist die Sache an das Beschwerdegericht zurückverwiesen worden.

Beschluß vom 24. September 2002 - KVR 8/01

Karlsruhe, den 24. Sepember 2002

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-422

Telefax (0721) 159-831

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