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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Jahr 2002 » Pressemitteilung Nr. 94/02 vom 24.9.2002

 

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Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 94/2002

Servicepauschale bei der Abrechnung von Wertgutscheinen

für Asylbewerber nicht kartellrechtswidrig

 

Der beklagte Landkreis Hildesheim macht seit einiger Zeit von der durch das Asylbewerberleistungsgesetz geschaffenen Möglichkeit Gebrauch, die ihm obliegende Versorgung der Asylbewerber nicht durch Geldzahlungen oder unmittelbare Sachleistungen, sondern durch die Hingabe von Wertgutscheinen zu bewirken. Mit der Herstellung und Abrechnung der Wertgutscheine hat er eine Dienstleistungsgesellschaft beauftragt. Die Wertgutscheine werden von dieser gegen Bezahlung des Nennwerts dem Landkreis zur Verfügung gestellt und von den Sozialämtern an die Asylbewerber ausgegeben, die sie zur Beschaffung ihres Lebensbedarfs, u.a. zur Beschaffung von Kleidung bei Einzelhändlern verwenden können. Die Einzelhändler wiederum reichen die Gutscheine dann bei der Dienstleistungsgesellschaft ein.

Die Dienstleistungsgesellschaft finanziert sich durch eine sog. Servicegebühr, die sie den Einzelhändlern bei der Einlösung der eingereichten Wertgutscheine abzieht. Die Klägerin, das bundesweit tätige Textilhandelsunternehmen C & A Mode KG, hat nach Abschluß eines entsprechenden Servicevertrages bei Einlösung des Wertgutscheines ein Prozent des Nennwertes zu entrichten.

Die Klägerin will mit ihrer Klage erreichen, daß der Beklagte die Erbringung von Sachleistungen an Asylbewerber nicht mehr von einer Teilnahme an dem Abrechnungssystem der Dienstleistungsgesellschaft abhängig machen darf. Hilfsweise erstrebt sie, daß die Dienstleistungsgesellschaft die Wertgutscheine ohne Abzug zum Nennwert einlöst. Die Klage blieb in beiden Vorinstanzen erfolglos, die vom Oberlandesgericht Celle zugelassene Revision hat der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs zurückgewiesen.

Ein kartellrechtlicher Anspruch aufgrund des Diskriminierungsverbotes (§ 20 Abs. 1 GWB) setzt voraus, daß der Beklagte gegenüber der Klägerin eine marktstarke Stellung aufweist. Über eine entsprechende Marktmacht nach § 20 GWB verfügt der Beklagte aber im Verhältnis zur Klägerin nicht. Zwar ist der Beklagte als Landkreis nach den Regelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes für die Ausstattung der Asylbewerber verantwortlich. Mit der Klägerin steht der Beklagte jedoch auf keinem Markt in einer unmittelbaren Rechtsbeziehung. Die Wertgutscheine werden nämlich von der Dienstleistungsgesellschaft eingelöst, die eigentliche Auswahlentscheidung trifft der Asylbewerber. Selbst wenn man die Nachfrage der Asylbewerber gebündelt dem Beklagten zurechnen wollte, ist dieses Nachfragepotential bezogen auf die Gesamtnachfrage nach Kleidung im Landkreis so gering, daß sich hieraus keine marktmächtige Stellung des Beklagten ableiten ließe.

Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sind im vorliegenden Fall schon deshalb ausgeschlossen, weil der Beklagte weder eigenen noch fremden Wettbewerb fördert.

BGH, Urteil vom 24. September 2002 - KZR 34/01

Karlsruhe, den 24. Sepember 2002

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-422

Telefax (0721) 159-831

 

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