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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen aus dem Monat Juli 2001 » Pressemitteilung Nr. 57/01 vom 24.7.2001

Siehe auch:  Urteil des XI. Zivilsenats vom 12.6.2001 - XI ZR 283/00 -

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Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 57/2001

Bundesgerichtshof zur Verjährung von "Uraltdarlehen" bei Enteignungsmaßnahmen der ehemaligen DDR gegenüber dem Darlehensnehmer

Der u.a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden: Wer von einem Rechtsnachfolger der ehemaligen DDR auf Rückzahlung von landwirtschaftlichen Entschuldungsdarlehen in Anspruch genommen wird, kann sich auch für die Zeit auf Verjährung berufen, für die wegen Enteignungsmaßnahmen der ehemaligen DDR ein Leistungsverweigerungsrecht bestand.

Die Landschaft der Provinz Sachsen und eine Spar- und Darlehenskasse, die ihren Sitz im heutigen Sachsen-Anhalt hatte, gewährten der Urgroßmutter bzw. dem Großvater der Beklagten ab 1911 mehrere Darlehen, die an dem gleichfalls dort gelegenen landwirtschaftlichen Anwesen der Darlehensnehmer grundpfandrechtlich gesichert wurden. Aufgrund von zwischen 1934 und 1938 nach dem Gesetz zur Regelung der landwirtschaftlichen Schuldverhältnisse vom 1. Juni 1933 durchgeführten Entschuldungsverfahren wurde festgelegt, daß auf die Darlehen Raten in jeweils gleichbleibender Höhe zu entrichten waren, die sowohl Zins- als auch Tilgungsanteile enthielten. Nachdem der Vater der Beklagten, der das landwirtschaftliche Anwesen nebst Verbindlichkeiten übernommen hatte, die damalige DDR verlassen hatte, wurden die Grundstücke von der DDR entschädigungslos enteignet und "in Volkseigentum überführt". Dadurch sind die dinglichen Sicherheiten erloschen. Nach der Wiederherstellung der deutschen Einheit übertrug das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen im Juli 1995 einen Teil der früheren landwirtschaftlichen Grundstücke auf die Beklagten als Erben ihres Vaters.

Die Bundesrepublik Deutschland verlangt als Rechtsnachfolgerin der ehemaligen DDR von den Beklagten die Rückzahlung des Darlehenskapitals. Die Beklagten berufen sich u.a. auf Verjährung. Der Bundesgerichtshof hob das der Klage im wesentlichen stattgebende Urteil des Berufungsgerichts auf und bestätigte die Klagabweisung durch das Landgericht.

Es könne dahinstehen, ob die streitgegenständlichen Ansprüche noch bestünden und ob sie der Bundesrepublik Deutschland zustünden. Denn jedenfalls seien die vor dem 1. Januar 1993 fällig gewordenen Ansprüche nach den anzuwendenden Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches bei Zustellung des Mahnbescheids im Dezember 1997 verjährt gewesen.

Zumindest durch die zwischen 1934 und 1938 durchgeführten Entschuldungsverfahren seien die ursprünglichen Darlehensforderungen in Annuitätendarlehen umgewandelt worden, die durch die Pflicht zur Entrichtung gleichbleibender Raten gekennzeichnet seien. Die Tilgungsanteile solcher Darlehen verjährten gemäß § 197 BGB als Zuschlag zu den Zinsen in vier Jahren.

Verjährung sei selbst dann eingetreten, wenn die Beklagten wegen der früheren Enteignungsmaßnahmen die Rückzahlung des Darlehenskapitals bis zur Rückgabe der Grundstücke im Juli 1995 hätten verweigern können. Da dieses Leistungsverweigerungsrecht seinen Grund in den Enteignungsmaßnahmen der früheren DDR gehabt habe, die sich die Bundesrepublik Deutschland als deren Rechtsnachfolgerin zurechnen lassen müsse, sei auch der Zeitraum vor der Rückgabe der Grundstücke bei der Berechnung der Verjährungsfrist zu berücksichtigen.

Urteil vom 12. Juni 2001 - XI ZR 283/00 -

Karlsruhe, den 24. Juli 2001

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-422

Telefax (0721) 159-831

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