Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 58/2001

 

Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof

Prof. Dr. Lutz Meyer-Goßner im Ruhestand

 

Am 31. Juli 2001 wird der Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Lutz Meyer-Goßner in den Ruhestand treten.

Herr Prof. Dr. Meyer-Goßner, der verheiratet ist und zwei erwachsene Kinder hat, wurde am 10. Juli 1936 als Sohn eines evangelischen Pastors und dessen Ehefrau in Nienburg/Weser geboren.

Nach Abschluß seiner juristischen Ausbildung trat er im Mai 1964 als Gerichtsassessor in den höheren Justizdienst des Freistaates Bayern ein. Im Juni 1967 wurde er zum Amtsgerichtsrat bei dem Amtsgericht München ernannt, bei dem er in der Folgezeit als Strafrichter tätig war. Im Januar 1970 zum Landgerichtsrat ernannt, wurden ihm die Aufgaben eines hauptamtlichen Arbeitsgemeinschaftsleiters für Rechtsreferendare übertragen, die er über mehrere Jahre, seit November 1972 als Erster Staatsanwalt, wahrnahm. Nach seiner Ernennung zum Vorsitzenden Richter am Landgericht im April 1975 hatte er in den folgenden Jahren beim Landgericht München I den Vorsitz in verschiedenen kleinen und großen Strafkammern sowie in der Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen inne.

Zum Richter am Bundesgerichtshof ist Herr Prof. Dr. Meyer-Goßner am 16. Mai 1983 ernannt worden. Das Präsidium hat ihn mit seiner Ernennung dem 4. Strafsenat zugeteilt, dem er bis heute angehört, seit Januar 1992 als stellvertretender Vorsitzender und seit dem 1. Dezember 1994, dem Tage seiner Ernennung zum Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof, als Vorsitzender. Dem 4. Strafsenat sind neben Revisionen in allgemeinen Strafsachen die Verkehrsstraf- und -ordnungswidrigkeitensachen, die Entscheidungen in Auslieferungssachen sowie die Entscheidungen nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz zugewiesen. Neben seiner Tätigkeit im 4. Strafsenat hat Herr Prof. Dr. Meyer-Goßner im Senat für Wirtschaftsprüfersachen sowie im Senat für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen (jeweils von Anfang 1985 bis Ende 1994), im Dienstgericht des Bundes (von Anfang 1988 bis Ende 1993) und im Großen Senat für Strafsachen (seit Anfang 1992 bis heute) mitgewirkt.

Als langjähriges Mitglied und Vorsitzender des 4. Strafsenats hat Herr Prof. Dr. Meyer-Goßner die strafrechtliche und verkehrsstrafrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in vielfältiger Weise beeinflußt und - namentlich zum Strafverfahrensrecht - in maßgeblicher Weise mitgestaltet. Unter seinem Vorsitz ergingen zahlreiche Grundsatzentscheidungen, die, in ihrer Bedeutung weit über den jeweils konkret verhandelten Fall hinausreichend, der Praxis in Strafsachen Leitlinie oder Schranke sind. Als eine Entscheidung, die in ihrer Bedeutung für die Praxis kaum überschätzt werden kann, verdient das Urteil zur Verständigung in Strafsachen (BGHSt 43, 195) hervorgehoben zu werden, das Regeln aufgestellt hat, um in den Fällen der Verständigung in Strafsachen Auswüchsen zu begegnen und den Anforderungen eines rechtsstaatlichen Verfahrens Geltung zu verschaffen.

Neben seiner richterlichen Tätigkeit hat Herr Prof. Dr. Meyer-Goßner durch wissenschaftliche Veröffentlichungen Einfluß auf die Entwicklung des Strafverfahrensrechts genommen. Insbesondere durch seine Erläuterungen der Strafprozeßordnung in dem seinen Namen tragenden, bereits in sechs Auflagen von ihm bearbeiteten Kommentar, der sich in der Fachwelt - wie kaum ein anderes vergleichbares Werk - uneingeschränkter Anerkennung erfreut und schlechterdings das Hilfsmittel des in Strafsachen tätigen Juristen ist, prägt er, zumal in den Bereichen, in denen Zweifelsfragen durch die höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung (noch) nicht geklärt sind, die Handhabung der Strafprozeßordnung durch die Gerichte nachhaltig.

Das hohe Ansehen und die Wertschätzung, die Herr Prof. Dr. Meyer-Goßner als Revisionsrichter und Wissenschaftler in Fachkreisen genießt, kommen unter anderem in seiner Bestellung zum Honorarprofessor an der Universität Marburg im Sommer 1999 sowie in der Berufung in verschiedene Gremien zum Ausdruck. 1990 wirkte er in der Kommission zur Angleichung des Strafrechts der Bundesrepublik Deutschland und der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik mit. Probleme der Wiedervereinigung waren auch Gegenstand der von der Fritz-Thyssen-Stiftung ins Leben gerufenen Arbeitskreise "Wiederherstellung der deutschen Rechtseinheit: Strafrecht" und "Regierungskriminalität in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik", denen er von 1990 bis 1992 angehörte. Seit 1994 ist Prof. Dr. Meyer-Goßner Mitglied und stellvertretender Vorsitzender des Kuratoriums, das die Arbeit des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg begleitet und über die ordnungsgemäße Verwendung der (auch staatlichen) Finanzmittel wacht. In Würdigung seiner Verdienste erhält der aus dem aktiven Dienst ausscheidende Richter von Kollegen und Freunden aus Wissenschaft und Praxis eine Festschrift überreicht.

Karlsruhe, den 31. Juli 2001

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